TE UVS Tirol 2000/09/06 2000/11/024-2

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Veröffentlicht am 06.09.2000
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch den Vorsitzenden Dr. Gert Ebner über die Beschwerde des Herrn Z. D., XY, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. P. L., XY, vom 03.01.2000 gegen die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck als belangte Behörde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt durch einen Gendarmeriebeamten des Gendarmerieposten Matrei a.Br. am 17.02.2000 wie folgt:

 

I.

Gemäß § 67a Abs 1 Z 2 AVG und § 67c Abs 3 AVG wird die am 17.02.2000 von einem Gendarmeriebeamten des Gendarmerieposten Matrei a.Br. gegenüber dem Beschwerdeführer ausgeübte unmittelbare verwaltungsbehördliche Befehls- und Zwangsgewalt für rechtswidrig erklärt.

 

II.

Gemäß § 79a Abs 1, 2, 4 und 6 AVG iVm § 1 Z 1 der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl 855/1995, hat die belangte Behörde dem obsiegenden Beschwerdeführer Ersatz für den Schriftsatzaufwand in Höhe von Schilling 8.400,00 und die Stempelgebühren in Höhe von Schilling 180,00 zu leisten.

 

Der Gesamtbetrag von Schilling 8.580,00 ist binnen zwei Wochen nach Zustellung dieses Bescheides zu Handen des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers anzuweisen.

Text

Mit Eingabe vom 24.02.2000, beim Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol eingelangt am 25.02.2000, hat Herr Z. D. eine Beschwerde gemäß Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG mit folgendem Inhalt eingebracht:

 

I.Sachverhaltsdarstellung:

Der Beschwerdeführer befuhr am 17.2.2000, ca 17.20 Uhr, mit dem Sattelzug, polizeiliches Kennzeichen XY, samt Sattelauflieger, polizeiliches Kennzeichen XY, die B 182.

Der Beschwerdeführer wurde angehalten und musste in Matrei am Brenner umkehren und auf die Autobahn auffahren, und zwar aufgrund der Weisung des Beamten K. L. beim Gendarmerieposten Matrei am Brenner, Dienstnummer XY.

 

Der Beschuldigte hatte von seinem Arbeitgeber den Auftrag erhalten, den Gewerbestandort der Fa. M. I. Transporte in Schönberg, Unterberg, anzufahren, um dort Paletten zuzuladen.

 

Beweis:

beizuschaffender Akt

ZV K. L., Dienstnummer, GPK Matrei a.Br.

ZV H. M., Gewerbepark 1, 6111 Volders Frachtpapiere und Tachographenblatt,

PV

 

II.Beschwerdelegitimation:

Die Anhaltung und die Weisung erfolgte am 17.2.2000, die 6-wöchige Beschwerdefrist ist daher gewahrt.

Die Beschwerdelegitimation ergibt sich daraus, dass der Beschwerdeführer durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in verfassungsgesetzlichen als auch in einfachgesetzlichen Rechten verletzt wurde.

 

III.Beschwerdegründe:

 

Auf der B 182 besteht von Straßenkilometer 7,530 in der Gemeinde Schönberg bis Straßenkilometer 35,10 in der Gemeinde Gries am Brenner aufgrund der Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, Zl 4-51/12-99, Nr 745, ein sektorales Fahrverbot. Diese Verordnung wurde am 1. Juli 1999 verlautbart, die hiezu erforderlichen Verkehrszeichen wurden am 9.7.1999 entlang der B 182 aufgestellt.

