TE UVS Salzburg 2000/10/18 3/11694/25-2000ub

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.10.2000
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg erlässt durch das Senatsmitglied Dr. Ursula Bergmüller-Hannak über die Berufung von Frau Monika M in R, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Jürgen Z in S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg vom 16.5.2000, Zahl 2-6/369-13039-1999, folgendes Erkenntnis:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG wird die Berufung zu den Punkten 2) und 3) als unbegründet abgewiesen; zu den Punkten 1) und 4) wird ihr Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis in diesen Punkten einschließlich der dazu gehörigen Kostenaussprüche in der Höhe von S 400,-- aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren diesbezüglich gemäß § 45 Abs 1 Z 2 (betreffend Punkt 1) und gemäß Z 3 (betreffend Punkt 4) leg cit eingestellt.

Bei der Tatumschreibung im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird nach der Wortfolge ?Sie haben diesen Fußgänger mit ihrem Fahrzeug angefahren? die Wortfolge ?und dabei verletzt? ergänzt.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat die Beschuldigte außer dem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren zu den Punkten 2) und 3) einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von S 800,-- zu leisten.

Weiters hat die Beschuldigte gemäß § 1 Abs 1 Z 1 lit a Salzburger Landes- und Gemeindekommissionsgebührenverordnung idgF für den am 14.9.2000 durchgeführten Ortsaugenschein für drei Amtsorgane für sechs angefangene halbe Stunden S 3.240,-- bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird der Beschuldigten zur Last gelegt, sie habe am 9. November 1999 um ca. 17.30 Uhr den Personenkraftwagen, Kennzeichen TA-83 FK (Opel Astra), auf der Zgasse in Tamsweg markteinwärts gelenkt und habe

1) auf Höhe des Fußgängerüberganges (Schutzweg) - Bereich Elektro/Möbel B ? einem Fußgänger, der diesen Schutzweg benützt habe, das ungehinderte und ungefährdete

Überqueren der Fahrbahn nicht ermöglicht. Sie habe sich ohne Verminderung der Fahrgeschwindigkeit diesem Schutzweg genähert und habe vor diesem Schutzweg nicht angehalten, um diesem Fußgänger (Herbert F) das Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen. Sie habe diesen Fußgänger mit ihrem Fahrzeug angefahren.

2)nach diesem Verkehrsunfall, mit dem sie in ursächlichem Zusammenhang gestanden sei, nicht sofort angehalten, 3)obwohl als Folge dieses Verkehrsunfalles Schäden für Personen zu befürchten gewesen seien, keine zur Vermeidung solcher Schäden notwendigen Maßnahmen getroffen (Absperrungen, Aufstellen Warndreieck usw.)

4)auch nicht an der Feststellung des Sachverhaltes mitgewirkt.

 

Sie habe dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt, und wurden nachstehende Geldstrafen über die Beschuldigte verhängt:

zu 1): Übertretung gemäß § 9 Abs 2, 1.Satz Straßenverkehrsordnung

Geldstrafe gemäß § 99 Abs 3 lit a leg cit  .......... S 2.000,--

(Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden)

zu 2): Übertretung gemäß § 4 Abs 1 lit a Straßenverkehrsordnung

Geldstrafe gemäß § 99 Abs 2 lit a leg cit ............S 2.000,--

(Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden)

zu 3): Übertretung gemäß § 4 Abs 1 lit b Straßenverkehrsordnung

Geldstrafe gemäß § 99 Abs 2 lit a leg cit ........... S 2.000,--

(Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden)

zu 4): Übertretung gemäß § 4 Abs 1 lit c Straßenverkehrsordnung

Geldstrafe gemäß § 99 Abs 2 lit a leg cit ........... S 2.000,--

(Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden)

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat die Beschuldigte fristgerecht folgende Berufung eingebracht:

 

Einleitung: Mit Mandatsbescheid des 23.11.1999, Zahl 6/751-8539/1 1999, hat der Bezirkshauptmann der Bezirkshauptmannschaft Tamsweg der Berufungswerberin die Lenkberechtigung für die Klasse B, beurkundet mit Führerschein vom 20.12.1988, für die Dauer von 19 Monaten entzogen. Die Entzugszeit begann mit dem Zeitpunkt der Zustellung des gegenständlichen Bescheides. Es wurde gleichzeitig ausgesprochen, dass bis zum Ablauf der Entzugszeit eine neue Lenkberechtigung nicht erteilt werden darf. Die Berufungswerberin wurde aufgefordert, vor der Wiedererteilung der Lenkberechtigung den Nachweis über eine verkehrspsychologische Untersuchung beizubringen (§ 28 Abs. 2 Zif. 1 FSG). Gemäß § 57 Abs. 2 AVG hatte die gegen diesen Bescheid ergriffene Vorstellung vom 29.11.1999 keine aufschiebende Wirkung.

 

Der Bezirksanwalt beim Bezirksgericht Tamsweg hat gegen die Berufungswerberin das Strafverfahren wegen des Deliktes gem. § 88 Abs. 1 und 4, 1. Fall, StGB sowie wegen des Deliktes gem. § 94 StGB eingeleitet. Das Verfahren behing dort zu Zahl 31 BAZ 841/99b.

 

Mit Mitteilung vom 08.02.2000, 31 BAZ 841/99b, hat der Bezirksanwalt die Absicht zum Ausdruck gebracht, wegen des Tatvorwurfs gem. § 88 Abs. 1 und 4, 1. Fall, StGB, das Strafverfahren zu unterlassen, sofern ein Geldbetrag in der Höhe von S 2.500,00 bezahlt werde. Mit Benachrichtigung vom 15.02.2000 hat die Staatsanwaltschaft Salzburg die Anzeige im Hinblick auf den Tatbestand des § 94 Abs. 1 StGB (Imstichlassen eines Verletzten durch begangene Fahrerflucht) gem. §90 Abs. 1 StPO zurückgelegt. Die Staatsanwaltschaft hat keine hinreichenden Gründe gefunden, diesen Sachverhalt weiter zu verfolgen. Aufgrund der Zahlung des Geldbetrages von S 2.500,00 ist die Durchführung des Strafverfahrens im Hinblick auf den Tatbestand des § 88 StGB ebenfalls unterblieben.

