TE UVS Burgenland 2000/02/08 026/06/99006

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Veröffentlicht am 08.02.2000
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat über die Berufung des

Herrn ***, geboren am ***, wohnhaft in A-***,  vom 28 06 1999, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Oberpullendorf  vom 10

06 1999, Zl 300-4631-1998, wegen Bestrafungen nach dem Arbeitszeitgesetz hinsichtlich der Spruchpunkte I. und III. durch das

Mitglied Mag. Obrist und hinsichtlich Spruchpunkt II. durch den Kammervorsitzenden Dr Traxler und die Mitglieder Mag Waniek-Kain und Mag Obrist zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs 1 VStG wird der Berufung

1. betreffend Spruchpunkt I. dahingehend Folge gegeben, dass das angefochtene Straferkenntnis in dem hier aufgezählten ersten Fall (Einzeltathandlung vom 20 07 1998) behoben und das Verfahren diesbezüglich gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt wird und dass die

verhängte Geldstrafe auf ATS 2000,-- und die Ersatzfreiheitsstrafe auf

48 Stunden herabgesetzt werden; weiters wird der Tatvorwurf in diesem

Punkt insofern berichtigt, als anstelle der Wendung "im Falle der Arbeitsbereitschaft 16 Stunden" die Formulierung "die soweit verlängert werden darf, dass die vorgeschriebene tägliche Ruhezeit eingehalten wird" eingefügt wird; bei der Strafnorm ist zum zitierten

Kollektivvertrag "Artikel VIa, Ziffer 18" zu zitieren;

2. betreffend Spruchpunkt II. dahingehend Folge gegeben, dass das angefochtene Straferkenntnis in den hier aufgezählten ersten beiden Fällen (Einzeltathandlungen vom 20 und 21 07 1998) behoben und das Verfahren diesbezüglich gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt und die

verhängte Geldstrafe auf ATS 7000,-- herabgesetzt wird; bei der Strafnorm hat die Zitierung des Kollektivvertrages zu entfallen;

3. betreffend Spruchpunkt III. dahingehend Folge gegeben, dass das angefochtene Straferkenntnis in den hier aufgezählten ersten beiden Fällen (Einzeltathandlungen vom 21 und 22 07 1998) behoben und das Verfahren diesbezüglich gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt wird und

dass die verhängte Geldstrafe auf ATS 2000,-- und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 24 Stunden herabgesetzt werden; bei der Strafnorm hat die Zitierung des Kollektivvertrages zu entfallen; Im übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen. Der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens I. Instanz verringert sich daher auf ATS 1100,--.

Text

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses lautet:

 

"I.

Sie haben als zur Vertretung nach außen berufenes Organ des Arbeitgebers der Firma *** nicht dafür gesorgt, dass der Arbeitnehmer

***, *** geb. die mit Kollektivvertrag festgelegte Einsatzzeit von grundsätzlich 12 Stunden, im Falle der Arbeitsbereitschaft 16 Stunden

nicht überschreitet.

Die Einsatzzeit betrug:

am 20 7 1998, 05 00 Uhr bis 20 00 Uhr - 15 Stunden 00 Min

am 21 7 1998, 04 30 Uhr bis 20 40 Uhr - 16 Stunden 10 Min

am 22 7 1998, 05 00 Uhr bis 20 30 Uhr - 15 Stunden 30 Min

 

II.

Sie haben als zur Vertretung nach außen berufenes Organ des Arbeitgebers der Firma *** nicht dafür gesorgt, dass der Arbeitnehmer

***,  *** geb. die Bestimmungen der EG-VO 3820 und des Kollektivvertrages einhält, wonach die tägliche Lenkzeit an zwei Tagen

der Woche 10 Stunden, an den übrigen Tagen 9 Stunden nicht

überschreiten darf.

Die Lenkzeit betrug:

am 20 7 1998 - 11 Stunden 40 Minuten

am 21 7 1998 - 14 Stunden 20 Minuten

am 22 7 1998 - 13 Stunden 50 Minuten

am 23 7 1998 - 11 Stunden 20 Minuten

am 24 7 1998 - 10 Stunden 50 Minuten

am 27 7 1998 - 11 Stunden 00 Minuten

 

III.

