TE UVS Steiermark 2000/03/31 303.11-1/2000

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Veröffentlicht am 31.03.2000
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Spruch

Der Unabhaengige Verwaltungssenat fuer die Steiermark hat durch die Kammermitglieder Dr. Wigbert Huetter, Dr. Gerhard Wittmann und Dr. Christian Erkinger ueber die Berufung des Herrn Ing. J H, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. H S, gegen Punkt II. des Bescheides des Buergermeisters der Stadt Graz vom 3.9.1999, GZ.: A 4-St 849/1997/2010, wie folgt entschieden:

Gemaeß Paragraph 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit Paragraph 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung hinsichtlich beider Punkte Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in beiden Punkten behoben und die Verwaltungsstrafverfahren im Punkt 1. gemaeß Paragraph 45 Abs 1 Z 1 VStG und im Punkt 2. gemaeß Paragraph 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Im Punkt II. des Bescheides des Buergermeisters der Stadt Graz vom 3.9.1999, GZ: A 4- St 849/1997/2010, wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe es laut Strafantrag des Arbeitsinspektorates Graz vom 28.11.1997 als handelsrechtlicher Geschaeftsfuehrer der "S, F- und L GesmbH." mit dem Sitz in S, und damit als zur Vertretung nach außen berufenes Organ des Arbeitgebers zu verantworten, dass, wie anlaesslich einer am 8.10.1997 um ca. 13.00 Uhr vom Arbeitsinspektionsorgan durchgefuehrten Kontrolle der Baustelle K, G, Projekt T S im Unfallsbereich, westlich anschließend an die Halle der Papiermaschine 11, festgestellt worden sei, 1. der Arbeitnehmer

A S auf einem 60 cm breiten Betontraeger, in einer Hoehe von 4 m vor dem Unfall ungesichert mit einer Stahlkonstruktionsverduebelung beschaeftigt gewesen sei. Dabei seien ihm keine Leiter und auch kein Geruest zur Verfuegung gestanden (das Geruest sei etwa 10 m vom Unfallbereich entfernt gewesen), obwohl Gerueste in einem fuer die Ausfuehrung der Arbeiten und dem Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Umfang nach fachmaennischen Grundsaetzen errichtet werden muessten;

2. Das Geruest sei vor seiner erstmaligen Benuetzung keiner Pruefung betreffend offensichtlicher Maengel von einer fachkundigen Person des Geruestaufstellers unterzogen worden, obwohl Gerueste vor ihrer erstmaligen Benuetzung von einer fachkundigen Person des Geruestbenuetzers auf offensichtliche Maengel zu ueberpruefen seien.

Dadurch habe der Berufungswerber Verwaltungsuebertretungen im Punkt 1. gemaeß Paragraph 55 Abs 1 BauV BGBl. Nr. 340/1994 iVm Paragraph 118 Abs 1 und Paragraph 130 Abs 5 Z 1 ASchG BGBl. Nr. 450/1994 idgF und im Punkt 2. gemaeß Paragraph 61 Abs 2 BauV leg cit iVm Paragraph 118 Abs 3 und Paragraph 130 Abs 5 Z 1 ASchG leg cit begangen. Es wurden ueber ihn Geldstrafen von jeweils S 30.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfall jeweils 2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhaengt.

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Berufungswerber fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung und bestritt die ihm angelasteten Verwaltungsuebertretungen. Die Berufungsbehoerde ging bei ihrer Entscheidung von folgenden Ueberlegungen aus:

Paragraph 55 Abs 1 BauV lautet: Gerueste muessen in dem fuer die Ausfuehrung der Arbeiten und dem Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Umfang nach fachmaennischen Grundsaetzen errichtet werden. Gerueste muessen entsprechend den auftretenden Beanspruchungen unter Zugrundlegung ausreichender Sicherheit gemaeß den anerkannten Regeln der Technik bemessen sein.

Im Punkt 1. des Straferkenntnisses wird dem Berufungswerber vorgeworfen, dass dem Arbeitnehmer A S keine Leiter und auch kein Geruest zur Verfuegung gestanden sei und das Geruest etwa 10 Meter vom Unfallbereich entfernt gewesen sei. Die Bestimmung des Paragraph 55 Abs 1 BauV regelt aber, dass Gerueste in dem fuer die Ausfuehrung der Arbeiten und dem Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Umfang nach fachmaennischen Grundsaetzen errichtet werden muessen. Von einem zur Verfuegungstellung der Gerueste ist in dieser Bestimmung nicht die Rede. Im Uebrigen duerfte ein Geruest nach den bereits bisher vorliegenden Unterlagen ja ohnedies etwa 10 Meter vom Unfallbereich entfernt zur Verfuegung gestanden, jedoch offensichtlich nicht benuetzt worden sein. Da somit der dem Berufungswerber vorgeworfene Tatvorwurf keine Verwaltungsuebertretung bildet, war bereits aus diesem Grund der Berufung Folge zu geben und das Strafverfahren in diesem Punkt gemaeß Paragraph 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen.

Paragraph 61 Abs 2 BauV lautet: Gerueste sind vor ihrer erstmaligen Benuetzung von einer fachkundigen Person des Geruestbenuetzers auf offensichtliche Maengel zu pruefen. Solche Pruefungen sind nach jeder laengeren Arbeitsunterbrechung, nach Sturm, starkem Regen, Frost oder sonstigen Schlechtwetterperioden, bei Systemgeruesten mindestens einmal monatlich, bei sonstigen Geruesten mindestens einmal woechentlich, auf offensichtliche Maengel durchzufuehren. Im Punkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses wird dem Berufungswerber vorgeworfen, dass das Geruest vor seiner erstmaligen Benuetzung keiner Pruefung betreffend offensichtlicher Maengel von einer fachkundigen Person des Geruestaufstellers unterzogen worden sei, obwohl Gerueste vor ihrer erstmaligen Benuetzung von einer fachkundigen Person des Geruestbenuetzers auf offensichtliche Maengel zu ueberpruefen sind. Im gesamten bisherigen Ermittlungsverfahren wurde nicht eruiert, wann das Geruest erstmalig benuetzt wurde. Da es sich bei dieser Bestimmung um ein Zustandsdelikt handelt, waere der Zeitpunkt der erstmaligen Benuetzung des Geruestes unbedingt zu ermitteln gewesen, da mit diesem Zeitpunkt die Verfolgungsverjaehrungsfrist von 6 Monaten beginnt. Außerdem ist in der Bestimmung des Paragraphen 61 Abs 2 BauV nur vom Geruestbenuetzer die Rede, nicht aber - wie im Tatvorwurf - vom Geruestaufsteller. Aus diesen Ueberlegungen war der Berufung auch im Punkt 2. Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren gemaeß Paragraph 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen.

Mit Schreiben des Unabhaengigen Verwaltungssenates fuer die Steiermark vom 29.2.2000 wurde dem A G als mitbeteiligter Partei die Rechtsansicht des Unabhaengigen Verwaltungssenates fuer die Steiermark zur Kenntnis gebracht. Der mitbeteiligten Partei wurde auch die Moeglichkeit einer Stellungnahme binnen 14 Tagen eingeraeumt. Ein Antwortschreiben des A G langte bis dato bei der Berufungsbehoerde nicht ein.

Da bereits auf Grund der Aktenlage feststand, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte von der Durchfuehrung einer oeffentlichen muendlichen Verhandlung gemaeß Paragraph 51 e Abs 2 Z 1 VStG abgesehen werden.

Schlagworte
Gerste errichten zur Verfgung stellen Tatbestandsmerkmal
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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