Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Gerhard Wittmann über die Berufung des Herrn C. L., G., vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. P. S. und Dr. C. S., gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 31.8.1999, GZ.: III/S-40.045/98, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird die Berufung abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von S 140,-- ( ? 10,17) binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstiger Exekution zu bezahlen.
Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 31.8.1999, Zl. III/S-40.045/98, wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe am 18.9.1998, von 22.48 Uhr bis 22.52 Uhr, in Graz, Jakominiplatz gegenüber dem Dorotheum, mit dem Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen den Gehsteig benützt, obwohl dies verboten sei. Wegen einer Übertretung des § 8 Abs 4 StVO verhängte die Erstbehörde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von S 700,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 1 Tag Ersatzarrest).
Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Berufungswerber fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung, wobei er dies im Wesentlichen damit begründete, dass er am angeblichen Tatort berechtigterweise vom Bestehen einer allgemeinen Abstellmöglichkeit, die nicht auf Taxifahrzeuge beschränkt gewesen sei, ausgehen habe können. Die besondere Widmung für Taxifahrzeuge sei für ihn nicht erkennbar gewesen und auch irrelevant, da hier keine Hinweistafel aufgestellt sei, noch eine Verordnung existieren würde. Für ihn sei nur die Markierung einer Parkfläche auf dem Gehsteig eindeutig erkennbar gewesen und habe er daher den bestehenden Parkplatz befahren und sein Fahrzeug zulässigerweise geparkt. Auf Grund der schlechten Lesbarkeit der Bodenmarkierung am angeblichen Tatort bestehe der Eindruck, dass hier eine allgemein gültige Ausnahmeregelung zu § 8 Abs 4 StVO bestehe. Abschließend beantragte der Berufungswerber eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen und das gegenständliche Straferkenntnis zu beheben und das gegen ihn anhängig gemachte Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.
Am 25.11.1999 fand vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark in Anwesenheit des Vertreters des Berufungswerbers eine öffentliche, mündliche Berufungsverhandlung statt, in deren Verlauf die Meldungslegerin, B. G., als Zeugin einvernommen wurde. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens geht die Berufungsbehörde von folgendem Sachverhalt aus:
Am 18.9.1998 gab es gegenüber dem Dorotheum am
Jakominiplatz in Graz südlich des Hauses Jakominiplatz Nr. 5 über eine Länge von 10 Meter eine weiße Bodenmarkierung auf dem Gehsteig, die auf die Abstellmöglichkeit von Fahrzeugen hingewiesen hat. Auf dem Asphalt innerhalb der Bodenmarkierung war die Aufschrift "Taxi" und zwar von Süden nach Norden verlaufend angebracht. Diese Bodenmarkierung war vom zuständigen Straßen- und Brückenbauamt der Stadt Graz nicht verordnet und war am Tatort auch kein Verkehrszeichen nach § 52 Z 13 b StVO aufgestellt.
Am 18.9.1998 stellte der Berufungswerber das Fahrzeug mit dem Kennzeichen - dabei handelt es sich um kein Taxi - innerhalb der weißen Bodenmarkierung gegenüber dem Dorotheum am Jakominiplatz in Graz ab und stand dieses Fahrzeug dort von 22.48 Uhr bis 22.52 Uhr. Der Gehsteig ist im Tatortbereich 8,60 Meter breit und ist von der Fahrbahn durch Pflastersteine abgegrenzt. Diese Pflastersteine ragen vom Fahrbahnniveau 4 Zentimeter heraus.
Am 4.2.1999 erließ das Straßen- und Brückenbauamt der Stadt Graz zu GZ: A 10/1-I-182/30-1999 eine Verordnung mit dem Inhalt, dass an der Westseite der Ausfahrt des Jakominiplatzes in die Gleisdorfergasse mit dem Beginn 8 Meter südlich der südlichen Gebäudekante des Hauses Jakominiplatz Nr. 5 in Richtung Süden (dabei handelt es sich um den Gehsteigbereich gegenüber dem Dorotheum) auf die Länge von 10 Meter ein Halte- und Parkverbot mit dem Zusatz "Ausgenommen 2 Taxi" normiert wurde. Diese Verordnung wurde durch die Aufstellung eines Verkehrszeichen nach § 12 Z 13 b und einem Verkehrszeichen nach § 54 "Ausgenommen 2 Taxi" am 26.2.1999 kundgemacht. Zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark am 25.11.1999 bestand diese Verordnung vom 4.2.1999 nicht mehr und sind am gegenständlichen Tatort nunmehr keine Straßenverkehrszeichen und keine Bodenmarkierung mehr vorhanden, die auf ein Halte- und Parkverbot mit einer Ausnahmeregelung hinweisen würde.
Beweiswürdigung:
Der festgestellte Sachverhalt konnte auf Grund der Zeugenaussage der Meldungslegerin B. G. getroffen werden. Die Zeugin machte einen glaubwürdigen und sicheren Eindruck. Bereits im erstinstanzlichen Verfahren hatte die Zeugin eine Skizze über den Tatort vorgelegt.
