Der Unabhaengige Verwaltungssenat fuer die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Michael Herrmann ueber die Berufung des Herrn R H, wohnhaft in L, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 29.4.1999, GZ.: III/S-37.852/98, wie folgt entschieden:
Gemaeß Paragraph 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit Paragraph 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemaeß Paragraph 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
Mit dem im Spruch genannten Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 23.9.1998, um
21.25 Uhr, in G, als Lenker des Kraftfahrzeuges die Anordnung eines Straßenaufsichtsorganes nicht befolgt, obwohl dies ohne Gefaehrdung von Personen und ohne Beschaedigung von Sachen moeglich gewesen waere, da er trotz der deutlich sichtbaren Armzeichen des Beamten, er moege die C in noerdliche Richtung befahren, diese nicht beachtet habe, sondern habe er versucht auf der U in Richtung Osten - bis zum Beamten, der dem Berufungswerber erst durch Entgegentreten an der Weiterfahrt hindern musste - weiterzufahren.
Hiedurch habe der Berufungswerber eine Übertretung des Paragraphen 8 VStG iVm Paragraph 97 Abs 4 StVO begangen und wurde hiefuer eine Geldstrafe in der Hoehe von S 700,-- (24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhaengt.
In seiner fristgerechten Berufung vom 15.5.1999 bestritt der Berufungswerber den ihm zur Last gelegten Sachverhalt. Der Unabhaengige Verwaltungssenat fuer die Steiermark stellt hiezu Nachfolgendes fest:
Gemaeß Paragraph 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhaengigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behoerde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zustaendigkeit des Unabhaengigen Verwaltungssenates fuer die Steiermark fuer die Erlassung der gegenstaendlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primaere Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- uebersteigende Geldstrafe verhaengt wurde, war gemaeß Paragraph 51c VStG die Zustaendigkeit des Einzelmitgliedes gegeben.
Der Unabhaengige Verwaltungssenat fuer die Steiermark hat am 4.4.2000 eine oeffentliche, muendliche Verhandlung vor Ort in Anwesenheit des Berufungswerbers unter Beiziehung der Zeugen KI M, RI Z und M H durchgefuehrt.
Aufgrund dieser Verhandlung und des Inhaltes der Verwaltungsakten wurde folgender Sachverhalt festgestellt:
Der Berufungswerber hat am 23.9.1998, um 21.25 Uhr, das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen in G, auf der U in Fahrtrichtung Osten gelenkt.
In Entsprechung der Angaben des Zeugen KI Meglitsch war damals das Straßenstueck der U beginnend von der Kreuzung mit der C wegen des Ende eines Fußballspieles im L Stadion gesperrt. Der Zeuge hatte seinen Standort im Bereich der Kreuzung der U mit der C, wobei er auf der Fahrbahn gestanden ist, ungefaehr 3 bis 4 m vor dem Zebrastreifen, der die U nach der genannten Kreuzung in Richtung Osten quert.
Wie der Zeuge KI M weiters ausfuehrte, waren die Verkehrsampeln an der genannten Kreuzung ausgeschaltet und hat er insbesondere den aus der U kommenden in Richtung Osten fahrenden Verkehr mit ausgestreckter rechter Hand bzw mit der linken Hand, welche nach rechts deutete, an der Weiterfahrt gehindert und aufgefordert, in die C Richtung Norden einzubiegen.
Der Zeuge hat damals laut seinen Angaben mehr oder weniger staendig mit der linken Hand den Fahrzeuglenkern ein Zeichen gegeben, in die C abzubiegen bzw Richtung Norden weiterzufahren, wobei die vor dem Berufungswerber fahrenden Lenker diesem Zeichen auch nachgekommen sind. Dem Berufungswerber, der dem Zeugen auf der U in oestlicher Richtung fahrend entgegengekommen ist, hat KI M sicherlich fuenf Mal mit der linken Hand ein Zeichen gegeben, wobei er dem Berufungswerber auch einige Meter entgegengegangen ist, um seine Aufforderung zu unterstuetzen. Der Berufungswerber ist laut den Angaben des Zeugen ungefaehr in der Kreuzungsmitte zu Stehen gekommen. Der Tiefenabstand zwischen dem Zeugen und dem Fahrzeug des Berufungswerbers betrug zu diesem Zeitpunkt zirka eine Fahrzeuglaenge. KI M hat den Berufungswerber dann noch mehrmals mit der linken Hand ein Zeichen gegeben, in die C abzubiegen und ist der Berufungswerber schließlich dieser Aufforderung nachgekommen.
