TE UVS Steiermark 2000/06/21 20.3-13/2000

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Veröffentlicht am 21.06.2000
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erich Kundegraber über die am 21. April 2000 eingelangte Beschwerde der OMV Aktiengesellschaft, W, vertreten durch Dr. Ch O, Rechtsanwalt in W, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß § 67 c Abs 1 und Abs 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 31 Abs 3 Wasserrechtsgesetz 1959 (WRG), wie folgt entschieden:

Die von der Bezirkshauptmannschaft  Mürzzuschlag mit Aktenvermerk vom 3. März 2000 - der Beschwerdeführerin am 14. März 2000 zur Kenntnis gebracht - unmittelbare Anordnung von Maßnahmen in sieben Punkten war rechtswidrig.

Die Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag hat als belangte Behörde gemäß § 79 a AVG in Verbindung mit der Aufwandersatzforderung UVS, BGBl Nr. 855/1995, der Beschwerdeführerin einen Betrag von S 8.400,-- binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

I.1. In der Beschwerde vom 19. April 2000 wurde der Antrag gestellt "der Unabhängige Verwaltungssenat möge die Anordnungen der belangten Behörde gemäß Aktenvermerk 3. bzw. 6.3.2000, GZ 3.0-24/99, für rechtswidrig erklären" und im Verfahren die Durchführung eines Lokalaugenscheines unter Einbeziehung eines Amtssachverständigen sowie von Zeugen. Überdies wurde Kostenersatz für das Verfahren begehrt. Im Wesentlichen wurde die Beschwerde damit begründet, dass die Beschwerdeführerin nicht Verursacherin der drohenden Gewässerverunreinigung sei, sondern ein Tankwagenunfall vom 30. Juli 1975, sowie ein Werkstättenbetrieb, der oberhalb der Tankstelle liegt. Zu dem Beweisthema wurden Zeugen namhaft gemacht als auch ein geotechnisches Gutachten von Dr. H A vom 31. März 2000 vorgelegt. Es wurde daher der Schluss gezogen, dass die belangte Behörde "die Erforschung der Schadensverursachung und des jeweiligen Verursachers in maßgeblichen Einflußsphären (Bereichen) vornehmen hätte müssen". Auch sei die angenommene Gefahr im Verzug nicht erwiesen, insbesondere lägen keine Gründe vor, welche die Annahme einer konkreten Möglichkeit einer Gefährdung rechtfertigen, wobei fehlende Gewissheit Gefährdungen nicht ausschließen zu können, für Anordnungen von Maßnahmen gemäß § 31 Abs 3 WRG nicht ausreichen würden (auf entsprechende Verwaltungsgerichtshofjudikatur wurde verwiesen). Außerdem hätte die Wasserrechtsbehörde "bisher keine besondere Eile gezeigt" um Maßnahmen zur Abwehr der vermeintlichen Gefahren zu setzen, da sie sich erst auf Grund des Antrages der Liegenschaftseigentümerin B K und deren Vorbringen im Schriftsatz vom 7. Jänner 2000 veranlasst gesehen habe, zu einem raschen Verfahrensabschluss zu gelangen. Die Anordnungen der belangten Behörde in Punkt 1 bis 7 des Aktenvermerkes seien "mißverständlich, unpräzise und überschießend", wobei insbesondere keine zeitliche Vorgabe gegeben worden sei. Allein die missverständliche Anführung gegen Ersatz der Kosten durch die Verpflichtete unverzüglich durchführen zu lassen" sei deshalb unklar, da nicht angeführt worden sei, was noch als unverzüglich anzusehen sei. Auch sei in Punkt 1 der angeordneten Maßnahmen unklar, welchen Bereich die belangte Behörde als "Bereich des ehemaligen Tankstellenareals" verstanden wissen wolle. Im Übrigen seien die geforderten Erkundungs- und Sanierungsmaßnahmen ohne sachliche Rechtfertigung getroffen worden.

