TE UVS Steiermark 2000/02/16 30.12-13/2000

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Veröffentlicht am 16.02.2000
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Hütter über die Berufung des Herrn W. K., geb. am 21.04.1950, vertreten durch N., G., H., S. & P., Rechtsanwälte, W., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Fürstenfeld vom 31.01.2000, GZ.: 15.1 2000/189, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren nach § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Die Bezirkshauptmannschaft Fürstenfeld als erste Instanz warf dem nunmehrigen Berufungswerber mit Straferkenntnis Folgendes vor:

Er habe es am 25.02.1997 als verantwortlicher Beauftragter für die Bereiche "Verpackung, Brüh-, Koch- und Dauerwurst/Schinken- und Salamiproduktion" der Firma S. GmbH & Co KG, G., I., zu verantworten, dass das von dieser Firma erzeugte und verpackte Lebensmittel "Extrawurst" in der Filiale der Firma Z. in I., G., Bezirk F., zum Verkauf bereitgehalten und somit in Verkehr gebracht worden sei, obwohl der dem chemischen Befund zu entnehmende Fettgehalt von 32,7 % nicht dem in der Kennzeichnung der Warenprobe angegebenen Fettgehalt entsprochen habe. Dieses Lebensmittel sei daher im Sinne des § 8 lit f des Lebensmittelgesetzes falsch bezeichnet gewesen, weil es mit einer zur Irreführung geeigneten Angabe über den Gehalt an wertbestimmenden Bestandteilen, die nach der Verkehrsauffassung, insbesondere nach der Verbrauchererwartung, wesentlich seien, wie über Art, Herkunft, Haltbarkeit, Zeitpunkt der Herstellung, Gewicht etc., in Verkehr gebracht worden sei.

Dadurch sei § 74 Abs 1 i.V.m. § 7 Abs 1 lit c Lebensmittelgesetz

1975 - LMG verletzt worden.

Es wurde eine Geldstrafe verhängt.

Der Beschuldigte berief.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark gelangt zu

folgenden Feststellungen:

Die S. Gesellschaft m.b.H. & Co. K.G. hatte im Februar 1997 ihren Sitz in der politischen Gemeinde W., der Betrieb, die Produktionsstätte und die Verwaltung sind in G., I. Mit Urkunde vom 15.01.1996 wurde Herr W. K., für die Bereiche Verpackung, Brüh-, Koch- und Dauerwurst/Schinken- und Salamiproduktion" zum "verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen", insbesondere für das Gebiet des Lebensmittelrechtes, bestellt.

Die KG lieferte im Februar 1997 zweimal wöchentlich Extrawurst an die Firma Z., Filiale I., G., wo die Extrawurst unter anderem am 25.02.1997 im Verkaufsraum zum Verkauf feilgehalten wurde. Laut amtlichem Untersuchungszeugnis der Bundesanstalt für Lebensmitteluntersuchung in Graz, UZ.: 937/97, vom 23.05.1997 entsprach der dem chemischen Befund zu entnehmende

Fettgehalt von 32,7 % nicht dem in der Kennzeichnung der Ware angegebenen Fettgehalt.

Der Sachverhalt ergibt sich bezüglich der Firma der KG und ihres Sitzes aus dem Firmenbuchauszug FN 6029 t, bezüglich des Ortes der Betriebsstätte aus dem Aktenvermerk vom 15.02.2000, bezüglich der Extrawurstlieferung an die Firma Z. und bezüglich des Feilhaltens im Verkaufsraum des Geschäftes in I. aus dem Probenbegleitschreiben des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung vom 16.06.1997 und bezüglich des Befundes aus dem genannten amtlichen Untersuchungszeugnis.

Die Bestellung des Berufungswerbers zum

verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen

vom 15.01.1996 hervor.

Rechtliche Beurteilung:

Folgende Vorschriften aus dem Lebensmittelgesetz 1975 - LMG

1975 sind im hier zu beurteilenden Fall relevant:

§ 1:

(1) ...

