TE UVS Steiermark 2000/09/25 30.12-44/2000

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.09.2000
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Hütter über die Berufung des Herrn H K P, vertreten durch Dr. J P, Mag. K R, Rechtsanwälte, K, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 11.04.2000, GZ.: 15.1 1998/5453, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird die Berufung mit der Maßgabe abgewiesen, dass die Ersatzfreiheitsstrafe nach § 16 VStG von 3 Tagen auf 1 Tag herabgesetzt wird.

Der Spruch des Straferkenntnisses wird wie folgt neu gefasst:

Herr H K P, B, ist schuldig, als handelsrechtlicher Geschäftsführer der P Gesellschaft m.b.H. mit Sitz in politischer Gemeinde B als Arbeitgeberin nicht dafür gesorgt zu haben, dass bei Benutzung der beiden Kappsägen am Ende der Querförderanlage des Vollgatters im Sägewerksbetrieb B, der unbenutzte Teil des Zahnkranzes verdeckt ist, obwohl nur der vordere Teil des Zahnkranzes zur Querförderanlage hin jeweils zum Schneiden benutzt wurde und der obere und untere Teil des Zahnkranzes durch eine Schutzvorrichtung hätte verdeckt werden müssen."

Text

Die Bezirkshauptmannschaft Voitsberg als erste Instanz warf Herrn H K P mit Straferkenntnis Folgendes vor:

Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Fa. P GesmbH mit Sitz in B, wie anläßlich einer am 15.09.1998 vom Arbeitsinspektorat durchgeführten Unfallerhebung Ihrer Betriebsstätte festgestellt wurde, nicht für die Einhaltung der Maschinenschutzvorrichtungsverordnung gesorgt, da bei beiden Kappsägen am Ende der Querförderanlage des Vollgatters der unbenützte Teil des Zahnkranzes sowie der Zahnkranz der Kreissäge nicht verdeckt waren, obwohl es möglich gewesen wäre, diese Abdeckungen anzubringen oder den Gefahrenbereich durch ein 1 m hohes Geländer mit Brust- und Mittelwehre abzuschranken."

Dadurch sei § 10 Abs 1 der Maschinen-Schutzvorrichtungsverordnung in Verbindung mit § 109 Abs 3 Z 2 Arbeitnehmerschutzgesetz - ASchG verletzt worden.

Nach § 130 Abs 1 Z 16 ASchG wurde eine Geldstrafe von S

5.000,-- (3 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Der Beschuldigte berief mit folgender Begründung:

Die Feststellungen im Straferkenntnis seien nur aufgrund der Angaben des Arbeitsinspektorates, aber ohne weiteres Ermittlungsverfahren getroffen worden. Weder sei die gegenständliche Kappkreissäge in Augenschein genommen, noch sei ein maschinentechnischer Sachverständiger beigezogen worden.

Ihn treffe aber auch kein Verschulden, da er die einmal behördlich genehmigte Anlage bloß im ursprünglichen Zustand belassen habe. Eine fehlende Abdeckung sei vom Arbeitsinspektorat zu keiner Zeit beanstandet worden. Arbeitnehmer hätten sich nicht im Bereich der Kappkreissäge aufgehalten. Er beantrage die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verfahrens, die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung an Ort und Stelle und die Beiziehung eines maschinentechnischen Sachverständigen sowie eines informierten Vertreters des Arbeitsinspektorates Graz, der über die Beanstandungen des Betriebes Auskunft geben könne.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark verhandelte die Berufungssache am 21.09.2000, vernahm den Berufungswerber als Partei und folgende Personen als Zeugen:

Den verletzten Arbeitnehmer J P, die beiden weiteren Arbeitnehmer M E und I E sowie Arbeitsinspektor Dr. H K (Arbeitsinspektorat Graz).

Aufgrund der Beweisergebnisse gelangt die Berufungsbehörde zu folgenden Feststellungen:

Der Berufungswerber ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der P Gesellschaft m.b.H. mit Sitz in B, die ein Sägewerk betreibt. Ein solches bestand seit 1871, es wurde aber 1971 an anderer Stelle komplett neu aufgebaut. Es werden nunmehr Rundhölzer und Schnitthölzer verarbeitet, teilweise wird auch gehobelt und es wird Holzhandel betrieben. Die Gesellschaft beschäftigt 6 Arbeitnehmer, der Berufungswerber ist im Betrieb ganztägig anwesend und arbeitet auch als Arbeiter mit.