 

Das Verfahren wegen Entziehung der Lenkerberichtigung wurde nach Einbringung der Vorstellung des 29.11.1999 im Hinblick auf das durchzuführende Verwaltungsstrafverfahren unterbrochen bzw. nicht mehr weitergeführt, um das Ergebnis des Verwaltungsstrafverfahrens abzuwarten.

 

Berufungsgründe im Einzelnen:

 

a) Unrichtige Beweiswürdigung und unrichtige

Tatsachenfeststellung:

 

Im Bescheid ist festgestellt, dass aufgrund des Unfallsgeschehens "Man wohl berechtigt davon ausgehen" müsse, "dass die Beschuldigte diesen Verkehrsunfall wahrnehmen musste". In diesem Zusammenhang wird die Aussage der Berufungswerberin, wonach ihre mitfahrenden Kinder sehr unruhig gewesen seien und sie den von ihr wahrgenommenen ?Tuscher" auf die Kinder zurückgeführt habe, als Schutzbehauptung beurteilt. Diese Feststellung sowie die damit im Zusammenhang stehende Beweiswürdigung wird bekämpft.

 

Die Behörde stützt erkennbar ihre Tatsachenfeststellung (die noch dazu gar nicht eindeutig, sondern inhaltlich als Vermutung, getroffen wird: "... muss man wohl berechtigt davon ausgehen...") allein auf den Umstand des angenommenen Kontaktes zwischen dem Fahrzeug der Berufungswerberin und dem Fußgänger F. Feststellungen über die Gehbewegungen des Zeugen F werden nicht getroffen. Feststellungen über konkrete Fahrbewegungen des Fahrzeuges der Berufungswerberin werden ebenfalls nicht getroffen, sieht man einmal von der Annahme einer Fahrgeschwindigkeit von 50km/h ab. Der Kontakt zwischen dem Fußgänger und dem Auto der Berufungswerberin wird mit "gestreift" beschrieben, also mit jener Art des Kontaktes, bei der (wohl unbestreitbarer Maßen) typischerweise die geringste Kraftübertragung stattfindet.

 

Dies bedeutet, dass die Behörde allein aufgrund des Umstandes des Kontaktes zwischen dem Fahrzeug und dem Fußgänger davon ausgeht, dass die Berufungswerberin den Verkehrsunfall wahrnehmen musste. Dabei bleiben die Darstellungen der Berufungswerberin im Rahmen ihrer Einvernahme ebenso inhaltlich ungewürdigt (die Behauptung, etwas stelle eine Schutzbehauptung dar, ist keine zureichende Begründung der Beweiswürdigung), wie auch jene Vorbringen, die durch den Vertreter der Berufungswerberin im Hinblick auf mögliche Bewegungsabläufe des Fußgängers und daraus resultierende Möglichkeiten des Kontaktes zwischen dem Fahrzeug und dem Fußgänger angestellt wurden. Gerade die denkbaren Bewegungsabläufe des Fußgängers belegen, dass nicht davon auszugehen ist, dass die Berufungswerberin den Verkehrsunfall habe erkennen können: um nämlich am Fahrzeug der Berufungswerberin jene Schäden hervorzurufen, die festgestellt wurden, kann sich der Fußgänger nicht in einer durchgehenden Gehbewegung auf dem Schutzweg befunden haben, er muss vielmehr über den Fahrkanal des Fahrzeuges bereits hinausgetreten und dann wieder ein Stück in Richtung des Fahrzeuges zurückgetreten sein; bei einem maßgeblich anderen Bewegungsablauf wäre der Fußgänger nämlich vom Fahrzeug der Berufungswerberin entweder aufgeschaufelt oder überfahren worden. Jedenfalls wäre der Primärkontakt frontal am Fahrzeug und nicht seitlich am Außenspiegel erfolgt. Es gibt im übrigen keine Beweisergebnisse, die diese naheliegende Annahme widerlegen. Es auch keine der Behauptung der Berufungswerberin, wonach sie von ihren Kindern hervorgerufene Unruhe für das wahrgenommene Geräusch verantwortlich gemacht habe, entgegenstehenden Beweisergebnisse. In Wahrheit sind daher die den Schuldspruch stützenden Tatsachenfeststellungen unbegründet, weil sich die erstinstanzliche Behörde nicht mit dem Inhalt der durch die Niederschriften gewonnenen Beweisergebnisse und dem Vorbringen der Berufungswerberin auseinandergesetzt hat.

 

b) Mangelhaftigkeit des Verfahrens:

 

In der Stellungnahme des 10.03.2000 hat die Berufungswerberin für das von ihr erstattete Vorbringen im Hinblick auf die bewegungstechnischen Abläufe der Unfallsbeteiligten sowie im Hinblick auf ihre Verantwortung, dass die von den Kindern hervorgerufene Unruhe durch sie berechtigtermaßen mit dem wahrgenommenen Geräusch in Zusammenhang gebracht werden konnte, die Einholung eines KFZ-technischen Gutachtens beantragt. Diesem Antrag wurde - ohne Begründung - nicht stattgegeben. Es wurde weder beweiswürdigend ausgeführt, weshalb der Antrag nicht zielführend ist. Noch wurde aus rechtlichen Gründen ausgeführt, weshalb die Beweisführung keine neuen Erkenntnisse erbringen könnte. Es liegt ein Verfahrensmangel vor, der auf die Entscheidung maßgeblichen Einfluss hat. Allein der Umstand, dass aus dem Erkenntnis abzuleiten ist, dass bereits die entscheidende Tatsachenfeststellung nicht mit 100%-iger Sicherheit getroffen wird ("muss man wohl berechtigt davon ausgehen"), belegt, dass die Einholung eines Gutachtens für den Fall erforderlich gewesen wäre, dass die Behörde den Darstellungen der Berufungswerberin in ihrer Niederschrift und den Ausführungen ihres Vertreters im Verfahren nicht Rechnung trägt. Es liegt daher ein relevanter, das Verfahrensergebnis beeinflussender, Verfahrensmangel vor.

 

c) Unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache:

 

Die Annahme der Erfüllung eines Tatbestandes des § 4 StVO setzt voraus, dass es einerseits zu einem Verkehrsunfall gekommen ist, der mit dem Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang steht, und andererseits der Lenker von diesem Verkehrsunfall gewusst hat (VwGH 24.10.1980, ZfVB 1981/6/1668). Selbst wenn man davon ausgeht, dass der Berufungswerberin das Unterlassen gehöriger Aufmerksamkeit zur Last zu legen ist, also annimmt, dass die Berufungswerberin bei gehöriger Aufmerksamkeit die Möglichkeit eines Verkehrsunfalles erkennen hätte können, wären Sachverhaltsfeststellungen zu treffen gewesen, die eine derartige Annahme belegen. Auch daran mangelt es im angefochtenen Straferkenntnis, weil hier allein der Umstand festgestellt ist, dass es zwischen dem Fahrzeug und dem Fußgänger zu einem Kontakt gekommen ist ("gestreift"), jedoch keine Feststellungen getroffen sind, wie der Kontakt stattfand, welche Gehbewegungen der Fußgänger ausgeführt hat, welche Fahrbewegungen das Fahrzeug ausgeführt hat und, weshalb es noch Annahme der erstinstanzlichen Behörde zu einer "Streifung" überhaupt kommen konnte. Man setzt sich in diesem Zusammenhang nicht mit dem Vorbringen auseinander, wonach der Fußgänger offensichtlich bereits über den Fahrkanal des Fahrzeuges hinaus getreten und seine Gehrichtung wiederum verändert haben muss; ebenso wenig setzt man sich mit dem Vorbringen auseinander, wonach die Verletzungen des Fußgängers keinen Primärkontakt zwischen dem Außenspiegel am Fahrzeug der Beschuldigten und dem Rumpf des Fußgängers nahe legen; man setzt sich im Hinblick auf allenfalls anzunehmende Fahrlässigkeit auch nicht inhaltlich mit dem Argument auseinander, die Berufungswerberin durch die unruhigen Kinder in ihrer Aufmerksamkeit abgelenkt war und eine derartige Ablenkung auch nicht vorhersehbar gewesen ist.

 

Zusammengefasst fehlt es an jenem Tatsachensubstrat, welches die Annahme der Deliktserfüllung gerechtfertigt erscheinen lässt. Die Entscheidung ist daher auch rechtlich unrichtig.

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg hat nach Durchführung zweier öffentlicher mündlicher Verhandlung (jener am 14.9.2000 mit Ortsaugenschein) sowie nach Parteieneinvernahme der Beschuldigten und zeugenschaftlicher Einvernahme des Herbert F und der Martha G, weiters auf Grund der beigeschafften Unterlagen und schließlich auf Grund der Gutachten des kraftfahrtechnischen Amtssachverständigen Ing. Rupert W und des medizinischen Amtssachverständigen Dr. Robert S in einer gemäß § 51c VStG durch ein Einzelmitglied zu treffenden Entscheidung folgendes festgestellt und erwogen:

 

Die Beschuldigte lenkte zum Tatzeitpunkt den PKW der Marke Opel Astra Caravan, Farbe dunkelblau, mit dem polizeilichen Kennzeichen TA-83 FK in Tamsweg, von der Z-brücke kommend, auf der Z-gasse Richtung markteinwärts und touchierte auf dem Schutzweg vor dem Möbelhaus Berger, der sich unmittelbar nach der rechtsseitig in die Z-gasse einmündenden F-gasse befindet, den Zeugen Herbert F mit dem rechten Außenspiegel so, dass dieser dadurch abriss und der Zeuge schwer verletzt wurde. Wie die Touchierung stattfand, war nicht genau feststellbar, ist jedoch für das Verwaltungsstrafverfahren ? entgegen der Beschuldigtenansicht ? auch nicht von entscheidener Relevanz. Die Beschuldigte will ihren eigenen Angaben nach den Fußgänger nicht bemerkt haben, weil ihre beiden minderjährigen Kinder (zum Tatzeitpunkt zweieinhalb und viereinhalb Jahre alt) gelärmt haben und unter anderem mit den Fahrzeuggurten gegen die Innenwand des Fahrzeugfond geschlagen hätten. Sie habe zwar einen ?Tuscher? gemerkt, trotz Schauens ? dabei konnte die Beschuldigte nicht mehr angeben, wohin sie geschaut hatte, glaubte aber, zu den Kindern zurückgeschaut zu haben ? habe sie aber nichts bemerkt. Sie hielt weder an, noch erfüllte sie die ihr sonst gemäß § 4 StVO auferlegten Verpflichtungen. Direkt vor Ort wurde ein von einem Fahrzeug abgerissener rechter Außenspiegel aufgefunden, der auf Grund der Gendarmerie-Erhebungen eindeutig dem Beschuldigtenfahrzeug, bei dem der rechte Außenspiegel fehlte, zuzuordnen war.