Der Zeuge M H fuehrte in der Verhandlung aus, dass er gemeinsam mit seinem Vater damals ein Fußballmatch im L Stadion besuchte und der Berufungswerber nach Beendigung des Spieles hinter dem Gasthaus "Zur Endstation" von den ÖBB-Gruenden kommend in die U in Fahrtrichtung Osten eingebogen ist. Dem Zeugen M H (Beifahrer im tatgegenstaendlichen Personenkraftwagen) war erinnerlich, dass damals ein Polizeibeamter im Bereich der Kreuzung der U mit der C gestanden ist, und zwar im hinteren - oestlichen Bereich der genannten Kreuzung in der Naehe eines Zebrastreifens. Der Beamte gab Handzeichen dahingehend, dass der Verkehr in die C Fahrtrichtung Norden einbiegen soll. Laut den Angaben des Zeugen hatten sie damals urspruenglich die Absicht, die U weiter bis zur A 2 zu befahren. Erst die Handzeichen des Beamten haben den Berufungswerber auf die Umleitung ueber die C gefuehrt. Wie der Zeuge M H weiters ausfuehrte, ist der Berufungswerber vorerst ungefaehr in der Mitte der Kreuzung zum Stehen gekommen und hat der Beamte erneut mit der linken Hand ein Zeichen gegeben, er moege in die C abbiegen. Der Tiefenabstand zu diesem Zeitpunkt zwischen dem Fahrzeug und dem Beamten betrug sicherlich mehr als 3 m und ist der Berufungswerber sodann auch der Aufforderung des Beamten nachgekommen und in die C Fahrtrichtung Norden abgebogen. Der Zeuge RI Z konnte zu dem tatgegenstaendlichen Sachverhalt keine eigenen Wahrnehmungen machen, da er lediglich die Anhaltung in der M durchgefuehrt hat.
Der Berufungswerber selbst bestaetigte im Wesentlichen die Angaben des Zeugen M H, wobei er ausfuehrte, dass ihm damals ein Beamter aufgefallen ist, der im Bereich der Kreuzung C mit der U gestanden ist. Der Standort des Beamten war mitten auf der Fahrbahn, ungefaehr am Ende der Ausfahrt der Stadiontiefgarage. Der Beamte hat dem Berufungswerber ein Zeichen gegeben, er moege in die C Richtung stadteinwaerts abbiegen und ist der Berufungswerber dann ungefaehr in der Kreuzungsmitte kurz stehen geblieben. Der Beamte gab dem Berufungswerber erneut ein Handzeichen in die C Richtung Norden abzubiegen und ist der Berufungswerber laut seinen Angaben dieser Aufforderung auch infolge nachgekommen bzw befuhr die C, E und anschließend die M Richtung A 2, wobei er vor dem Haus M Nr. von einem Polizeibeamten angehalten wurde. Wie der Berufungswerber noch ergaenzend ausfuehrte, hat er im Zuge des Stehenbleibens in der Kreuzungsmitte noch den Kopf geschuettelt und zu seinem Sohn gesagt, "jetzt muessen wir in den Stau fahren".
In rechtlicher Hinsicht ist wie folgt auszufuehren:
Gemaeß Paragraph 97 Abs 4 StVO sind die Organe der Straßenaufsicht sowie die nach Abs 3 betrauten Organe, wenn es die Sicherheit, Leichtigkeit und Fluessigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs erfordert, berechtigt, einzelnen Straßenbenuetzern fuer den Einzelfall Anordnungen fuer die Benuetzung der Straße zu erteilen, und zwar auch solche, die von den sonstigen diesbezueglichen Bestimmungen abweichen. Diese Anordnungen duerfen
a) nur gegeben werden, wenn ihre Befolgung ohne Gefaehrdung von Personen und ohne Beschaedigung von Sachen moeglich ist,
b) nur befolgt werden, wenn dies ohne Gefaehrdung von Personen und ohne Beschaedigung von Sachen moeglich ist. Gemaeß Paragraph 8 Abs 1 VStG unterliegt der Strafe, sofern eine Verwaltungsvorschrift den Versuch einer Verwaltungsuebertretung ausfuehrlich fuer strafbar erklaert, wer vorsaetzlich eine zur wirklichen Ausuebung fuehrende Handlung unternimmt.
Gemaeß Paragraph 8 Abs 2 VStG wird wegen Versuches nicht bestraft, wer aus freien Stuecken die Ausfuehrung aufgibt oder verhindert oder den Erfolg abwendet.
Im gegenstaendlichen Fall ist nunmehr davon auszugehen, dass ein eigentlicher Versuch in das Teilstueck der U nach der Kreuzung der U mit der C - in Fahrtrichtung Osten gesehen - einzufahren, seitens des Berufungswerbers nicht stattgefunden hat. Auch hat der Berufungswerber durchaus glaubhaft ausgefuehrt, dass er sein urspruengliches Vorhaben die U Richtung A 2 zu befahren, rechtzeitig aufgegeben hat bzw ist der Berufungswerber entsprechend der Zeugenaussagen, der mittels Handzeichen erfolgten Aufforderung des Beamten in die C in Richtung Norden abzubiegen, schließlich nachgekommen. Ein Vorwurf dahingehend, dass der Berufungswerber etwaig unbegruendet im Bereich der Kreuzungsmitte stehen geblieben ist, wurde dem Berufungswerber nicht zur Last gelegt und ist in Entsprechung des Verhandlungsergebnisses im Zweifel davon auszugehen, dass der Berufungswerber sein urspruengliches Vorhaben rechtzeitig aufgegeben hat und der Weisung des Beamten, wenn auch eventuell nicht sofort, nachgekommen ist. Ergaenzend sei erwaehnt, dass dem Berufungswerber ein Abbiegen vor der Kreuzungsmitte aufgrund der baulichen Gegebenheiten gar nicht moeglich gewesen waere.
Es war daher, da der dem Berufungswerber zur Last gelegte Sachverhalt nicht mit der fuer eine Bestrafung notwendigen Sicherheit beweisbar war, die Einstellung des Strafverfahrens auch unter Beruecksichtung der Bestimmung des Paragraphen 8 Abs 2 VStG zu verfuegen.