TE UVS Steiermark 2000/01/18 30.12-103/1999

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.01.2000
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Hütter über die Berufung der Frau D. N., vertreten durch Dr. R. & P., Rechtsanwälte, G., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz vom 02.11.1999, GZ.: 15.1 1999/5055, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren nach § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Die belangte Behörde (Bezirkshauptmannschaft Leibnitz als erste Instanz) warf der nunmehrigen Berufungswerberin mit Straferkenntnis Folgendes vor:

Sie habe es am 15.05.1999 zwischen 20.00 Uhr und 22.00 Uhr in L., G., als Unternehmerin des Lokales "F." unterlassen, im Rahmen ihrer Möglichkeiten durch geeignete Maßnahmen dafür zu sorgen, dass die Bestimmungen des Steiermärkischen Jugendschutzgesetzes eingehalten werden, da sie der Jugendlichen S. P., am 15.05.1999 zwischen 20.00 Uhr und 22.00 Uhr den Konsum von alkoholischen Getränken (Malibu-Orange) ermöglicht habe, obwohl Jugendlichen bis zum vollendeten 16. Lebensjahr der Konsum von alkoholischen Getränken jeder Art verboten sei.

Dadurch sei § 9 Abs 4 Steiermärkisches Jugendschutzgesetz - StJSchG verletzt worden.

Nach § 16 Abs 1 StJSchG wurde eine Geldstrafe von S 750,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Die Beschuldigte berief, erklärte, sich der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nicht schuldig zu fühlen und beantragte die Einstellung des Verfahrens.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat erwogen:

Nach dem insoweit klaren Inhalt der Anzeige des Gendarmeriepostens L. vom 30.05.1999 unter "a) Darstellung der Tat" steht die Beschuldigte im Verdacht, in ihrem Gastlokal "F." in L., am 15.05.1999 zwischen 20.00 Uhr und 22.00 Uhr an die 14- jährige S. P. alkoholische Getränke "ausgeschenkt zu haben, sodaß der Jugendlichen der Konsum dieser Getränke ermöglicht wurde".

Es kann auf sich beruhen, ob dieser in den Berufungsausführungen bestrittene Tatvorwurf ("An dieser Stelle sei auch bemerkt, daß die Jugendlichen in der förmlichen Vernehmung vor der BH L., d.h. ohne die von diesen zu Papier gebrachte Drucksituation, etwas anderes angegeben haben, als in der Anzeige. Der Sachverhalt ist daher meines Erachtens nach äußerst aufklärungsbedürftig.") so eindeutig erwiesen wurde, wie die belangte Behörde meint, wie sich das aus den nachstehenden Ausführungen ergibt:

§ 4 Abs 3 StJSchG:

Erwachsene dürfen Kindern und Jugendlichen die Übertretung dieses Gesetzes nicht ermöglichen oder erleichtern. Sie haben sich so zu verhalten, dass Kinder und Jugendliche in ihrer körperlichen, geistigen, seelischen und sozialen Entwicklung nicht geschädigt werden."

§ 9 ("Alkohol, Tabak und Suchtmittel") StJSchG:

(1) Bis zum vollendeten 16. Lebensjahr ist der Konsum von Tabakwaren und alkoholischen Getränken verboten.

(2) ...

(3) ...

(4) Niemand darf alkoholische Getränke und Tabakwaren, die Kinder und Jugendliche im Sinne der Abs 1 und 2 nicht konsumieren dürfen, sofern sie für den persönlichen Gebrauch bestimmt sind, sowie Drogen und ähnliche Stoffe, die sie im Sinne des Abs 3 nicht konsumieren dürfen, an diese abgeben."

§ 16 ("Strafbestimmungen für Erwachsene") StJSchG:

(1) Erwachsene, die gegen die Bestimmungen der §§ 4, 7, 9 Abs 4, 10 Abs 2, 11 und 15 verstoßen, begehen, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung und sind mit einer Geldstrafe bis zu S 30.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu 3 Wochen zu bestrafen.

(2) ...

(3) ..."

Der im Spruch des Straferkenntnisses enthaltene Tatvorwurf, über den allein die Berufungsbehörde zu entscheiden hat, bezieht sich - entgegen der ausdrücklichen Nennung des § 9 Abs 4 StJSchG - nicht auf diese Bestimmung, sondern § 4 Abs 3. Dieser Tatbestand ("Erwachsene dürfen Kindern und Jugendlichen die Übertretung dieses Gesetzes nicht ermöglichen oder erleichtern.") bringt das Verbot von Beihilfehandlungen zum Ausdruck, § 9 Abs 4 ("Niemand darf alkoholische Getränke und Tabakwaren, die Kinder und Jugendliche im Sinne der Abs 1 und 2 nicht konsumieren dürfen, ..., an diese abgeben.") verbietet die Abgabe von Alkohol an Jugendliche durch Erwachsene als unmittelbare Täter. Beitragstäterschaft und unmittelbare Täterschaft schließen einander aus, denn auch im Verwaltungsstrafrecht gilt der Grundsatz, dass ein- und dieselbe Person wegen derselben Tat nicht gleichzeitig als unmittelbarer Täter und als Mitschuldiger bestraft werden kann (VwSlg. 4.609A/1958).

Im hier zu beurteilenden Fall wurde der Sachverhalt, dass die Beschuldigte einer bestimmten Jugendlichen den Konsum von alkoholischen Getränken ermöglicht habe, unrichtigerweise dem § 9 Abs 4 StJSchG unterstellt, was letztlich aber nicht entscheidend ist, da eine unrichtige rechtliche Beurteilung von der Berufungsbehörde im Rahmen des § 66 Abs 4 AVG geändert werden könnte.

Nach dem Inhalt der Anzeige hat die Beschuldigte Alkohol an Jugendliche ausgeschenkt, d.h. im Sinne des § 9 Abs 4 StJSchG abgegeben. Abgabe ist die Verschaffung der tatsächlichen Verfügungsgewalt (VwGH 81/17/0199 vom 08.04.1983). Sie ist - nach der vom Gesetzgeber gemachten Unterscheidung - etwas anderes als das "Ermöglichen" des Konsums alkoholischer Getränke. Das Ausschenken bzw. die Abgabe von Alkohol wurde nicht zum Gegenstand des Tatvorwurfs gemacht und ist nicht im Spruch enthalten. Daraus folgt aber, dass die Berufungswerberin die ihr im Straferkenntnis angelastete Tat nicht begangen hat, da das von ihr möglicherweise zu verantwortende Ausschenken (Abgabe) von Alkohol an Jugendliche nicht in eine Beihilfehandlung umgedeutet und ihr diese Beihilfehandlung nicht statt des Abgebens vorgeworfen werden darf.

Das Straferkenntnis ist daher zu beheben und das Verfahren nach § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen.

Da die verhängte Geldstrafe unter S 3.000,-- liegt, kann diese Entscheidung ohne öffentliche mündliche Verhandlung getroffen werden (§ 51 e Abs 3 Z 3 VStG).

Schlagworte
Jugendschutz Abgabe Ausschank Beihilfe Ermöglicher Tatbestandsmerkmal
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten