Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Reingard Steiner über die Berufung des Herrn F B, vertreten durch Dr. G K, Rechtsanwalt in G, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 22.6.1999, GZ.: III/S-33.373/98, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von S 300,-- (EUR 21,80) binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.
Mit dem im Spruch näher bezeichneten Straferkenntnis wurde Herrn F B zur Last gelegt, eine Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs 1 Straßenverkehrsordnung 1960 (im Folgenden StVO) dadurch begangen zu haben, dass er am 31.8.1998, um ca. 17.00 Uhr, in Graz, Reininghausstraße, ca 10 bis 15 m südöstlich der Zufahrt zum Areal des ÖAMTC - Reininghausstraße Nr. 80, als Lenker des PKWs die Fahrgeschwindigkeit nicht den gegebenen Umständen, insbesondere den Straßen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen angepasst habe, da er auf den vor ihm angehaltenen Kombi aufgefahren sei.
Hiefür wurde gemäß § 99 Abs 3 lit a leg. cit. eine Geldstrafe von S 1.500,--, im Uneinbringlichkeitsfall 2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung vom 14.7.1999 mit der wesentlichen Begründung, dass das Verfahren mangelhaft gewesen sei, da die Beweisanträge des Berufungswerbers unberücksichtigt geblieben seien. Der Berufungswerber habe seine Fahrgeschwindigkeit den gegebenen Umständen angepasst gehabt und einen ausreichenden Tiefenabstand eingehalten, sei aber durch den LKW erschreckt worden. Auch würden sich die von der Zeugin K getätigten Angaben technisch nicht mit den Zeit-Weg-Relationen in Einklang bringen lassen. Beantragt wurde die Anberaumung eines Ortsaugenscheines unter Beiziehung eines KFZ-technischen Sachverständigen, die Behebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens.
Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark ist bei seiner Entscheidung nach der am 11.7.2000 unter Beiziehung des KFZ-technischen Sachverständigen Dr. H S in Anwesenheit des Berufungswerbers durchgeführten Ortsaugenscheinsverhandlung von nachstehender Sach- und Rechtslage ausgegangen:
Der KFZ-technische Sachverständige hielt in seinem Befund hinsichtlich der Straßen-, Verkehrs- und Sichtverhältnisse im Unfallsbereich Folgendes fest:
Als Bezugslinie (im Folgenden Bl) wird eine Normale zur Reininghausstraße auf Höhe des nordöstlichen Randes der Einfahrt festgelegt.
Im Bereich der Unfallstelle verläuft die Reininghausstraße von Südwesten in Richtung Nordosten, und zwar annähernd geradlinig.
Die beiden beteiligten Fahrzeuge fuhren in Fahrtrichtung Südwesten.
Die Straße ist im Bereich der Unfallstelle auf einer Breite von 13 m mit einer Asphaltdecke befestigt. Auf ihr sind zwei Fahrstreifen markiert, die durch eine Leitlinie, die sich annähernd in Fahrbahnmitte befindet, voneinander getrennt sind.
Sowohl am nördlichen als auch am südlichen Fahrbahnrand der Reininghausstraße sind Parkstreifen vorhanden, die sind so ausgeführt sind, dass die Fahrzeuge annähernd fahrbahnparallel stehen.
Im Bereich unmittelbar südwestlich der Bl befindet sich die Zufahrt zum ÖAMTC.
Diese Zufahrt selbst ist auf einer Breite von 6,0 m mit einer Asphaltdecke befestigt. Der Abstand der Zufahrt vom Fahrbahnrand der Reininghausstraße beträgt ca. 1,5 m. Bei diesem 1,5 m breiten Streifen handelt es sich um einen erhöhten Gehsteig, der im Bereich der Einfahrt abgesenkt ist. Im gesamten Bereich verläuft die Reininghausstraße annähernd eben. Zum Zeitpunkt des Vorfalles war die Fahrbahn trocken. Hinsichtlich der Sichtverhältnisse kann auch angegeben werden, dass die Sichtweite auf die Unfallstelle in Fahrtrichtung Südwesten gesehen mehr als 150 m beträgt.
