TE UVS Salzburg 2000/06/29 7/11084/2-2000th

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Veröffentlicht am 29.06.2000
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg erlässt durch das Einzelmitglied Mag. Thomas Thaller über die Berufung von Herrn G, vertreten durch die Rechtsanwälte R und T in F, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Hallein vom 27.3.2000, Zahl 6/369-11603-1999, folgendes Erkenntnis:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG wird der Berufung keine Folge gegeben und der Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses vollinhaltlich bestätigt.

Gemäß § 64 Abs 1 u. 2 VStG hat der Beschuldigte außer dem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von ATS 500,-- (entspricht ? 36,34) zu leisten.

Text

Begründung:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma G Münzhandlung Dieter G GmbH mit Sitz in D-M, und somit als gemäß § 9 (1) VStG zur Vertretung nach außen Berufener der Zulassungsbesitzerin G Münzhandlung Dieter G GmbH des mehrspuriges Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen M-RS 5600 (D) zu verantworten, dass diese auf schriftliches Verlangen der Bezirkshauptmannschaft Hallein vom 29.9.1999, zugestellt am 11.10.1999, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung keine Auskunft darüber erteilt, wer das Kraftfahrzeug am 22.8.1999 um 11:16 Uhr im Gemeindegebiet von Oberalm auf der A 10 Tauernautobahn bei Strkm 14,1 in Fahrtrichtung Hallein gelenkt habe.

 

Er habe dadurch § 103 Abs 2 KFG verletzt und wurde deswegen über ihn gemäß § 134 Abs 1 KFG eine Geldstrafe in Höhe von ATS 2.500,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden) verhängt.

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte durch seine Rechtsvertreter fristgerecht eine Berufung eingebracht. Er bringt darin im Wesentlichen vor, dass die Lenkeranfrage vom 29.9. 1999 nach der jüngsten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unzulässig sei und keine Verpflichtung auslöse, die verlangte Auskunft zu erteilen. Abgesehen davon sei es im vorliegenden Fall schlichtweg unmöglich mitzuteilen, wer das Fahrzeug gelenkt habe, da der Fahrer auf dem von rechts hinten geschossenen Foto nicht erkennbar sei. Es handle sich um ein Firmenfahrzeug und bestehe in Deutschland keine generelle Pflicht zur Führung eines Fahrtbuches. Da das Fahrzeug von vielen Mitarbeitern der Firma gesteuert werde, scheide eine Feststellung des Fahrers zum fraglichen Zeitpunkt von vornherein aus.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg hat hiezu gemäß § 51c VStG durch ein Einzelmitglied erwogen:

 

Aus dem vorliegenden Verwaltungsstrafakt ergibt sich, dass das gegenständliche Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen M-RS5600 (D), welches auf die G Münzhandlung Dieter G GmbH  zugelassen ist, am 22.8.1999 um 11:16 Uhr auf der A 10 Tauernautobahn bei Strkm 14,1 in Fahrtrichtung Hallein, mit einer Geschwindigkeit von 170 km/h mittels geeichtem Verkehrsradargerät gemessen wurde. Nach erfolgter Halterermittlung erging von der Bezirkshauptmannschaft Hallein am 29.9.1999 eine Lenkeranfrage an die Zulassungsbesitzerin, welche folgenden Wortlaut aufwies:

 

?Sehr geehrter Zulassungsbesitzer!

 

Sie werden als Zulassungsbesitzer des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen M-RS5600 aufgefordert, uns innerhalb von 2 Wochen nach Zustellung dieses Schreibens auf dem beiliegenden Formular Auskunft darüber zu erteilen, wer dieses Fahrzeug am 22.8.1999 um 11:16 Uhr in/im Gemeindegebiet von Oberalm,  A 10 Tauernautobahn Strkm 14,1, Fahrtrichtung Hallein (Übertretung: Geschwindigkeitsübertretung) gelenkt, verwendet oder zuletzt dort abgestellt hat.

 

Sollte Ihnen dies nicht möglich sein, geben Sie bitte jene Person bekannt, welche die gewünschte Auskunft erteilen kann. Diese trifft dann die Auskunftspflicht.

 

Langt keine fristgerechte oder eine unvollständige oder unrichtige Auskunft ein, so muß gegen Sie ein Strafverfahren wegen Verletzung der Auskunftspflicht eingeleitet werden.

 

Rechtsgrundlage: § 103 Abs. 2 des Kraftfahrgesetzes 1967?

 

Diese Lenkeranfrage, welche laut im Akt aufliegenden internationalen Rückschein der Zulassungsbesitzerin am 11.10.1999 zugestellt worden ist, wurde unbestritten nicht beantwortet. Daraufhin hat die Bezirkshauptmannschaft Hallein gegen den Beschuldigten als handelsrechtlichen Geschäftsführer der Zulassungsbesitzerin das vorliegende Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet, welches erstinstanzlich mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 27.3.2000 abgeschlossen wurde.

 

Gemäß § 103 Abs 2 KFG kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder eine nach den Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt und an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Die Auskünfte welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer ? im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung ? zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

Im vorliegenden Fall hat der Beschuldigte als Zulassungsbesitzer (Fahrzeughalter) des gegenständlichen Kraftfahrzeuges auf die behördliche Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe keinen Lenker und auch keine Auskunftsperson benannt. Er rechtfertigt sich im Wesentlichen damit, dass die vorliegende Lenkeranfrage nach einer jüngsten VwGH - Judikatur unzulässig und daher eine Bestrafung wegen der Nichterteilung rechtswidrig sei.