Beigelegt wurden der Beschwerde auch eine Abschätzung betreffend Kohlenwasserstoffgehaltes im Erdreich von Prof. Dipl.- Ing. Dr. techn. M B vom 6. April 2000 und ein Schreiben der TU-Consulting Ges.m.b.H., Ingenieurbüro für Technik u. Umwelt, wonach "der Tankstellenunfall (gemeint wohl Tankwagenunfall) als erkennbare Verursachung jener Bodenkontamination, die aufgrund der technischen Gegebenheiten nicht entfernt werden konnte" erscheint.

2. Die Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag gab am 8. Mai 2000 nachfolgende Stellungnahme ab:

Die im Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mürzzuschlag vom 30.7.1975, 8 Sch 189/1 - 1075 festgestellte Menge von maximal 1000 Liter ausgeflossenen Superbenzin dürfte in den vorbeifließenden S-bach (siehe Seite 5 der Beschwerde) gelangt, durch 0,250 Tonnen Ölbindepulver (11Säcke) gebunden worden und in den Untergrund eingedrungen sein (Entsorgung von 2 m3 kontaminierten Erdmaterial).

Es ist richtig, dass der chemisch-technische Amtssachverständige am 16.02.2000 gutachtlich festgehalten hat, dass eine Grundwasserverunreinigung des die M begleitenden Wasserstromes, von dem auch die Trink- und Nutzwasserversorgungsanlage der Marktgemeinde M gespeist wird, nicht auszuschließen ist.

In der gutachtlichen Stellungnahme vom 10.12.1999 hat der chemisch-technische Amtssachverständige jedoch hiezu festgestellt, dass der Tiefbrunnen I der Trink- und Nutzungswasserversorgungsanlage der Marktgemeinde M gefährdet ist."

Zu dem wurde der Wasserrechtsakt der belangten Behörde GZ.:

3.0-24/99 und der Akt der Gewerbebehörde GZ.: 04-16/221-99/24 vorgelegt. Zusätzlich wurde erwähnt, dass der Gewerbeakt am 18. Mai 1999 an die belangte Behörde zur Fortführung des Verfahrens zuständigkeitshalber abgetreten wurde und bis zu dem Zeitpunkt alle wasserpolizeilichen Maßnahmen im Zuge des gewerberechtlichen Auflassungsverfahrens gemäß § 83 Gewerbeordnung getroffen wurden.

II. Auf Grund des Beschwerdeinhaltes, des vorgelegten Wasserrechtsaktes und Gewerbeaktes konnte die erkennende Behörde von nachfolgendem entscheidungsrelevantem

Sachverhalt ausgehen:

Mit Bescheid des Landeshauptmannes der Steiermark vom 28. Februar 1997, GZ.: 04-16/221-96/3 wurden der Beschwerdeführerin gemäß § 83 Gewerbeordnung 1994 für die mit Bescheid vom 12. August 1954, GZ.: 4-309/I Mi 4/7-1955 auf den Grundstücken Nr. 5 und 6, KG Mitterdorf, genehmigte Tankstelle im Zuge der Auflassung unter anderem auch wasserpolizeiliche Auflagen erteilt. Mit Erfüllung der Auflagen wurde Anfang Mai 1997 begonnen und konnten im Zuge der Arbeiten in einer Tiefe von drei Meter sehr starke Verunreinigungen des Erdreiches durch Mineralöl festgestellt werden. Am 7. Mai 1997 hat der chemisch-technische Amtssachverständige festgestellt, dass weitere hohe Mineralölverunreinigungen in einer Tiefe von fünf Meter im Boden nachweisbar sind, jedoch wurde wegen Einsturzgefahr der vorbeiführenden Landesstraße (L 118) und des bestehenden Tankstellendaches die weiteren Aushubarbeiten vorübergehend eingestellt. In weiterer Folge wurden von Seiten der Gewerbebehörde eine Ortsverhandlung durchgeführt, wobei auf Grund einer Gefährdung der Wasserversorgungsanlage der Marktgemeinde M der Beschwerdeführerin von Seiten der Gewerbebehörde aufgetragen wurde, mehrere Sonden zur Boden-/Grundwasseruntersuchung einzusetzen, sowie die Lage der Sonden durch einen hydrogeologischen Sachverständigen zu bestimmen. Ein Untersuchungsergebnis wurde vom Umweltlabor Mag. Dr. P G am 24. Februar 1998 erstellt.

