TE UVS Wien 2000/08/10 07/A/36/5716/2000

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Veröffentlicht am 10.08.2000
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Mag Fritz über den Antrag des Herrn Robert H, auf Beigabe eines Verteidigers in Angelegenheit Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes, wie folgt entschieden:

Gemäß § 51a Abs 1 VStG wird der Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers abgewiesen.

Text

Die Bundespolizeidirektion Wien, Bezirkspolizeikommissariat Ottakring, übermittelte dem Magistratischen Bezirksamt für den 16.

Bezirk am 21.10.1999 eine Anzeige (gegen unbekannten Täter) wegen Verdachtes der Übertretung des Ausländerbeschäftigungsgesetzes (AuslBG). In dieser Anzeige vom 18.10.1999 heißt es, dass zwei Sicherheitswachebeamte am 6.10.1999 gegen 15.30 Uhr im Zuge ihres Fußstreifendienstes durch einen unbekannten Passanten auf das Haus in Wien, A-gasse, mit dem Hinweis aufmerksam gemacht worden seien, dass sich dort angeblich Schwarzarbeiter aufhalten sollten. Beim anschießenden Betreten des Innenhofes habe (der in weiterer Folge zur Anzeige gebrachte) Herr Antoni Wojciech K angetroffen werden können, welcher unmittelbar nach deren Ansichtigwerden in die entgegengesetzte Richtung umgekehrt sei und versucht habe, sich schnellen Schrittes zu entfernen. Dieser wurde in der Folge einer fremdenrechtlichen Personenkontrolle unterzogen. Der Ausländer habe einschlägige Arbeitskleidung getragen. Die Kleidung sowie dessen Handy seien mit Materialrückständen wie Gips oder Zement beschmutzt gewesen. Dieser sei - als er sie gesehen habe - gerade im Begriff gewesen, einen der Gips- oder Zementsäcke aufzuheben und habe dies offensichtlich nur deshalb unterlassen, weil er dabei nicht von ihnen habe beobachtet werden wollen. K habe zu seiner Rechtfertigung angegeben, dass er ja gar nicht arbeite und sei gezielten Fragen unter dem Vorwand, nichts zu verstehen, ausgewichen. Angaben bezüglich eines Arbeitgebers respektive eines Arbeitslohnes seien verweigert worden. Da nach Rücksprache mit dem Vorarbeiter in Erfahrung gebracht habe werden können, dass mehr als fünf Baufirmen mit jeweils einigen Subfirmen mit der Renovierung des Gebäudes beauftragt seien, habe keine Zuordnung erfolgen können. Eine via Funk durchgeführte Meldeauskunft habe ergeben, dass K seit 13.9.1999 in Wien, A-gasse aufrecht gemeldet sei. Die erwähnten Beilagen (nämlich ein Foto von Herrn K in Maurerbekleidung, eine Kopie des Einreisestempels und eine Kopie des RP - Datenseite - diverse EKIS-Ausdrücke) finden sich im erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt nicht.

Die Erstbehörde hat nun nicht etwa näher ermittelt, welche Firmen zu welchen Zeiten und mit welchen Arbeiten auf der gegenständlichen Baustelle tätig waren, sondern sie hat den Beschuldigten ?als Eigentümer des Hauses Wien, A-gasse und Arbeitgeber in Wien, A-gasse? zur Rechtfertigung aufgefordert, weil dieser den Ausländer K von 5.9.1999 bis 6.10.1999 als Bauhilfsarbeiter beschäftigt habe. Aufgrund welcher Ermittlungsergebnisse die Erstbehörde zu der Überzeugung gelangt ist, der Ausländer sei ab 5.9.1999 auf der Baustelle beschäftigt, ist nicht erkennbar; es kann nur vermutet werden, dass die Erstbehörde den Hinweis in der Anzeige, der Reisepass des Herrn K enthalte einen Einreisestempel des Grenzüberganges Drasenhofen vom 5.9.1999 dahingehend ?gedeutet? hat, dass der Ausländer mit diesem Tag seine Beschäftigung in Österreich beim Beschuldigten aufgenommen hat.