 

Zuvor war eine Verordnung der Bezirkshauptmannschaft, ZI 4-51/1-98 vom 12.10.1998, in Kraft, welche ein sektorales Fahrverbot zwischen Straßenkilometer 7,4 Gemeinde Schönberg und Straßenkilometer 35,10 Gemeinde Gries am Brenner auf der B 182 normierte. In der Verordnung vom 12.10.1998 war der Gewerbestandort der Fa. M. I. Transporte im Bereich des sektoralen Fahrverbotes gelegen. Durch die nunmehrige, am 1. Juli 1999 erlassene Verordnung wurde das sektorale Fahrverbot dergestalt verkürzt, dass nunmehr der Gewerbestandort der Fa. M. I. Transporte außerhalb des sektoralen Fahrverbotes

 

Entgegen der Bestimmung des § 94 f lit a Z 3 StVO wurde - obwohl keinerlei Gefahr im Verzuge zu befürchten war - die gesetzliche Interessenvertretung, nämlich die Wirtschaftskammer für Tirol, vor Erlassung der gegenständlichen Verordnung nicht gehört. Dies, obwohl maßgebliche Interessen des Beschwerdeführers als auch seines Arbeitgebers durch die nunmehrige Abänderung berührt werden. Dies deshalb, da der Arbeitsplatz des Beschwerdeführers bzw die Betriebsstätte seines Arbeitgebers, der Fa. M. I. Transporte, durch die genannte Verordnung nunmehr aus dem Bereich des sektoralen Fahrverbotes fallen würden und demgemäß nicht mehr von den Ausnahmebestimmungen erfaßt wären.

 

Demzufolge ist aber offenkundig, dass die gegenständliche Verordnung Nr 745 gesetzwidrig ist und demnach die Weisung des Beamten an den Beschwerdeführer, die B 182 zu verlassen und die A 13 benützen zu müssen, rechtswidrig war.

 

Wie der VfGH bereits wiederholt festgestellt hat, ist das Anhörungsrecht der beruflichen Interessensvertretung auch dann verletzt, wenn in einer zuvor bestehenden, ähnlichen Verordnung bereits eine Stellungnahme abgegeben wurde und die berufliche Interessensvertretung für die neuerliche Verordnung in der Folge nicht mehr gehört wurde (V 119/88 v. 3.12.1988, V 150/94 v. 3.3.1995).

 

Durch die Anweisung des Gendarmeriebeamten - vermutlich über Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck - wurde der Beschwerdeführer in seinem Recht auf Freizügigkeit nach Art 4 StGG, seinem Recht auf Erwerbsausübungsfreiheit nach Art 6 StGG als auch in seinem Recht gemäß der Bestimmung § 94 f lit a Z 3 StVO verletzt.

 

IV.

 

Der Beschwerdeführer stellt sohin aufgrund der obigen Ausführungen an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol die

 

ANTRÄGE

 

auf Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung und auf Fällung folgenden Erkenntnisses:

 

Der Beschwerdeführer ist durch die Weisung, am 17.2.2000 mit seinem Sattelzugfahrzeug samt Auflieger von der B 182 abfahren und für die Weiterfahrt die Autobahn A 13 benützen zu müssen, durch Organe der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck in seinem Recht auf Erwerbsausübungsfreiheit, auf Freizügigkeit der Person und seinem Recht nach § 94 f lit a Z 3 StVO verletzt worden.

 

Das Land als Rechtsträger der belangten Behörde ist schuldig, dem Beschwerdeführer gemäß § 79a AVG 1991 die Kosten dieses Verfahrens binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

 

Innsbruck, am 24.02.00

 

Z. D.

 

An Kosten der vorliegenden Eingabe werden verzeichnet:

 

Schriftsatzaufwand: Schilling 8.400,00

Verhandlungsaufwand: Schilling 10.400,00

Stempelmarken: Schilling 180,00

zusammen: Schilling 18.980,00?

 

Die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck als belangte Behörde hat die als Gegenschrift anzusehende schriftliche Stellungnahme vom 16.03.2000 an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol übermittelt. In dieser wird Folgendes ausgeführt:

 

?Aus der Anzeige ist klar ersichtlich, dass der Beschwerdeführer eine Ladung aus Italien kommend nach Innsbruck zu transportieren hatte. Der Beschwerdeführer verließ in Matrei die Autobahn und wollte auf der Brennerbundesstraße in Fahrtrichtung Norden zum Standort der Firma M. in XY fahren, um dort irgendwelche Ladeaktivitäten zu setzen.

