TE UVS Tirol 2000/06/29 1999/1/020-12 und 1999/20/088-12

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 29.06.2000
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet über die Berufung des Herrn Dr. B. gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 7.4.1999, Zl ST-V-U- 250/99, nach der am 29.6.2000 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung

 

I.

 

in Bezug auf die Spruchpunkte 1) bis 3) durch das Einzelmitglied Dr. Alfred Stöbich wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs4 AVG iVm §§ 24 und 51 VStG wird der Berufung hinsichtlich der Spruchpunkte 1) bis 3) Folge gegeben, das Straferkenntnis insoweit behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs1 Z2 (hinsichtlich der Fakten 1) und 2)) sowie gemäß § 45 Abs1 Z3 VStG (hinsichtlich des Faktums 3)) eingestellt.

 

II.

 

durch die Kammer 1, bestehend aus der Kammervorsitzenden Dr. Margit Pomaroli sowie die weiteren Mitglieder Dr. Alfred Stöbich und Dr. Martina Strele, hinsichtlich des Spruchpunktes 4) wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs4 AVG iVm §§ 24 und 51 VStG wird die Berufung hinsichtlich des Spruchpunktes 4) als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß § 64 Abs1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind S 3.600,-- (EUR 261,62), zu bezahlen.

 

Gemäß § 64 Abs3 VStG werden dem Berufungswerber die Kosten des Sachverständigen, welche der Höhe nach mit einem eigenen Bescheid bestimmt werden, auferlegt.

 

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird insoweit präzisiert, als diese Übertretungsnormen zu lauten haben:

?§ 99 Abs1 litb StVO iVm § 5 Abs2 StVO?

Die Strafnorm hat folgendermaßen zu lauten:

?§ 99 Abs1 litb StVO?

 

Gemäß § 52a Abs1 VStG wird der in der mündlichen Berufungsverhandlung verkündete Bescheid im Bezug auf den Spruchpunkt 4) insoweit abgeändert, als die Tatzeit präzisiert wird und es im Spruch nach der Wortfolge ?und sich anschließend? ... (aus diesem Bereich der Unfallambulanz entfernte) die Wortfolge ?, nämlich im Zeitraum zwischen 21.55 Uhr und 22.20 Uhr? eingefügt wird.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber folgendes vorgeworfen:

 

?Der Beschuldigte Dr. S. hat am 5.1.1999 um 20.25 Uhr in Ibk, Krzg Anichstr. - Bürgerstr. als Lenker des Pkws I-

1)

den Führerschein und

2)

den Zulassungsschein nicht mitgeführt

3)

als ursächlich Beteiligter an einem Verkehrsunfall mit Personen- Sachschaden dadurch nicht an der Sachverhaltsermittlung mitgewirkt, daß er sich vor Abschluß der polizeilichen Unfallsaufnahme aus der Innsbrucker Klinik entfernte

 4) wurde er um 21.30 Uhr im Bereich der Unfallambulanz der Innsbrucker Klinik zum Alkotest aufgefordert, weil vermutet werden konnte, daß er sich zum Unfallszeitpunkt in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand und in diesem Zustand das genannte Fahrzeug gelenkt hat, und hat die Durchführung des Alkotestes dadurch verweigert, daß er sich zuerst unter dem Vorwand einer Behandlung in den Behandlungsraum Nr 3 zurückzog, dort aber permanent damit beschäftigt war, seinen Mund mit einer Flüssigkeit auszuspülen und sich anschließend überhaupt aus diesem Bereich der Unfallambulanz entfernte und sich dadurch faktisch dem Alkotest entzog.?

 

Dadurch habe der Berufungswerber folgende Rechtsvorschriften verletzt:

1)

§ 14/1 FSG,

2)

§ 102/5b KFG

3)

§ 4/1c StVO

4)

§ 99/1b StVO

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über den Berufungswerber Geldstrafen verhängt, nämlich zu 1) und 2) S 500,--, zu 3) S 5.000,-- und zu 4) S 18.000,--.

 

Gleichzeitig wurden Verfahrenskostenbeiträge festgesetzt und Ersatzfreiheitsstrafen verhängt.

 

Dagegen wurde innerhalb offener Frist Berufung erhoben. In dieser wird zunächst bemängelt, dass das Recht auf Wahrung des Parteiengehörs verletzt worden sei.

 

Seitens des Berufungswerbers sei eine Rechtfertigung vor Fristablauf am 7.4.1999 eingebracht worden. Trotzdem habe die Behörde bereits im Verlauf des 7.4.1999 das gegenständliche Straferkenntnis erlassen, ohne die fristgerechte Rechtfertigung zu berücksichtigen.

 

Die Behörde habe sich in ihrer kurzen Begründung des Straferkenntnisses damit begnügt, die einseitige Sachverhaltsdarstellung des Meldungslegers der Entscheidung zugrundezulegen. Die Behörde hätte begründen müssen, dass der angeblich verweigerte Atemalkoholtest medizinisch zumutbar gewesen wäre und er in der Lage gewesen wäre, der entsprechenden Aufforderung nachzukommen.

 

Infolge mangelhaften Verfahrens sei die Behörde zu einer unrichtigen Sachverhaltsfeststellung gelangt. Er verweise auf seine schriftliche Rechtfertigung vom 7.4.1999.

Ergänzend brachte er folgendes vor:

 

Am 5.1.1999 habe sich ein schwerer Verkehrsunfall auf der Kreuzung Anichstraße/Andreas-Hofer-Straße bzw Bürgerstraße ereignet, bei dem Herr M. mit seinem PKW das Fahrzeug des Berufungswerbers seitlich gerammt habe. Der PKW sei so schwer beschädigt worden, dass Reparaturkosten über S 170.000,-- angefallen wären. Der Anprall sei so stark gewesen, dass sogar das Fahrgestell verschoben worden sei.

 

Sein Kopf sei durch die Wucht des Aufpralls gegen die Windschutzscheibe geschleudert worden, sodass er kurz ohnmächtig geworden sei und sich an die Ereignisse kurz vor und nach dem Unfall nicht mehr erinnern könne.

 

Der Berufungswerber sei dann in die Klinik gebracht worden, da der Verdacht einer inneren Blutung oder gar eines Schädelbruches bestanden habe. Glücklicherweise habe er ?nur? ein Schleudertrauma der Halswirbelsäule sowie eine Gehirnerschütterung verbunden mit starken Kopfschmerzen erlitten.

 

Während der Untersuchungen in der Klinik und der Amtshandlungen der Meldungsleger habe er die ganze Zeit an schweren Kopfschmerzen, Übelkeit und Schwindelgefühl, hervorgerufen durch die Gehirnerschütterung, gelitten. Zudem sei er nach dem Unfall unter Schock gestanden und habe noch immer Erinnerungslücken für die Zeit vor und nach dem Unfall.

 

In weiteren Ausführungen bezieht sich der Berufungswerber auf das Verhalten des Meldungslegers. Dabei bringt er vor, dass der ?federführende Insp M.? ihn ?in einer unverständlichen Art und Weise nicht in Ruhe gelassen? habe, obwohl er ihn auf seinen Zustand hingewiesen und ersucht habe, er solle ihn vorerst einmal in Ruhe lassen, bis er untersucht worden sei. Die erste Pflicht der Polizisten M. und U. hätte darin bestehen müssen, dafür zu sorgen, dass der Berufungswerber sofort in klinische Behandlung komme und mit äußerster Schonung gegen ihn vorgegangen werde. Insp M. hätte zu denken geben müssen, dass die Sanitäter bzw sein Notarzt ihn sofort zur Bahre geführt hätten ihn ihm dort eine Schanzkrawatte angelegt hätten.

 

Insp M. habe bereits gewusst, dass es sich beim Berufungswerber um Rechtsanwalt Dr. B. handle und hätte er die Pflicht gehabt, dafür zu sorgen, dass er sofort in die Klinik eingeliefert werde. Dies aufgrund der Erkennbarkeit unfallsbedingter Verletzungen. Insp M. hätte nicht amtshandeln dürfen und den Berufungswerber nicht ?auf der Bahre mit angelegter Schanzkrawatte mit Fragen quälen dürfen, die Insp S. ohnedies beantwortet hätte?.

 

Insp M. habe den Berufungswerber nicht geschont, sondern ihn aufgeregt und ergebe sich aus dessen Bericht der Unmut, dass der Berufungswerber seine Fragen nicht beantwortet habe, sondern zuerst versucht habe, eine ärztliche Abklärung zu veranlassen.

 

Die Rettung bzw der Notarztwagen hätten den Berufungswerber nicht mit Schanzkrawatte in die Klinik gebracht, er wäre nicht von zwei Ärzten untersucht worden, wenn die Ärzte nicht aufgrund der Schwere des Unfallsgeschehens berechtigte Bedenken gehabt hätten. Diese Bedenken hätten die Polizisten teilen müssen, vorausgesetzt, dass ihnen eine entsprechende Ausbildung angediehen wäre.

 

Die mangelhaften medizinischen Kenntnisse des Insp M. würden sich auch daraus ergeben, dass dieser eine Alkoholisierung des Berufungswerbers festgestellt haben wolle, ganz im Gegensatz zu den Ärzten, wobei interessanterweise sogar selbstverständlich die nach so einem Unfall auftretenden Sprachschwierigkeiten als Alkoholisierungsnachweis erkannt worden seien.

 

Die Tatsache, dass sich der Berufungswerber den Mund ausgespült habe, hätte Insp U. nicht als Verweigerungstätigkeit ansehen dürfen. Vielmehr hätte er den Schluss daraus ziehen müssen, dass sich der Berufungswerber auf die Atemluftprobe vorbereitet habe. Insp U. sei bisher noch nicht einvernommen worden. Es stamme diese Behauptung ausschließlich von Insp M.

 

Aufgrund der durch Insp M. verursachten Aufregung und dem erlittenen Unfall hätte sich der Berufungswerber mehrmals übergeben, habe Magenkrämpfe bekommen und sei er dann wieder an Ort und Stelle zurückgegangen und habe er festgestellt, dass sich Insp M. und Insp U. aus der Unfallsambulanz entfernt hätten, ohne auf ihn zu warten.

 

Rechtlich habe für den Berufungswerber keine Verpflichtung bestanden, nunmehr den beiden Polizeibeamten nachzufahren bzw diese zu suchen. Dass er aufgrund seines schlechten Allgemeinzustandes danach getrachtet habe, sich möglichst rasch nach Hause bringen zu lassen, sei bei dem Unfallshergang kein Wunder.

 

Auch sei völlig unverständlich, warum Insp M. als angeblich erfahrener Verkehrspolizist nicht die Alternativlösung gewählt habe, um gleich an Ort und Stelle von einem der beiden Ärzte das Blut abnehmen zu lassen, da er ohnedies bereits untersucht worden sei.

 

In Bezug auf das Nichtmitführen des Führerscheines und der Zulassung führte der Berufungswerber aus, dass er am Unfallsort infolge seiner Verletzungen in einer sehr schlechten körperlichen Verfassung gewesen sei und irrtümlicherweise der Meinung gewesen sei, die Papiere vergessen zu haben. Tatsächlich habe er sie jedoch am Unfallsort bei sich gehabt.

 

Zu den Fakten 3) und 4) führte der Berufungswerber lediglich aus, dass er zu keinem Zeitpunkt der Amtshandlung die Durchführung der Atemalkoholuntersuchung verweigert habe und daher auch die Mitwirkungspflicht an der Sachverhaltsfeststellung nicht verletzt habe.

 

Er habe am 5.1.1999 den ganzen Tag über lediglich zwei Glas Wein getrunken, das erste um 00.05 Uhr bis 00.10 Uhr, das zweite zu Mittag. Es habe für ihn daher keinen Grund gegeben, den Alkotest zu verweigern.

 

Die Röntgenuntersuchung im Behandlungsraum 3 sei medizinisch notwendig gewesen, um den Verdacht einer möglichen schweren inneren Verletzung auszuschließen und es könne daher auch nicht von einem Vorwand gesprochen werden. Nicht der Berufungswerber habe sich aus der Klinik bzw der Unfallsambulanz entfernt, sondern die Herren BI M. und RI U.

 

Abgesehen von der Tatsache, dass im gegenständlichen Fall keine faktische Verweigerung des Alkotestes vorliege, sei es fraglich, ob der Alkotest aufgrund der erlittenen Verletzungen medizinisch zumutbar gewesen wäre.

 

Weiters wurde von der erkennenden Behörde die Frage nicht geklärt, ob infolge der Gehirnerschütterung nicht von einer mangelnden Zurechnungsfähigkeit im Sinne des § 3 VStG zur Tatzeit auszugehen sei. Er beantrage daher die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zur Frage, ob die Ablegung des Atemalkoholtests überhaupt medizinisch zumutbar gewesen sei und er zur Tatzeit infolge der Gehirnerschütterung zumindest teilweise unzurechnungsfähig gewesen sei.

 

Seitens der Berufungsbehörde wurde zunächst UnivProf Dr. med. Heinz Prokop beauftragt, ein medizinisches Sachverständigengutachten zur Frage zu erstellen, ob die Ablegung des Atemalkoholtestes überhaupt medizinisch zumutbar gewesen sei und ob der Berufungswerber zur Tatzeit infolge einer Gehirnerschütterung - zumindest teilweise - unzurechnungsfähig gewesen sei.

 

Am 10.2.2000 ist UnivProf Dr. med. Heinz Prokop verstorben und wurde der gegenständliche Akt ohne Erstellung eines Gutachtens retourniert.

 

In weiterer Folge wurde Dr. med. Miklos Marosi, allgemein beeideter und gerichtlich zertifizierter Sachverständiger für Neurologie und Psychiatrie, um Erstellung eines medizinischen Sachverständigengutachtens zur vorerwähnten Frage ersucht.

 

Am 5.6.2000 langte das neurologische Fachgutachten des Dr. med. Miklos Marosi, Facharzt für Neurologie und Psychiatrie, allgemein beeideter und gerichtlicher zertifizierter Sachverständiger für Neurologie und Psychiatrie, bei der Berufungsbehörde ein. Dieses Gutachten wurde dem Berufungswerber gleichzeitig mit der Ladung zur öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29.6.2000 übermittelt.

 

Am 29.6.2000 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt, an welcher der Berufungswerber teilgenommen hat.

 

Beweis aufgenommen wurde durch Einvernahme des Berufungswerbers, weiters der Zeugen BI M., GI S., RI U. sowie des Sachverständigen Dr. med. Miklos Marosi. Weiters wurde Einsicht genommen in den erstinstanzlichen Akt sowie in den Akt der Berufungsbehörde.

 

Zu den Fakten 1) und 2):

 

In Bezug auf den Vorwurf, den Führerschein und den Zulassungsschein nicht mitgeführt zu haben, ist festzuhalten, dass eine Aufforderung, die beiden Dokumente vorzuweisen, noch am Unfallsort erfolgt ist und dem Berufungswerber zu diesem Zeitpunkt zumindest ein Unfallsschreck zugebilligt werden muss und er - auch den Ausführungen des Sachverständigen folgend - zu diesem Zeitpunkt in seiner Wahrnehmungsfähigkeit eingeschränkt war. Im Zweifel ist daher zu Gunsten des Berufungswerbers davon auszugehen, dass er die Frage nach Zulassungs- und Führerschein irrtümlich dahingehend beantwortet habe, dass er diese nicht mitführe.

 

Zum Faktum 3):

 

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Die Tat ist hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass 1) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und dass 2) die Identität der Tat - zum Beispiel nach Ort und Zeit - unverwechselbar feststeht.

 

Im gegenständlichen Fall ist für diese Übertretung als Tatzeit im Einleitungssatz die Unfallszeit (20.25 Uhr) angeführt.

 

Offensichtlich aufgrund dieser Tatzeitangaben bezieht sich die Rechtfertigung des Berufungswerbers im Schreiben vom 6.4.1999 auf das Verhalten des Berufungswerbers an der Unfallstelle.

 

Im Zusammenhang damit erscheint die unter Punkt 3) angelastete Tat jedenfalls in Bezug auf die Tatzeit nicht korrekt umschrieben und ist daher auch von einem Verstoß gegen § 44a Z1 VStG auszugehen, wobei der Berufungsbehörde ein Austausch dieses Tatbestandselementes aufgrund von Verfolgungsverjährung verwehrt war.

 

Zum Faktum 4):

 

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht der von der Erstbehörde angenommene und unter Spruchpunkt 4) festgehaltene Sachverhalt als erwiesen fest. In Ergänzung dazu ist auf Sachverhaltsebene folgendes auszuführen:

 

Am 5.1.1999 um 20.25 Uhr kam es an der Kreuzung Anichstraße/Bürgerstraße in 6020 Innsbruck zu einem Verkehrsunfall, an welchem der Berufungswerber beteiligt war. Dieser fuhr mit seinem PKW mit dem Kennzeichen I- auf der Bürgerstraße in nördliche Richtung und wollte die Kreuzung mit der Anichstraße in gleichbleibender Richtung überqueren. Zur gleichen Zeit fuhr M. mit seinem PKW auf der Anichstraße in östliche Richtung und wollte die Bürgerstraße richtungsgleichbleibend überqueren. M. glaubte irrtümlich, sich auf einer Vorrangstraße zu befinden und fuhr mit einer lediglich geringfügigen Geschwindigkeitsverminderung in die Kreuzung ein, wobei es zum Zusammenstoß mit dem Fahrzeug des Berufungswerbers kam.

 

In der Folge trafen eine Funkstreife, eine Verkehrsstreife, die Berufsfeuerwehr, die Rettung, ein Notarzt und ein Wagen des Verkehrsunfallskommandos am Unfallsort ein.

 

Die Unfallsaufnahme erfolgte durch BI M.

 

Dieser fragte den Berufungswerber nach seinen persönlichen Daten, worauf letzterer folgendes äußerte:

 

?Ich bin Rechtsanwalt Dr. B., habe meinen Führer- und Zulassungsschein in meiner Kanzlei. Mir ist nicht gut und fahre jetzt in die Klinik. Ich bin sonst sehr kooperativ mit der Polizei, jetzt aber nicht.?

 

Während dieser Aussage drehte der Berufungswerber RI M. den Rücken zu und ging in Richtung Notarztwagen.

 

Der Berufungswerber erklärte am Unfallsort, dass er verletzt sei.

 

Der Berufungswerber wurde mit dem Notarztwagen in die Klinik gebracht.

 

Nach Durchführung der Unfallsaufnahme an der Unfallstelle fuhren die Beamten RI M. und RI U. in die Klinik. Dort wurden die beiden Unfallsbeteiligten in einen Behandlungsraum, in dem sich die Frischverletzten befanden, vorgefunden. Zu diesem Zeitpunkt ist der Berufungswerber gelegen.

 

RI U. verlangte in der Folge vom Berufungswerber dessen Daten. Daraufhin reagierte der Berufungswerber ungehalten und brachte zum Ausdruck, er möge in Ruhe gelassen werden. Der Berufungswerber äußerte gegenüber den Polizeibeamten sinngemäß, dass er sich nicht schikanieren lassen wolle und dass man mit seiner Sekretärin sprechen solle.

 

Im Zuge dieses Gesprächs wurden von den Beamten RI M. und RI U. Alkoholisierungssymptome festgestellt, gerötete Augenbindehäute, eine undeutliche Aussprache sowie ein deutlicher Geruch der Ausatemluft nach alkoholischen Getränken.

 

Der Berufungswerber räumte in Bezug auf den Konsum von Alkohol ein, dass er am 5.1.1999 zwei Gläser Wein getrunken hätte und ihm dies auch zustehe.

 

Aufgrund dieser Symptome wurde der Berufungswerber um ca 21.00 Uhr in der Unfallsambulanz von RI M. zur Durchführung eines Alkomattests aufgefordert. Der Berufungswerber war damit einverstanden. Er versuchte auch, den diensthabenden Offizier zu verständigen. Dies gelang ihm erst später, worauf der diensthabende Offizier bei RI M. zurückgerufen hat.

 

In der Zwischenzeit fuhr RI U. zur Dienststelle des Unfallkommandos, um das tragbare Alkomattestgerät zu holen.

 

Gegenüber dem diensthabenden Arzt Dr. W. verlangte der Berufungswerber die sofortige Verständigung des Oberarztes und die Verweisung von RI M. aus der Unfallambulanz.

 

In der Folge wurde der Berufungswerber behandelt und wurden auch Röntgenaufnahmen gemacht. Dabei wurde der Berufungswerber zunächst noch auf einer Bahre geschoben. In der Folge legte er die Wege zwischen den Räumlichkeiten in der Klinik gehend zurück.

 

Von RI U. wurde das Alkomattestgerät in einen leerstehenden Ambulanzraum gebracht und dort in Betrieb genommen.

 

Als der Berufungswerber den Röntgenraum verlassen hatte, äußerte sich der Berufungswerber dahingehend, dass er die Klinik verlassen wolle. RI U. forderte den Berufungswerber neuerlich zur Durchführung eines Alkomattestes auf.

 

Zwischenzeitlich schaltete sich Prof. Dr. D. von der Universitätsklinik Innsbruck ein und erklärte, dass erst das Medizinische gemacht werden müsse und erst dann das Rechtliche komme. In der Folge begab sich Prof. Dr. D. mit dem Berufungswerber in den Behandlungsraum 3 und zog die Vorhänge zu. Durch einen Spalt von den Vorhängen konnte RI U. beobachten, wie der Berufungswerber permanent damit beschäftigt war, seinen Mund mit Wasser auszuspülen.

