Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Monika Gasser-Steiner über die Berufung der Frau Mag. A S, gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 25.11.1999, GZ.: III/S- 24.295/99, wie folgt entschieden:
Die Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) mit der Maßgabe abgewiesen, als der Bescheidspruch des bekämpften Bescheides wie folgt zu lauten hat:
Ihr Einspruch vom 9.9.1999 gegen die Strafverfügung vom 20.8.1999 zu GZ: III/S-24.295/1999 wird gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurückgewiesen."
Anhand der unstrittigen Aktenlage werden folgende Feststellungen getroffen:
Mit der Anonymverfügung vom 18.6.1999 wurde die Berufungswerberin davon in Kenntnis gesetzt, dass der Lenker des auf sie zugelassenen Kraftfahrzeuges mit dem behördlichen Kennzeichen LB am 28.5.1999, um 21.45 Uhr, in G, H-Gasse gegenüber Nr. 13, ein Halte- und Parkverbot nach der StVO missachtet habe. Die Berufungswerberin brachte den vorgeschriebenen Strafbetrag von S 500,-- nicht zur Einzahlung, sondern wendete sich mit ihrem als "Einspruch" bezeichneten Schreiben vom 23.6.1999 an die Bundespolizeidirektion Graz, in dem sie sich selbst als Lenkerin des Fahrzeuges zum maßgeblichen Zeitpunkt nannte und die Nichtbezahlung des Geldbetrages begründete. Dieses Schreiben blieb von der belangten Behörde unbeantwortet.
Mit der Strafverfügung vom 20.8.1999 hielt die Bundespolizeidirektion Graz der Berufungswerberin als Lenkerin die in Rede stehende Verwaltungsübertretung (Verletzung des Halte- und Parkverbotes gemäß § 24 Abs 1 lit a StVO) vor. Die Strafverfügung wurde von der Berufungswerberin dem Zustellnachweis zufolge am 24.8.1999 persönlich übernommen. Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid wies die belangte Behörde den Einspruch der Berufungswerberin vom 23.6.1999 (richtigerweise vom 9.9.1999) gegen die Strafverfügung vom 20.8.1999 zu GZ: 24.295/99 gemäß § 68 Abs 1 AVG wegen entschiedener Sache zurück. Der Berufungswerberin sei die Strafverfügung am 24.8.1999 zugestellt worden; die Rechtsmittelfrist von zwei Wochen sei demnach am 7.9.1999 abgelaufen. Der Einspruch sei erst am 9.9.1999 - somit außerhalb der zweiwöchigen Einspruchsfrist - der Post zur Beförderung übergeben worden.
In ihrem fristgerecht erhobenen Rechtsmittel gegen den Zurückweisungsbescheid führte die Berufungswerberin im Wesentlichen aus, sie bitte, "Gnade vor dem Recht des Buchstaben des Gesetzes" walten zu lassen, weil sie die besagte Frist nur um zwei Tage überschritten habe, sie damals vor einer beruflichen Reise von 5 Wochen in eine ehemalige Sowjetrepublik gestanden sei, sie sogar ihren Urlaub streichen habe müssen, um mit den Vorbereitungen dazu fertig zu werden. Die Berufungswerberin habe zwar gewusst, dass laut
Anonymverfügung kein Einspruch gegen eine solche möglich sei. Sie habe mit ihrem Schreiben vom Juni 1999 nur eine unverständlich lange, steuergeldintensive bürokratische Prozedur abkürzen wollen. Sie könne nicht verstehen, warum ein Autobesitzer, um dem Steuerzahler Geld zu sparen, nicht gleich nach der Anonymverfügung sagen könne, er warïs, aber er erhebe Einspruch. Sie habe ihr Schreiben bei der Behörde liegen gewusst und sei davon ausgegangen, dass dieser nun als solcher wahrgenommen werde. Lediglich höflichkeits- und sicherheitshalber habe sie am 9.9.1999 noch einmal auf ihren Einspruch hingewiesen. Sie bitte für Verständnis.
Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark ist bei seiner Entscheidung, die gemäß § 51 e Abs 4 VStG auf Grund der Aktenlage ohne Durchführung einer Verhandlung getroffen werden konnte, von folgenden rechtlichen Überlegungen ausgegangen:
Zur Verfahrensbeschleunigung im Verwaltungsstrafrecht sieht § 49a VStG vor, dass die Ausforschung des unbekannten Täters vorerst unterbleiben und eine Geldstrafe ohne Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe durch Anonymverfügung vorzuschreiben ist. Gemäß § 49a Abs 5 VStG ist die Anonymverfügung einer Person zuzustellen, von der Behörde mit Grund annehmen kann, dass sie oder ein für sie gemäß § 9 verantwortliches Organ den Täter kennt oder leicht feststellen kann. Gemäß § 49a Abs 6 leg. cit. wird die Anonymverfügung gegenstandslos, wenn nicht binnen vier Wochen nach Ausfertigung die Einzahlung des Strafbetrages mittels Beleges erfolgt. Gegen die Anonymverfügung ist kein gesondertes Rechtsmittel zulässig. Daraus folgt, dass die Bundespolizeidirektion Graz das Schreiben der Berufungswerberin vom 23.6.1999 nicht als Einspruch in einem Verwaltungsstrafverfahren zu werten hatte, weil ein solches zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht eingeleitet war. Erst mit der Strafverfügung vom 20.8.1999 setzte die belangte Behörde gegenüber der Berufungswerberin die erste taugliche Verfolgungshandlung.
§ 49 Abs 1 und 2 VStG bestimmt im hier maßgeblichen Umfang, dass der Beschuldigte gegen die Strafverfügung binnen zwei Wochen nach deren Zustellung Einspruch erheben und dabei die seiner Verteidigung dienlichen Beweismittel vorbringen kann. Er ist bei der Behörde einzubringen, die die Strafverfügung erlassen hat. Wenn der Einspruch rechtzeitig eingebracht wird, dann ist das ordentliche Verfahren einzuleiten.
Mit ihrem Schreiben vom 8.9.1999 - zur Post gegeben am 9.9.1999 - hat die Berufungswerberin das vorgesehene Rechtsmittel unter Verweis auf das vorangegangene Schreiben vom 23.6.1999 ergriffen, unstrittigerweise aber die Einspruchsfrist von 2 Wochen nicht eingehalten. Die belangte Behörde musste daher im Ergebnis den Einspruch als verspätet zurückweisen, weil die Einspruchsfrist gesetzlich festgelegt und es in Hinblick auf
§ 33 Abs 4 AVG der Behörde verwehrt ist, diese Frist abzuändern oder eine Verlängerung der Frist zu gewähren. Eine inhaltliche Befassung mit dem eigentlichen Vorbringen der Berufungswerberin hätte eine fristgerechte Erhebung des Rechtsmittels vorausgesetzt. Das Ausmaß der Verspätung bzw. die Gründe, die zur Verspätung geführt haben, können hier keine Berücksichtigung finden. Eine im Vorfeld eines verwaltungsstrafrechtlichen Verfahrens abgegebene Erklärung auf eine Anonymverfügung hin bleibt dem Zulassungsbesitzer unbenommen. Will er die ihm im Verwaltungsstrafverfahren zustehenden Überprüfungsmöglichkeiten ausnützen, hat er sich aber an die gesetzlich vorgeschriebenen Verfahrensregeln und Fristen zu halten, wie dies auch die belangte Behörde bei der Führung des Verfahrens zu tun verpflichtet ist.
Der Spruch des Zurückweisungsbescheides war wie erfolgt im Sinne der Begründung im bekämpften Bescheid zu berichtigen, zumal aus dieser klar hervorging, dass die Behörde über den Einspruch der Berufungswerberin vom 9.9.1999 absprach. Es war spruchgemäß zu entscheiden.