(2) Unter Inverkehrbringen ist das Gewinnen, Herstellen, Behandeln, Einführen, Lagern, Verpacken, Bezeichnen, Feilhalten, Ankündigen, Werben, Verkaufen, jedes sonstige Überlassen und das Verwenden für andere zu verstehen, sofern es zu Erwerbszwecken oder für Zwecke der Gemeinschaftsversorgung geschieht. ..."

§ 74:

(1) Wer Lebensmittel, Verzehrprodukte oder Zusatzstoffe, kosmetische Mittel oder Gebrauchsgegenstände der im § 6 lit a, b oder e bezeichneten Art falsch bezeichnet oder Lebensmittel, Verzehrprodukte oder Zusatzstoffe, kosmetische Mittel, die falsch bezeichnet sind, oder solche falsch bezeichneten Gebrauchsgegenstände in Verkehr bringt, macht sich, sofern die Tat nicht nach § 63 Abs 2 Z 1 einer strengeren Strafe unterliegt, einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu S 100.000,-- zu bestrafen."

Es ist insbesondere zu berücksichtigen, dass eine Ware auf dem Weg vom Hersteller zum Letztverbraucher mehrmals in den Verkehr gebracht werden kann und dass hiezu jede Verursachung eines Wechsels der Verfügungsgewalt über die Ware genügt, durch den diese dem Verbraucher nähergebracht wird (Feil, Das österreichische Lebensmittelrecht3, Band 1, 92).

Die damals in der Rechtsform einer GmbH & Co KG bestehende Gesellschaft und der nunmehrige Berufungswerber unterzeichneten am 15.01.1996 eine Urkunde, in der es unter anderem heißt:

Herr W. K., Angestellter, F., G., wird hiermit für die Bereiche Verpackung, Brüh-, Koch- und Dauerwurst/Schinken- und Salamiproduktion" zum verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen im Sinn des § 9 VStG, insbesondere für das Gebiet des Lebensmittelrechtes, bestellt."

Für denselben Bereich wurde Herrn K. außerdem die hiefür notwendige Anordnungsbefugnis hinsichtlich aller in diesem Bereich beschäftigten Personen übertragen. Es heißt dann weiters, dass Herr K. der obigen Bestellung ausdrücklich zustimme.

Wurde der Berufungswerber damit zum verantwortlichen Beauftragten im Sinn des § 9 Abs 2 und 4 VStG bestellt?

§ 9 VStG ("besondere Fälle der Verantwortlichkeit") lautet auszugsweise:

(1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

(2) Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

(3) Eine physische Person, die Inhaber eines räumlich oder sachlich gegliederten Unternehmens ist, kann für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche ihres Unternehmens einen verantwortlichen Beauftragten bestellen.

(4) Verantwortlicher Beauftragter kann nur eine Person mit Wohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist."

...

Nach der Judikatur (beispielsweise VwGH 92/11/0258 vom 23.02.1993) ist der räumliche oder sachliche Bereich des Unternehmens, für den ein verantwortlicher Beauftragter bestellt wird, klar abzugrenzen. Dieses Erfordernis scheint hier nicht erfüllt:

Der Text "insbesondere für das Gebiet des Lebensmittelrechtes" suggeriert, dass das Lebensmittelrecht ein besonderer Fall bzw. ein Beispielsfall der Bereiche "Verpackung, Brüh-, Koch- und Dauerwurst/Schinken- und Salamiproduktion" ist. So wie das Wort insbesondere hier gebraucht ist, würde es voraussetzen, dass vorher die generelle Verantwortlichkeit für alle Rechtsvorschriften oder zumindest einen generellen Bereich von Rechtsvorschriften festgelegt wird. Dies ist aber nicht geschehen, es darf nicht stillschweigend ergänzt werden. Das Wort "Verpackung" ist von den nachfolgenden Worten durch einen Beistrich getrennt, es kann daher nicht gesagt werden, ob es sich auf alle Produkte oder nur auf die aufgezählten beziehen soll. Letzteres hätte beispielsweise durch die Formulierung "Verpackung, soweit sie sich auf Brüh-, Koch- und Dauerwurst und auf Schinken- und Salami bezieht" klar zum Ausdruck gebracht werden müssen. Eine Verpackung bezieht sich immer auf bestimmte Produkte, nicht aber auf die Produktion bestimmter Produkte, wie es hier gemeint scheint. Durch den Beistrich nach dem Wort "Verpackung" jedenfalls kann der Bezug zum nachfolgenden Text nicht ohne weiteres hergestellt werden. Aber auch die andere Lesart, dass sich die Verpackung auf sämtliche von der KG hergestellten Produkte beziehen soll, geht aus dem Text nicht eindeutig hervor.