 

In der Folge teilte Prof. Dr. D. RI M. mit, dass der Berufungswerber durch den Unfall eine HWS-Zerrung, eine Schädelprellung sowie eine Schulterprellung erlitten habe und dass der Alkomattest ärztlich unbedenklich sei, dass jedoch ein zusätzliches Röntgen notwendig sei. Auch äußerte Prof. Dr. D., dass er nicht den Eindruck einer Alkoholisierung des Berufungswerbers habe.

 

Nach der Untersuchung durch Prof. Dr. D. war ein weiteres Röntgen notwendig. Bevor der Berufungswerber den Röntgenraum betrat, wurde er neuerlich zur Durchführung eines Alkomattestes aufgefordert, worauf sich der Berufungswerber einverstanden erklärte. RI M. äußerte sich gegenüber dem Berufungswerber auch dahingehend, dass im Falle einer Nichtdurchführung dies als Verweigerung gelte. Nachdem sich der Berufungswerber im Röntgenraum befand, wurde die Türe geschlossen. Die beiden Polizisten nahmen vor dieser Türe Platz und warteten. Als um 22.20 Uhr eine andere Person zum Röntgen 3 aufgerufen wurde, ergab eine Nachschau, dass der Berufungswerber verschwunden war.

 

Aus dem Karteiblatt der Universitätsklinik für Unfallchirurgie betreffend den Berufungswerber ergibt sich folgende Diagnose:

 

Schleudertrauma der HWS

Schädelprellung

Prellung der linken Schulter

 

Unter ?Befund? ist folgendes festgehalten:

 

?Patient bewußtseinsklar, voll orientiert, weitgehend klare Erinnerung an den Unfall, keine Bewußtlosigkeit, kurzfristig knieweich, inzwischen weitgehendes Wohlbefinden. Mäßig Beschwerden und Schmerzen im Bereich der Halswirbelsäule, insbesondere bei Bewegungen, weniger im Bereich der linken Schulter.

 

Äußerlich keine Verletzungszeichen, Schädel äußerlich unauffällig und indolent. HWS im unteren Bereich bei Bewegungen mäßig schmerzhaft, kein Druckschmerz über den Dornfortsätzen oder paravertebral, die paravertebrale Muskulatur selbst, einschließlich des Trapecius mäßig verspannt, Beweglichkeit endlagig in allen Qualitäten schmerzhaft. Keine objektivierbaren neurologischen Ausfälle, insbesondere Arme und Finger frei. Linke Schulter äußerlich unauffällig, unspezifische Schmerzhaftigkeit in allen Bewegungsqualitäten, keine Zeichen einer Rotatorenläsion oder Schultereckgelenksläsion.?

 

Darüberhinaus finden sich in diesem Karteiblatt Angaben zur Therapie (Felden und gelegentliche Kontrolle bei Beschwerden vorgesehen) sowie Röntgen.

 

Die Verletzungen des Berufungswerbers sind aus neurologischer Sicht nicht als so gravierend anzusehen, dass die Durchführung eines Alkomattestes als Kontraindikation betrachtet werden könnte.

 

Seitens des Berufungswerbers waren die Kriterien für die Diagnose einer Gehirnerschütterung nicht erfüllt. Ebenso wenig erfüllte der Berufungswerber nicht die Kriterien für eine isolierte Amnesie bzw einen posttraumatischen Dämmerzustand. Auch neuropsychologische Defizite lagen ab der ersten Aufforderung zur Durchführung eines Alkomattestes jedenfalls nicht mehr vor.

 

Diese Feststellungen gründen sich auf nachfolgende Beweiswürdigung:

 

Die Feststellungen betreffend den Ablauf am Unfallsort bzw am Geschehnisablauf an der Unfallchirurgie in Innsbruck stützen sich in erster Linie auf die glaubwürdigen Angaben von RI M. und RI U. in Verbindung mit der Verkehrsunfallsanzeige der Bundespolizeidirektion Innsbruck.

 

Beide Beamten hinterließen einen guten und glaubwürdigen Eindruck und ergaben sich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass sie eine Falschaussage abgelegt und den Berufungswerber wahrheitswidrig belastet hätten.

 

Die erwähnte Verkehrsunfallanzeige weist eine fast 5 Seiten umfassende Sachverhaltsschilderung auf, in der auch mehrere wörtliche Zitate des Berufungswerbers enthalten sind. Es ergaben sich keine Hinweise darauf, dass diese Zitate dem Berufungswerber zu Unrecht zugedacht worden wären.

 

BI M. und RI U. gaben übereinstimmend an, dass der Berufungswerber am Unfallsort in Richtung Notarzt bzw Rettung ?selbst gegangen ist?.

 

Die unfallsbedingten Verletzungen ergeben sich auf der Grundlage des Karteiblattes der Universitätsklinik für Unfallchirurgie (Seite 1) in Verbindung mit dem Konsiliarbefund-Bericht. Aus dem Karteiblatt ergibt sich dezidiert, dass beim Berufungswerber keine Bewusstlosigkeit eingetreten ist.

 

Auch aus dem Schreiben des Berufungswerbers vom 8.2.1999 an die Bundespolizeidirektion Innsbruck, in welchem er gegenüber dem Meldungsleger eine Stellungnahme zum Verkehrsunfall vom 5.1.1999 abgibt, ist kein Hinweis darauf zu entnehmen, dass auf Seiten des Berufungswerbers nach dem Unfall eine Bewusstlosigkeit vorgelegen wäre. Vielmehr heißt es in diesem Schreiben, dass der Berufungswerber angegurtet gewesen sei, da der Airbag nicht aufgegangen sei, mit der linken Seite und insbesondere mit seinem Kopf, stark gegen die linke Fahrzeugseite geschlagen habe und seien ihm, als er ausgestiegen sei, die Füße weggekippt.

