TE UVS Steiermark 2000/08/21 30.3-57/1999

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Veröffentlicht am 21.08.2000
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erich Kundegraber über die Berufung der I E A, vertreten durch Dr. M T, Rechtsanwalt in G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 14. Oktober 1999, GZ.: 15.1 1998/15397, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird die Berufung in beiden Punkten abgewiesen. Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat die Berufungswerberin als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von S 400,-- (EUR 29,07) binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu bezahlen.

Text

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Berufungswerberin vorgeworfen, sie habe "am 01.12.1998 um 18.30 Uhr in Krumegg, auf der L 367, Höhe StrKm. 6,250, Richtung Laßnitzhöhe, als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen GU Punkt 1)

dieses gelenkt und sind mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang gestanden und haben an der Sachverhaltsfeststellung nicht mitgewirkt, da Sie es durch Verlassen der Unfallstelle unmöglich gemacht haben, Ihre körperliche und geistige Verfassung zum Unfallszeitpunkt festzustellen.

Punkt 2)

Einrichtungen zur Regelung und Sicherung des Verkehrs bei einem Verkehrsunfall beschädigt und haben nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle oder den Straßenerhalter unter Bekanntgabe Ihrer Identität verständigt" und haben dadurch Verwaltungsübertretungen in Punkt 1) gemäß § 4 Abs 1 lit c Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) und Punkt 2) § 99 Abs 2 lit e StVO iVm § 31 Abs 1 leg cit begangen. Hiefür wurde in Punkt 1) gemäß § 99 Abs 2 lit a StVO eine Geldstrafe von S 1.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) und in Punkt 2) gemäß § 99 Abs 2 lit e StVO eine Geldstrafe von S 1.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt und gemäß § 64 VStG die Kosten des Strafverfahrens der Behörde erster Instanz mit S 200,-- vorgeschrieben.

In der öffentlichen, mündlichen Verhandlung vom 3. August 2000, sowie im Zusammenhang mit dem Akteninhalt des erstinstanzlichen Aktes konnte folgender entscheidungsrelevanter Sachverhalt festgestellt werden:

Die Berufungswerberin fuhr am 1. Dezember 1998, um ca. 18.30 Uhr auf der L 367 (Krumeggerstraße). Es herrschte Tageslicht und war die Fahrbahn mit Schnee bedeckt. Bei Strkm. 6,250 kam sie mit ihrem PKW GU von der Fahrbahn ab, wobei sie einen Straßenbegrenzungspflock ausriss und in einem der Fahrbahn angrenzenden Acker fuhr. Die Berufungswerberin wurde hiebei nicht verletzt. Der Straßenbegrenzungspflock blieb in der Endlage ca. 5 m bis 10 m vom Fahrzeug der Berufungswerberin entfernt liegen und war mit freiem Auge sichtbar.

Um 18.45 Uhr wurde der Gendarmerieposten St. Marein bei Graz fernmündlich vom Verkehrsunfall verständigt und begaben sich die Beamten AI H und RI B zur Unfallstelle, wo sie um ca. 19.00 Uhr ankamen. Auf Grund der Reifenspur konnte RI B rekonstruieren, dass der Straßenbegrenzungspflock durch den Verkehrsunfall ausgerissen wurde. Auf Grund des Kennzeichens wurde die Berufungswerberin als Fahrzeuglenkerin ausgeforscht und wurde sie um ca. 19.30 Uhr von RI B angerufen, wobei diese mitteilte, dass bei dem Verkehrsunfall nichts passiert sei. Die Berufungswerberin war nämlich nach dem Verkehrsunfall, ohne die nächste Gendarmerie- oder Polizeidienststelle zu verständigen, von einem Bekannten mit nach Hause (6 bis 7 km Entfernung) genommen worden. Um 19.50 Uhr erschien die Berufungswerberin am Gendarmerieposten und wurde das Unfallsprotokoll aufgenommen.

Der festgestellte Sachverhalt gründet sich vor allem auf die Aussage von RI B. Die Zeugenaussage von AI H konnte nicht zur Klärung des Sachverhaltes herangezogen werden, da der Zeuge RI B bei der Amtshandlung federführend war und sich AI H an keine näheren Umstände mehr erinnern konnte. Wenn die Berufungswerberin vorerst angibt, dass sie deshalb nach Hause gefahren sei, um sich zu waschen, da sie beim Verkehrsunfall ihre Kleidung beschmutzte, so entschuldigt dies keinesfalls das Verhalten, da die Meldung an die nächste Gendarmeriedienststelle nämlich "ohne unnötigen Aufschub" durchzuführen gewesen wäre. Eine Reinigung der Kleidung jedenfalls - so wird u.a. angeführt, schmutzige Schuhe - entschuldigt keinesfalls eine derartige Verzögerung. Auch der Einwand, dass es an der Unfallstelle öfters zu Unfällen kommen würde und der Straßenpflock auf Grund eines anderen Unfalles ausgerissen wurde, kommt nicht zu tragen, da der Zeuge RI B auf Grund der Schleuderspuren vom Fahrzeug der Berufungswerberin rekonstruieren konnte, dass der Straßenbegrenzungspflock wegen des Abkommens von der Fahrbahn des Fahrzeuges der Berufungswerberin ausgerissen wurde. Der Straßenbegrenzungspflock lag zwischen Fahrbahn und dem Fahrzeug der Berufungswerberin und hätte die Berufungswerberin, auf Grund der Lichtverhältnisse bei Nachschau etwaiger Unfallsfolgen, feststellen können, dass sie diesen mit dem Fahrzeug ausgerissen hat. Aus dem festgestellten Sachverhalt ist auch ersichtlich, dass die Berufungswerberin nicht aus eigener Initiative die Gendarmerie vom Verkehrsunfall verständigte, sondern erst zum Gendarmerieposten - sie wurde als Lenkerin ausgeforscht - nach einem fernmündlichen Gespräch kam. Für die erkennende Behörde sind somit beide Verwaltungsübertretungen erwiesen.

