Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied Dr Traxler über die Beschwerde der Frau ***, geboren am ***, wohnhaft in
***, vom 05 11 1999 wegen der durch Organe der Marktgemeinde *** erfolgten Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehlsund
Zwangsgewalt zu Recht erkannt:
Gemäß § 67c Abs 3 AVG im Verein mit § 13 des Bgld Baugesetzes 1997, BGBl Nr 10/1998, wird die am 06 10 1999 durch Organe der Marktgemeinde *** erfolgte Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch Betreten des Grundstückes Nr 14 der KG *** und Abmähen des darauf befindlichen Grases für rechtswidrig erklärt.
Gemäß § 79a AVG hat die Marktgemeinde *** der Beschwerdeführerin die Kosten für den Schriftsatzaufwand von ATS 8 400,--, für den Verhandlungsaufwand von ATS 10 400,-- sowie für Stempelgebühren von ATS 280,--, zusammen ATS 19 080,-- (das sind 1386,60 EURO) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Der mit 05 11 1999 datierte und am gleichen Tag zur Post gegebene Beschwerdeschriftsatz führt Nachstehendes aus:
Die Beschwerdeführerin sei Eigentümerin des Grundstückes Nr 14 der KG
***. Mit Schreiben der Marktgemeinde *** vom 29 06 1999 sei sie aufgefordert worden, das Grundstück Nr 14 der KG *** dadurch zu pflegen, dass das Gras abgemäht werde. Gleichzeitig wurde angedroht, dass nach Verstreichen einer Frist von 14 Tagen die Gemeinde bescheidmäßig entsprechende Maßnahmen auf Kosten der Beschwerdeführerin durchführen werde.
Hierauf habe die Beschwerdeführerin im Juli 1999 im Beisein ihrer Mutter den Bürgermeister der Gemeinde aufgesucht und vereinbart, dass
sie bis Ende August das Gras mähen werde, wenn sie jemanden hiefür auftreiben könne. Anfang September habe sie einen Anruf vom Leiter des
Gemeindeamtes, Herrn ***, erhalten, welcher mitteilte, dass in Folge des fruchtlosen Verstreichens der Frist das Gras abgemäht werde. Die Beschwerdeführerin habe ihm aber mitgeteilt, dass sie vorher informiert werden wolle bzw einen Bescheid über die Kosten der beabsichtigten Mähung begehre. Auch werde sie noch nach einer geeigneten Person für die Durchführung dieser Arbeiten Ausschau halten.
Als sie am 08 10 1999 von Graz kommend, wo sie sich während der Woche
aufhalte, zu ihrem Grundstück Nr 14 der KG *** kam, habe sie festgestellt, dass das Gras abgemäht worden war. Eine Woche später habe sie von der Gemeinde eine Rechnung in der Höhe von ATS 3600,-- erhalten. Ein Bescheid, der die Exekution der Anordnung des Mähens beinhalte, sei ihr nie zugestellt worden.
Durch das Mähen des Grases auf ihrem Grundstück, welches unter Missachtung der Bestimmung des § 13 des Bgld Baugesetzes vorgenommen worden sei, sei sie in ihrem Recht auf Unverletzlichkeit des Eigentums
und ihrem Recht, dass diese Maßnahme nur nach durchgeführtem Verfahren
und bescheidmäßiger Anordnung gesetzt werde, verletzt. Es werde daher
beantragt, das Mähen des Grases für rechtswidrig zu erklären und die Kosten des Verfahrens zuzusprechen.
Dem der Beschwerde beiliegenden Schreiben der Marktgemeinde *** vom 29
06 1999 ist zu entnehmen, dass sich die Gemeinde auf die baurechtlichen Vorschriften beruft, die eine Grundstückspflege im bebauten Gebiet vorsehen. Auf Grund einer Anrainerbeschwerde werde daher die Beschwerdeführerin aufgefordert, das Gras abzumähen. Falls diesem Ersuchen nicht innerhalb von 14 Tagen nachgekommen werde, müsse
die Gemeinde bescheidmäßig entsprechende Maßnahmen auf Kosten der Beschwerdeführerin durchführen.
Aus der Rechnung der Gemeinde vom 12 10 1999 geht hervor, dass die Maßnahme offenbar am 06 10 1999 gesetzt wurde.