 

Dass auf Seiten des Berufungswerbers Alkoholisierungssymptome vorgelegen sind, wurde von den Beamten BI M. und RI U. durchaus überzeugend geschildert. Der Berufungswerber räumte vor der Berufungsbehörde auch ein, dass er zum damaligen Zeitpunkt, da er Schnupftabak geschnupft habe, immer gerötete Bindehäute gehabt habe.

 

Auch wenn, was in der Anzeige festgehalten ist, Prof. Dr. D. geäußert haben mag, dass er in Bezug auf den Berufungswerber ?nicht den Eindruck einer Alkoholisierung habe?, so lassen die glaubwürdigen Angaben der Beamten M. und U. keine Zweifel dahingehend aufkommen, dass die in der Anzeige angeführten und im Zuge der Einvernahme wiedergegebenen Alkoholisierungssymptome auf Seiten des Berufungswerbers tatsächlich vorgelegen sind.

 

Die Feststellungen betreffend den Gesundheitszustand des Berufungswerbers aus neurologischer Sicht gründen sich auf die schlüssigen und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. med. Miklos Marosi. In diesem Gutachten, in welchem sich auch durchaus ausführliche wissenschaftliche Erläuterungen und Quellenhinweise finden, stellte der Gutachter überzeugend dar, dass eine Bewusstlosigkeit auf Seiten des Berufungswerbers ausgeschlossen werden könne, dies im Hinblick darauf, dass für das Zustandekommen einer Bewusstlosigkeit sehr hohe Kräfte gefordert werden, dies insbesondere bei einem seitlichen Anstoß, und dass in diesem Fall zumindest ein Hämatom am Schädel zu fordern sei, was jedoch gegenständlich nicht der Fall gewesen sei.

 

Der Sachverständige führte auch aus, dass man auf der Grundlage der Angaben des Berufungswerbers vom Vorliegen einer retrograden Amnesie ausgehen könnte, wobei er jedoch auf die Ausführungen in seinem schriftlichen Gutachten verwies. Demnach wurde der Zustand des Berufungswerbers auf der Unfallchirurgie als ?bewusstseinsklar, voll orientiert, weitgehend klare Erinnerung an den Unfall? beschrieben und hat der Berufungswerber daher nicht die Kriterien für eine isolierte Amnesie bzw einen posttraumatischen Dämmerzustand erfüllt.

 

Wenn der Sachverständige in seinen weiteren Ausführungen in der Berufungsverhandlung davon sprach, dass der Berufungswerber die letzte Aufforderung auf jeden Fall mitbekommen hätte müssen, so traf er diese Beurteilung auf der Grundlage der Angaben des Berufungswerbers (nämlich, dass er sich an Herrn D. sehr wohl erinnern kann). Auf der Grundlage des Befundes der Unfallchirurgie ist das Vorliegen einer retrograden Amnesie schon für den Zeitpunkt ab der Einlieferung in die Klinik zu verneinen.

 

Dr. med. Marosi legte auch dar, dass das vom Berufungswerber in der Berufungsverhandlung vorgelegte Schreiben des Prof. Dr. L. keine weiteren Aufschlüsse zum gegenständlichen Fall ergeben könne, da dieser Neurochirurg sei und im Übrigen dessen Attest mit seinen Feststellungen übereinstimme, nämlich dass es sich um ein Schleudertrauma gehandelt habe.

 

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich folgendes:

 

Gemäß § 99 Abs1 litb StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von S 16.000,-- bis S 80.000,-- , im Fall der Uneinbringlichkeit mit Arrest von 2 bis 6 Wochen, zu bestrafen, wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht.

 

Gemäß § 5 Abs2 StVO sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand

1)

ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder

2)

als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.

 

Der Berufungswerber hat, wie von den Polizeibeamten BI M. und RI U. in der Klinik festgestellt wurde, Alkoholisierungssymptome aufgewiesen und war daher durchaus der Verdacht berechtigt, dass der Berufungswerber zum Lenkzeitpunkt in einem alkoholbeeinträchtigtem Zustand unterwegs war.

 

Aufgrund dessen wurde der Berufungswerber zu Recht zur Durchführung eines Alkomattestes aufgefordert.

 

Eine Weigerung, die Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, liegt auch dann vor, wenn der Betreffende einer solchen an ihn gerichteten und von ihm auch verstandenen Aufforderung tatsächlich keine Folge leistet.

 

Wer einen Amtsraum, nachdem er aufgefordert worden ist, sich einem Alkotest zu unterziehen, ohne dieser Aufforderung nachgekommen zu sein, fluchtartig verlässt, erfüllt den Tatbestand der Weigerung nach § 99 Abs1 litb StVO (VwGH 27.3.1974, 361/73).

 

In gleicher Weise stellt sich das Verschwinden des Berufungswerbers im Bereich der Unfallambulanz als Verweigerung des Alkotestes dar.

 

Bei der dem Berufungswerber zur Last gelegten Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs1 zweiter Satz VStG, bei welchem schon das bloße Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder die Nichtbefolgung eines Gebotes Strafe nach sich zieht, falls der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihm die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne sein Verschulden unmöglich gewesen ist.