Wie einem von der Erstbehörde angefertigten AV vom 22.5.2000 entnommen werden kann, wurde bei einem Anruf einer Vertreterin des Beschuldigten der 6.6.2000 als Termin für eine persönliche Einvernahme vereinbart. Laut einem weiteren AV vom 7.6.2000 ist der Beschuldigte am 6.6.2000 nicht erschienen und auch keine Rechtfertigung eingelangt. Mit Schreiben vom 6.6.2000 (zur Post gegeben am 7.6.2000 und vorab am 7.6.2000 der Erstbehörde per Telefax übermittelt) entschuldigte sich Herr H dafür, dass er den Termin nicht habe wahrnehmen können. Er brachte vor, er habe keinen einzigen Dienstnehmer auf der Baustelle beschäftigt, nicht einmal einen Hausbesorger. Ebenso kenne er den Herrn K überhaupt nicht. Es sei für ihn überhaupt verwunderlich, wie es zu dem Vorwurf der Beschäftigung des Herrn K habe kommen können, weil ausschließlich Firmen beschäftigt worden seien. Es wäre auch widersinnig, selbst Arbeiter zu beschäftigen, weil die Sanierung des Objektes gefördert werde und ausschließlich Firmenrechnungen vorgelegt werden dürften.

Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 16. Bezirk, vom 7.6.2000 wurde Herr Robert H schuldig erkannt, er habe als Eigentümer des Hauses Wien, A-gasse und Arbeitgeber in Wien, A-gasse vom 5.9.1999 bis 6.10.1999 auf der Baustelle (Renovierung) in Wien, A-gasse, den Ausländer K Wojciech Antoni als Bauhilfsarbeiter beschäftigt, obwohl für diesen Ausländer weder eine gültige Beschäftigungsbewilligung erteilt noch eine Anzeigenbestätigung oder eine gültige Arbeitserlaubnis oder ein gültiger Befreiungsschein ausgestellt worden sei. Er habe dadurch § 28 Abs 1 Z 1 lit a iVm § 3 Abs 1 AuslBG verletzt, weshalb über ihn gemäß § 28 Abs 1 Z 1 erster Strafsatz leg cit eine Geldstrafe in der Höhe von ATS 40.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: 2 Wochen) verhängt wurde. Gleichzeitig wurden die vom Beschuldigten zu ersetzenden Verfahrenskosten mit ATS 4.000,-- bestimmt. In der Begründung dieses Straferkenntnisses führte die Erstbehörde aus, der Beschuldigte sei als Hauseigentümer und somit Auftraggeber der Bauarbeiten im Haus als Arbeitgeber anzusehen. Laut Anzeige sei der im Spruch umschriebene Sachverhalt festgestellt. Da der Beschuldigte der Aufforderung zur Rechtfertigung ungerechtfertigterweise nicht fristgerecht nachgekommen sei und somit den Tatvorwurf nicht entkräftet habe, werde der angezeigte Sachverhalt als erwiesen angenommen. Der Beschuldigte habe auch nicht glaubhaft machen können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Im Übrigen legte die Erstbehörde ihre Strafzumessungsgründe dar.