Mit Schreiben vom 18. Mai 1999 wurde der gewerberechtliche Akt der belangten Behörde als Wasserrechtsbehörde zuständigkeitshalber abgetreten, da gemäß § 83

Gewerbeordnung 1994 rechtlich kein Raum blieb für die Vorschreibung allfälliger Maßnahmen zur Sanierung von Boden- und Grundwasserkontaminationen (VwGH 28.10.1997, 97/04/021- 6).

Mit Schreiben vom 25. Juni 1999 wurde der chemisch-technische Amtssachverständige von Seiten der Wasserrechtsbehörde ersucht klarzustellen, ob zusätzliche Maßnahmen gemäß § 31 Abs 3 WRG vorzuschreiben sind. Am 10. Dezember 1999 wurde das Ersuchen beantwortet, wobei angeführt wird, dass der Bericht der Steirischen Ferngas AG vom 14. Mai 1997 zwischen den Benzintankkontaminationen, die mit 8,3 mg/l Kohlenwasserstoffe gesamt deutlich über den Grenzwert von 0,5 mg/l liegen. Auf Grund des gut durchlässigen Untergrundes, der aus quartären Kiesen und Sanden des M-tales aufgebaut ist, sei es denkbar, dass Mineralölkohlenwasserstoffe durch die ungesättigte Bodenzone migrieren und in den Bereich des Grundwasserschwankungsbereiches gelangen könnten. Von dort sei ein weiterer Transport der Schadstoffe über den Grundwasserstrom des M-tales, von dem die Wasserversorgungsanlage M gespeist wird, möglich. Es wurden vorerst passive Bodenlufterkundungen vorgeschlagen, wobei ca. fünf aktive Boden-Luft-Sonden zu errichten seien. Zu dem seien die beiden bestehenden Grundwassersonden am Böschungsfuß zwei Mal im Jahr zu beproben. Weitere Vorkehrungen können erst nach dem Ergebnis der Bodenlufterkundung getroffen werden. Die Maßnahmen seien durch die Wasserrechtsbehörde zu

beauftragen, da primär der Tiefenbrunnen I der Wasserversorgungsanlage M gefährdet sei.

Der Beschwerdeführerin wurde am 23. Dezember 1999 das Gutachten zur Kenntnis gebracht.

Am 16. Februar 2000 hat die belangte Behörde unter Beiziehung des chemisch-technischen Amtssachverständigen festgestellt, dass keine Anhaltspunkte gegeben sind, die eine Verunreinigung im Zusammenhang mit dem Ölalarm (Tankwagenunfall) aus dem Jahr 1975 schließen lassen. Die Entsorgung des dort kontaminierten Bodenmaterials des Tankwagenunfalles hat eine Menge von 2 m3 umfasst, sodass von einem größeren Mineralölaustritt nicht die Rede sein könne. Weiters wird ausgeführt, dass für "die abströmig gelegene Wasserversorgungsanlage M aus der Sicht des Amtssachverständigen keine Gefahr im Verzuge besteht, jedoch ist aufgrund des nicht bekannten Schadenausmaßes eine Grundwasserverunreinigung des die M begleitenden

Wasserstroms nicht auszuschließen" sei. Auf Basis der Untersuchungsergebnisse werden vom chemisch-technischen Amtssachverständigen weitere Maßnahmen zur Vorschreibung vorgeschlagen.

Die belangte Behörde stellte in ihrem Aktenvermerk vom 3. März 2000 somit fest, dass "gemäß § 31 Abs 3 Wasserrechtsgesetz letzter Satz kraft Gesetz jedenfalls Gefahr im Verzug gegeben ist, wenn eine Wasserversorgung gefährdet ist. Daher ist die Wasserrechtsbehörde der Ansicht, dass eine bescheidmäßige Erledigung nicht erfolgen kann, sondern dass die Anordnung von Maßnahmen bzw. flankierenden Maßnahmen im Wege einer faktischen Amtshandlung zu erfolgen hat, welche mittels Aktenvermerkes zu beurkunden ist".