 

Der Fußgänger hatte den Schutzweg in Fahrtrichtung der Beschuldigten gesehen von links nach rechts passiert. Dafür, dass dieser auf dem Schutzweg umdrehte, zurückging oder überhaupt von rechts gekommen sei, sind im Verfahren keine Anhaltspunkte hervorgekommen; die diesbezügliche Annahme wurde nur vom Beschuldigtenvertreter in den Raum gestellt. Der Zeuge hatte an den Unfall selbst keine Erinnerung mehr, konnte aber noch angeben, dass er seinerzeit vorhatte, einen Besuch in den Wohnblöcken in der Schallhammerstraße zu machen. Diese ist vom S-weg kommend, über die Z-gasse gehend nur dann erreichbar, wenn der Fußgänger die Z-gasse in Fahrtrichtung der Beschuldigten gesehen von links nach rechts passiert, um schließlich über die Florianistraße in die Schallhammerstraße zu gelangen. Die Zeugin G, welche ihrerseits das der Beschuldigten entgegen kommende Fahrzeug lenkte, konnte mit Ausnahme der effektiven Touchierung den Tathergang relativ genau schildern. Ausgehend von den Schilderungen der beiden einvernommenen Zeugen und den fragmentarischen Angaben der Beschuldigten selbst erstatteten der kraftfahrtechnische Amtssachverständige und der medizinische

Amtssachverständige nachstehende Gutachten:

 

Kraftfahrtechnisches Gutachten:

?Frau Monika M wird beschuldigt mit ihrem PKW (Opel Astra Caravan) am 9. November 1999 einen Verkehrsunfall mit einem Fußgänger verursacht zu haben. Der Unfallsort war im Ortsgebiet von Tamsweg in der Z-gasse beim Schutzweg in Höhe der Firma B. Der Schutzweg befindet sich ortseinwärts gesehen nach der Kreuzungseinfahrt von der Z-gasse zum B Einkaufsmarkt. Die Straße verläuft von der Zbrücke kommend leicht abfallend und in einer leichten Linkskurve Richtung ortseinwärts. Ab der Z-brücke ist die Sichtweite auf den gegenständlichen Kreuzungsbereich bereits gegeben, die freie Sicht für ein aus Richtung Z-brücke kommendes Fahrzeuges auf den gegenständlichen Schutzweg beträgt ca. 130 m.

Die Breite der Fahrbahn beträgt im Bereich des gegenständlichen Schutzweges 9,6 m. Die Breite des Schutzweges wurde mit 3,0 m vermessen. Die Fahrbahnoberfläche besteht aus ganz normalem, üblichen Straßenasphalt. Beidseitig der Fahrbahn ist jeweils ein Gehsteig vorhanden. Auf der rechten Straßenseite stadteinwärts gesehen ab der Z-brücke sind sieben Beleuchtungskörper in Form von Straßenlaternen vorhanden, wobei die Straßenlaterne Nummer 7 unmittelbar direkt am Gehsteigrand neben dem gegenständlichen Schutzweg angebracht ist.

 

Anlässlich des Ortaugenscheines vom 14. September 2000 wurde auch das Fahrzeug der beschuldigten Lenkerin, ein Opel Astra Caravan, besichtigt.

Das Fahrzeug stand bei der Beschuldigten in einem Holzschuppen auf unbefestigtem Erdreichboden und war nicht fahrbereit. Laut Angaben der Beschuldigten steht das Fahrzeug seit Herbst 1999 hier, und es war daher nicht zu starten, weil auf Grund der langen Stehzeit die Batterie sich entleert hatte. Ebenso ließ sich das Fahrzeug auch nicht unter größter Anstrengung von Hand aus dem Holzschuppen herausschieben. Da auf dem Fahrzeug eine sehr dicke Staubschicht lag, und im Holzschuppen kein künstliches Licht eingeschaltet werden konnte, war die Fahrzeugbesichtigung als nicht hilfreich für eine weitere Aufklärung anzusehen. Es konnten daher im wesentlichen keine verwertbaren Spuren oder neue Erkenntnisse gewonnen werden. Bestätigt werden kann jedoch, dass die Eindellung an der rechten A-Säule im Bereich des rechten Außenspiegels (wie es am Foto der Gendarmerie zu ersehen ist) nicht nur aus dem Unfallgeschehen mit dem Fußgänger stammen könnte, sondern auch, wie die Beschuldigte angibt, dadurch entstanden sein kann, dass ein Holzpflock von der über dem Fahrzeug im Holzschuppen befindlichen Holzlage herunter gefallen sei und die Delle am Fahrzeug verursacht habe.

 

Weiters wurden am Fahrzeug noch diverse Klangproben durchgeführt, da die Beschuldigte eingewendet hat, sie hätte von einem Unfallgeräusch nichts hören bzw. wahrnehmen können, weil ihre Kinder im Fond sitzend mit Spielzeug und dem losen Sicherheitsgurt bzw. dessen Schloss Lärm verursacht hätten. Diese Klang- bzw. Lärmproben ergaben, dass das Abklappen bzw. das aus der Halterung Reißen und Anschlagen des rechten Außenspiegels an der Beifahrertüre ein Geräusch verursacht, welches im Fahrzeuginneren für den Lenker so zu vernehmen ist, dass es auch mit dem Geräusch des Anklopfens bzw. Anschlagens des Sicherheitsgurtschlosses an die rechte Kunststofftürverkleidung verwechselbar ist. Beide Geräusch weisen eine gewisse Ähnlichkeit auf, und es muss daher dazu festgestellt werden, dass das Anstoßgeräusch des Rückblickspiegels am Fahrzeug nicht mit der für das Verfahren notwendigen Sicherheit eindeutig zuortbar ist.

 

Betrachtet man nun den Zeitablauf der Annäherung der Lenkerin M mit ihrem Fahrzeug an den Schutzweg und gleichzeitig das Überqueren des Schutzweges durch den Fußgänger F, so ergibt sich Folgendes: Bei Beginn des Überquerens des Schutzweges gibt der Geschädigte F an, dass das Fahrzeug sich in Position 8 der Niederschrift vom 14. September 2000 befunden hat. Diese Position 8 ist 110 m von der Mitte des gegenständlichen Schutzweges in Richtung Z-brücke entfernt. Bei der von der Beschuldigten angegebenen Fahrgeschwindigkeit von ca. 50 km/h braucht sie für diese Fahrstrecke eine Fahrzeit von 7,9 Sekunden. Der Fußgänger F braucht vom Beginn des Überquerens des Schutzweges bis zur Position 4 laut Verhandlungsniederschrift vom 14. September 2000, 7,8 Sekunden, wobei die Position 4 jene Position ist, an welcher die Zeugin G den Fußgänger F nach dem Unfall liegend am Zebrastreifen vorgefunden hat. Man sieht daraus, dass aus technischer Sicht der Bewegungsablauf in dieser Art und Weise abgelaufen sein kann.