Am 23.6.2000 erschien Herr Robert H persönlich bei der Erstbehörde und stellte einen Antrag auf Beigabe eines Verteidigers für das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren. Dieser Antrag auf Beigebung eines Verfahrenshilfeverteidigers wurde samt dem erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien am 3.7.2000 zur Entscheidung vorgelegt. Es wurde von der Erstbehörde ferner darauf hingewiesen, dass Herr Robert H Angaben zur Einkommens- und Vermögenssituation ausdrücklich verweigert habe. Auch merkte die Erstbehörde an, dass die am 8.6.2000 dort eingelangte Rechtfertigung verspätet gewesen sei und somit nicht mehr habe berücksichtigt werden können. Zu dem von der Erstbehörde auf dem Begleitschreiben gegebenen Hinweis, wonach die Rechtfertigung verspätet gewesen sei, ist folgendes anzumerken:

Zum Zustandekommen eines Bescheides ist es erforderlich, dass er erlassen wird. Erst mit seiner Erlassung erlangt ein Bescheid rechtliche Existenz. Die Erlassung schriftlicher Bescheide hat durch Zustellung bzw Ausfolgung (§ 24 des Zustellgesetzes) zu erfolgen. Erlassen (oder: ergangen) ist ein Bescheid ab dem Zeitpunkt, ab dem eine rechtswirksame Zustellung vorliegt (vgl Walter-Mayer, Grundriss des Österreichischen Verwaltungsverfahrensrechts,

6. Auflage, RZ 426 ff). Dem Datum hingegen, mit dem eine schriftliche Ausfertigung eines Bescheides versehen ist, kommt keine rechtliche Bedeutung zu; die darin zum Ausdruck gekommene Zeitangabe ist für den Eintritt der mit einem Bescheid verbundenen Rechtswirkungen ohne Belang (vgl zB das Erkenntnis des VwGH vom 14.5.1990, Zl 89/10/0162). Auch ist darauf hinzuweisen, dass im Verwaltungsstrafverfahren selbst verspätet abgegebene Stellungnahmen des Beschuldigten zu dem ihn in Wahrung des Parteiengehörs übermittelten Ermittlungsergebnissen (oder hier: zu einer Aufforderung zur Rechtfertigung), sofern sie vor Erlassung des das Verfahren abschließenden Bescheides bei der (monokratischen) zur Entscheidung berufenen Behörde eingelangt sind, mangels einer gesetzlichen Präklusionsanordnung nicht aus dem Grunde ihres verspäteten Einlangens als unbeachtlich abgetan werden können (vgl dazu zB das Erkenntnis des VwGH vom 30.10.1991, Zl 91/09/0132). Die Behörde (auch der Magistrat der Stadt Wien) ist verpflichtet, für die Durchführung aller zur Klarstellung des Sachverhaltes erforderlichen Beweise (zB Einvernahme von Zeugen, Anfragen bei verschiedenen Stellen etc) zu sorgen und auf das Parteivorbringen, soweit es für die Feststellung des Sachverhaltes von Bedeutung sein kann, einzugehen. Der Magistrat der Stadt Wien kann sich daher nicht über erhebliche Behauptungen und Beweisanträge ohne Ermittlungen und Begründung hinwegsetzen.

Mit ha Schreiben vom 6.7.2000 wurde Herr H ersucht, auf dem beiliegenden Vordruck seine persönlichen Verhältnisse bekannt zu geben. Herr H hat seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse aber nicht offengelegt.

§ 51a Abs 1 VStG idF BGBl I 1998/158 lautet:

"Ist der Beschuldigte außerstande, ohne Beeinträchtigung des für ihn und seine Familie, für deren Unterhalt er zu sorgen hat, zu einer

einfachen Lebensführung notwendigen Unterhaltes die Kosten der Verteidigung zu tragen, so hat der unabhängige Verwaltungssenat auf Antrag des Beschuldigten zu beschließen, dass diesem ein Verteidiger beigegeben wird, dessen Kosten der Beschuldigte nicht zu tragen hat, wenn und soweit dies im Interesse der Verwaltungsrechtspflege, vor allem im Interesse einer zweckentsprechenden Verteidigung, erforderlich ist."