 

Damit kann er im vorliegenden Fall für seinen Standpunkt nichts gewinnen. Der Verwaltungsgerichthof hat in dem vom Beschuldigtenvertreter zitierten Erkenntnis vom 15.9.1999, 99/03/0090, ausgeführt:

 

?Lautet der Text einer Anfrage gemäß § 103 Abs 2 KFG dahin mitzuteilen, WER DAS OBEN BEZEICHNETE FAHRZEUG AM...UM...AUF DER...GELENKT UND DIE HÖCHSTZULÄSSIGE GESCHWINDIGKEIT UM 26 KM/H ÜBERSCHRITTEN HAT, so ist die Frage unlösbar mit dem Tatvorwurf verbunden, dass dieser Lenker die höchstzulässige Geschwindigkeit um 26 km/h überschritten habe; eine Beantwortung der Frage, wer das Fahrzeug gelenkt habe, ist also notwendig damit verbunden, dass nach Auffassung des Befragten diesen Lenker dieser Tatvorwurf treffe. Da eine Ermächtigung für eine derartige Fragestellung, ob nämlich (im Ergebnis) eine bestimmte Person ein bestimmter Tatvorwurf treffe, im Gesetz nicht vorgesehen ist, führt dies zur Gesetzwidrigkeit der Anfrage und damit zum Wegfall der Verpflichtung, die verlangte Auskunft zu erteilen (Hinweis E 9.12.1981, 81/03/0191).?

 

Im vorliegenden Fall lag der Lenkeranfrage somit ein anderer Text als im angeführten VwGH - Erkenntnis zu Grunde. Die Frage nach dem Lenker wurde im Gegensatz zum Sachverhalt des zitierten Erkenntnisses vorliegend nicht mit einem konkreten Tatvorwurf einer Geschwindigkeitsüberschreitung junktimiert. Der im Text der gegenständlichen Anfrage zusätzlich angeführte Ausdruck ?(Übertretung: Geschwindigkeitsübertretung)? ist bei objektiver Betrachtung nur als allgemeiner Hinweis auf den Grund der Lenkeranfrage - nämlich eine festgestellte Geschwindigkeitsüberschreitung - zu deuten, zumal der Ausdruck nicht durch eine anreihende Konjunktion mit der Frage nach dem Lenker verbunden, sondern in Klammer als erklärender Zusatz angeführt ist (siehe DUDEN, Die deutsche Rechtschreibung, 21. Aufl., Seite 41,  R 61 der Richtlinien zur Rechtschreibung, Zeichensetzung und Formenlehre in alphabetischer Reihenfolge). Die zusätzliche Angabe des Anfragegrundes wäre zwar gemäß § 103 Abs 2 KFG entbehrlich gewesen, begründet aber keine Rechtswidrigkeit der sonst dem Gesetz entsprechenden Lenkeranfrage.

 

Auch das weitere Vorbringen, wonach es sich gegenständlich um ein Firmenfahrzeug handle, das von vielen Mitarbeitern gesteuert werde, sodass eine Feststellung des Fahrers von vornherein nicht möglich sei, ist in Hinblick auf die in § 103 Abs 2 vorletzter Satz KFG normierte Pflicht, gegebenenfalls Aufzeichnungen zu führen, nicht geeignet die Nichterteilung der Auskunft zu entschuldigen. Gerade bei Firmenfahrzeugen, die vielen unterschiedlichen  Personen überlassen werden, sind Aufzeichnungen über die Fahrzeugüberlassung erforderlich.

 

Das Rechtfertigungsvorbringen des Beschuldigten geht somit ins Leere und wird die vorgeworfene Übertretung der Nichterteilung der geforderten Lenkerauskunft als erwiesen angenommen.

 

Zur Strafbemessung ist folgendes festzuhalten:

 

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Nach Abs 2 dieser Norm sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen und ist auf das Ausmaß des Verschuldens besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden und die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 134 Abs 1 KFG ist für die vorliegende Übertretung die Verhängung einer Geldstrafe bis zu ATS 30.000,-- möglich. Durch das Verhalten des Beschuldigten wurde die Ahndung einer nicht mehr unbeträchtlichen Geschwindigkeitsüberschreitung auf der Autobahn vereitelt, was einen nicht bloß unbedeutenden Unrechtsgehalt darstellt.

 

Bei der subjektiven Strafbemessung ist als mildernd die bisherige Unbescholtenheit des Beschuldigten in Österreich zu werten. Seine Einkommenssituation wird in Anbetracht seiner Tätigkeit als Geschäftsführer jedenfalls als durchschnittlich angenommen.

 

Insgesamt erweist sich die mit ATS 2.500,-- ohnedies noch im untersten Bereich des Strafrahmens verhängte Geldstrafe bei Berücksichtigung der erwähnten Strafbemessungskritierien nicht unangemessen. Gegen eine Strafherabsetzung sprechen vor allem auch spezialpräventive Erwägungen, um den Beschuldigten in Hinkunft von gleichgelagerten Übertretungen abzuhalten. Die Berufung war daher abzuweisen.

Schlagworte
§ 103 Abs 2 KFG; Die zusätzliche Angabe des Anfragegrundes ?(Übertretung: Geschwindigkeitsübertretung)? wäre zwar gemäß entbehrlich gewesen, begründet aber keine Rechtswidrigkeit der sonst dem Gesetz entsprechenden Lenkeranfrage.
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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