Auf Grund der Schilderung des Berufungswerbers bei seiner Parteieneinvernahme im Zusammenhalt mit den Aussagen der unfallbeteiligten Zeugen I K und K S wird unter Zugrundelegung des KFZ-technischen Gutachtens folgender Sachverhalt festgestellt:
Am 31.8.1998, gegen 17.00 Uhr befuhr der Berufungswerber mit einem PKW die Reininghausstraße in südwestliche Richtung. Er hielt eine Geschwindigkeit von 40 bis 50 km/h ein. Es herrschte aufgelockerter Kolonnenverkehr. Bei dem vom Berufungswerber gelenkten Fahrzeug handelt es sich um einen Kombi Fiat Ulysee. Das Fahrzeug war zur fraglichen Zeit mit zwei Personen, dem Berufungswerber als Lenker und dem Zeugen K S als Beifahrer, besetzt.
Zur fraglichen Zeit fuhr auch die Zeugin I K auf der Reininghausstraße in südwestliche Richtung, sie war allein im Fahrzeug und befand sich in der vor dem Berufungswerber fahrenden Kolonne. Bei ihrem Fahrzeug handelte es sich um einen Kombi Hyundai Accent. Im Bereich der südlichen Zufahrt zum ÖAMTC bemerkte die Zeugin, dass die vor ihr fahrenden Fahrzeuge zum Stillstand gelangten. Sie brachte ihr Fahrzeug, dessen Fahrgeschwindigkeit zu diesem Zeitpunkt ca. 35 km/h betrug, mit einer mittelstarken Betriebsbremsung etwa 50 bis 60 m nach der Bl zum Stillstand. Vom Bremsbeginn bis zum Stillstand legte das Fahrzeug in dem hiefür benötigten Zeitraum von 3,1 Sekunden 15 m zurück. Zu Bremsbeginn betrug der Tiefenabstand gegenüber dem Berufungswerberfahrzeug ca. 17 m.
Der Berufungswerber bemerkte etwa 10 m nordöstlich der südlichen Firmenzu- bzw. ausfahrt des ÖAMTC einen LKW, welcher diese in Richtung Reininghausstraße befuhr. Auf Grund der Wahrnehmung, dass der LKW sich mit unverminderter Geschwindigkeit der Ausfahrt näherte, nahm der Berufungswerber an, dass dieser in die Fahrbahn einfahren würde und konzentrierte sich daher zur Gänze auf den LKW. Als der Berufungswerber wieder geradeaus blickte, sah er die Bremslichter des vor ihm fahrenden Fahrzeuges der Zeugin K leuchten, bremste und konnte seine ursprüngliche Geschwindigkeit von ca. 45 km/h noch auf ca. 20 km/h verringern. Es gelang ihm jedoch nicht eine Kollision mit dem Fahrzeug der Zeugin K zu verhindern. Die Bremsreaktion erfolgte ca. 1,8 Sekunden und ca. 19,6 m vor der Kollision mit dem Fahrzeug der Zeugin K, welches sich zu diesem Zeitpunkt bereits mindestens eine Sekunde im Stillstand befunden hatte. Die Reaktionszeit des Berufungswerbers, das heißt die Zeit die der Berufungswerber benötigte, um auf das Leuchten der Bremslichter am Fahrzeug K mit der Einleitung eines Bremsmanövers zu reagieren - hat nach Berechnung des KFZ-technischen Sachverständigen 2,3 sec betragen.
Zu den Unfallsschäden an den beiden Fahrzeugen:
Das vom Berufungswerber gelenkte Fahrzeug wurde im Frontbereich, insbesondere an Stoßstange und Kühlergrill beschädigt, wobei die Schäden entsprechend dem in geradliniger Ausrichtung und mit voller Überdeckung der Fahrzeuge erfolgten Aufprall symmetrisch vorlagen. Der PKW der Zeugin K wurde im Bereich der hinteren Stoßstange geringfügig beschädigt. Der festgestellte Sachverhalt gründet sich einerseits auf die glaubwürdigen und nachvollziehbaren Schilderungen der beiden Zeugen K und S, die ihre Wahrnehmungen nachvollziehbar geschildert haben, sowie auf die Verantwortung des Berufungswerbers. Andererseits stützen sich die getroffenen Feststellungen auf die gutachtlichen Ausführungen des KFZtechnischen Sachverständigen, DI Dr. H S, die schlüssig sind und mit entsprechenden Berechnungen belegt wurden.