Diese Regelung orientiert sich an § 41 StPO und ist vor dem verfassungsrechtlichen Hintergrund des Art 6 Abs 3 lit c MRK zu sehen (vgl dazu das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) vom 24.5.1991 im Fall Quaranta, ÖJZ 1991/16/MRK). Geht es um den Entzug der persönlichen Freiheit, so ist - falls der Betroffene nicht über die Mittel zur Bezahlung eines

Rechtsbeistandes verfügt - die Beigebung eines Verfahrenshelfers geboten. Bei der Beurteilung der Interessen der Verwaltungsrechtspflege ist vor allem auf die zweckentsprechende Verteidigung Bedacht zu nehmen. Als Gründe für die Beigebung eines Verteidigers werden besondere Schwierigkeiten der Sach- oder Rechtslage, besondere persönliche Umstände des Beschuldigten und die besondere Tragweite des Rechtsfalles für die Partei (wie etwa die Höhe der dem Beschuldigten drohenden Strafe) zu berücksichtigen sein (vgl das Erkenntnis des VwGH vom 27.10.1999, Zl 97/09/0055, und die dort zitierte Vorjudikatur). Herr Robert H hat - trotz diesbezüglicher Aufforderung - im gesamten Verfahren keine Angaben zu seiner Einkommens- und Vermögenssituation gemacht. Herr H hat weder behauptet noch durch Vorlage von Unterlagen bescheinigt, dass es ihm nicht möglich sei, die Kosten der Verteidigung zu tragen. Schon aus diesem Grund war sein Antrag auf Beigebung eines Verteidigers nicht zu bewilligen.

Im vorliegenden Fall sind aber auch besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten nicht gegeben; es handelt sich vielmehr um einen eher einfach gelagerten Fall, zumal sich aus dem Inhalt des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafaktes nicht der geringste Hinweis auf eine mögliche Arbeitgebereigenschaft des Herrn Robert H ergibt. Dass die Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz (nämlich der Magistrat der Stadt Wien) infolge eines Verstoßes gegen fundamentale Grundsätze des Verwaltungsstrafverfahrens dennoch zu einer Verurteilung und Bestrafung des Herrn H gelangt ist, bedeutet nun nicht, dass er nicht in der Lage wäre, seinen Standpunkt vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien auch ohne anwaltlichen Beistand darzulegen. So hat er etwa in seiner Stellungnahme vom 6.6.2000 darauf hingewiesen, dass bei der Sanierung des Objektes ausschließlich Firmen beschäftigt worden seien. Es ist nun nicht zu erkennen, dass Herr Robert H nicht in der Lage wäre, bekannt zu geben, welche Firmen er mit welchen Arbeiten beauftragt habe, zumal er ja darüber Verträge und sonstige Unterlagen (Abrechnungen, Zahlungsbelege, Anbote etc) haben müsste. Es muss also davon ausgegangen werden, dass der Beschuldigte in der Lage ist, die näheren Umstände der Sanierung des gegenständlichen Objektes vorbringen zu können. Auch sonst ist eine besondere Tragweite des Rechtsfalles für Herrn H nicht ersichtlich. Es wurde keine (primäre) Freiheitsstrafe über Herrn H verhängt und ist auch nicht ersichtlich, dass es hinsichtlich

der Herrn H mit dem Straferkenntnis vom 7.6.2000 auferlegten Pflicht zur Bezahlung von insgesamt ATS 44.000,--, insbesondere im Hinblick auf die Möglichkeit der Bewilligung eines angemessenen Aufschubes oder der Teilzahlung gemäß § 54b Abs 3 VStG - zum Vollzug der verhängten Ersatzfreiheitsstrafe kommen könnte. Dass er nämlich außerstande ist, diesen Betrag aufgrund seiner Einkommens- und Vermögenssituation zu bezahlen, hat Herr H gar nicht behauptet.

Daher ist die Beigebung eines Verteidigers (auch) im Interesse der Verwaltungsrechtspflege nicht erforderlich. Der Antrag des Herrn Robert H auf Beigabe eines Verteidigers war daher abzuweisen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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