Insbesondere wird auf das Vorbringen in der Berufung bemerkt, dass nicht nur die Verständigungspflicht nach dem allgemeinen Tatbestand des § 4 Abs 5 StVO die Mitwirkungspflicht gemäß § 4 Abs 1 lit c leg cit nach sich zieht, sondern entsprechendes auch für den Fall des besonderen Tatbestandes nach § 31 Abs 1 iVm § 99 Abs 2 lit e StVO gilt. Auch der Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach dieser Vorschrift wurde durch ein Verlassen der Unfallstelle erfüllt, wobei die Berufungswerberin durch das Entfernen von der Unfallstelle zur Feststellungen von Sachverhaltselementen nicht beitrug, insbesondere zur Sicherung von Spuren am Unfallsort oder ob sie zum Zeitpunkt der Lenkung des am Verkehrsunfall beteiligten Fahrzeuges berechtigt war oder ob sie äußerlich den Anschein erweckte, dass sie sich geistig und körperlich in einem zum Lenken eines Kraftfahrzeuges geeigneten Zustandes befand (VwGH 20.2.1991, 90/02/0152).

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Die im § 4 Abs 1 lit c StVO ausgesprochene Verpflichtung, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, dient offenkundig dem Zweck, den Organen der öffentlichen Sicherheit die Aufnahme des Tatbestandes zu erleichtern und zu gewährleisten, damit die Behörde ein der Wirklichkeit entsprechendes Bild des Unfallherganges, seiner Ursachen und Folgen gewinnt. Die Verpflichtung zur Mitwirkung an der Feststellung des Sachverhaltes schließt daher grundsätzlich insbesondere das Verbot ein, Veränderungen an der Stellung der vom Unfall betroffenen Fahrzeuge vorzunehmen oder Alkohol zu trinken, wenn dadurch die Feststellung, ob im Zeitpunkt des Unfalles ein durch Alkohol beeinträchtigter Zustand gegeben war, erschwert werden kann. Da die Berufungswerberin sich nach dem Verkehrsunfall nach Hause begeben hat, konnten keine Feststellungen bezüglich der körperlichen und geistigen Eignung der Berufungswerberin zum Zeitpunkt des Unfalles getroffen werden. Ein Aufsuchen des Gendarmeriepostens ca. eine Stunde und zwanzig Minuten auf Grund der Intervention der Exekutive, entschuldigt keinesfalls mehr die Unterlassung der Mitwirkung an der Feststellung des Sachverhaltes.

Der § 31 Abs 1 StVO iVm. § 99 Abs 2 lit e StVO hat den Zweck, dass eine Beschädigung von Verkehrsleiteinrichtungen so rasch als möglich gemeldet wird. Eine rasche Verständigung der in Betracht kommenden Stellen ist wesentlich, damit diese in die Lage versetzt werden, unverzüglich zunächst verkehrssichernde Maßnahmen zu treffen. Durch das Nichtmelden der Beschädigung war der Straßenerhalter nicht in der Lage, unverzügliche entsprechende Maßnahmen zu ergreifen. Durch das Verhalten der Berufungswerberin wurde auch der Straßenerhalter nicht sofort in die Lage versetzt unverzügliche verkehrssichernde Maßnahmen insoweit zu treffen, als er den Straßenbegrenzungspflock wieder anbringt.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG war noch zu prüfen, ob Erschwerungs- und Milderungsgründe vorliegen, bei deren gegenseitiger Abwägung eine Strafmilderung möglich wäre.

Als erschwerend wurde nichts festgestellt, mildernd wurde die bisherige Unbescholtenheit gewertet. Auch die aus dem Akt ersichtlichen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (monatliches Einkommen ca. S netto, Eigentumswohnung in der Größe von 70 mý, Kredit in der Höhe von S, keine Sorgepflichten) sind nicht geeignet eine Änderung der Entscheidung herbeizuführen, da die von der Behörde erster Instanz verhängten Strafen auch diesbezüglich angepasst sind.

Dem Berufungsantrag, "den Bescheid I. Instanz aufheben und das Verfahren ersatzlos einstellen" konnte daher aus obgenannten Gründen keine Folge gegeben werden.

Schlagworte
Verkehrsunfall Sachschaden Mitwirkungspflicht Verständigungspflicht Entschuldigungsgrund
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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