 

Betrachtet man zu diesem Ablauf nun auch die weiteren Angaben der Zeugin G mit den Punkten 1, 2, 3 und 4 des Protokolls vom 14. September 2000, so ergibt sich daraus, dass der Fußgänger am Schutzweg auf Punkt 3 bis zum Punkt 4, 1,55 Sekunden lang gebraucht hatte und das Beschuldigtenfahrzeug von Punkt 2 bis zum Punkt 4, 1,69 Sekunden lang fuhr. In Erinnerung gerufen wird zum Protokoll vom 14. September 2000, dass der Punkt 2 jener Punkt ist, an dem die Zeugin G das Beschuldigtenfahrzeug in etwa eingeordnet hat, als der Fußgänger bei Punkt 3 die Fahrbahn zu überqueren versuchte und bei Punkt 4 dann nach dem Unfall zu liegen kam. Aus beiden Bewegungsabläufen ist unabhängig zu erkennen, dass sie einer zeitlichen Realität entsprechen und aus technischer Sicht gesehen so wie angegeben abgelaufen sein können, bzw. von beiden Zeugen unabhängig festgestellt eine einwandfreie zeitliche Übereinstimmung gegeben ist.

 

Zur Kontaktierung des Fußgängers mit dem Auto wird im Konkreten nun Folgendes festgehalten: Der von der Beschuldigten vorgebrachten Variante, dass der Bewegungsablauf bis zur Kontaktierung so gewesen wäre, dass der Fußgänger bei der Kontaktierung nicht aus dem Fahrzeug hinausgegangen ist, sondern von rechts in das Fahrzeug hineingegangen wäre, kann von Seiten des Sachverständigen nicht gefolgt werden. Auszugehen ist vielmehr davon, dass der Fußgänger beim Überqueren der Fahrbahn von links nach rechts gerade noch vom rechten vorderen Fahrzeugeck des Fahrzeuges berührt wurde, allerdings nur insofern, dass er nicht gleich umgestoßen wurde und auch nicht auf das Fahrzeug aufgeschaufelt wurde. Durch diese leichte Berührung am Fahrzeugeck (Kunststoffstoßstange) ergaben sich auch am Fahrzeug keine entsprechenden Unfallsschäden zu erkennen. In weiterer Folge kam der Fußgänger durch seine natürliche Gehbewegungsrichtung noch aus dem vorderen Fahrzeugfrontbereich heraus, wurde aber mit dem rechten Außenspiegel noch gestreift.

 

Dies ergibt sich daraus, dass der Fußgänger ca. einen Zehntelmeter in einer Zehntelsekunde bei seiner Gehweise zurücklegt und das Fahrzeug ca. 1,4 m in einer Zehntelsekunde Fahrtstrecke zurücklegt. Bei einer Länge von 1,4 bis 1,5 m von der Fahrzeugfront bis zum Außenspiegel befindet sich der Fußgänger damit noch im Streifbereich des rechten Außenspiegels, der ca. 15 cm über die Fahrzeugfront seitlich rechts hinaus ragt, und somit vom Fußgänger noch so berührt werden kann, dass er aus der Halterung klappt und am Fahrzeug anschlägt. Da beim gegenständlichen Fahrzeug der Außenspiegel mit einer relativ leicht konstruierten Kunststoffklemme im ausgehängten Zustand an der Spiegelhalterung befestigt ist, kann dann der Außenspiegel durch das Entlangstreifen des Körpers des Fußgängers aus der Halterung gerissen werden und, wie im Protokoll angegeben, auf Punkt 6 der Straße zu liegen kommen. Der Fußgänger selbst blieb nun in der Mittelebene des Schutzweges auf Punkt 4 am Schutzweg liegen. Bei einem aus einer Kontaktierung herausgehenden Fußgänger weist die einschlägige Verkehrsunfallsfachliteratur darauf hin, dass der Fußgänger in unmittelbarer Nähe des Zusammenstoßes zu liegen kommt. Im Gegensatz dazu sagt die Fachliteratur aus, dass bei der Variante des in die Kontaktierung hineingehenden Fußgängers dieser durch seine Gehbewegung beim Anstoß mit den Oberschenkeln oder der Hüfte an den vorderen Kotflügel mit dem Oberkörper über das Fahrzeug gebeugt wird, dabei Schäden am Fahrzeug im Bereich der Windschutzscheibe und des Daches oder der Dachkante entstehen, und dann durch die Bewegungsrichtung des Fahrzeuges und durch den natürlichen Anpressdruck aus der Gehrichtung der Fußgänger vom Fahrzeug eine gewisse Strecke mitgenommen wird, bevor er seitlich zu Boden stürzt. Im gegenständlichen Fall würde dies allerdings bedeuten, dass der Fußgänger entweder einige Meter vor dem Schutzweg in Richtung Zbrücke die Fahrbahn überqueren hätte müssen, um auf dem Schutzweg direkt zu liegen zu kommen oder aber der Fußgänger bei der Überquerung am Schutzweg dann nach der Kontaktierung einige Meter nach dem Schutzweg auf der Fahrbahn zu liegen kommen hätte müssen.

 

Da dies nicht der Fall war, darf mit entsprechender Sicherheit davon ausgegangen werden, dass der Fußgänger nicht in das Fahrzeug hineingegangen ist, sondern wie vorhin beschrieben, aus der Fahrzeugfront gerade noch unter leichter Touchierung herausgekommen ist.