Verpackung

Abs 2 LMG 1975 unter Inverkehrbringen aufgezählt. Bedeutet das, dass die Verantwortlichkeit des verantwortlichen Beauftragten andere Phasen des Inverkehrbringens nicht umfassen soll? Dann wäre beispielsweise das Liefern vom Verantwortungsbereich ausgenommen.

Wie die einzelnen Begriffe aufeinander bezogen sind, ist nicht klar erkennbar; sie sind mehrfach mehrdeutig und lassen einen klar abgegrenzten sachlichen Bereich für die Verantwortlichkeit nicht erkennen.

Die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit wurde daher nicht von den zur Vertretung der KG nach außen Berufenen auf den Berufungswerber als verantwortlichen Beauftragten überwälzt. Abgesehen davon sind im Spruch drei verschiedene Arten des Inverkehrbringens aufgezählt:

Das Erzeugen, das Verpacken und das Zum-Verkauf-Bereithalten, die beiden ersten Arten ("erzeugte und verpackte") allerdings nur als Attribute der Ware Extrawurst; sie bilden nicht den eigentlichen Tatvorwurf. Die relevante Tathandlung ist vielmehr das Zum-Verkauf-Bereithalten der Extrawurst im Geschäft der Firma Z. in I. am 25.02.1997. Aus dem Akt ergibt sich kein Anhaltspunkt dafür, dass die S. Gesellschaft m.b.H. & Co. K.G. irgendeine Befugnis hatte, in den Verkaufsräumen in einem Geschäft der Firma Z. in I. namens der Firma Z. Tätigkeiten auszuüben oder relevante Handlungen zu setzen. Das der KG zuzurechnende Inverkehrbringen war einerseits das Erzeugen, andererseits das Liefern, das beides am Tatort der Betriebsstätte in G. begangen wurde, das Liefern zu einem nicht näher erhobenen Zeitpunkt ("zweimal wöchentlich").

Abgesehen von der mangelnden Verantwortlichkeit des Berufungswerbers für von der KG zu verantwortende Übertretungen fehlt es somit auch an der Verantwortlichkeit der KG für das Inverkehrbringen, wie es im Straferkenntnis dargestellt ist. Daraus folgt: Der Berufungswerber hat die ihm zur Last gelegte Tat nicht begangen.

Damit erübrigen sich weitere Ausführungen zum amtlichen Untersuchungszeugnis und zur darin enthaltenen Behauptung, der Fettgehalt habe nicht der Kennzeichnung entsprochen, obwohl aus dem Akt nicht hervorgeht, welcher Fettgehalt nach der Kennzeichnung eigentlich erforderlich gewesen wäre; es braucht aber auch nicht mehr auf die Bestreitung des Verschuldens in der Berufung eingegangen werden.

Da die Strafe S 3.000,-- nicht übersteigt und bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der Bescheid aufzuheben ist, kann diese Entscheidung ohne öffentliche mündliche Verhandlung getroffen werden (§ 51 e Abs 2 Z 1 und Abs 3 Z 3 VStG). Der Berufung ist Folge zu geben und das Verfahren einzustellen.

Schlagworte
Bestellungsurkunde verantwortlicher Beauftragter Verantwortungsbereich Klarheit Unwirksamkeit in Verkehr bringen Verpackung Produktion liefern
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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