Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karl-Heinz Liebenwein über die Berufung des Herrn DI H. P., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H. P. in W., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Mur vom 23.6.1999, GZ.: 15.1 1998/3104, ohne Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung wie folgt entschieden:
Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im folgenden VStG) Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, als Leiter bzw. verantwortlich Beauftragter des F. A. und Zulassungsbesitzer des Lkw nicht dafür gesorgt zu haben, dass bei der Verwendung des Fahrzeuges am 18.3.1998 um ca. 13.15 Uhr auf der B 20, bei Strkm. 119,4, Fahrtrichtung Bruck/Mur, durch die Beladung das höchstzulässige Gesamtgewicht des Fahrzeuges nicht überschritten wird (Überladung 8.100 Kilogramm).
Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 9 VStG iVm.
§ 103 Abs 1 Z 1 KFG und § 101 Abs 1 lit a KFG begangen und wurde über ihn daher wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 134 Abs 1 KFG 1967 eine Geldstrafe in der Höhe von S 6.000,--, für den Fall deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von sieben Tagen, verhängt. Gegen dieses Straferkenntnis wurde fristgerecht Berufung erhoben und in verfahrensrelevanter Hinsicht ausgeführt, dass der Vorwurf des Verstoßes gegen § 101 Abs 1 lit a KFG aus dem Blickwinkel des § 9 VStG nicht zu Recht erhoben würde, da diese Vorschrift den jeweilig für das Kraftfahrzeug Verantwortlichen, das ist der Lenker, anspreche. Mit dem Antrag, eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen und die angebotenen Beweise zu erheben, wurde auch der Antrag, in Stattgebung der Berufung das Verfahren einzustellen, verbunden.
Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat erwogen:
Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51 c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben.
Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung hatte unter Hinweis auf § 51 e Abs 2 Z 1 VStG zu entfallen.
In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:
§ 9 VStG (besondere Fälle der Verantwortlichkeit) lautet auszugsweise:
1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
(2) Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereich des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereich des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.
(3) Eine natürliche Person, die Inhaber eines räumlich oder sachlich gegliederten Unternehmens ist, kann für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche ihres Unternehmens einen verantwortlichen Beauftragten bestellen.
(4) Verantwortlicher Beauftragter kann nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist. Da dem Berufungswerber die ihm angelastete Verwaltungsübertretung in seiner Eigenschaft als verantwortlich Beauftragter des F. A. der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten Wien angelastet wurde, hatte die erkennende Behörde zunächst zu prüfen, ob die gesetzlichen
Voraussetzungen hinsichtlich dieser Verantwortlichkeit des Berufungswerbers überhaupt zutreffen. Aus diesem Grund ergingen daher einerseits an die belangte Behörde (Schreiben vom 20.10.1999), andererseits an die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten in Wien (Schreiben vom 28.1.2000) entsprechende Anfragen bzw. Ersuchen, allfällige Bestellungsurkunden vorzulegen, aus welchen unzweifelhaft hervorzugehen hätte, dass den Berufungswerber (auch) für die Einhaltung der Bestimmungen des KFG namens der von ihm vertretenen Körperschaft öffentlichen Rechts, nämlich der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten in Wien, eine Verantwortlichkeit im Sinne der zitierten gesetzlichen Bestimmungen trifft.
Die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten Wien hat wiederholt mitgeteilt, dass der Berufungswerber als verantwortlicher Beauftragter bestellt wurde und sein Verantwortungsbereich u.a. auch die Einhaltung der Bestimmungen des KFG beinhalte. Im diesbezüglichen Schriftsatz vom 8.3.2000 wurde in diesem Zusammenhang ausdrücklich auf die mit 10.5.1977 datierte, in Ablichtung angeschlossene Vollmacht hingewiesen.