 

Da die beschuldigte Fahrzeuglenkerin angibt, sie hätte während des ganzen Annäherns an den Schutzweg sowie auch während der Kontaktierung keinen Fußgänger gesehen, muss nun die unmittelbar vor der Kontaktierung ablaufende Zeit bzw. die dazugehörigen Sichtverhältnisse näher betrachtet werden. Kam der Fußgänger nun, wie angegeben von links nach rechts, über die Fahrbahn und wurde mit dem rechten vorderen Fahrzeugeck erfasst, so stellt sich eigentlich eine Frage hinsichtlich der Sicht der Lenkerin auf den Fußgänger aus technischer Sicht nicht, weil dies vollkommen klar ist, dass ein Fahrzeuglenker das rechte vordere Fahrzeugeck eindeutig sehen können muss. Aber sollte der Fußgänger auch gegen alle vorherigen technisch klaren Anhaltspunkte von rechts in das Fahrzeug eingetreten sein, so kann er auch hier nur maximal 25 cm vom rechten vorderen Fahrzeugeck entfernt gewesen sein, als er sich näherte, da er ansonsten nicht in ca. einer Zehntelsekunde den Seitenabstand bis zum rechten Außenspiegel überwinden könnte und diesen berühren und ausreißen könnte, wenn sich das Fahrzeug der Beschuldigten mit einer Fahrgeschwindigkeit von 50 km/ h an ihm vorbei bewegt. Man darf aber auch in diesem konstruierten Falle mit Sicherheit davon ausgehen, dass ein Lenker einen Fußgänger durch die Windschutzscheibe erkennen kann, wenn er sich nicht direkt unmittelbar vor dem Fahrzeug befindet, sondern 25 cm rechts von seinem vorderen Fahrzeugeck. Der Überblick in einem solchen Fall ist durch die ganze Windschubscheibe einwandfrei gegeben, und wird auch in den einschlägigen EU-Regeln für den Fahrzeugbau mit 180' Sichtwinkel durch die Windschutzscheibe dokumentiert.

 

Wäre der Fußgänger wesentlich weiter als die 25 cm vom rechten Fahrzeugeck entfernt gewesen, so hätte er mit seiner Gehgeschwindigkeit von ungefähr einem Meter pro Sekunde bei einer Fahrgeschwindigkeit des Fahrzeuges von ungefähr 13,89 m pro Sekunde dieses gar nicht mehr erreichen können und das Fahrzeug wäre ohne Kontaktierung an ihm vorbeigefahren.

Die beschuldigte Lenkerin M sagt nun weiters aus, sie hätte keinen Fußgänger gesehen, weder vor noch nach der Kontaktierung. Sie hätte lediglich einen "Tuscher" gehört. Geht man davon aus, dass die Beschuldigte, wie sie selbst, sagt mit 50 km/ h sich dem Schutzweg genähert hat, so hat sie ab einer Sichtweite von ca. 130 m (wie anfangs angegeben) eine Fahrzeit von ca. 9,3 Sekunden bis zum Schutzweg. Ab dem Punkt 8 laut Protokoll hat sie immer noch eine Fahrzeit von ca. 7,9 Sekunden. Aus technischer Sicht erscheint es nun nahezu undenkbar und nicht der Realität beim Lenken eines Kraftfahrzeuges entsprechend, dass man einen solch langen Zeitraum immer zu den Kindern im Fahrzeugfond zurückschaut (weil diese streiten) und die Beobachtung der Fahrbahn vor sich, noch dazu wo man sich in einer leichten Linkskurve befindet und sich zwei knapp hintereinander folgenden Schutzwegen nähert, außer Acht läst. Eine derartig intensive Ablenkung durch die Kinder müsste einem Lenker bereits Überlegungen näher bringen, eventuell sein Fahrzeug anzuhalten und andere Maßnahmen zu setzen. War nun die Lenkerin auch unmittelbar während der Kontaktierung so abgelenkt, dass sie den Fußgänger nicht beobachtete, so hat sie aber einen "Tuscher" wahrgenommen. Dieses Geräusch, welches laut Angaben der Lenkerin M sie auf die Unruhe ihrer Kinder zurückführt, hat aber doch so viel Gewichtigkeit, dass man im Bereich eines Schutzweges, auf welchem ohne Zweifel erhöhte Aufmerksamkeit geboten ist, auch mit anderen Ursachen für ein solches Geräusch als Lenker zu rechnen hat. Die Lenkerin sagt selbst, dass sie trotz sofortigen Schauens auf der Fahrbahn niemand sehen konnte.

 

Sie konnte jedoch nicht mehr ausführen, ob sie nun rückwärts über die Schulter geschaut hat, oder, ob sie in einen der drei bei diesem Fahrzeug vorhandenen Rückblickspiegel die Fahrbahn nach hinten beobachtete.

 

Davon ausgehend, dass ein Kombinationskraftwagen wie der gegenständliche verpflichtend mit einem rechten Außenspiegel ausgerüstet sein muss, ist ein Lenker eines solchen Kraftfahrzeuges in einer Situation wie der gegenständlichen auch verpflichtet alle Möglichkeiten der Beobachtung der Fahrbahn hinter seinem Fahrzeug und damit beinhaltend auch den rechten Außenspiegel, zu nützen. Dabei hätte der Lenkerin M allerdings sofort auffallen müssen, dass der rechte Außenspiegel an ihrem Fahrzeug nicht mehr vorhanden ist und dieser Umstand alleine sie dazu auf den zwingenden Gedankenschluss hätte kommen lassen müssen, dass das vorhin genannte Geräusch auch einen anderen Grund haben könnte, als die Unruhe ihrer Kinder im Fahrzeugfond. Ein Anhalten des Fahrzeuges, um nach dem plötzlich verloren gegangen Außenspiegel nachzusehen, hätte der Beschuldigten dann eindeutig die Situation am Schutzweg erkennen lassen.

