TE UVS Steiermark 2000/04/26 303.15-51/1999

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 26.04.2000
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Spruch

Der Unabhaengige Verwaltungssenat fuer die Steiermark hat durch die Kammermitglieder Dr. Gerhard Wittmann, Dr. Renate Merl und Dr. Helmut Pollak ueber die Berufung des Herrn H T, vertreten durch die Rechtsanwaelte K, W & P, G, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 23.11.1999, GZ.: 15.1 1999/2050, wie folgt entschieden:

Gemaeß Paragraph 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit Paragraph 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) i.d.F. BGBl. 1998/158 wird die Berufung abgewiesen.

Gemaeß Paragraph 64 Abs 1 und Abs 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von S 6.000,-- (EUR 436,04) binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird dahingehend konkretisiert bzw. ergaenzt, dass der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsuebertretung als gemaeß Paragraph 9 Abs 2 VStG verantwortlicher Beauftragter der F H T GesmbH, begangen hat und die Ersatzfreiheitsstrafe gemaeß Paragraph 16 VStG verhaengt wird.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behoerde wurde dem Berufungswerber in seiner Funktion als verantwortlicher Beauftragter der verfahrensgegenstaendlichen Firma eine Uebertretung des Paragraphen 8 Abs 3 ArbIG zur Last gelegt, da er trotz Aufforderung des Arbeitsinspektorates die Tachoscheiben der im Unternehmen beschaeftigten Lenker L und K fuer den gesamten Jaenner 1999, sowie hinsichtlich des Lenkers B fuer die im Straferkenntnis angefuehrten Tage dieses Monates nicht uebermittelt habe. Wegen dieser Verwaltungsuebertretung wurde ueber ihn eine Geldstrafe von S 30.000,-- verhaengt.

In seiner dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung bestritt der Berufungswerber den ihm zur Last gelegten Sachverhalt in objektiver Hinsicht nicht, brachte jedoch in rechtlicher Hinsicht vor, es laege kein Verstoß gegen Paragraph 8 Abs 3 ArbIG vor, da dieser Bestimmung keine Verpflichtung entnommen werden koenne, offenbar in Verstoß geratene Tachoscheiben zu uebermitteln. Es sei daher die Frage eines Kontrollsystems fuer die vorliegende Uebertretung nicht von Relevanz, weil nicht die Einhaltung irgendeiner Bestimmung des AZG, sondern die Einhaltung einer Bestimmung des ArbIG Gegenstand des Verfahrens sei. Im Hinblick auf die große Anzahl der im Unternehmen beschaeftigten Fahrer seien hunderte Gruende denkbar, weshalb die Tachoscheiben zum Zeitpunkt der Aufforderung des Arbeitsinspektorates gerade nicht auffindbar gewesen seien.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde eine S 10.000,-- uebersteigende Geldstrafe verhaengt und entscheidet daher ueber die dagegen eingebrachte Berufung gemaeß Paragraph 51 c VStG der Unabhaengige Verwaltungssenat als Kammer.

Da in der Berufung nur Rechtsfragen bzw. Fragen der Strafbemessung aufgeworfen wurden und der Berufungswerber ueberdies per Telefonat vom 12.4.2000 ausdruecklich auf die Durchfuehrung einer oeffentlichen, muendlichen Berufungsverhandlung verzichtet hat, konnte gemaeß Paragraph 51 e Abs 3 VStG hievon abgesehen werden.

Gemaeß Paragraph 8 Abs 1 ArbIG sind Arbeitgeber/innen und die gemaeß Paragraph 4 Abs 5 und Abs 7 beauftragten Personen verpflichtet, den Arbeitsinspektionsorganen auf Verlangen alle Unterlagen zur Einsicht vorzulegen, die mit dem Arbeitnehmerschutz im Zusammenhang stehen (Hervorhebung durch UVS).

Gemaeß Abs 3 leg. cit. haben Arbeitgeber/innen dem Arbeitsinspektorat auf Verlangen die in Abs 1 genannten Unterlagen oder Ablichtungen, Abschriften sowie Auszuege dieser Unterlagen zu uebermitteln.