Sie haben als zur Vertretung nach außen berufenes Organ des Arbeitgebers der Firma *** nicht dafür gesorgt, dass der Arbeitnehmer

***, *** geb. die Bestimmungen der EG-VO 3820 und des Kollektivvertrages einhält, wonach nach einer Lenkzeit von 4 1/2 Stunden eine Unterbrechung (Lenkpause) von 45 Minuten einzuhalten ist.

Die Lenkpause betrug:

am 21 7 1998 nach einer Lenkzeit von 13 Stunden 00 Min  - 15 Min

am 22 7 1998 nach einer Lenkzeit von 10 Stunden 00 Min  - 00 Min

am 23 7 1998 nach einer Lenkzeit von 10 Stunden 50 Min  - 00 Min"

 

Wegen dieser  Übertretungen wurde der Beschuldigte unter Zitierung des

Kollektivvertrages für das Güterbeförderungsgewerbe Österreichs und des § 9 VStG sowie zu I. § 16 Abs 3 Arbeitszeitgesetz, zu II. Art 6 Abs 1 EG-Verordnung 3820/85 und III. Art 7 Abs 1  EG-Verordnung 3820/85, bestraft. Zu I. und III. wurde eine Geldstrafe von je ATS 6000,-- und zu III. eine Geldstrafe von ATS 12000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe jeweils 72 Stunden) verhängt.

 

Dagegen hat der Beschuldigte fristgerecht Berufung erhoben. Er gibt zu, dass die Lenkzeiten des genannten Angestellten überschritten worden seien. Es seien jedoch Pausen nicht berücksichtigt worden, weil

niemand 10 Stunden durchfahren könne. Es mögen daher die Tachoscheiben

noch einmal überprüft werden. Nach den Aufzeichnungen in der Firma habe der Lenker wesentlich mehr Pausen eingelegt. Vermutlich habe er vergessen, den Tachographen umzuschalten, sodass die Pausen nicht einwandfrei erkennbar seien. Dieser Lenker sei auch nicht mehr in der

Firma beschäftigt. Der Berufung beigeschlossen sind die Aufzeichnungen

der Firma, auf die der Berufungswerber verwiesen hat. In einer Ergänzung zur Berufung hat der Beschuldigte außerdem vorgebracht, er sei bereits in einem näher bezeichneten Verfahren vom Verkehrsamt Wien

für die selbe Überschreitung der Lenkzeit und Nichteinhaltung der Pausen bestraft worden. Es gebe extreme Unterschiede in den Berechnungen der Zeiten. Außerdem werde er jetzt neuerlich für die gleiche Verwaltungsübertretung bestraft.

 

Die Einstellung hinsichtlich der im Spruch genannten Einzeltathandlungen hatte aus  folgenden Gründen zu erfolgen:

 

Zu Spruchpunkt I.):

 

Was die Einsatzzeit betrifft, wurde in der Anzeige und auch im Straferkenntnis auf die alte Rechtslage Bezug genommen. Die Arbeitsbereitschaft als Voraussetzung für eine Einsatzzeitverlängerung

gibt es seit der Novelle 1997 des Arbeitszeitgesetzes, BGBl vom 24 04

1997, Nr  46, I. Teil, nicht mehr. Weiters erlaubt § 16 Abs 3 legcit die kollektivvertragliche Verlängerung. Der Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe (Stand März 1998) nimmt auf diese Regelung Bezug und sieht in seinem Artikel VIa, Ziffer 18, vor, dass die Einsatzzeit über 12 Stunden hinaus soweit verlängert werden darf, dass

die innerhalb eines Zeitraumes von 24 Stunden vorgeschriebene tägliche

Ruhezeit eingehalten wird. Die tägliche Ruhezeit hat gemäß Art 8 der EWG-VO 3820/85 mindestens 11 Stunden zu betragen und darf dreimal pro

Woche auf nicht weniger als 9 Stunden verkürzt werden, sofern bis zum

Ende der folgenden Woche ein entsprechender Ausgleich gewährt wurde. Die für den Beschuldigten günstigere und im Zeitpunkt der Fällung des

erstinstanzlichen Straferkenntnisses geltende kollektivvertragliche Regelung ist daher anzuwenden. Beweisergebnisse darüber, dass (mangels Ausgleiches in der folgenden Woche) die Verkürzung der Ruhezeit auf 9

Stunden drei Mal wöchentlich nicht erlaubt gewesen wäre, liegen nach der Aktenlage nicht vor. Nach der Anzeige wurden drei Einsatzzeitüberschreitungen festgestellt. Geht man also davon aus, dass im vorliegenden Fall drei Mal wöchentlich eine Ruhezeit von 9 Stunden ausreichend war, ergibt sich für diese Tage eine zulässige Einsatzzeit von 15 Stunden (24 minus 9). Der Lenker weist an den aufeinanderfolgenden Tagen in einer Woche eine Einsatzzeit von einmal

genau 15 Stunden, dann 16 Stunden 10 Minuten und 15 Stunden 30 Minuten

auf. Es hatte sohin hinsichtlich der erstgenannten Einsatzzeit, die gerade noch eingehalten wurde,  die spruchgemäße Einstellung zu erfolgen.