Der Beschwerdeführerin wurde somit gemäß §§ 31 Abs 3, 98 Abs 1 WRG "wegen Gefahr im Verzug zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung insbesondere des Grundwassers der Trink- und Nutzwasserversorgungsanlage der Marktgemeinde M durch die auf den Grundstücken, GSt.Nr. 5 und 6, KG und PG M, betriebene und mit 20.12.1996 gewerberechtlich aufgelassene Elan-Tankstelle M aufgetragen, nachstehende Maßnahmen auf ihre Kosten zu treffen, oder gegen Ersatz der Kosten durch die Verpflichtete unverzüglich durchführen zu lassen:

1.) Im Bereich des ehemaligen Tankstellenareals sind zur Feststellung des horizontalen und vertikalen Schadensausmaßes eine passive Bodenlufterkundung durchzuführen bzw. durchführen zu lassen.

2.) Die Bodenlufterkundung hat durch mindestens 15 Module zu erfolgen.

3.) Diese Module sind im Einvernehmen mit dem chemischtechnischen Amtssachverständigen des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung, Fachabteilungsgruppe Landesbaudirektion, Fachabteilung 1 a, Chemotechnik, zu setzen.

4.) Diese Module sind auf BTEX, Dieselkohlwasserstoffe (C 15) und Kohlenwasserstoffe (C 6 - 15) zu untersuchen und ist das Ergebnis der Wasserrechtsbehörde vorzulegen.

5.) Werden im Zuge der passiven Bodenlufterkundung massive Bodenverunreinigungen festgestellt, sind mindestens 5 aktive Bodenluftsonden im Einvernehmen mit dem chemisch-technischen Amtssachverständigen des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung, Fachabteilungsgruppe Landesbaudirektion, Fachabteilung 1 a, Chemotechnik, niederzubringen.

6.) Aus den Sonden sind Bodenluftproben und die daraus gewonnenen Bohrkerne zu entnehmen und auf Kohlenwasserstoffe gesamt zu untersuchen und ist das Ergebnis der Wasserrechtsbehörde vorzulegen.

7.) Die beiden bereits bestehenden Grundwassersonden am Böschungsfuß - eine wurde mit Bescheid des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung vom 3.6.1997, GZ.: 04- 16/221-96/8, vorgeschrieben - sind bis auf weiters 2-mal jährlich zu beproben, auf Kohlenwasserstoffe gesamt zu untersuchen bzw. untersuchen zu lassen und ist das Ergebnis der Wasserrechtsbehörde vorzulegen".

Die getroffenen Feststellungen gründen sich auf die im Wesentlichen übereinstimmenden Angaben in der Beschwerdeschrift, sowie dem vorgelegten Akt der belangten Behörde als auch des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung, GZ: 04-16/221-99/24. Soweit die Darstellungen der Parteien bezüglich der Verursachung der Kontaminierung auseinandergehen, war auf diese Frage nicht näher einzugehen, da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären ist (§ 67 d Abs 2 Z 3 AVG).

III. Die Rechtsbeurteilung ergibt Folgendes:

1. Die Beschwerde über die unmittelbare Anordnung von Maßnahmen gemäß § 31 Abs 3 WRG langte am 21. April 2000 beim Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark auf dem Postweg ein, wodurch die sechswöchige Beschwerdefrist gemäß § 67 c Abs 1 AVG gewahrt wurde. Bemerkt wird hiezu, dass der am 3. März 2000 verfasste Aktenvermerk laut Angaben in der Beschwerde der Beschwerdeführerin am 14. März 2000 zugestellt wurde und ist die belangte Behörde nach Erhebungen von Seiten der erkennenden Behörde dem nicht entgegengetreten, zumal weder eine RSb-Zustellung noch eine Zustellung mittels eingeschriebenem Briefes erfolgte. Auch ist die örtliche Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark gegeben, da die Anordnung der Maßnahme in M war und der Ort im Sprengel des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark liegt.