In ihrer Gegenschrift führt die Marktgemeinde ***, dass sich das gegenständliche Grundstück in einem ungepflegten sowie das Ortsbild beeinträchtigten Zustand befunden habe. Nach erfolgloser mündlicher Aufforderung sei eine schriftliche Aufforderung zur Behebung dieses Missstandes ergangen. Nach Verstreichen der angeführten 14-Tage Frist
sei am 24 08 1999 Kontakt mit der Familie *** aufgenommen worden. Es wurde mündlich eine weitere Frist von ca zwei bis drei Wochen vereinbart. Nach Verstreichen dieser Frist wurde neuerlich angerufen,
wobei das Argument vorgetragen wurde, dass niemand für das Abmähen des
Grundstückes zu bekommen sei und ob nicht die Gemeinde die Arbeiten durchführen könnte. Am Telefon sei der Leiter des Gemeindeamtes *** gewesen, welcher den Auftrag für die Gemeinde zum Abmähen des Grundstückes entgegengenommen habe. Auf Grund dessen sei daher kein bescheidmäßiges Vorgehen mehr notwendig gewesen, da ein Auftrag zur Pflege erteilt worden sei.
Hierüber hat der Verwaltungssenat nach Durchführung einer öffentlichen
mündlichen Verhandlung erwogen:
Gemäß § 13 des Bgld Baugesetzes 1997 sind die Grundstücke im Bauland vom Eigentümer oder Nutzungsberechtigten in einem gepflegten, das Ortsbild nicht beeinträchtigenden und Personen oder Sachen nicht gefährdenden Zustand zu halten. Kommt der Eigentümer bzw Nutzungsberechtigte dieser Verpflichtung trotz Anordnung binnen angemessener Frist nicht nach, so hat die Baubehörde die entsprechenden Maßnahmen auf seine Kosten durchführen zu lassen.
Gemäß § 67c Abs 3 AVG ist der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären, wenn die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder als unbegründet abzuweisen ist.
Im vorliegenden Fall ist unbestritten, dass die Beschwerdeführerin mit
Schreiben der Marktgemeinde *** vom 29 06 1999 unter Berufung auf die
baurechtlichen Vorschriften zur Grundstückspflege des im bebauten Gebiet liegenden Grundstückes Nr 14 der KG *** aufgefordert wurde.
In
diesem Schreiben wurde der Beschwerdeführerin eine Frist von 14 Tagen
gesetzt und auch darauf hingewiesen, dass die Gemeinde die Pflege des
Grundstückes mittels Bescheid vorschreiben könne und dass dann in weiterer Folge die Maßnahmen auf Kosten der Beschwerdeführerin durchgeführt würden.
Daraus ist ersichtlich, dass die Gemeinde im Sinne des § 13 des Bgld Baugesetzes vorgehen wollte.
Wie der Gegenschrift der Gemeinde weiters zu entnehmen ist, wurde von
der Durchführung eines förmlichen Verwaltungsverfahrens deshalb Abstand genommen, weil gegenüber dem Leiter des Gemeindeamtes telefonisch der Auftrag erteilt wurde, dass die Gemeinde durch ihre Bediensteten das Abmähen des Grundstückes besorgen möge. Unbestritten ist, dass diese Arbeiten in weiterer Folge durch Gemeindearbeiter durchgeführt wurden.
Vorerst ist zu prüfen, ob das ohne Durchführung eines förmlichen Verfahrens stattgefundene Betreten des Grundstückes der Beschwerdeführerin durch Bedienstete der Gemeinde und das hierauf stattgefundene Abmähen des Grundstückes als die Ausübung unmittelbarer
behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt anzusehen ist. Dies ist aus nachstehenden Gründen zu bejahen:
Nach ständiger Rechtsprechung der Höchstgerichte (vergleiche VwGH vom
28 09 1992, Zl 90/10/0193) stellen auch Vollstreckungshandlungen,
welche ohne vorangegangenes Verfahren durchgeführt werden, Maßnahmen unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar. Ein solcher Fall ist hier gegeben.
Wie bereits einleitend ausgeführt, wurde seitens der Gemeinde lediglich das Aufforderungsschreiben vom 29 06 1999 erlassen, ein weiteres Verwaltungsverfahren jedoch nicht durchgeführt. Es wurde daher weder eine rechtskräftige Vorschreibung der angedrohten Maßnahme
noch ein diesen Bescheid durchsetzendes Vollstreckungsverfahren durchgeführt. Insoweit ist also im vorliegenden Fall von der Ausübung
unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt auszugehen.
Allerdings läge eine solche Maßnahme unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dann nicht vor, wenn
das Abmähen des Grundstückes durch Gemeindeorgane seitens der Beschwerdeführerin freiwillig gestattet worden wäre (vergleiche VwGH vom 08 09 1995, Zl 95/02/0204).
Dazu hat die Marktgemeinde *** in ihrer Gegenschrift darauf verwiesen, dass anlässlich eines Telefonates mit dem Leiter des Gemeindeamtes der Auftrag für die Gemeinde zum Abmähen des gegenständlichen Grundstückes erteilt worden sei.
