Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Michael Herrmann über die Berufung der Frau A V, wohnhaft in, G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 2.12.1999, GZ.:
15.1 1999/7928, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.
Mit dem im Spruch genannten Straferkenntnis wurde der Berufungswerberin zur Last gelegt, sie habe am 24.6.1999, um
17.20 Uhr, in Fernitz, auf der Gnaninger Gemeindestraße Richtung Hühnerberg als Lenkerin des Personenkraftwagens mit dem Kennzeichen G bei Gegenverkehr den rechten Fahrbahnrand nicht eingehalten.
Hiedurch habe sie eine Verletzung der Rechtsvorschrift des § 7 Abs 2 StVO begangen und wurde gemäß § 21 Abs 1 VStG eine Ermahnung erteilt.
In ihrer fristgerechten Berufung vom 14.12.1999 bestritt die Berufungswerberin die ihr zur Last gelegte Verwaltungsübertretung.
Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark stellt hiezu Nachfolgendes fest:
Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben.
Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat am 3.7.2000 eine öffentliche, mündliche Verhandlung in Anwesenheit der Berufungswerberin und des Zeugen A K durchgeführt. Aufgrund dieser Verhandlung und des Inhaltes der Verwaltungsakten wurde folgender Sachverhalt festgestellt:
In Entsprechung der Ausführungen der Berufungswerberin hat diese am 24.6.1999, um 17.20 Uhr, als Lenkerin des Personenkraftwagens mit dem Kennzeichen G die Gnaninger Gemeindestraße von Gnaning kommend in Richtung Hühnerberg befahren und ist sodann über Hausmannstätten nach Graz weitergefahren. Die Berufungswerberin hat die Gnaninger Gemeindestraße über eine Strecke von ca. 3 km befahren, wobei ihr nicht erinnerlich war, dass sie trotz Gegenverkehr den rechten Fahrbahnrand nicht eingehalten habe.
Der Zeuge A K führte aus, dass er damals mit seinem Personenkraftwagen der Marke Volvo am Hühnerberg auf die Gnaninger Gemeindestraße abgebogen ist und diese Richtung Gnaning weiter befuhr. Ca. 400 m nach der Abzweigung ist dem Zeugen in einer Kurve ein Personenkraftwagen
entgegengekommen, welcher sich zur Gänze auf der Fahrbahnhälfte des Zeugen befunden hat. Infolge verriss der Zeuge sein Fahrzeug nach rechts bzw bremste dieses stark ab und kam am Fahrbahnrand im Wald zum Stehen. Die Straße verläuft im gegenständlichen Bereich sehr kurvenreich und konnte der Zeuge K das Fahrzeug der Berufungswerberin erstmals aus einer Entfernung von ca. 15 m sehen. Das Kennzeichen des Fahrzeuges der Berufungswerberin konnte der Zeuge insofern eruieren, als er nach dem Vorfall der Berufungswerberin nachgefahren ist und es ihm möglich war, das Fahrzeug der Berufungswerberin einzuholen und das Kennzeichen abzulesen. Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Aus § 44a VStG ergibt sich somit ua. das gesetzliche Erfordernis, die dem Beschuldigten angelasteten Verwaltungsübertretungen bereits im Spruch des Straferkenntnisses bezüglich aller maßgebenden Tatbestandelemente so zu konkretisieren, dass über Art, Zeit und Ort der Tat die der Bestrafung zu Grunde liegt, kein Zweifel bestehen kann. Insbesondere sollte der Berufungswerber dem Spruch entnehmen können, wie er sich verhalten hätte sollen bzw was zu unterlassen gewesen wäre. Im gegenständlichen Fall ist hinsichtlich der Tatörtlichkeit auszuführen, dass der Berufungswerberin zur Last gelegt wurde, sie habe in Fernitz auf der Gnaninger Gemeindestraße Richtung Hühnerberg bei Gegenverkehr den rechten Fahrbahnrand nicht eingehalten. Laut Ausführungen der Berufungswerberin hat diese die Gnaninger Gemeindestraße über eine Strecke von 3 km befahren. Der Zeuge K wiederum gab an, dass sich der gegenständliche Vorfall ca. 400 m nach der Abzweigung am Hühnerberg auf der Gnaninger Gemeindestraße in Richtung Gnaning vor bzw zu Beginn einer Rechtskurve in seiner Fahrtrichtung gesehen abgespielt hat. Das Fahrzeug der Berufungswerberin hat er erstmals aus einer Entfernung von 15 m gesehen, als dieses aus einer Kurve kommend ihm auf seiner Fahrbahnseite entgegenkam.
Diesbezüglich sei ergänzend erwähnt, dass als Tatörtlichkeit in der Anzeige des Gendarmeriepostens Hausmannstätten vom 28.6.1999 eine Kreuzung im Bereich des Krenngrabens aufscheint bzw in der Niederschrift bei der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 5.10.1999, aufgenommen mit dem Zeugen K, die Kreuzung im Bereich Hühnerberg genannt ist.
Seitens der entscheidenden Behörde ist nunmehr festzuhalten, dass der Berufungswerberin nicht erwiesen werden kann, dass sei während der gesamten Fahrt auf der Gnaninger Gemeindestraße - wie im Straferkenntnis ausgeführt - bei Gegenverkehr den rechten Fahrbahnrand nicht eingehalten hat. Auch ein anderer Grund, weshalb sie den rechten Fahrbahnrand nicht eingehalten haben sollte, wurde der Berufungswerberin nicht vorgeworfen. Offensichtlich ist der Berufungswerberin damals nur das Fahrzeug des Zeugen K entgegengekommen. Dass die Berufungswerberin in einer unübersichtlichen Kurve den rechten Fahrbahnrand nicht eingehalten habe, wurde dieser nicht zur Last gelegt. Auch besteht keine Übereinstimmung hinsichtlich der Tatörtlichkeit laut Niederschrift vom 5.10.1999 mit den Ausführungen des Zeugen K in der Verhandlung am 3.7.2000 bzw der Anzeige des Gendarmeriepostens Hausmannstätten. Da die mangelhafte Tatortumschreibung im Zusammenhang mit dem im Spruch des angefochtenen Bescheides erhobenen Tatvorwurfes somit nicht den angeführten gesetzlichen Erfordernissen des § 44a Z 1 VStG entspricht, war im Hinblick darauf, dass eine Sanierung dieses Mangels durch die erkennende Behörde aufgrund der Bestimmungen der §§ 31 und 32 VStG nicht mehr möglich ist, das Strafverfahren zufolge Vorliegens von Umständen, die die Verfolgung ausschließen, gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG einzustellen.