 

In diesem Sinne war es nicht Sache der Berufungsbehörde, die Zurechnungsfähigkeit des Berufungswerbers im Zeitpunkt zu beweisen, sondern vielmehr hätte der Berufungswerber, um straflos zu bleiben, seine Unzurechnungsfähigkeit im Sinne des § 3 VStG zumindest glaubhaft zu machen gehabt (vgl VwGH 5.6.1987, 87/18/0033).

 

Unter Bedachtnahme auf die Ausführungen des Sachverständigen Dr. med. Miklos Marosi ergeben sich keine ausreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Berufungswerber zum Zeitpunkt der an ihn ergangenen Aufforderungen, einen Alkotest zu absolvieren, unzurechnungsfähig gewesen wäre. Abgesehen von den Sachverständigenausführungen ergeben sich eindeutige Hinweise für das Vorliegen einer Zurechnungsfähigkeit auch aus dem Karteiblatt der Klinik für Unfallchirurgie Innsbruck, in welchem der Zustand des Berufungswerbers als ?bewusstseinsklar, voll orientiert, weitgehend klare Erinnerungen an den Unfall und keine Bewusstlosigkeit? beschrieben wird. Dazu kommt, dass der Berufungswerber in der Klinik ein zielgerichtetes Verhalten zeigte und (der Aussage des Zeugen M. folgend) etwa auch einen telefonischen Kontakt mit dem diensthabenden Offizier herstellte.

 

Ebensowenig ist es dem Berufungswerber gelungen, unter Verweis darauf, dass er ?speiben? gehen habe müssen, mangelndes Verschulden darzutun.

 

Zunächst ist festzuhalten, dass die diesbezügliche Verantwortung des Berufungswerbers von vorne herein nicht überzeugend ist. Schließlich gab er im Zuge seiner Einvernahme an, dass er es nicht mehr wisse, ob er zum Erbrechen aus dem Röntgenraum hinausgegangen sei oder nicht. Auch wisse er nicht, ob er nach dem Erbrechen noch mit Ärzten oder Schwestern Kontakt gehabt habe und er wisse auch nicht, ob er von einem Arzt aus der Klinik entlassen worden sei oder nochmals mit einem Arzt gesprochen habe. Ihm habe niemand gesagt, dass er da bleiben solle und sei er dann gegangen. Er sei nicht nach dem Röntgen, sondern erst später hinausgekommen (gemeint offensichtlich der Warteraum) und dann sei da niemand gewesen. Er wisse es nicht, wann er hinausgekommen sei. Ihn habe nur seine Gesundheit interessiert. Er wisse auch nicht, wie er nach Hause gekommen sei.

 

Gerade aufgrund der vom Berufungswerber geäußerten Besorgnis über seine Gesundheit hätte ihn veranlassen müssen, wenn er tatsächlich erbrochen hätte, den Kontakt mit dem Krankenhauspersonal herzustellen und dies mitzuteilen. Dies ist jedoch offensichtlich nicht erfolgt. Wäre dies nämlich erfolgt, wäre es naheliegend, dass dies dem Berufungswerber in Erinnerung geblieben wäre. Dass der Berufungswerber diesbezüglich aufgrund der Unfallfolgen eine Erinnerungslücke gehabt hätte, ist aufgrund der Ausführungen im Sachverständigengutachten auszuschließen.

 

Abgesehen davon gab der Berufungswerber in der Berufungsverhandlung in seiner letzten Äußerung an, dass es die Polizeibeamten unterlassen hätten, ihn in den Sanitärräumen zu suchen, während er zuvor in seiner Einvernahme nicht angeben konnte, wo er sich während des Erbrechens aufgehalten hat.

 

Die Glaubwürdigkeit des Berufungswerbers in Bezug auf die Geschehnisse nach der letzten Aufforderung, den Alkotest durchzuführen, leidet auch darunter, dass er einerseits über das Gespräch mit Prof. Dr. D. und mit seiner Sekretärin relativ genaue Auskunft geben konnte, während er in Bezug auf den Geschehnisablauf nach der letzten Alkotestaufforderung nur vage Angaben machen konnte.

 

Aufgrund dessen ergeben sich erhebliche Bedenken in Bezug auf die Version des Berufungswerbers, dass er nach dem Betreten des Röntgenraumes 3 erbrechen habe müssen. Selbst dann, wenn der Berufungswerber tatsächlich erbrechen hätte müssen, wäre es ihm offen gestanden, den Polizisten eine Information darüber zukommen zu lassen, dass er der Aufforderung der Durchführung des Alkomattestes nicht unverzüglich nachkommen könne. Immerhin befanden sich die Polizisten unmittelbar vor dem Röntgenraum und überdies erfolgt die Anfertigung von Röntgenaufnahmen unter Heranziehung von Klinikpersonal, sodass der Berufungswerber zumindest eine Weitergabe einer Information an die Polizisten hätte veranlassen können. Auch wurden vom Berufungswerber keinerlei Versuche unternommen, nach dem Verlassen des Röntgenraumes von sich aus den Kontakt mit den Polizisten zu suchen, dies im Hinblick darauf, da er sich im Klaren darüber sein musste, dass diese ihn mehrfach zur Durchführung des Alkomattestes verpflichtet hatten und auch eine faktische Nichtdurchführung des Testes ein strafbares Verhalten darstellen würde.

 

Die Frage, inwieweit das Ausspülen des Mundes mit einer Flüssigkeit für sich allein betrachtet eine Verweigerung zur Durchführung des Alkomattestes darstellt, kann dahingestellt bleiben, zumal der wesentliche Aspekt des angelasteten strafbaren Verhaltens im Verlassen des Bereiches der Unfallambulanz gelegen ist.