Bereits seit der Betriebsneugründung werden zwei wartungsfreie Kappkreissägen betrieben, das Schnittholz wird über einen Querförderer mittels eines Kettenstranges zu den Kappkreissägen herangebracht und auf eine fixe Länge von 4 m beschnitten. Eine dieser Kappkreissägen ist frei zugänglich, die zweite ist an einer Wand platziert und nicht zugänglich, da man hiezu über den Querförderer steigen müsste, was während des Betriebs nicht möglich ist. Die Schnittstärke des Schnittholzes variiert von 20 mm bis 100 mm, nur ein Teil des Zahnkranzes in dieser Höhe wird zum Schneiden benutzt, wobei dies jener Teil ist, der der Querförderanlage zugewendet ist, und der Abstand vertikal zu messen ist. Der oben liegende Teil des Kreissägeblattes und der unten liegende Teil hingegen werden nicht zum Schneiden benützt. Die Kappkreissägen laufen vollautomatisch ohne Bedienung 6 Stunden täglich, das heißt, während der ganzen Schicht abzüglich der Zeiten, die für das Umrüsten der Sägeblätter notwendig sind. Ein kleines Stück oberhalb der Welle bzw. Achse des Motors der Kappkreissägen ist horizontal ein Blech von ca. 5 mm Stärke angebracht, das einerseits den Motor schützt, andererseits aber auch verhindern soll, dass die Kappstücke weggeschleudert werden. Dieses Blech hat auf der äußeren Seite des Sägeblatts eine Länge von ca. 40 cm, auf der anderen Seite ist es nur 5 cm lang und dient dem Schnittholz als Auflage. Unterhalb des Sägeblatts, beginnend mit einem Abstand von 15 cm, ist ein abfallendes Sieb angebracht, durch das die Sägespäne fallen und über das die Kappstücke in eine Kiste gleiten. Vor dem Sägeblatt, der Querförderanlage zugewendet, ist eine Schürze angebracht, die verhindern soll, dass Kappabschnitte weggeschleudert werden. Die Sägeblätter der beiden Kappkreissägen wiesen rundherum überhaupt keine Abdeckung auf. Nach dem Unfall wurde an der frei zugänglichen Kappkreissäge in einer Entfernung von ca. 1 m eine ca. 90 cm hohe Absperrung angebracht, eine Abdeckung ist nach wie vor nicht vorhanden.

Der Querförderanlage vorgeschaltet ist die Doppelbesäumkreissäge in einer Entfernung von ca. 6 bis 7 m von den Kappkreissägen, dort sind Arbeitnehmer tätig. Auf der Rückseite der Kappsägen sind erst in einer Entfernung von ca. 3 m Arbeitnehmer bei der Sortierung beschäftigt.

J P war seit Mai 1998 im Betrieb beschäftigt, und zwar üblicherweise in der Sortierung, hilfsweise hat er an der Doppelbesäumkreissäge ausgeholfen, so auch am 15.09.1998. Ihm wurden keine Anweisungen gegeben, wie er im Falle einer Störung bei der Kappkreissäge vorzugehen hat. Als er dabei war, dort Latten zu schlichten, sah er, dass hinter der Kappkreissäge ein Brett hing, das bereits gekappt war. Als er es wegtun wollte, rutschte er aus oder stolperte er und fiel mit dem linken Arm in die Säge. Er verlor dabei den Ringfinger und den Zeigefinger zur Gänze und den Mittelfinger zur Hälfe, das Gelenk seines Ellenbogens ist seither steif und er muss den Arm ständig in einer Schiene tragen. Er ist derzeit noch in ärztlicher Behandlung und seit dem Unfall arbeitsunfähig.

Beweiswürdigung:

Die Angaben zum Betrieb und zur Vertretungsbefugnis ergeben sich aus dem Firmenbuchauszug und der Aussage des Berufungswerbers.