 

Zu Spruchpunkt II.):

 

Gemäß Artikel 6 erster Unterabsatz der EWG VO 3820/85 darf die Tageslenkzeit 9 Stunden nicht überschreiten. Sie darf zweimal pro Woche auf 10 Stunden verlängert werden. Der Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe Österreichs sieht in seinem Artikel VIa, Punkt 3, eine identische Regelung vor.

 

Der Beschuldigte hat in der Berufung auf ein gegen ihn von der Bundespolizeidirektion  Wien geführtes Verfahren betreffend die selben

Überschreitungen der Lenkzeiten und Nichteinhaltungen der Lenkpausen hingewiesen. In den bezughabenden Akt, Zahl S 111073/VA/98,  wurde Einsicht genommen. In diesem Verfahren wurde der Beschuldigte unter anderem bestraft, weil der selbe Lenker wie im ha anhängigen Verfahren

am 20 und 21 07 1998 die Tageslenkzeit in einem näher angeführten Ausmaß nicht eingehalten habe. Die Bestrafung erfolgte nach dem KFG und wurde die Tat dem Beschuldigten als Verantwortlicher des Zulassungsbesitzers zur Last gelegt. Die Bestrafung ist rechtskräftig.

 

Auch im gegenständlichen Verfahren wird dem Beschuldigten eine Übertretung der zitierten Bestimmung der EWG-Verordnung zur Last gelegt und beziehen sich in Spruchpunkt II. des Straferkenntnisses zwei Einzeltathandlungen auf den 20 und 21 07 1998. Es hat also der Beschuldigte durch eine Tat zwei Delikte verwirklicht.

Zur Beurteilung, ob eine Doppelbestrafung hier zulässig ist, ist die verfassungsrechtliche Grenze, die Artikel 4 Abs 1 des siebenten Zusatzprotokolles zur EMRK (7 ZP EMRK) für eine Doppel-  oder Mehrfachbestrafung zieht, zu beachten. Wie der Verfassungsgerichtshof

in seinem Erkenntnis vom 05 12 1996, G 9/96, hiezu ausgeführt hat, ist

eine Strafverfolgung wegen einer strafbaren Handlung dann unzulässig,

wenn sie bereits Gegenstand eines Strafverfahrens war. Dies ist der Fall, wenn der herangezogene Deliktstypus den Unrechts- und Schuldgehalt eines Täterverhaltens vollständig erschöpft, sodaß ein weitergehendes Strafbedürfnis entfällt, weil das eine Delikt den Unrechtsgehalt des anderen Delikts in jeder Beziehung mitumfasst.

Der

Verwaltungsgerichtshof teilt diese Interpretation und führt als zusätzliches Argument an, dass auch das offenbar vom EGMR nach wie vor

vorausgesetzte Gebot des Artikel 4 des 7 ZP EMRK, die Gefahr unterschiedlicher Beurteilungen einer einzigen Tat durch verschiedene

Behörde zu vermeiden, für diese Auslegung spricht (VwGH vom 22 03 1999, Zl 98/17/0134).

 

Die Unzulässigkeit einer Doppelbestrafung besteht also dort, wo "das gleiche Verhalten" Gegenstand einer zweiten Bestrafung ist. In dem hier zu beurteilenden Fall bestand die Tathandlung sowohl in dem bereits abgeschlossenen als auch in dem jetzt anhängigen Verfahren darin, dass der Beschuldigte nicht dafür gesorgt hat, dass ein bestimmter Lenker die in der zitierten EWG-Verordnung festgelegte Tageslenkzeit einhält. An dieser "Einheitlichkeit" im Ablauf des Sachverhaltes besteht im hier gegenständlichen Verfahren kein Zweifel.