Zur Verantwortung des Berufungswerbers, sein Fahrzeug nach links verlenkt zu haben und somit noch an dem in die Fahrbahn einfahrenden LKW vorbeigekommen zu sein, ist auf Grund der auch dazu schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen im Gutachten festzuhalten:
Die beiden Fahrzeuge sind annähernd fluchtend gegeneinander gestoßen. Dies ergibt sich aus dem vom Zeugen S glaubwürdig geschilderten Schadensbild, wonach die Schäden sehr symmetrisch waren. Eine Winkelstellung zwischen den beiden Fahrzeugen wäre daher aus technischer Sicht nicht nachvollziehbar, weshalb ein Verreißen des Fahrzeuges durch den Berufungswerber nach links oder ein stärkeres Auslenkmanöver nicht anzunehmen ist. Beim festgestellten symmetrischen Schaden an dem vom Berufungswerber gelenkten Fahrzeug wäre lediglich ein Auslenkmanöver bis zu maximal einem halben Meter aus technischer Sicht möglich. Daraus ergibt sich wiederum, dass auch unter Annahme dieses aus technischer Sicht möglichen, relativ geringen Auslenkmanövers, welches jedenfalls ausreichte, um am herausfahrenden LKW vorbeizukommen, durch diesen allenfalls herausfahrenden LKW keine derartige Sichtbehinderung vorgelegen wäre, welche eine Sicht auf das Heck des Fahrzeuges der Zeugin K verdeckt bzw. verhindert hätte. Eine Sicht auf das Heck dieses Fahrzeuges war somit während der gesamten Annäherung, somit auch während eines allenfalls durchgeführten Auslenkmanövers für den Berufungswerber gegeben gewesen. Im Übrigen hat der Zeuge S, der sich als Beifahrer im Fahrzeug des Berufungswerbers befunden hat, ausgesagt, der Berufungswerber habe seine Fahrlinie auf Grund des LKWs nicht verändern müssen und seien sie ohne ein Auslenkmanöver geradeaus an diesem LKW vorbeigefahren, wobei er jedoch einschränkte, sich nicht mehr so genau daran erinnern zu können, ein merkbares Auslenkmanöver sei ihm jedoch aufgefallen und würde er sich daran noch erinnern. Die Feststellung, dass der Berufungswerber auf ein stehendes Fahrzeug aufgefahren ist, ergibt sich aus den Aussagen der Zeugen K und S im Zusammenhalt mit dem Sachverständigengutachten. Auch der Berufungswerber hat in seiner Niederschrift vom 2.9.1998 im erstinstanzlichen Verfahren gleichlautende Angaben gemacht und in der Berufungsverhandlung diese Wahrnehmung lediglich dahingehend noch ausgeführt, dass er die Bremslichter des vorausfahrenden Fahrzeuges gesehen habe, was für ihn gleichbedeutend mit Stillstand gewesen sei.
In rechtlicher Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes ist Folgendes auszuführen:
Gemäß § 20 Abs 1 StVO ist die Fahrgeschwindigkeit den gegebenen oder durch Straßenverkehrszeichen angekündigten Umständen, insbesondere den Straßen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen sowie den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen. Hiebei ist auf die konkreten Umstände abzustellen.
Nach ständiger Rechtsprechung geht die erste Verpflichtung jedes Kraftfahrers dahin, während der Fahrt die vor ihm liegende Fahrbahn in ihrer gesamten Breite, einschließlich der beiden Fahrbahnränder im Auge zu behalten (OGH 26.11.1963, ZVR 1964/97; OGH 24.11.1966, ZVR 1967/208).
Dieser Verpflichtung ist der Berufungswerber insoferne nachgekommen, als er den auf der Ausfahrt des ÖAMTC sich der Reininghausstraße nähernden LKW beobachtete. Das Verkehrsgeschehen auf der vor ihm liegenden Fahrbahn hat er - wie aus dem unbestrittenen Sachverhalt hervorgeht - dabei zwischenzeitig jedoch nicht beachtet.