2. Gemäß § 31 Abs 3 WRG hat die Wasserrechtsbehörde, wenn die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen nicht oder nicht rechtzeitig getroffen werden, soweit nicht der unmittelbare Werksbereich eines Bergbaues betroffen wird, die entsprechenden Maßnahmen dem Verpflichteten aufzutragen oder bei Gefahr im Verzuge unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen. Wenn wegen Gefahr im Verzuge eine Anordnung der Wasserrechtsbehörde nicht abgewartet werden kann, ist der Bürgermeister befugt, die zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung erforderlichen Maßnahmen - soweit nicht dem Bergrecht unterliegende Auflagen betroffen werden - unmittelbar anzuordnen und gegen Ersatz der Kosten durch den Verpflichteten nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen. Gefahr im Verzug ist jedenfalls gegeben, wenn eine Wasserversorgung gefährdet ist.

Vorerst war die Frage zu klären, ob es sich bei der getroffenen Anordnung der belangten Behörde um eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt im Sinne des § 67 c AVG handelt. Der § 31 Abs 3 WRG sieht zwei Instrumente zur Vermeidung einer Gewässerverunreinigung vor, nämlich einerseits einen Auftrag an den Verpflichteten und andererseits bei Gefahr im Verzug - die unmittelbare Anordnung der entsprechenden Maßnahmen und nötigenfalls deren unverzügliche Durchführung. Bei Gefahr im Verzug hat die Behörde mit unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt vorzugehen, die stufenförmig ablaufen kann, aber nicht muss:

a) reicht eine bloße Anordnung an den Verpflichteten, so hat es damit sein Bewenden;

b) befolgt er die Anordnung nicht sofort, ist die Anordnung unverzüglich durchführen zu lassen.

Die bloße Anordnung (Befehl an den Verpflichteten) kann demnach auch für sich allein bestehen. Auch dies kann die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt darstellen, wenn der Adressat bei Nichtbefolgung mit einer zwangsweisen Realisierung zu rechnen hat, was nach § 31 Abs 3 leg cit zutrifft, wonach die Behörde die Anordnung nötigenfalls unverzüglich durchführen zu lassen hat (siehe Kaan/Braumüller, Handbuch Wasserrecht, Linde-Verlag Wien, S 217, RZ 88). Unter Berücksichtigung der Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt es daher darauf an, welchen Akt die Behörde erlassen wollte, was sich in formellen Merkmalen, insbesondere Bezeichnung, aber auch der sonstigen Gestaltung äußert (VwGH 17.1.1995, 93/07/0126). Maßgeblich für die Qualifikation behördlichen Vorgehens als verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt ist die äußere Form und der für den Adressaten von der Behörde deutlich erkennbar geäußerte Wille. Ergibt sich aus einer behördlichen Anordnung, dass der Adressat mit einer zwangsweisen Realisierung nach § 31 Abs 3 WRG im Falle der Nichterfüllung bis zu einem mit genauer Uhrzeit genannten Zeitpunkt rechnen muss, so ist eine solche Anordnung als Maßnahme verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt zu qualifizieren (VwGH 29.6.1995, 92/07/0201). In concreto hat die belangte Behörde in ihrem Aktenvermerk vom 3. März 2000 sich auf Gefahr im Verzug im Sinne des § 31 Abs 3 WRG berufen, wobei sie zwar in ihrer Wortwahl Maßnahmen aufgetragen

jedoch gleichzeitig expressis verbis ihre Anordnung als "faktische Amtshandlung" deklariert und unter der Rubrik "Hinweis" die Beschwerdemöglichkeit im Sinne des § 67 c AVG an den Unabhängigen Verwaltungssenat aufgezeigt, sodass sowohl die äußere Form als auch der von der belangten Behörde deutlich erkennbar geäußerte Wille in Bezug auf eine verwaltungsbehördliche Befehlsgewalt im Sinne des § 67 c AVG vorliegt. Wenn die Beschwerdeführerin hiebei rügt, dass sie hiebei keine klare "Leistungsfrist" vorgeschrieben bekommen hat, so ist sie damit im Recht, da die Wortwahl "nachstehende Maßnahmen auf ihre Kosten zu treffen, oder gegen Ersatz der Kosten durch die Verpflichtete unverzüglich durchführen zu lassen" keinesfalls eine Frist zur Erfüllung der angeordneten Maßnahmen enthält, jedoch dieser Umstand auf Grund der nachfolgenden Erwägungen im Hinblick auf die Qualifizierung der verwaltungsbehördlichen Befehlsgewalt keine weitere Relevanz zukommt.