Bei dieser Vollmacht handelt es sich jedoch um eine seitens der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten, dem Berufungswerber in seiner Funktion als Forstmeister des F. A. erteilte allgemeine Prozessvollmacht, welcher nach Ansicht der Berufungsbehörde keinesfalls der Status einer Bestellungsurkunde im Sinne des § 9 Abs 3 und 4 VStG zukommt, hat doch eine solche Bestellungsurkunde neben dem räumlichen, auch den sachlichen Bereich klar abzugrenzen, für den ein verantwortlicher Beauftragter mit dessen Zustimmung bestellt wird (vgl. VwGH 23.2.1993, 92/11/0258 uva.).
Aus der erwähnten, in Vorlage gebrachten (Prozess-)Vollmacht ist bezogen auf den Anlassfall nicht der geringste direkte oder auch indirekte Hinweis zu ersehen, der zum Schluss führen könnte, der Berufungswerber hätte damit eine Verantwortlichkeit für den Fuhrpark der von ihm vertretenen juristischen Person übernommen, respektive hätte er allenfalls in seiner Person auch Verwaltungsübertretungen des Kraftfahrgesetzes zu verantworten. Es liegt bezogen auf die erwähnte Vollmacht somit keine wirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten vor. Zu den Ausführungen im Schriftsatz der Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten in Wien vom 8.3.2000, wonach zum Nachweis und zur Bekräftigung der Tatsache, dass der Berufungswerber seit seiner Bestellung zum Leiter des F. A. als verantwortlich Beauftragter gemäß § 9 Abs 2 VStG fungiert, dessen Verantwortungsbereich auch die Einhaltung der Bestimmungen des KFG umfasst, dieser das genannte Schreiben mitunterfertigt, ist auszuführen, dass damit auch keine rechtswirksame Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 VStG erfolgt ist, da ein rechtsverbindlicher Zustimmungsnachweis einer derart verantwortlichen Person aus der Zeit vor der Begehung der gegenständlichen Übertretung (hier: vor dem 18.3.1998) stammen muss (siehe VwGH 18.6.1990, 90/19/0116; 26.9.1991, 91/09/0067 uva.).
Für die Berufungsbehörde blieb daher angesichts der obigen Ausführungen bzw. Erhebungsergebnisse noch zu prüfen, inwieweit der Berufungswerber allenfalls jenem Personenkreis angehört, der die Alleineigentümerin des F. A. repräsentierende Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten Wien, wie einer am 11.10.1999 erfolgten Anfrage beim Grundbuch des BG Bruck/Mur zu ersehen war, im Sinne des § 9 Abs 1 VStG nach außen vertritt.
Unter den zur Vertretung nach außen Berufenen sind im Sinne der einschlägigen Judikatur nur jene Personen zu verstehen, denen diese Befugnis auf Grund der Verfassung der juristischen Person etc. (also Gesetz, Gesellschaftsvertrag, Satzung) zukommt (vgl. hiezu Anm. 3 zu § 9 VStG in Hauer/Leukauf, Handbuch des Österreichischen Verwaltungsverfahrens, Linde-Verlag, 5. Auflage, S 806).
Unter Berücksichtigung der im Amtsblatt der Republik Österreich zur Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten Wien existierenden Hinweise in Verbindung mit den Bestimmungen der §§ 426, 431 und 436 ASVG, wonach die Pensionsversicherungsanstalt der Angestellten für den aus 18 Personen bestehenden Vorstand durch den von diesem gewählten Obmann, dem zwei Stellvertreter zur Seite stehen - keine dieser Funktionen wird von nunmehrigen Berufungswerber ausgeübt -, vertreten wird, ergab sich somit, dass den Berufungswerber hinsichtlich der ihm angelasteten, verfahrensgegenständlichen Verwaltungsübertretung auch keine Verantwortlichkeit im Sinne des § 9 Abs 1 VStG trifft.
Gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.
Aus den zuvor getroffenen Feststellungen war daher spruchgemäß zu entscheiden und das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren nach Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses einzustellen. Es erübrigt sich daher näher auf das eigentliche Berufungsvorbringen einzugehen.