Der Beschuldigte wurde wegen der Nichteinhaltung dieser Verordnung an

den genannten beiden Tagen bereits bestraft und ist der diesbezügliche

Unrechts- und Schuldgehalt seines Verhaltens damit erschöpft. In welcher Eigenschaft die Tat dem Beschuldigten zur Last gelegt wurde, vermag an dieser Beurteilung nichts zu ändern, weil es sich dabei nicht um ein bedeutsames tatbestandliches Qualifikationskriterium - also keinen wesentlichen Gesichtspunkt des jeweiligen Straftatbestandes - handelt, wenngleich nicht übersehen wird, dass der

Schutzzweck nach dem Arbeitszeitgesetz auf den Arbeitnehmer ausgelegt

ist. Im Lichte obiger Rechtsprechung sind solche Sachverhalte, welche

eine strafrechtliche "Idealkonkurrenz" erkennen lassen, im Hinblick auf die Vermeidung einer Doppelbestrafung eng auszulegen. Nachdem also

ein und die selbe strafbare Handlung bereits geahndet wurde, würde eine Bestrafung wegen desselben Verhaltens eine verpönte kumulative Verantwortlichkeit des Berufungswerbers zur Folge haben und daher eine

Verletzung des Artikel 4 des 7 ZP EMRK nach sich ziehen, sodass das Verwaltungsstrafverfahren hinsichtlich der bereits mehrfach genannten

Einzeltathandlungen einzustellen war.

 

Zu Spruchpunkt III.):

 

Gemäß Artikel 7 Abs 1 der EWG VO 3820/85 ist nach einer Lenkzeit von 4

1/2 Stunden eine Unterbrechung von mindestens 45 Minuten einzulegen, sofern der Fahrer keine Ruhezeit nimmt. Die selbe Regelung trifft auch

der Kollektivvertrag für das Güterbeförderungsgewerbe Österreichs in seinem Artikel VI a, Punkt 5.

 

In dem schon oben zitierten Verwaltungsstrafverfahren der Bundespolizeidirektion  Wien wurde dem Berufungswerber eine Übertretung dieser Bestimmung zur Last gelegt und er rechtskräftig bestraft, weil der selbe Lenker wie in diesem Verfahren (unter anderem) am 21 und 22 07 1998 innerhalb einer näher angeführten und 4

1/2 Stunden überschreitenden Lenkzeit keine entsprechende Unterbrechung eingelegt habe. Die Bestrafung erfolgte nach dem KFG und

wurde die Tat dem Beschuldigten als Verantwortlicher des Zulassungsbesitzers zur Last gelegt.

 

Auch im gegenständlichen Verfahren wird dem Beschuldigten eine Übertretung der zitierten Bestimmung der EWG-Verordnung zur Last gelegt und beziehen sich in Spruchpunkt III. des Straferkenntnisses zwei Einzeltathandlungen auf den 21  und 22 07 1998.

 

Für diesen Sachverhalt gelten die bereits oben zu Punkt II.) gemachten

Ausführungen hinsichtlich einer Doppelbestrafung. Auf diese wird verwiesen und hat aus den dort angeführten Gründen auch hinsichtlich der in Punkt III.) des Spruches angeführten Einzeltathandlungen die Einstellung zu erfolgen.

 

Hinsichtlich der aufrecht erhaltenen Teile des Straferkenntnisses wurde folgendes erwogen:

 

Gemeinsam zu allen Spruchpunkten wird festgestellt, dass die dem Beschuldigten vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen auf einer Anzeige

des zuständigen Arbeitsinspektorates beruhen und durch Überprüfung der

Schaublätter festgestellt wurden. Die einzelnen Ausmaße der festgestellten Übertretungen werden vom Berufungswerber nicht konkret

bestritten. Außerdem hat er selbst zugegeben, dass die Lenkzeiten überschritten worden seien. Andererseits behauptet er, die Pausen seien nicht richtig gerechnet worden, jedoch ist sein diesbezügliches

Vorbringen nur allgemein. Hinsichtlich der Einsatzzeit geht dieses Vorbringen von vorneherein ins Leere, weil hier auch die Arbeitszeitunterbrechungen einzurechnen sind. Wenn der Berufungswerber

im übrigen selbst nur "vermutet", der Lenker habe vergessen, den Tachographen umzustellen, ist darin keine konkrete Gegendarstellung zu

sehen. Auch die von ihm vorgelegten Aufzeichnungen der Firma vermögen

die aus den Schaublättern errechneten Zeiten nicht zu entkräften. Diese wurden offensichtlich im nachhinein angefertigt (es sind jeweils

tageweise die gefahrenen Kilometer ersichtlich und sind die Arbeitsstunden angegeben). Die Pausen sind für die jeweiligen Tage nur

nach Stunden - bzw nach halben Stunden gerundet - angegeben. Von wann

bis wann genau welche Pausen eingehalten wurden, geht daraus nicht hervor. Diese handschriftlichen Aufzeichnungen stellen daher keinen verlässlichen Beweis hinsichtlich der tatsächlich eingehaltenen Pausen

dar.