 

Ein weiterer technischer Hinweis, dass die Lenkerin M den Fußgänger gesehen hatte, ergibt sich aus dem Umstand, dass das Unfallopfer 2,25 m vom rechten Gehsteigrand entfernt am Schutzweg lag und damit auf Grund des Schadensbildes das Fahrzeug von jenem Punkt 4 des Protokolls mit einer Fahrzeugbreite von ca. 1,8 m dazu gerechnet links vom Fußgänger gefahren sein muss. Es ergibt sich somit ein Seitenabstand der linken Fahrzeugseite des Beschuldigtenfahrzeuges vom rechten Gehsteigrand von ca. 4,05 m. Die Leitlinie der Fahrbahn für die Trennung des linken und rechten Fahrbahnstreifens befindet sich in einer Entfernung von 3,7 m vom rechten Gehsteigrand. Es ergibt sich somit daraus, dass das Fahrzeug ca. 35 cm über der Leitlinie seines Fahrstreifens im Fahrstreifen des Gegenverkehrs bereits gefahren sein muss, da ansonsten eine Kontaktierung rechter Außenspiegel mit Fußgänger technisch nicht möglich wäre.

 

Betrachtet man nun das Befahren der gegenständlichen Kreuzung von der Z-brücke kommend Richtung ortseinwärts, und geht man davon aus, dass sich kein Fußgänger am Schutzweg befindet, so muss es aus verkehrstechnischer Sicht nicht nur als unüblich, sondern als eigentlich nicht zulässig betrachtet werden, dass man nicht innerhalb seines Fahrstreifens fährt bzw. eine zumutbare Rechtsfahrordnung einhält bzw. soweit ohne Grund zur Fahrbahnmitte heranfährt, dass ein Teil des Fahrzeuges bereits in den Fahrstreifen des Gegenverkehrs hineinragt. Es drängt sich damit die technische Schlussfolgerung auf, dass die Lenkerin M auf Grund dieser Fahrlinie den Fußgänger doch gesehen haben dürfte, allerdings, aus welchen Gründen auch immer, dies so spät geschah, dass ein Ausweichen bzw. Auslenken des Fahrzeuges von der Lenkerin nicht mehr entsprechend umgesetzt werden konnte.

 

Abschließend wird festgestellt, dass zusammenfassend für den gegenständlichen Unfallsablauf es sich hierbei nicht um den klassischen Fußgängerunfall mit dem Niederstoßen und - oder dem Aufschaufeln des Fußgängers handelt und somit eindeutig bessere und klarere Unfallschäden am Fahrzeug vorliegen würden als im gegenständlichen Fall, allerdings auch der gegenständliche Streifunfall von der rechten vorderen Fahrzeugecke über den rechten Außenspiegel des Fahrzeuges so viele eindeutige Hinweise hinsichtlich der Möglichkeit des Bemerkens eines solchen Unfalles für einen Kraftfahrzeuglenker ergibt, dass ein mit der nötigen Aufmerksamkeit fahrender Kfz-Lenker diese auch erkennen hätte müssen. Aus Sicht der Verkehrsvorschriften sowie aus fahrtechnischer Sicht gesehen darf es für einen Kraftfahrzeuglenker niemals soweit kommen, dass er durch Unaufmerksamkeit und Ablenkung in eine Verkehrssituation wie der gegenständlichen kommen kann?.

 

Hinsichtlich der im Gutachten zitierten Nummerierungspunkte wird auf die im Akt erliegende Skizze des Sachverständigen verwiesen.

 

Medizinisches Gutachten:

 

?Aus medizinischer Sicht kann Folgendes festgestellt werden:

 

Aus dem Akt lässt sich entnehmen, dass Herr F folgende Verletzungen erlitt

(Verletzungsanzeige vorn Krankenhaus Tamsweg vom 9.11.1999):

? Bruch des Stirnbeines

? Nasenbeinbruch

? RQW im Bereich der Stirne

? Prellung des linken Schultereckgelenkes

? Knöcherne Kreuzbandausriss re. Kniegelenk

? Riss des medialen Seitenbandes re. Kniegelenk

 

Diagnosen aus dem Gutachten von Dr. So:

1. Bruch des Stirnbeins und Mitbeteiligung des rechten Augenhöhlendaches und Rissquetschwunde an der rechten Stirnseite

2. Bruch des Nasenbeins und Hautabschürfung über den knöchernen Nasenrücken

3.

Prellung des linken Brustbein-, Schlüsselbeingelenkes

4.

Prellung und Hautabschürfung des linken Unterschenkels

 

Aus der Verlaufsanamnese im Gutachten Dr. So lässt sich noch entnehmen, dass Hautabschürfungen am rechten Ellbogen gefunden wurden, außerdem eine Bissverletzung an

der Zunge links.

 

Das Gutachten stützt sich auf den durchgeführten Ortsaugenschein am 14.9.2000, die Verletzungsanzeigen vom Krankenhaus Tamsweg bzw. auf das Gutachten Dr. So sowie auf das Gutachten des technischen Sachverständigen Ing. Rupert W. Wenn man davon ausgeht, wie vom technischen Sachverständigen festgestellt, dass Herr F vom Spiegel gestreift wurde, so lassen sich die Verletzungen folgendermaßen erklären: Herr F wird vom Außenspiegel erfasst und in eine Rechtsdrehung versetzt, dabei Entlanggleiten mit dem rechten Arm (Abschürfungen im Bereich des rechten Ellbogens), Weiterdrehen mit Kontakt des Autos und der rechten Schädelseite, wodurch es möglicherweise zur Fraktur des Stirnbeines und des Nasenbeines kam mit der Rissquetschwunde rechts. Weitere Drehung, wobei es durchaus möglich ist, dass Herr F noch versuchte, sich mit dem rechten Bein abzustützen, was in Einklang zu bringen wäre mit einem "Hochschnellen des Körpers", wie es die Zeugin G ausgesagt hat. Dabei könnte er sich die Verletzungen im rechten Knie zugezogen haben. Nach einer insgesamt etwas über 360 Grad-Drehung des Körpers, Aufschlagen auf den Boden, wodurch es zur Prellung des linken Schultergelenkes gekommen sein dürfte. Das versuchte Abstützen mit dem Bein dürfte auch deshalb wahrscheinlich sein, da die Liegeposition des Verletzten relativ weit in der Straßenmitte angegeben wurde. Bei einem Normalanprall bzw. -anstreifen ohne Gegenkraft wäre die Liegeposition höchstwahrscheinlich weiter beim Randstein gewesen. Zusammenfassend kann somit festgestellt werden, dass die Verletzungen, die Herr F beim Unfall erlitten hat, mit dem möglichen Unfallverlauf, wie er vom technischen Amtssachverständigen beschrieben wurde, in Einklang zu bringen sind.?

