Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied Mag Grauszer über die Berufung des Herrn ***, geboren am ***, wohnhaft
in A-***, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt *** in ***, vom 15 07 1999 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung vom 24 06 1999, Zl 300-7489-1998, wegen Bestrafung nach der Gewerbeordnung 1994 zu Recht erkannt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs 1 VStG wird der Berufung zu den Spruchpunkten II. und III. Folge gegeben und insoweit
das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt. Im übrigen (hinsichtlich Spruchpunkt I.) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG ist ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens von 20 % der Strafhöhe, das sind ATS 600,--, zu leisten.
Der Schuldspruch zu I. lautet:
"Sie haben selbständig, regelmäßig (von 7 00 bis 16 00 Uhr) und in Gewinnerzielungsabsicht das Gastgewerbe gemäß § 142 Abs 1 Z 3 und 4 GewO 1994 ausgeübt, indem Sie gegen Entgelt alkoholische (0,5 l Bier um S 20,--) und nichtalkoholische (0,2 l Limonade um S 10,--; 0,2 l Soda um S 7,--) Getränke in unverschlossenen Gefäßen an Besucher des Gelegenheitsmarktes ausgeschenkt haben, ohne die hiefür erforderliche
Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.
Zeit: 15 8 1998, von 7 00 bis 16 00 Uhr
Ort: ***, beim Haus Hauptplatz 5".
Hiezu behauptet der Berufungswerber, dass er als Konditor nach § 118 Abs 1 Z 3 GewO 1994 in Verbindung mit § 143 GewO 1994 für gegenständlichen Ausschank von Getränken keine Gewerbeberechtigung benötigte. Der § 143 GewO 1994 beschränke sich nicht auf den Ausschank
von Getränken in verschlossenen Gefäßen sondern spreche nur allgemein
vom Ausschank von Getränken. Da gemäß § 118 Abs 1 GewO 1994 der Ausschank von Getränken in verschlossenen Gefäßen nur in den dem Verkauf gewidmeten Räumen auf verschlossene Gefäße beschränkt sei, bedeute dies im Zusammenhang mit § 143, dass er berechtigt gewesen sei, Getränke auch in unverschlossenem Zustand im Zuge des Gelegenheitsmarktes in der Marktgemeinde Loretto auszuschenken.
Damit
befindet er sich nicht im Recht.
Die belangte Behörde wirft dem jetzigen Berufungswerber den Ausschank
alkoholischer und nichtalkoholischer Getränke in unverschlossenen Gefäßen ohne Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe nach § 142 Abs 1 Z 3 und 4 GewO 1994 vor. Gemäß diesen Vorschriften bedarf
es für den Ausschank von alkoholischen Getränken und von nichtalkoholischen Getränken einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe (§ 124 Z 8). Von diesem Grundsatz gibt es Ausnahmen.
Eine
davon lautet: Nach § 143 Z 1 GewO 1994 ist unter anderem der Ausschank
von Getränken durch Erzeugungs- und Handelsgewerbetreibende in dem im
§ 118 bezeichneten Umfang kein gebundenes Gewerbe gemäß § 124 Z 8. Der § 143 leg cit enthält eine taxative Aufzählung von Tätigkeiten gastgewerblicher Art, die im Rahmen eines freien Gewerbes ausgeübt werden dürfen. Zufolge dieser Bestimmung bedürfen Erzeugungs- und Handelsgewerbetreibende - allerdings lediglich in dem im § 118 bezeichneten Umfang - für den Ausschank von Getränken keiner "Gastgewerbeberechtigung." Der Umfang dieser Ausschankbefugnisse ist daher aus den für die betreffenden Gewerbe geltenden besonderen Vorschriften ersichtlich (vgl Grabler, H Stolzlechner, H Wendl, Kommentar zur Gewerbeordnung, Springer Verlag, RZ 2 und 3 zu § 143). Daraus folgt einfach, dass außerhalb des Umfanges dieser Ausschankbefugnisse eine Gastgewerbeberechtigung erforderlich ist. Genau dies trifft im Anlassfall zu.