 

Die Nichtbeachtung der schriftlichen Rechtfertigung des Berufungswerbers vom 6.4.1999 mag als Verfahrensfehler der Erstbehörde angesehen werden, welche jedoch im Zuge der Durchführung des Berufungsverfahrens geheilt wurde.

 

Insgesamt ergab sich jedenfalls, dass der Berufungswerber den unter Spruchpunkt 4) des angefochtenen Straferkenntnisses angelasteten Sachverhalt gesetzt hat und ihm diesbezüglich auch Verschulden anzulasten ist. Er hat daher eine Übertretung nach § 99 Abs1 litb StVO iVm § 5 Abs2 StVO begangen.

 

In Bezug auf die Strafhöhe ist festzuhalten, dass der Unrechtsgehalt der angelasteten Übertretung erheblich ist. Schließlich geht es hiebei um eine Maßnahme im Zusammenhang mit der Vermeidung von Gefahren durch alkoholbeeinträchtigte Fahrzeuglenker.

 

In subjektiver Hinsicht ist von vorsätzlichem Verhalten auszugehen. Der Berufungswerber musste sich im Klaren darüber sein, dass er, wenn er sich aus dem Bereich des Röntgenraumes Nr 3 entfernt, ohne dass dies von den Polizisten wahrgenommen werden kann, ein strafbares Verhalten setzt.

 

Mildernd war nichts, erschwerend fiel die vorsätzliche Begehungsweise ins Gewicht. In Bezug auf die Einkommens- und Vermögensverhältnisse machte der Berufungswerber keine näheren Angaben. Er verwies auf die (nicht vorgelegten) Steuerbescheide. Die Einkommens- und Vermögensverhältnisse werden seitens der Berufungsbehörde als zumindest durchschnittlich eingeschätzt. Der Berufungswerber hat Sorgepflichten gegenüber einer Frau und zwei Kindern.

 

Die von der Erstbehörde festgesetzte Geldstrafe ist im untersten Bereich des Strafrahmens angesetzt und erscheint nicht als unangemessen hoch.

 

Der Berufung blieb daher in diesem Punkt ein Erfolg versagt.

 

Die Festsetzung eines Verfahrenskostenbeitrages gründet sich auf § 64 Abs1 und Abs2 VStG. Die Auferlegung der Kosten des Sachverständigengutachtens stützt sich auf § 64 Abs3 VStG. Demnach ist, wenn im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens Barauslagen erwachsen (§ 76 AVG), dem Bestraften der Ersatz dieser Auslagen aufzuerlegen, sofern sie nicht durch Verschulden einer anderen Person verursacht sind; der hienach zu ersetzende Betrag ist, wenn tunlich, im Erkenntnis (der Strafverfügung), sonst durch besonderen Bescheid ziffernmäßig festzusetzen.

 

Da zum Zeitpunkt der Verkündung des Berufungserkenntnisses die Höhe der Kosten des Sachverständigengutachtens noch nicht festgestanden sind, war die Verpflichtung, diese Kosten zu tragen, dem Grunde nach auszusprechen und die Höhe einer gesonderten Bescheiderlassung vorzubehalten.

 

Gemäß § 52a Abs1 VStG können von Amts wegen der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegende Bescheide, durch die das Gesetz zum Nachteil des Bestraften offenkundig verletzt worden ist, sowohl von der Behörde als auch in Ausübung des Aufsichtsrechtes von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde aufgehoben oder abgeändert werden. § 68 Abs7 AVG gilt sinngemäß.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen (vgl Erkenntnis vom 31.03.2000, Zl 99/02/0101), dass es das Recht und auch die Pflicht der Berufungsbehörde ist, den fehlerhaften Spruch eines erstinstanzlichen Straferkenntnisses richtig zu stellen und einer bloßen Spezifizierung der Tatumstände - so auch eine relativ geringfügige Berichtigung der Tatzeit - nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist der § 31 Abs1 VStG nicht entgegensteht.

 

Im gegenständlichen Fall findet sich im erstinstanzlichen Schuldspruch die Zeitangabe 21.30 Uhr. Die nunmehr vorgenommene Präzisierung der Tatzeit stellt lediglich eine geringfügige Spezifizierung der Tatumstände dar und war die Berufungsbehörde dazu berechtigt und verpflichtet.

 

Ungenauigkeiten bei der Konkretisierung der Tat in Ansehung von Zeit und Ort in der Verfolgungshandlung haben dann keinen Einfluss auf die Rechtmäßigkeit eines Strafbescheides, wenn dadurch keine Beeinträchtigung der Verteidigungsrechte des Beschuldigten und keine Gefahr der Doppelbestrafung bewirkt wird. Im gegenständlichen Fall war das Tatverhalten durch die Erstbehörde hinreichend klar umschrieben und war damit auch für den Berufungswerber erkennbar, welche Tat ihm von der Behörde in diesem Zusammenhang angelastet wird. Es ist daher auch nicht ersichtlich, dass der Berufungswerber in seinen Verteidigungsrechten beeinträchtigt oder der Gefahr einer Doppelbestrafung ausgesetzt gewesen wäre.

 

Somit war die Berufungsbehörde jedenfalls zur Abänderung im Sinne einer Präzisierung der Tatzeit berechtigt.

 

Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Schlagworte
Verschwinden, Unfallambulanz, Verweigerung, Zurechnungsfähigkeit
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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