 

Hiezu wird festgestellt, dass der Standort der Firma M. in XY von Fahrtrichtung Süden kommend und nach Norden fahrend nicht erlaubterweise auf der B 182 angefahren werden kann. Sehr wohl kann jedoch der genannte Standort in XY über die B 182 von Innsbruck aus kommend in Fahrtrichtung Süden problemlos erreicht werden.

 

Im konkreten Falle ist es als erwiesen anzusehen, dass der Beschwerdeführer lediglich zum Zwecke der Vermeidung der vollen Mautgebühr die A 13 in Matrei verließ und sodann verbotenerweise auf der B 182 nach Innsbruck weiterfahren wollte.

 

Die gegenständliche Fahrt des Beschwerdeführers fällt eindeutig in das Verbot des Befahrens der B 182 entsprechend der (noch) gültigen Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck.

 

Die Zurückweisung auf die Autobahn durch den einschreitenden Gendarmeriebematen erfolgte zu Recht.?

 

Der Anzeige des Gendarmerieposten Matrei a.Br. vom 21.02.2000, GZ P 153/00, lässt sich entnehmen, dass der Beschwerdeführer am 17.02.2000 um 16.45 Uhr von zwei Gendarmeriebeamten des Gendarmerieposten Matrei a.Br. auf der Brennerbundesstraße B 182 im Gemeindegebiet von Matrei a.Br. im Bereich des Straßen-km 20,5 von Süden kommend in Richtung Innsbruck fahrend angehalten wurde. Nach Prüfung der Ladepapiere, aus denen hervorging, dass der Beschwerdeführer 23.820 kg Stahlrollen geladen hatte, die in Italien geladen wurden und nach Innsbruck transportiert werden sollten, wurde dem Beschwerdeführer die Weiterfahrt auf der B 182 untersagt und wurde er auf die Brennerautobahn A 13 (Auffahrt Mühlbachl) verwiesen.

 

Diese Anordnung durch einen Gendarmeriebeamten des Gendarmerieposten Matrei a.Br. beruhte auf der Grundlage des LKW-Fahrverbotes auf der B 182, das durch die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 01.07.1999, Zl 4-51/12-99, verfügt worden ist.

 

Auf Sachverhaltsebene ist weiters noch die Feststellung zu treffen, dass von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vor Erlassung der gegenständlichen Verordnung vom 01.07.1999 entgegen der Anordnung des § 94f Abs 1 lit a Z 3  StVO eine Anhörung der Interessensvertretung (Wirtschaftskammer - Güterbeförderungsgewerbe) nicht erfolgt ist.

 

In rechtlicher Hinsicht ergibt sich Folgendes:

 

1.

Die Untersagung der Weiterfahrt auf der B 182 und die Verweisung des Beschwerdeführers auf die Brennerautobahn A 13 (Auffahrt Mühlbachl) durch einen Gendarmeriebeamten des Gendarmerieposten Matrei a.Br. stellt eine Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt dar.

 

Diese Maßnahme ist der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck als belangte Behörde zuzurechnen.

 

2.

Die in § 67c Abs 1 AVG normierte 6-wöchige Beschwerdefrist ist gewahrt.

 

3.

Gemäß § 67a Abs 1 Z 2 AVG entscheidet über eine Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt der Unabhängige Verwaltungssenat durch ein Einzelmitglied.

 

4.

Gemäß § 94f Abs 1 Z 3 StVO ist vor Erlassung einer Verordnung, außer bei Gefahr im Verzuge, von der Bezirksverwaltungsbehörde anzuhören die gesetzliche Interessenvertretung dieser Berufsgruppe, wenn Interessen von Mitgliedern einer Berufsgruppe berührt werden.