Nach § 118 Abs 1 Z 3 GewO 1994 steht nämlich den Konditoren (nur) das
Recht zu, nichtalkoholische Getränke und Bier in handelsüblich verschlossenen Gefäßen "in den dem Verkauf gewidmeten Räumen" auszuschenken. Außerhalb dieser Verkaufsräume besteht dieses Recht nicht. Der gegenständliche Ausschank fand am Gelegenheitsmarkt in ***
sohin außerhalb des Standortes der Konditorgewerbeberechtigung und damit außerhalb der zur Ausübung dieses Gewerbes verwendeten Verkaufsräume statt. Auf die Frage, ob Getränke in verschlossenen oder
unverschlossenen Gefäßen ausgeschenkt wurden oder ob auf Märkten keine "festen Marktstände" betrieben werden, wie das Bundesministerium
für wirtschaftliche Angelegenheiten meinte (siehe unten), kommt es schon deswegen hier nicht mehr an. Diese (ausnahmsweise) Befugnis erfasst auch nur den Ausschank in "verschlossenen Gefäßen", daher nicht den verfahrensgegenständlichen "offenen" Ausschank. Weder aus § 118 noch aus § 143 leg cit lässt sich daher ein Anhaltspunkt für die Rechtsauffassung des Berufungswerbers, wonach er für den Ausschank
am Gelegenheitsmarkt von *** keine (Gast-)Gewerbeberechtigung benötigte, gewinnen. Die gegenteilige Schlussfolgerung des Berufungswerbers findet im Gesetz keine Deckung und übersieht den Ausnahmecharakter dieser Regelungen.
In diesem Zusammenhang sei festgehalten, dass im Anlassfall auch § 50 Abs 1 Z 11 GewO 1994 nicht greift, weil diese Vorschriften auf ein bestehendes Gastgewerbe abstellen, das im Anlassfall unstrittigerweise nicht vorhanden war. Auch aus § 293 Abs 2 Z 4 GewO 1994 ist für den Standpunkt des Berufungswerbers nichts zu gewinnen, weil die gegenständliche Marktordnung von Loretto (Verordnung des Regierungskommissärs vom 20 04 1990) keine Bestimmungen darüber enthält, inwieweit der Ausschank von Getränken gestattet ist.
Mangels
einer solchen Regelung war der Ausschank von Getränken auf diesem Markt auch nicht erlaubt.
Der der Bestrafung zugrunde gelegte Sachverhalt wird nicht bestritten.
Er erfüllt nach obigen Darlegungen den angezogenen Tatbestand. Sohin ist die Tat in objektiver Hinsicht erwiesen.
Der vom Berufungswerber behauptete Widerspruch zwischen den Spruchpunkten I. und III. des Straferkenntnisses braucht schon deshalb
nicht untersucht werden, weil es sich dabei um getrennte und voneinander unabhängige Spruchteile handelt. Auch der gerügte "Tatortmangel" besteht nicht, kommt doch aus der Umschreibung "beim Haus Hauptplatz 5" ausreichend konkret und ohne Gefahr einer Doppelbestrafung oder Verletzung der Verteidigungsrechte des Berufungswerbers zum Ausdruck, wo der Ort der unbefugten Gewerbeausübung war. Diese Ortsangabe bezieht sich auf den Platz vor dem genannten Haus, wo der Gelegenheitsmarkt stattfand, und kann es dahingestellt bleiben, auf welchem der - wie der Berufungswerber behauptet - fünf von ihm eingenommenen Markständen das Gastgewerbe ausgeübt wurde. Im übrigen gibt der Berufungswerber selbst nicht an, auf welchem dieser Marktstände er das Gastgewerbe nicht ausgeübt habe
oder inwieweit er obige Gefahr oder Verletzung befürchte.