Die getroffenen Maßnahmen der belangten Behörde leiden jedoch unter einem anderen wesentlichen Mangel. Prämisse einer Anordnung im Sinne des § 31 Abs 3 WRG ist, dass "Gefahr im Verzuge" vorliegt. Die Annahme, dass Gefahr im Verzug vorliegt, bedingt eine sachverhaltsbezogene fachliche Beurteilung durch die Behörde (VwGH 22.3.1988, 87/07/0108). Hiebei liegt jedenfalls Gefahr im Verzug im Sinne des § 31 Abs 3 leg cit dann vor, wenn eine Wasserversorgung gefährdet ist (VwGH 18.3.1994, 90/07/0141). Der Amtssachverständige gab in seiner Äußerung vom 16. Februar 2000 an, dass "aufgrund des nicht bekannten Schadensausmaßes eine Grundwasserverunreinigung des die M begleitenden Wasserstroms nicht auszuschließen ist". Auf Grund der Stellungnahme nahm die belangte Behörde Gefahr im Verzug an, da eine Wasserversorgung gefährdet sei. Um jedoch eine Gewässerverunreinigung konkret und als unmittelbar bevorstehend zu befürchten (VwGH 6.8.1998, 96/07/0053), wäre jedoch eine nähere Konkretisierung durch den beigezogenen chemotechnischen Amtssachverständigen notwendig gewesen. Allein die pauschale Behauptung, dass eine Gewässerverunreinigung nicht auszuschließen sei, führt jedoch keinesfalls in schlüssiger Weise zur Annahme, es liege Gefahr im Verzug vor. Um so mehr der Amtssachverständige in der gleichen Stellungnahme angab, dass "aus der Sicht des Amtssachverständigen keine Gefahr im Verzuge" bestehe. Somit kann von einer entsprechenden Begründung des Gutachtens des Amtssachverständigen nicht ausgegangen werden und war es der belangten Behörde verwehrt, daraus entsprechende rechtliche Schlüsse - nämlich die Annahme Gefahr im Verzug liege vor - zu ziehen (VwGH 11.9.1978, 1886/77). In Anbetracht des festgestellten Sachverhaltes hätte die belangte Behörde entweder ein ergänzendes Gutachten einzuholen gehabt, wonach sich begründete Bedenken ergeben, die den Schluss auf Gefahr im Verzug zuließen oder das Verwaltungsverfahren bescheidmäßig im Sinne des § 31 Abs 3 WRG zu finalisieren gehabt. Für die zweite Annahme spricht auch der Umstand, dass bereits eine gutachtliche Stellungnahme vom 10. Dezember 1999 vorlag, die eine Gewässerverunreinigung nicht ausschloss, und es an der belangten Behörde gelegen wäre, sich mit den dagegen erhobenen Einwendungen von Seiten der Beschwerdeführerin auseinander zu setzen. Auf Grund des chronologischen Ablaufes wäre jedenfalls genügend Zeit hiezu gewesen. Hiebei hätte sie sich auch mit der Frage der Verursachung auseinander zu setzen gehabt, wobei bemerkt wird, dass die Frage der Mitverursachung in concreto eine untergeordnete Rolle einnimmt, da bei Gefahr im Verzug bereits die Vermutung, ein Primärverursacher zu sein, zur Anordnung der Maßnahme nach § 31 Abs 3 WRG ausreicht. Da somit eine wesentliche Prämisse zur Anordnung einer Maßnahme im Sinne des § 31 Abs 3 WRG - nämlich das Vorliegen von Gefahr im Verzug - nicht bestand, war dem Beschwerdeantrag "die Anordnungen der belangten Behörde gemäß Aktenvermerk 3. bzw. 6.3.2000, GZ 3.0-24/99, für rechtswidrig zu erklären" stattzugeben.

3. Als Kosten wurden gemäß § 79 a AVG in Verbindung mit der Aufwandersatzforderung UVS, BGBL 855/1995, der Beschwerdeführerin ein Betrag von S 8.400,-- als Schriftsatzaufwand zugesprochen.

Schlagworte
Anordnung Wasserrechtsbehörde Zwangsgewalt Bescheid Gefahr im Verzug Sachverständigengutachten Konkretisierung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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