 

5.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes ist eine Verordnung einer Bezirksverwaltungsbehörde ohne vorher durchgeführtes ordnungsgemäßes Anhörungsverfahren nach § 94f StVO nicht gesetzeskonform zustande gekommen und kann keine Rechtswirkungen gegenüber den Normadressaten entfalten.

 

Den Überlegungen der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck als belangte Behörde in ihrer Gegenschrift ist das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 07.10.1998, GZ V 62/96, entgegenzuhalten. Danach ist die Anhörung einer gesetzlichen Interessensvertretung selbst bei Aufhebung einer straßenpolizeilichen Verordnung und ihrer darauffolgenden unveränderten Neuerlassung erforderlich, da es nämlich möglich ist, dass aufgrund der Erfahrungen, welche Mitglieder einer gesetzlichen Interessenvertretung mit einer derartigen Verordnung gemacht haben, von der gesetzlichen Interessenvertretung im Zuge der Neuerlassung ein von ihrer früheren Stellungnahme abweichender Standpunkt vertreten wird.

 

6.

Die Untersagung der Weiterfahrt auf der B 182 und die Verweisung des Beschwerdeführers auf die Brennerautobahn A 13 (Auffahrt Mühlbachl) am 17.02.2000 durch einen Gendarmeriebeamten des Gendarmerieposten Matrei a.Br. stützte sich auf die Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 01.07.1999. Da diese Verordnung nicht ordnungsgemäß zustande gekommen ist, kann sie nicht als Rechtsgrundlage für die Ausübung dieser unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt herangezogen werden.

 

7.

Aus den dargestellten Überlegungen ist daher gemäß § 67c Abs 3 AVG auszusprechen, dass der am 17.02.2000 von einem Gendarmeriebeamten des Gendarmerieposten Matrei a.Br. gegenüber dem Beschwerdeführer gesetzte Verwaltungsakt rechtswidrig war.

 

Gemäß § 79a Abs 1 AVG hat die im Verfahren nach § 67c obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei. Wenn der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig erklärt wird, dann ist der Beschwerdeführer die obsiegende und die belangte Behörde die unterlegene Partei (§ 79a Abs 2 AVG).

 

Gemäß § 79a Abs 4 AVG gelten als Aufwendungen gemäß Abs 1

1. die Stempelgebühren, .... 3. die durch Verordnung des Bundeskanzlers im Einvernehmen mit dem Hauptausschuss des Nationalrates festzusetzenden Pauschbeträge für den Schriftsatz- und für den Verhandlungsaufwand.

 

Gemäß § 79a Abs 6 AVG ist der Aufwandersatz auf Antrag der Partei zu leisten. Der Antrag kann bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung gestellt werden.

 

Gemäß § 1 Abs 1 der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl 855/1995, beträgt der Ersatz für den Schriftsatzaufwand des Beschwerdeführers als obsiegende Partei Schilling 8.400,00. Dazu kommen die Stempelgebühren in Höhe von Schilling 180,00, sodass die belangte Behörde dem obsiegenden Beschwerdeführer insgesamt Schilling 8.580,00 an Aufwand zu ersetzen hat.

 

Diese Entscheidung ergeht ohne vorherige mündliche Verhandlung, sodass ein Verhandlungsaufwand nicht zuzusprechen ist.

 

Der Gendarmeriebeamte des Gendarmerieposten Matrei a.Br. setzte den in Beschwerde gezogenen Verwaltungsakt in Ausübung der Straßenpolizei (Art 11 Abs 1 Z 4 B-VG), womit sich die Aufwandersatzpflicht des Landes Tirol ergibt.

Schlagworte
Verordnung, Bezirkshauptmannschaft, nicht, ordnungsgemäß, zustande, gekommen, Untersagung, Weiterfahrt
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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