Hinsichtlich der Rechtfertigung des Berufungswerbers, er habe, als er den LKW bemerkte, sich zu sehr auf diesen konzentriert und dabei übersehen, dass die Kolonne vor ihm sich bereits im Stillstand befand, ist rechtlicherseits noch festzuhalten:
Nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung stehen bei der Teilnahme am Straßenverkehr Aufmerksamkeit, Geschwindigkeit und Sichtverhältnisse in einem derart untrennbaren Zusammenhang, dass nur das richtige Verhältnis dieser drei Komponenten zueinander der ausdrücklichen Vorschrift des § 20 gerecht wird. Ein Minus bei einem dieser für die Verkehrssicherheit maßgeblichen Faktoren muss immer durch ein Plus bei den anderen Faktoren ausgeglichen werden. Sinkt daher die Sichtweite oder die Aufmerksamkeit des KFZ-Lenkers, so muss er seine Geschwindigkeit entsprechend herabmindern. Der Fahrer hat daher stets auf Sicht zu fahren und als Konsequenz der Wahrnehmung einer unklaren Verkehrslage seine Geschwindigkeit sofort dieser Situation anzupassen, das heißt sie in der Regel herabzusetzen, und zwar soweit, dass es ihm möglich ist, bei Erkennen eines Hindernisses innerhalb seiner Sichtweite vor diesem und ohne Gefährdung von Personen sein Fahrzeug anzuhalten oder allenfalls das Hindernis zu umfahren (OGH 19.9.1963, ZVR 1964/96).
Der Berufungswerber hätte daher im vorliegenden Fall, als er pflichtgemäß seine Aufmerksamkeit auf den auf der Ausfahrt fahrenden LKW lenkte, zugleich auch auf die vor ihm fahrenden Fahrzeuge achten müssen. War es dem Berufungswerber infolge seiner Konzentration auf den LKW nicht möglich, seine Aufmerksamkeit zugleich auch auf den übrigen Straßenverkehr, insbesondere auf die für ihn ohne Sichtbehinderung wahrnehmbar vor ihm fahrende Kolonne zu richten, so wäre er verpflichtet gewesen, seine Fahrgeschwindigkeit entsprechend der geteilten Aufmerksamkeit zu verringern (siehe auch OGH 13.10.1966, ZVR 1967/157). Eine entsprechende Verringerung der Geschwindigkeit wurde nicht vorgenommen und vom Berufungswerber auch nicht behauptet.
Zum Einwand des Berufungswerbers, er habe einen
ausreichenden Tiefenabstand eingehalten und sei nur durch das Einfahren des LKWs in die Reininghausstraße erschreckt worden, ist auf nachstehend ausgeführte Rechtslage hinzuweisen:
Die Reaktionszeit, welche nicht auf eine besondere Gefahrensituation vorbereiteten Kraftfahrern zuzubilligen ist, beträgt eine Sekunde (OGH 7.10.1977, ZVR 1979/24). Es kann nur eine verkürzte Reaktionszeit zugebilligt werden, wenn eine Verpflichtung zu angespannter Aufmerksamkeit besteht, etwa bei Einhaltung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit oder auf Grund der Verkehrslage.
Eine "Schrecksekunde" kann einem Fahrzeuglenker auch dann nicht zugebilligt werden, wenn eine unklare Verkehrslage rechtzeitig erkennbar war (OGH 16.9.1959, ZVR 1960/113). Aus den getroffenen Feststellungen geht hervor, dass der Berufungswerber - davon ausgehend, dass sich das Fahrzeug der unfallsbeteiligten Zeugin K, wie aus ihrer glaubwürdigen Schilderung hervorgeht, mindestens eine Sekunde im Stillstand befand - erst 2,3 Sekunden nach dem Aufleuchten der Bremslichter am Fahrzeug K bremste und somit jedenfalls verspätet darauf reagierte.
Voraussetzung für eine Entschuldbarkeit einer verlängerten Reaktionszeit ist, dass der Fahrzeuglenker selbst von vorneherein die im Verkehr gebotene Vorsicht und Aufmerksamkeit angewendet hat und von der Schreck- und Schockwirkung eines unvorhersehbaren, nach den Umständen vollkommen
überraschenden Ereignisses betroffen wird (s. OGH 31.8.1976, ZVR 1977/140).