 

Richtig ist die Feststellung des Berufungswerbers, dass in dem schon oben zitierten von der Bundespolizeidirektion  Wien geführten Verfahren betreffend Überschreitung der Lenkzeiten und Nichteinhaltung

der Lenkpausen andere Zeiten festgestellt wurden. Soweit diese Delikte

Einzeltathandlungen der in diesem Verfahren zu beurteilenden Übertretungen bilden, war der Berufung Folge zu geben (oben Punkt 2. und III.). Diesbezüglich können die divergierenden Zeitangaben daher unerörtert bleiben. Ein Schluss, dass deshalb die vom Arbeitsinspektorat festgestellten übrigen Zeiten, hinsichtlich derer eine Bestrafung aufrecht erhalten wurde, falsch sein müssten, kann daraus nicht abgeleitet werden. Dazu kommt noch, dass der Berufungswerber aufgefordert wurde, die Originalschaublätter vorzulegen, um eine neuerliche Überprüfung  veranlassen zu können. Dies kann nur unter seiner Mitwirkung geschehen und ist er dem nicht nachgekommen. Die Behörde hat den Sachverhalt im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu beurteilen und wird aufgrund der obgeschilderten Umstände - Berechnung der Zeiten durch ein Organ des Arbeitsinspektorates, keine konkrete Gegendarstellung und mangelnde Mitwirkung des Berufungswerbers - von dem Sachverhalt, wie er sich aus

der Anzeige ergibt, ausgegangen. Die festgestellten Überschreitungen lagen über dem gesetzlich bzw kollektivvertraglich erlaubten Ausmaß. Der Beschuldigte hat die Taten demnach in objektiver Hinsicht verwirklicht.

 

Zur subjektiven Tatseite ist gemeinsam für alle Delikte noch auf folgendes hinzuweisen:

Gemäß § 5 Abs 1 VStG hat der Beschuldigte glaubhaft zu machen, dass ihm die Einhaltung der objektiv verletzten Vorschriften ohne sein Verschulden unmöglich war. Was die Einhaltung der hier angezogenen Arbeitszeitvorschriften anlangt, so hat der Arbeitgeber ein dem konkreten Betrieb entsprechendes Kontrollsystem einzurichten und darüber hinaus alle sonstigen im konkreten Betrieb möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu treffen, die erforderlich sind, um die Einhaltung der Arbeitszeit sicherzustellen, wozu es etwa gehört, die Arbeitsbedingungen und Entlohnungsmethoden so zu gestalten, dass sie keinen Anreiz zur Verletzung der Arbeitszeitvorschriften darstellen. Nur wenn der Arbeitgeber glaubhaft macht, dass ein Verstoß gegen Arbeitszeitvorschriften durch einen Lenker trotz Bestehens und Funktionierens eines solchen, von ihm im einzelnen darzulegenden Systems ohne sein Wissen und ohne seinen Willen erfolgte, kann ihm der

Verstoß nicht zugerechnet werden. Eine Rechtfertigung in diese Richtung hat der Beschuldigte selbst nicht vorgebracht. Fahrlässiges Verhalten ist dem Berufungswerber sohin anzulasten und ist damit die subjektive Tatseite erfüllt.

 

Zum Ausmaß der Überschreitungen der täglichen Lenkzeit (Spruchpunkt II.) wird festgestellt, dass die Lenkzeit am 22 um 3 Stunden 50 Minuten, am 23 um 2 Stunden 20 Minuten, am 24 um 1 Stunde 50 Minuten und am 27 um 2 Stunden überschritten wurde. Es wurde dabei von dem für

den Beschuldigten günstigsten Fall ausgegangen und wurde die zweimal wöchentlich erlaubte Tageslenkzeit von 10 Stunden auf die beiden Tage

der 30 Woche (das sind die Einzeltathandlungen vom 20 bis 24 07 1998)

mit den höchsten Tageslenkzeiten (also den 21 und 22) sowie auf den einzelnen überprüften Tag der Folgewoche (27) angerechnet.