Die rechtliche Interpretation des Berufungswerbers, wonach die genannten Bestimmungen ihn nur zur Vorlage der im Betrieb tatsaechlich vorhandenen Unterlagen verpflichten, findet im Gesetz keine Deckung. Aus dem klaren Wortlaut der zitierten Bestimmung sowie der ratio legis dieser Regelungen folgt vielmehr eindeutig, dass der Arbeitgeber selbstverstaendlich verpflichtet ist, alle Unterlagen vorzulegen, zu deren Fuehrung er nach den einschlaegigen gesetzlichen Bestimmungen, im Anlassfall also jener des Artikel 14 Abs 2 EWG-Verordnung 3821/85 verpflichtet ist. Die vom Berufungswerber gewaehlte, durch keinerlei Judikatur zu belegende Interpretation des Paragraphen 8 ArbIG wuerde jegliche wirksame Kontrolle der Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften ad absurdum fuehren.

Ausgehend von dieser unrichtigen rechtlichen Beurteilung irrt der Berufungswerber weiters, wenn er meint, das Vorhandensein eines betriebsinternen Kontrollsystems sei fuer die verfahrensgegenstaendliche Uebertretung nicht von Relevanz. Gerade wenn der Berufungswerber selbst zugibt, dass die angeforderten Tachoscheiben aus ihm selbst nicht naeher bekannten Umstaenden offenbar im Betrieb in Verstoß geraten sind, haette er im Sinne der strengen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes darlegen muessen, weshalb er trotz ausreichender Vorkehrungen derartige Vorkommnisse ohne sein Verschulden nicht verhindern konnte. Diesbezueglich laesst jedoch die vorliegende Berufung jegliches konkrete Vorbringen vermissen. Der Berufungswerber beschraenkte sich vielmehr offenbar ausgehend von der unrichtigen Annahme, dass bei Uebertretungen des ArbIG die Glaubhaftmachung eines Kontrollsystems nicht erforderlich sei, auf wage Vermutungen bzw. an seine Fahrer gerichtete Unterstellungen. Mit diesem Vorbringen ist es dem Berufungswerber jedoch nicht gelungen, das Vorliegen eines wirksamen Kontrollsystems substanziert darzulegen. Verwiesen sei hiebei auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (91/19/005 vom 22.3.1991; 93/02/0220 bis 0224 vom 21.10.1993 u.v.a.) der zufolge schon im Verwaltungsverfahren die Maßnahmen darzustellen sind, die unter den vorhersehbaren Verhaeltnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Im Anlassfall hat der Berufungswerber das Vorliegen eines ausreichenden Kontrollsystems nicht einmal behauptet, geschweige denn ein konkretes Vorbringen und Beweisanbot erstattet.

Zur Strafbemessung:

Die Strafnorm des Paragraphen 24 Abs 1 Z 1 lit d ArbIG sieht fuer die verfahrensgegenstaendliche Verwaltungsuebertretung einen Strafrahmen von S 500,-- bis S 50.000,--, im Wiederholungsfall von S 1.000,-- bis S 50.000,-- vor. Da der Berufungswerber einschlaegig nicht vorbestraft ist - eine mit Bescheid des Unabhaengigen Verwaltungssenates fuer die Steiermark vom 3.9.1999 rechtskraeftig gewordene Bestrafung wegen Uebertretung des Paragraphen 8 Abs 3 ArbIG lag zum Tatzeitpunkt noch nicht vor - ist im Anlassfall der erste Strafsatz anzuwenden.