Bei gegenständlichem Ungehorsamsdelikt ist Fahrlässigkeit anzunehmen,
weil es dem Berufungswerber nicht gelungen ist, den von ihm behaupteten schuldausschließenden Rechtsirrtum glaubhaft zu machen. Er stützt nämlich seine objektiv unrichtige Rechtsauffassung (siehe oben) weder auf höchstgerichtliche Rechtsprechung noch auf eine ständige Verwaltungsübung. Begründend führt er aus, dass er seiner Erkundungspflicht nachgekommen sei, indem er eine Anfrage an das Amt der NÖ Landesregierung gerichtet habe, die ihm die Rechtsansicht des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten vom 14 10 1998, Zl 30.551/42-III/1/98, zur Kenntnis gebracht habe. Danach habe "die Einschränkung nach § 118 Abs 1 Z 3 GewO 1994 beim Ausschank von Getränken auf Märkten keine Bedeutung, weil auf Märkten keine festen Verkaufslokale betrieben werden" würden, was der Verwaltungssenat für
eine denkunmögliche Schlussfolgerung hält, weil aus dem behaupteten tatsächlichen Umstand, dass auf Märkten keine festen Verkaufslokale bestünden, die Nichtanwendbarkeit einer gesetzlichen Regelung, deren Wortlaut gerade auf Verkaufsräume (am Standort der Konditorgewerbeberechtigung) abstellt, sohin "feste Verkaufslokale" voraussetzt, abgeleitet wird. In diesem Sinne sei - nach Ansicht des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten - auch § 293 Abs 2 Z 4 GewO 1994 zu verstehen. Konditoren seien daher berechtigt, nach Maßgabe der Marktordnung die genannten Getränke auf Märkten auszuschenken. Es trifft nun zu, dass diese Rechtsmeinung "immerhin" von einem für die Gewerbeordnung zuständigen Ministerium erteilt wurde, wie der Berufungswerber ausführt. Auf diese objektiv unrichtige Auskunft und somit auf einen entschuldbaren Rechtsirrtum kann er sich jedoch nicht mit Erfolg berufen, weil das diesbezügliche
mit 14 10 1998 datierte Ministerialschreiben am 19 10 1998, somit
NACH
der Tat (15 08 1998), beim Amt der NÖ Landesregierung eingelangt ist,
wie dem Einlaufstempel zu entnehmen ist. Entgegen seiner Behauptung, hat er es sohin nicht VOR der Tat gekannt und konnte er es am Tag der
Tat noch gar nicht kennen. Insoweit ist er seiner
Informationspflicht
nicht nachgekommen.
In diesem Zusammenhang - wenn auch nicht mehr entscheidend - sei folgendes noch angemerkt. Das Amt der Bgld Landesregierung hat ihm mit
Schreiben vom 04 09 1998, Zl 5-G-128/20-1998, welches ihm im Telefax-Wege am 08 09 1998 zur Kenntnis gebracht wurde, die genau gegenteilige
Rechtsauffassung (abschriftliche Bekanntgabe einer Anfragebeantwortung
an die belangte Behörde) mitgeteilt, wonach ein Konditor außerhalb der
Verkaufsräumlichkeiten am Standort seiner Gewerbeberechtigung keine Getränke ausschenken darf. Diese Information datiert auch nach der Tat
und ist sie insoweit auch irrelevant. Es hätte - unter der Voraussetzung der "Rechtzeitigkeit" beider vorgenannter widersprüchlichen Rechtsauffassungen - seiner Sorgfaltspflicht entsprochen, sich mit Gewissenhaftigkeit mit ihrem Für und Wider eingehend auseinander zu setzen (siehe VwGH vom 13 06 1989, Zl 85/08/0064/10). Eine solche Auseinandersetzung lässt das Berufungsvorbringen - in diesem hypothetischen Sinne - vermissen. Bloßes Vertrauen auf die Richtigkeit einer für ihn günstigen Rechtsmeinung hätte ihn nicht entschuldigt und wäre auch daher von Fahrlässigkeit auszugehen gewesen.