Vom Straßen- und Brückenbauamt der Stadt Graz wurde der Verordnungsakt GZ: A 10/1-3/105-1999 über die Verordnung vom 4.2.1999 eingeholt und dem Vertreter des Berufungswerbers diese Verordnung in der Berufungsverhandlung zur Kenntnis gebracht. Die Feststellungen über die Verhältnisse am Tatort zum Zeitpunkt der Berufungsverhandlung basieren auf eigenen Wahrnehmungen des zur Entscheidung berufenen Senatsmitgliedes des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark.
Rechtliche Beurteilung:
Nach § 2 Abs 1 StVO gilt im Sinne dieses Bundesgesetzes als
1.) Straße: Eine für den Fußgänger - oder Fahrzeugverkehr bestimmte Landfläche samt den im Zug befindlichen und diesem Verkehr dienenden baulichen Anlagen;
2.) Fahrbahn: Der für den Fahrzeugverkehr bestimmte Teil der Straße;
10.) Gehsteig: Ein für den Fußgängerverkehr bestimmter, von der Fahrbahn durch Randsteine, Bodenmarkierungen oder dergleichen abgegrenzter Teil der Straße.
Gemäß § 8 Abs 4 StVO ist die Benützung unter anderem von Gehsteigen im Fahrzeugen aller Art verboten.
Die im gegenständlichen Fall herangezogene Regelung des § 8 Abs 4 StVO ordnet an, dass (unter anderem) die Benützung von Gehsteigen mit Fahrzeugen aller Art grundsätzlich verboten ist. Zwar statuiert die Straßenverkehrsordnung Ausnahmen von diesem Verbot, der Berufungswerber bringt aber zurecht vor, dass die weiße Bodenmarkierung am Tatort nicht von der Behörde verordnet war und daher zur Tatzeit (18.9.1998) keine ordnungsgemäß erlassene Parkmöglichkeit für Taxifahrzeuge bestand. Dies hat zur Konsequenz, dass die Fläche, auf der der Berufungswerber zur Tatzeit sein Fahrzeug abgestellt hatte, ein Teil des Gehsteiges war und der Berufungswerber objektiv betrachtet gegen die Bestimmung des § 8 Abs 4 StVO verstoßen hat.
Der Berufungswerber hätte dann auf den äußeren Anschein (Vorhandensein einer weißen Bodenmarkierung) vertrauen dürfen, wenn er am Tatort ein Taxifahrzeug abgestellt hätte. In diesem Fall wäre dem Berufungswerber kein Verschulden vorzuwerfen gewesen, weil auf Grund der Aufschrift auf dem Asphalt "Taxi" von einem Abstellplatz für Taxifahrzeuge ausgegangen hätte werden können. Da der Berufungswerber aber kein Taxi am Tatort abstellte, kann er sich auch nicht auf diesen äußeren Anschein berufen.
Zum Vorbringen des Berufungswerbers in der Berufung, die besondere Widmung für Taxifahrzeuge sei für ihn nicht erkennbar gewesen bzw. sei für ihn auf Grund der schlechten Lesbarkeit der Bodenmarkierung am Tatort der Eindruck entstanden, dass hier eine allgemein gültige Ausnahmeregelung zu § 8 Abs 4 StVO bestehe, ist auf die Zeugenaussage der Meldungslegerin zu verweisen, die angab, dass die Aufschrift "Taxi" am Asphalt innerhalb der Bodenmarkierung eindeutig wahrnehmbar angebracht war.
Bei der Beurteilung, ob die über den Berufungswerber in erster Instanz verhängte Geldstrafe als schuld- und tatangemessen anzusehen ist, ging die Berufungsbehörde von folgenden Überlegungen aus:
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Erschwerungs- und Milderungsgründe liegen nicht vor. Das Verschulden des Berufungswerbers kann keinesfalls als geringfügig angesehen werden, weil er auf Grund der am Gehsteig innerhalb der Bodenmarkierung angebrachten Aufschrift Taxi
keineswegs dort halten oder parken hätte dürfen.
Der Strafrahmen für die dem Berufungswerber vorgeworfenen Verwaltungsübertretung beträgt gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO bis zu S 10.000,--.
Der Berufungswerber verfügt über ein monatliches Nettoeinkommen von S. Er besitzt einen Miteigentumsanteil an einem Wohnhaus in G. (Wert konnte nicht angegeben werden). Der Berufungswerber ist verheiratet und hat Sorgepflichten für zwei minderjährige Kinder.
Auf Grund der eben aufgelisteten Strafzumessungskriterien ist die von der Erstbehörde über den Berufungswerber verhängte Geldstrafe als durchaus angemessen und gerechtfertigt anzusehen.
Gemäß § 64 Abs 1 VStG ist in jedem Straferkenntnis und in jeder Entscheidung eines Unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, dass der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.
Gemäß § 64 Abs 2 VStG sind die Kosten für das Strafverfahren erster Instanz mit 10 % der verhängten Strafe, für das Berufungsverfahren mit weiteren 20 % der verhängten Strafe, mindestens jedoch mit S 20,-- zu bemessen. Darauf stützt sich die im Spruch vorgenommene Kostenentscheidung.