Der Schutzzweck der Bestimmung des Paragraphen 8 Abs 3 ArbIG besteht darin, dem Arbeitsinspektorat durch die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Fuehrung und Uebermittlung von Aufzeichnungen die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen unter anderem auch hinsichtlich der Arbeitszeit zu ermoeglichen. Der Berufungswerber hat gegen den Schutzzweck dieser Norm zumindest fahrlaessig verstoßen, indem er die Tachoscheiben von insgesamt drei Lenkern trotz Aufforderung nicht vorlegen konnte. Die belangte Behoerde hat hiebei zu Recht nur eine Strafe verhaengt, da nach staendiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Fuehrung von Arbeitszeitaufzeichnungen und deren Uebermittlung an das Arbeitsinspektorat auch in Ansehung mehrerer Arbeitnehmer nur ein Delikt darstellt. Hiebei ist jedoch dennoch bei der Bemessung der Strafhoehe auf die Anzahl der betroffenen Arbeitnehmer sowie die Dauer des Zeitraumes, fuer welchen keine Unterlagen vorgelegt werden koennen und daraus resultierend die Anzahl der potentiellen Begehungen des Grunddeliktes Bedacht zu nehmen. Es waere naemlich im Hinblick auf den Schutzzweck der Norm kontraproduktiv, jenen Arbeitgeber, welcher die geforderten Aufzeichnungen, aus welchem Grunde auch immer, gar nicht erst vorlegt, wesentlich besser zu stellen, als einen Firmenchef, welcher ihn moeglicherweise belastende Unterlagen der behoerdlichen Aufforderung entsprechend uebermittelt. Im Sinne dieser Strafbemessungskriterien muss es sich der Berufungswerber als erschwerend anrechnen lassen, dass er hinsichtlich der Lenker L und K die Tachoscheiben fuer den gesamten Jaenner 1999 und hinsichtlich des Lenkers B fuer zahlreiche im Straferkenntnis angefuehrte Tage dieses Monats nicht vorlegen konnte, aus welchen sich moeglicherweise eine Reihe von Uebertretungen der einschlaegigen Bestimmungen des AZG ergeben haetten.

Neben den objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat kommt im ordentlichen Verfahren als Strafbemessungsgrundlage die Pruefung der subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat, somit auch die in der Person des Beschuldigten gelegenen Umstaende, hinzu. Gemaeß Paragraph 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (Paragraphen 40 bis 46) daher die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden

Erschwerungs- und Milderungsgruende, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwaegen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Beruecksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Paragraphen 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemaeß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermoegens- und Familienverhaeltnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu beruecksichtigen.

Die belangte Behoerde hat bei der Strafbemessung zu Unrecht die zum Tatzeitpunkt noch nicht rechtskraeftige einschlaegige Bestrafung des Berufungswerbers wegen einer Uebertretung des Paragraphen 8 Abs 3 ArbIG als erschwerend angenommen. Da auch die zahlreichen Bestrafungen des Berufungswerbers wegen diverser Uebertretungen des AZG bzw. der EG-Verordnungen 3820/85 und 3821/85 nicht als Erschwerungsgrund hinsichtlich der verfahrensgegenstaendlichen Uebertretungen des ArbIG angesehen werden koennen, ist bei der Strafbemessung als erschwerend nichts und als mildernd ebenfalls nichts anzunehmen. Die verhaengte Strafe erscheint jedoch im Hinblick auf die oben genannten Ausfuehrungen zur Strafbemessung trotz Wegfall eines Erschwerungsgrundes vom Ansatz her richtig bemessen. Beruecksichtigt man naemlich, dass der Berufungswerber bisher fuer vergleichbare Uebertretungen des AZG bzw. der EG-Verordnungen 3820/85 und 3821/85 im Ausmaß von S 1.000,-- bis S 4.000,-- pro Delikt bestraft wurde und die fehlenden Tachoscheiben immerhin drei Lenker mit jeweils einer Reihe von Fahrten im Monat Jaenner betreffen, erscheint die nunmehr bestaetigte Geldstrafe erforderlich, um dem Berufungswerber keinen Anreiz fuer kuenftige Nichtvorlagen von Tachoscheiben zu liefern.

Hinsichtlich der Einkommens- und Vermoegensverhaeltnisse wird von einem geschaetzten monatlichen Nettoeinkommen von S ausgegangen, welches die Vertreterin des Berufungswerbers in der muendlichen Verhandlung vom 6.9.1999, im Verfahren GZ: UVS 30.15-76/1999 ausdruecklich akzeptiert hat.

Schlagworte
Arbeitsinspektorat Übermittlungspflicht Unterlagen Verlust Verstoß Kontrollsystem
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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