Eine dementsprechende Situation bestand im Berufungsfall jedoch nicht. Von einem unvorhersehbaren, vollkommen überraschenden Ereignis kann nicht ausgegangen werden. Vielmehr konnte der Berufungswerber auf Grund seiner Beobachtung, wonach sich der LKW mit unverminderter Geschwindigkeit der Ausfahrt näherte, mit einem Ausfahren geradezu rechnen. Die bestehende Verkehrslage, welche der Berufungswerber ins Treffen führt, war für den Berufungswerber bei Anwendung der im Verkehr gebotenen Vorsicht und Aufmerksamkeit insoferne rechtzeitig erkennbar, als er in einer Entfernung von etwa 10 m zur ÖAMTC-Ausfahrt den LKW in Annäherung bemerkte und zudem während seiner Fahrt und auch - wie im Gutachten ausgeführt - im Zuge eines allfälligen Ausweichmanövers ständig Sicht auf die vor ihm fahrende Fahrzeugkolonne hatte und somit auch das zum Stillstand Kommen unverzüglich wahrnehmen konnte.
Auf die nach der Rechtsprechung zur angelasteten Bestimmung ihn als Kraftfahrer treffenden Verpflichtung, während der Fahrt sowohl die vor ihm liegende Fahrbahn als auch die beiden Fahrbahnränder im Auge zu behalten, wird in diesem Zusammenhang nochmals hingewiesen.
Zum Einwand, den Sicherheitsabstand eingehalten zu haben, können Ausführungen im Hinblick darauf unterbleiben, als dem Berufungswerber eine entsprechende Übertretung des § 18 Abs 1 StVO im angefochtenen Straferkenntnis nicht vorgeworfen wurde. Bei der vorliegenden Sach- und Rechtslage war somit davon auszugehen, dass der Berufungswerber die ihm angelastete Verwaltungsübertretung in objektiver wie auch in subjektiver Hinsicht begangen bzw. zu verantworten hat. Dem Berufungsbegehren konnte somit nicht entsprochen werden. Zur Strafbemessung ist auszuführen, dass gemäß § 19 Abs 1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen ist, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gegen den Schutzzweck der übertretenen Norm des § 20 Abs 1 StVO - die mit dem Straßenverkehr verbundenen Gefahren und Gefährdungsmomente auf ein Mindestmaß zu reduzieren - hat der Berufungswerber verstoßen, indem er die von ihm eingehaltene Geschwindigkeit nicht der Verkehrslage anpasste und es ihm dadurch nicht möglich war, auf das vor ihm angehaltene Fahrzeug der Zeugin K insoweit zu reagieren, als eine Kollision hätte verhindert werden können.
Neben den objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat kommt im ordentlichen Verfahren als Strafbemessungsgrundlage die Prüfung der subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat, somit auch die in der Person des Beschuldigten gelegenen Umstände, hinzu. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) daher die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Erschwerungsgründe liegen keine vor, als mildernd war die Unbescholtenheit des Beschuldigten zu werten.
Zum Ausmaß des Verschuldens ist festzustellen, dass gemäß § 5 VStG zur Strafbarkeit bereits fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
Dem Berufungswerber ist es mit seinem Vorbringen - Ausweichmanöver wegen des LKW - nicht gelungen, fehlendes Verschulden glaubhaft zu machen, da gerade die konkrete Verkehrslage ein Anpassen der Geschwindigkeit im Sinne einer Verminderung erfordert hätte.
Die verhängte Strafe entspricht dem Schuldgehalt der Tat. Auch die festgestellten Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (Einkommen monatlich netto S, Hälfteeigentum an einem Einfamilienhaus, keine Sorgepflichten) sind nicht geeignet, eine Änderung der Entscheidung herbeizuführen, da die von der Behörde erster Instanz verhängte Strafe auch diesbezüglich angepasst erscheint.
Hinsichtlich des Begehrens des Berufungswerbers, mit einer Ermahnung das Auslangen zu finden, ist anzuführen, dass gemäß § 21 VStG die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung der Strafe absehen kann, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.
Die Schuld des Beschuldigten ist nur dann geringfügig, wenn das tatbildmäßige Verhalten des Täters hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (siehe VwGH-Erkenntnis vom 14.1.1988, Zl. 86/08/0073 ua.). Dies trifft aber im Berufungsfall aus den angeführten Strafbemessungsgründen nicht zu, weshalb dem Berufungsbegehren schon aus diesem Grund nicht entsprochen werden kann.
Die Festsetzung des Kostenbeitrages zum Verwaltungsstrafverfahren zweiter Instanz ergibt sich aus § 64 VStG, wonach im Fall der vollinhaltlichen Bestätigung des Straferkenntnisses erster Instanz durch die Berufungsbehörde dieser Betrag mit 20 % der verhängten Strafe festzusetzen ist.