Lage und Beschaffenheit der beiden Kappkreissägen ergeben sich übereinstimmend aus den Aussagen des Berufungswerbers und des Arbeitsinspektors Dr. H K sowie aus den Fotos ./1 bis ./4 und dem bereits in erster Instanz vorgelegten Foto, stammend jeweils vom 05.11.1999, aber identisch mit dem Zustand der Kappkreissägen am 15.09.1998. Letztlich ergibt sich auch aus der Aussage des Berufungswerbers selbst, dass nur ein Teil der Kappkreissäge in einer Höhe von 2 bis 10 cm, vertikal gemessen, der Förderanlage zugewendet, zum Schneiden benutzt wird und der obere und untere Teil unbenutzt bleibt. Ein Ortsaugenschein und die Beiziehung eines Sachverständigen für Maschinenbau konnten unterbleiben:

Der Ortsaugenschein hätte nichts ausgesagt über die Beschaffenheit der Kappkreissägen zur Tatzeit, ihre Funktion und Beschaffenheit haben die Aussagen und die Fotos ausreichend klargestellt.

Rechtliche Beurteilung:

§ 10 Abs 1 Maschinen-Schutzvorrichtungsverordnung:

Kreissägen müssen so eingerichtet sein, dass der zum Schneiden jeweils nicht benützte Teil des Zahnkranzes verdeckt ist. Durch die Schutzvorrichtungen darf die Sicht auf die Arbeitsstelle nicht behindert werden. Bei Tischkreissägen muss der Zahnkranz auch unter dem Tisch verdeckt sein, wobei die Verdeckung an ihrer Unterseite offen sein kann. Bei Handkreissägen muss der Zahnkranz des Sägeblattes im Leerlauf zur Gänze verdeckt sein."

Laut § 151 Abs 1 Maschinen-Sicherheitsverordnung traten mit Ablauf des 31.12.1994 jene Teile der Maschinen-Schutzvorrichtungsverordnung, BGBl. Nr. 43/1961, außer Kraft, die nach der Allgemeinen Maschinen- und Gerätesicherheitsverordnung - AMGSV als Bundesgesetz aufrecht erhalten wurden.

Jedoch trat zum 01.01.1995 das Arbeitnehmerschutzgesetz in Kraft, in dessen § 109 Abs 3 Z 2 Folgendes bestimmt ist:

Bis zum Inkrafttreten einer Verordnung nach diesem Bundesgesetz über Sicherheits- und Gesundheitsanforderungen für Arbeitsmittel dürfen Maschinen und Geräte nur benutzt werden, wenn sie den §§ 8 bis 61 der Maschinen-Schutzvorrichtungsverordnung, BGBl. Nr. 43/1961, zuletzt geändert durch die Verordnung BGBl. Nr. 219/1983, entsprechen. Dass die beiden Kappkreissägen benutzt wurden, ergibt sich daraus, dass am 15.09.1998 ein Arbeitsunfall stattgefunden hat. Dies wurde den Vertretern des Beschuldigten am 14.01.1999 bei einer Akteneinsicht zur Kenntnis gebracht. Wenn das Tatbestandselement der Benutzung der Kappkreissäge im Straferkenntnis fehlt, konnte es aufgrund der rechtzeitigen Verfolgungshandlung ergänzt werden.

Wenn der Beschuldigte in allen Stellungnahmen in erster Instanz behauptete, es habe eine Abdeckung gegeben, sagte er dazu vor der Berufungsbehörde aus, er habe jenes 5 mm starke, horizontale Blech gemeint, das auf der einen Seite 40 cm und auf der anderen Seite 5 cm lang sei und der Auflage des Holzes dient. Dieses Blech ist nach der Sprachregelung des Zeugen M E der Sägetisch, er hat nicht die Funktion einer Schutzabdeckung. Da § 10 Abs 1 Maschinen-Schutzvorrichtungsverordnung keine Ausnahme vorsieht für Kappkreissägen, die an einer Wand platziert und unzugänglich sind, liegt auch bei der zweiten Kappkreissäge die gleiche Rechtsverletzung vor.

Obwohl nur der vordere Teil des jeweiligen Zahnkranzes in einer Höhe von 2 bis 10 cm zum Schneiden gebraucht wurde, war der gesamte Zahnkranz nicht durch eine Schutzvorrichtung verdeckt, § 10 Abs 1 Maschinen-Schutzvorrichtungsverordnung wurde daher verletzt.