Zu Spruchpunkt II. war der Berufungswerber hingegen erfolgreich. Die dort inkriminierte Nichteinhaltung des § 6 Z 2 der bereits erwähnten Marktordnung von *** widerspricht dem Gesetz. Diese Marktordnungsvorschrift verbietet es zwar, einen zugewiesenen Standplatz ohne Bewilligung der Gemeinde zu "verändern", doch lässt die Tatumschreibung insoweit nur erkennen, dass er "neben seinem Konditorstand auf einem benachbarten Standplatz" einen Getränkestand und dahinter Heurigentische und -bänke aufgestellt hat, nicht jedoch inwieweit er SEINEN Konditorstand verändert hat. Unter "verändern" ist
im gegebenen Zusammenhang jede Umgestaltung des jeweiligen Standplatzes in seinem Wesen oder in seiner Erscheinung zu verstehen.
Dies hätte aber eine Beschreibung des Wesens oder der Erscheinung SEINES Standplatzes, und inwieweit er diese veränderte, erfordert. Dies hat die belangte Behörde unterlassen. Auch hat der Berufungswerber nicht seinen sondern den Standplatz, der seinem Nachbarn zugewiesen wurde, durch das dortige Aufstellen seines Getränkestandes "benützt". Dies stellt jedoch im Hinblick auf den § 6 Z 2 der genannten Marktordnung ein anderes Delikt dar. Insoweit war die Bestrafung rechtswidrig.
Auch der Berufung gegen Spruchpunkt III. war Erfolg beschieden. Nach dem dabei angezogenen § 24 letzter Satz der Marktordnung ist zwar den
Anordnungen der Marktaufsichtsorgane Folge zu leisten, jedoch hätte eine ordnungsgemäße Bestrafung einen Hinweis im Tatvorwurf erfordert,
welche konkreten Anordnungen das Marktaufsichtsorgan erteilt hat, denen der Berufungswerber wie umschrieben zuwidergehandelt hat.
Daran
wäre nachvollziehbar gewesen, ob das inkriminierte Verhalten der Anordnung widersprach also insoweit tatbildlich war. Der Tatvorwurf wäre nur dann tatbildlich, wenn die Anordnung auf gänzliche Entfernung
des Getränkestandes gelautet hätte, was dem Berufungswerber nie vorgehalten wurde. Hier blieb unklar (siehe im übrigen oben) von wo der Getränkestand zu entfernen war und wo er wieder (auf welchem Standplatz des Berufungswerbers oder eines Nachbarn) aufgestellt wurde
(arg "an" laut Schuldspruch). Hinzu kommt entscheidend, dass eine genaue räumliche Abgrenzung zwischen dem Konditorstand des Berufungswerbers und dem "benachbarten Standplatz" nach der Aktenlage
nicht gegeben war. Wie der Berufungswerber zutreffend hinweist, fehlt
jede "Tiefenbeschränkung" des Standplatzes. Der Standplatz wird nur so
definiert, dass er durch eine in Metern definierte Länge gemessen an der Grenze zur Hauptstraße fixiert ist. Auch eine Seitenabgrenzung zum
Nachbarn wurde weder in dem Plan, der der Marktordnung angeschlossen ist, noch sonst (etwa durch Markierung in der Natur) vorgenommen.
Ob
Herr *** denselben Standplatz schon seit mehreren Jahren benutzt hat und deshalb wusste, welche Flächen er nutzen durfte, ist irrelevant. Diese mangelnde flächenmäßige Festlegung des Konditorstandes und der benachbarten Standplätze steht auch einer rechtmäßigen Bestrafung nach
Spruchpunkt II. entgegen.
Sohin war spruchgemäß zu entscheiden.