Im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde dies von der Beschwerdeführerin bestritten. Auch seitens ihrer Mutter, der Zeugin ***, wurde ausgeführt, dass sie nichts davon wisse, dem Leiter des Gemeindeamtes, dem Zeugen ***, den Auftrag zum Abmähen des Grundstückes erteilt zu haben. Sie wisse auch nicht, dass sie mit dem
Zeugen in der zweiten Septemberhälfte telefoniert hätte.
Demgegenüber führte der Zeuge *** aus, dass er im vorliegenden Fall zwei Telefongespräche geführt hätte. Am 24 08 1999 habe er mit der Beschwerdeführerin telefoniert und ihr eine Frist von weiteren zwei bis drei Wochen für das Abmähen des Grundstückes eingeräumt. Dieses Datum gehe aus einer handschriftlichen Aufzeichnung hervor. Nach Verstreichen dieser Frist habe er dann ein Telefonat mit der Mutter der Beschwerdeführerin getätigt. Dass es sich dabei um die Mutter der
Beschwerdeführerin gehandelt habe, hätte ihm auch die Kollegin, die die Telefonverbindung hergestellt habe, bestätigt. Frau *** habe ihm damals mitgeteilt, dass sie im Krankenhaus gewesen sei und daher niemanden zum Abmähen auftreiben konnte. Weiters habe sie angefragt, ob diese Arbeiten nicht durch die Gemeinde durchgeführt werden könnten. Er habe geantwortet, dass dies selbstverständlich möglich sei, weil die Gemeinde solche Arbeiten öfter durchführe. Daraufhin habe Frau *** erklärt, dass die Gemeinde die Arbeiten durchführen solle, weil sie selbst niemanden für diese Arbeiten finden könnten. Den genauen Zeitpunkt des Telefonates könne er nicht angeben, es müsse
aber nach Verstreichen der eingeräumten dreiwöchigen Frist, also in der zweiten Septemberhälfte 1999 gewesen sein. Es sei ihm zu diesem Zeitpunkt nicht bewusst gewesen, dass Frau *** nicht die Grundeigentümerin des Grundstückes Nr 14 der KG *** gewesen sei.
Eine
weitere Kontaktnahme mit der Familie *** sei nicht erfolgt und seien dann die Arbeiten durch einen Gemeindearbeiter durchgeführt worden.
Selbst wenn man von der an sich durchaus glaubwürdigen Aussage des Zeugen *** ausgeht, wonach die Mutter der Beschwerdeführerin, Frau ***, den Auftrag zur Durchführung der Arbeiten und damit ihre Zustimmung dazu erteilt hat, ergibt sich aus nachstehenden Gründen die
Rechtswidrigkeit der von der Gemeinde durchgeführten Maßnahme:
Wie bereits oben ausgeführt, wollte die Marktgemeinde *** ein hoheitliches Verfahren im Sinne des § 13 des Bgld Baugesetzes 1997 durchführen. Allerdings sind weitere Erhebungen, insbesondere zur Frage, wer der Grundeigentümer des Grundstückes Nr 14 der KG *** ist,
offensichtlich nicht durchgeführt worden. Das genannte Aufforderungsschreiben vom 29 06 1999 enthält in seiner Anschrift sowohl den Namen der Frau *** als auch jenen der Beschwerdeführerin. Weiters ergibt sich aus der Aussage des ***, dass er der Auffassung war, dass die Mutter der Beschwerdeführerin die Grundeigentümerin gewesen sei. Aus diesem Grunde hat er angenommen, dass mit dem telefonischen Auftrag der Mutter die Angelegenheit in Ordnung ginge. Auch wenn man davon ausgeht, dass der Zeuge *** vertretbarerweise annehmen konnte, dass mit dem Auftrag der Mutter die Zustimmung zur Durchführung von Mäharbeiten erteilt worden sei, so ändert dies nichts an der Rechtswidrigkeit der gegenständlichen Maßnahme. Dies deshalb, weil es die pflichtgemäße Sorgfalt erfordert hätte, dass seitens der Gemeinde eine eindeutige Klärung der Eigentumsverhältnisse vorgenommen und die Zustimmung der wirklichen Grundeigentümerin eingeholt wird. Dies ist aber nicht erfolgt, weshalb
die im guten Glauben vorgenommene Amtshandlung mangels
rechtswirksamer
Zustimmung der Grundeigentümerin rechtswidrig ist.
Bemerkt wird, dass der Auftrag der Mutter schon deshalb nicht namens der Tochter gemäß § 10 Abs 4 AVG erfolgen konnte, weil Anhaltspunkte fehlen, dass eine solche Vollmacht konkludent vorliegt. Auch kann bei
gegebener Sachlage nicht von einer Geschäftsführung ohne Auftrag gesprochen werden.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 79a AVG und die hiezu ergangene Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl Nr 855/1995, die für den Schriftsatz- und Verhandlungsaufwand die vorgeschriebenen Tarife enthält.