In der Berufung und schon im gesamten Verfahren der ersten Instanz bestritt der Beschuldigte sein Verschulden dem Argument, beide Kappkreissägen hätten 30 Jahre lang unverändert bestanden, sie seien gewerbebehördlich genehmigt worden und das Arbeitsinspektorat habe den Zustand der Kappkreissägen bei seinen Kontrollen nie beanstandet. Damit wird ein Rechtsirrtum behauptet, wozu Folgendes auszuführen ist:

§ 5 Abs 2 VStG:

Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter

zuwiderhandelt, entschuldigt nur dann, wenn sie

erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte."

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs kann die unrichtige Auskunft eines behördlichen Organs für die Beurteilung der Schuldfrage von Bedeutung sein, wenn sie von einem Organ der zuständigen Behörde erteilt worden ist (VwGH 89/04/0226 vom 27.03.1990).

Kann der Mangel des Verschuldens nicht erwiesen werden, geht dies zu Lasten des Täters (Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze 13 (MSA 1998), FN 8 zu § 5 Abs 2 VStG).

Um eine unrichtige Auskunft des Arbeitsinspektorates und damit einen Rechtsirrtum annehmen zu können, müssten folgende Voraussetzungen erfüllt sein:

1.) Eine oder mehrere bestimmte Kontrollen des Arbeitsinspektorates,

2.) Kontrolle der Kappkreissägen (und nicht anderer Maschinen und Geräte des Betriebs),

3.)

Fehlen von Schutzvorrichtungen an den Kappkreissägen,

4.)

Billigung des Zustandes durch das Arbeitsinspektorat. Das Arbeitsinspektorat Graz hat den Betrieb des Berufungswerbers zwischen 1982 und 1992 insgesamt sechsmal kontrolliert, zuletzt vor dem Unfall am 01.12.1992. Laut Aussage von Dr. K lässt sich den Unterlagen nicht entnehmen, dass das Arbeitsinspektorat jemals die Kappkreissägen beanstandet hat. Eine dezidierte unrichtige Auskunft des Arbeitsinspektorates hat der Berufungswerber nicht behauptet, er unterstellte aber dem Arbeitsinspektorat stillschweigend eine solche falsche Auskunft, indem er behauptete, das Arbeitsinspektorat habe bei seinen oftmaligen Kontrollen seit 1971 den Zustand der Kappkreissägen nie beanstandet, wobei weiters unterstellt wird, dass die Kappkreissägen eine Schutzabdeckung nie aufgewiesen hätten. Um dies zu beweisen, wurden die Zeugen M und I E und die Beischaffung des Gewerbeaktes von der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg beantragt. Aus diesem Akt ergibt sich, dass im Punkt

 9.) des Bescheides vom 13.08.1958 noch für das alte Sägewerk ausgeführt ist, dass die Kreissägen mit Schutzhauben auszustatten sind, die so auszubilden sind, dass der nicht benützte Teil des Sägeblatts verdeckt ist. Für das neue Sägewerk erging die gewerbepolizeiliche Genehmigung laut Bescheid vom 06.11.1967, in dessen Punkt 17.) es heißt:

Sämtliche Maschinen müssen vom Standplatz der Arbeiter rasch und sicher ausschaltbar sein und dürfen nicht ohne vorgeschriebene Schutzvorrichtungen betrieben werden. Bewegte Maschinenteile sind im Arbeits- und Verkehrsbereich zu verkleiden."

Im Bescheid vom 21.09.1971 der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg heißt es, dass unter anderem die Bedingung des Punktes 17.) erfüllt sei. Auch das Arbeitsinspektorat teilte im Schreiben vom 21.03.1972 der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg mit, die Punkte "13.) bis 19.)" sind erfüllt worden. Daraus ergibt sich nicht mit Sicherheit, welchen Zustand die Kappkreissägen am 21.09.1971 und am 21.03.1972 aufwiesen, nämlich ob es tatsächlich Schutzvorrichtungen zur Verdeckung der Zahnkränze gab oder nicht, es lässt sich aber auch daraus nicht entnehmen, welcher Zustand in den darauf folgenden Jahren bis vor dem Unfallstag herrschte. Wenn die Zeugen M E und I E aussagten, die Kappkreissäge sei von Anfang an unverändert geblieben, sind diese Aussagen nicht überzeugend:

M E ist zwar seit 1981 im Betrieb ausgebildet worden und mit einer Unterbrechung seit 1991 wieder dort beschäftigt, aber er und auch I E, der seit 1968 im Betrieb beschäftigt ist, sind nicht an der Kappkreissäge tätig, sondern haben mit ihr nichts zu tun. Es kann daher nicht erwartet werden, dass diese beiden Personen eine verlässliche Auskunft über den Zustand der Kappkreissägen geben können. Wenn der Berufungswerber selbst aussagte, die Kappkreissäge habe von Anfang an denselben Zustand aufgewiesen wie am 15.09.1998, ist zu berücksichtigen, dass er nicht unter Wahrheitspflicht stand und dass die beiden Urkunden, die die Erfüllung des Punktes 17.) dokumentieren, eher darauf hindeuten, dass zu diesen Zeitpunkten doch Schutzvorrichtungen vorhanden waren. Diese müssten demnach nachträglich entfernt worden sein. Nach Aussage des Berufungswerbers hätten ja Schutzvorrichtungen wegen der verschiedenen Stärke des Schnittgutes zu Schwierigkeiten geführt bzw. würden deswegen in kurzer Zeit beschädigt werden. Es ist hier nicht zu beurteilen, ob dies reine Spekulation ist oder auf einer konkreten Erfahrung beruht.

Es ließ sich nicht erweisen, dass das Arbeitsinspektorat bei seinen Betriebskontrollen auch die Kappkreissägen kontrolliert hat, dabei die Kappkreissägen nicht durch Schutzvorrichtungen gesichert waren und dass das Arbeitsinspektorat dem Berufungswerber dezidiert die Auskunft gab, dies sei zulässig. Es gelang dem Berufungswerber daher nicht, den Schuldausschließungsgrund des Rechtsirrtums zu beweisen, weshalb er Fahrlässigkeit zu verantworten hat.

Strafbemessung:

Nach § 130 Abs 1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von S 2.000,-- bis S 100.000,--, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von S 4.000,-- bis S 200.000,-- , zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen ...

 16.) die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

Mangels einschlägiger Vorstrafen ist der erste Strafsatz anzuwenden.

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Das Fehlen von Schutzabdeckungen führte zu einem schweren

Arbeitsunfall, der einen Erschwerungsgrund bildet.

Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Es ist kein Milderungsgrund vorhanden, insbesondere auch nicht jener des § 34 Z 11 StGB, wonach es mildernd ist, dass die Tat unter Umständen begangen wurde, die einem Schuldausschließungs- oder Rechtfertigungsgrund nahe kommen.

Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse:

Monatliches Bruttoeinkommen: S

Vermögen: Hälfteanteil an einem Einfamilienhaus, ein geringfügiger Geschäftsanteil an der P Gesellschaft m.b.H.;

Sorgepflichten: für eine teilzeitbeschäftigte Ehegattin und 2 Kinder;

Belastungen: Hälfteanteil an offenen Darlehensforderungen für den Hausbau in Gesamthöhe von S.

Angesichts der Schwere des Arbeitsunfalls, der eine Folge der Verletzung des § 10 Abs 1 Maschinen-Schutzvorrichtungsverordnung ist, ist die Geldstrafe von S 5.000,-- nieder ausgemessen, sie kann nicht herabgesetzt werden.

Der Spruch des Straferkenntnisses ist neu zu fassen, unter

anderem, um zum Ausdruck zu bringen, dass die Kappkreissägen am 15.09.1998 benutzt wurden.

Als eine Folge der Herabsetzung des Ersatzarrestes fällt kein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren an (§ 65 VStG), denn die Festsetzung eines Ersatzarrestes von 3 Tagen entspricht nicht § 16 VStG:

Danach gilt als Höchstmaß 14 Tage und die Ausmessung richtet sich nach den allgemeinen Strafzumessungskriterien. Dies bedeutet, dass bei Festsetzung einer Geldstrafe von S 5.000,-- bei einem Strafrahmen von S 2.000,-- bis S 100.000,-- der Ersatzarrest von 3 Tagen zu hoch ist.

Die Berufung ist somit abzuweisen.

Schlagworte
Kreissägen Benützung Schutzvorrichtungen Verdeckung Unzugänglichkeit Tatbestandsmerkmal
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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