 

Die Spruchkorrektur zu I.) hatte zu erfolgen, weil der zitierte Teil des Tatvorwurfes - wie schon oben ausgeführt - auf der alten Rechtslage beruht. Außerdem war hier die angezogene kollektivvertragliche Regelung konkret zu zitieren. In den beiden weiteren Spruchpunkten konnte eine Bezugnahme auf den Kollektivvertrag

gänzlich entfallen, weil diesbezüglich dort keine Sonderregelungen enthalten sind.

 

Zur Strafbemessung:

 

Die zum Schutz der Gesundheit von Arbeitnehmern geschaffenen arbeitszeitrechtlichen Vorschriften lassen das öffentliche Interesse daran erkennen, welches durch die jeweilige Tathandlung nicht unerheblich beeinträchtigt wurde. Dass die Einhaltung der Vorschriften

eine besondere Aufmerksamkeit erfordert hätte oder, dass die Verwirklichung des jeweiligen Tatbestandes aus besonderen Gründen nur

schwer hätte vermieden werden können, ist weder hervorgekommen noch auf Grund besonderer Tatumstände anzunehmen und kann daher das Verschulden des Berufungswerbers nicht als geringfügig angesehen werden.

 

Bei der Strafbemessung waren weder mildernde noch erschwerende Umstände zu berücksichtigen. Entgegen der vom Arbeitsinspektorat in seinem Strafantrag vertretenen Ansicht ist der Beschuldigte nicht einschlägig vorbestraft. Das zitierte Verfahren wurde nicht gegen den

Beschuldigten dieses Verfahrens (sondern gegen ***) geführt. Ein diesbezüglicher Erschwerungsgrund liegt also nicht vor. Gleichzeitig war auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers Bedacht zu nehmen. Da diese

nicht bekannt gegeben wurden, ist eine Schätzung vorzunehmen und wird

von einem durchschnittlichen monatlichen Einkommen von ATS 15000;--, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen.

 

Der gesetzliche Strafrahmen reicht von ATS 1000,-- bis ATS 25000,--.

 

Eine Strafe muss außerdem auch geeignet sein, den Berufungswerber von

einer Wiederholung der Tat ausreichend abzuschrecken und generalpräventive Wirkungen zu entfalten.

 

Diese Erwägungen sowie der Umstand, dass hinsichtlich der Spruchpunkte

II.) und III.) jeweils zwei Einzeltathandlungen zu entfallen hatten, waren für die Herabsetzung der verhängten Geldstrafen maßgeblich. Zu Spruchpunkt I.) war außerdem zu berücksichtigen, dass von einer erlaubten Einsatzzeit von 15 Stunden auszugehen ist, sodass das Ausmaß

der Überschreitung nicht derart gravierend war, dass dadurch das durch

die Strafdrohung geschützte Interesse am Schutz der Arbeitnehmer vor überlanger Inanspruchnahme ihrer Arbeitskraft überdurchschnittlich beeinträchtigt worden ist. Die spruchgemäße Herabsetzung, wobei als Basis ATS 1000,-- pro Zuwiderhandlung pro Tag herangezogen wurden, gründet sich auf diese Umstände.  Bei den Einzeltathandlungen zu

Punkt

II.) wurde je Überschreitung der gesetzlich vorgesehenen Zeit im Ausmaß von weniger als zwei Stunden als Basis ATS 1.000,-- und darüber

hinaus  ATS 2000,-- pro Zuwiderhandlung pro Tag herangezogen. Eine Herabsetzung der mit 72 Stunden ohnehin geringen Freiheitsstrafe, die

auch im Verhältnis zu den beiden anderen Freiheitsstrafen steht, war

nicht erforderlich. Zu Spruchpunkt III.) war in Anbetracht des Umstandes, dass das Ausmaß der Überschreitung zwar beträchtlich, jedoch zwei Einzeltathandlungen zu entfallen haben, somit nur eine Tat

verbleibt, die Strafe auf ein Drittel herabzusetzen.

Schlagworte
Doppelbestrafung, Tageslenkzeit, Lenkpausen, Zulassungsbesitzer, Arbeitgeber
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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