 

Die mündliche Erörterung des Gutachtens, insbesondere die Beantwortung der vom Beschuldigtenvertreter gestellten Fragen, brachte keine weiterführenden Erkenntnisse, sodass deren Wiedergabe schon aus verfahrensökonomischer Sicht entbehrlich erscheint.

 

In beweiswürdigender Hinsicht stützt der gefertigte Senat auf die nachvollziehbaren Gutachten der bewährten zugezogenen Sachverständigen, an deren Schlüssigkeit keinerlei Zweifel bestanden. Die Gutachten ihrerseits konnten sich auf die in allen wesentlichen Bereichen weitestgehend übereinstimmenden und zusammenpassenden Aussagen der Zeugen G und F ? die miteinander in keinerlei Zusammenhang standen ? stützen. Selbst wenn der Zeuge F früher unter epileptischen Anfällen litt, so sind dafür, dass er auch beim gegenständlichen Unfall einen solchen Anfall erlitten haben könnte, keinerlei Indizien hervorgekommen; insbesondere hat der Zeuge auch betont, seit mehreren Jahren keinen solchen Anfall mehr erlitten zu haben.

 

Der Verwaltungssenat hegte sohin keinerlei Bedenken, den Aussagen beider Zeugen, die, soweit verfahrensrelevant, auch von den Gutachtern als nachvollziehbar erachtet wurden, Glauben zu schenken. Dass sich bei einem Geschehen, wie dem gegenständlichen, ein unfallbeteiligter Zeuge, der noch dazu schwer verletzt wird, wie der Zeuge F, aber auch eine nicht am Unfall beteiligte Zeugin, wie die Zeugin G, der vornehmlich die Hilfeleistung wesentlich erschien, nicht mehr an alle Details auf den Meter bzw. auf die Sekunde genau erinnern können, kann als unwiderlegliche Erfahrung des täglichen Lebens bezeichnet werden, welche Würdigung keiner näheren Erörterung bedarf.

 

Es ist für die Tatbildmäßigkeit der der Beschuldigten zum Vorwurf gemachten Übertretungen der §§ 4 und 9 StVO auch nicht wesentlich, wie dies der Rechtsvertreter offenbar vermeint, die genaue Kollisionsstelle ? bezogen auf das Fahrzeug einerseits und bezogen auf den Fußgänger andererseits ? festzustellen, ist doch die Unfallkausalität des Beschuldigtenverhaltens durch den abgerissenen rechten Seitenspiegel, der am Tatort vorgefunden wurde und ? was nicht einmal von der Beschuldigten bestritten wurde ? zweifelsfrei zu dem von ihr gelenkten Fahrzeug passt, mit Sicherheit festgestellt.

 

Die beantragte zeugenschaftliche Einvernahme des Ehemannes der Beschuldigten zum Beweis dafür, dass die Eindellung an der rechten A-Säule im Bereich des rechten Außenspiegels nicht vom Unfall herrühre, war nicht durchzuführen, da der Verwaltungssenat in Ansehung der diesbezüglichen gutachtlichen Ausführungen ohnedies nicht davon ausgehen konnte. Auch war von dessen Vernehmung zum Beweis des Umstandes, dass erst er den fehlenden Außenspiegel bemerkt habe, nicht aber die Beschuldigte selbst, Abstand zu nehmen, ist doch für das Verfahren lediglich von Bedeutung, dass direkt an der Unfallstelle dies von der Beschuldigten nicht bemerkt wurde, da sie nicht in denselben blickte.

 

Zu den Übertretungen nach § 4 Abs 1 lit a und lit b StVO:

 

Gemäß § 4 Abs 1 lit a StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten und gemäß lit b, wenn als Folge des Verkehrsunfalles Schäden für Personen oder Sachen zu befürchten sind, die zur Vermeidung solcher Schäden notwendigen Maßnahmen zu treffen.

 

Für die Übertretung dieser Normen genügt in Ermangelung einer gegenteiligen Regelung Fahrlässigkeit im Sinne des § 5 VStG. Fahrlässige Handlungsweise liegt bereits dann vor, wenn ein Unfallbeteiligter die Kausalität seines Handelns bezogen auf einen sich zugetragenen Unfall bei der von einem umsichtigen Straßenverkehrsteilnehmer zu verlangenden Sorgfalt hätte merken müssen. Diese Rechtsansicht entspricht auch der ständigen höchstgerichtlichen Judikatur.

 

Hinsichtlich der Merkbarkeit ist zwischen der optischen, der akustischen und der taktilen Merkbarkeit zu unterscheiden. Dazu ergibt das Gutachten des Kraftfahrtechnikers zweifelsfrei, dass eine akustische oder eine taktile Wahrnehmbarkeit nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit angenommen werden konnten, da insbesondere die von der Beschuldigten ins Treffen geführten Geräusche, die deren Kinder durch Spielen mit den Gurten auf der Rückbank des Fahrzeuges verursacht haben sollen, unter Umständen mit dem Geräusch, dass beim Abreißen des Außenspiegels verursacht wird, verwechselbar sein könnten. Aber auch von einer taktilen Merkbarkeit ging das Gutachten nicht aus, da lediglich eine leichte Touchierung des Zeugen durch das Beschuldigtenfahrzeug stattfand.

 

Der kraftfahrtechnische Amtssachverständige hat aber ebenso unzweifelhaft festgestellt, dass eine hinlängliche optische Wahrnehmbarkeit gegeben gewesen wäre, und dies aus mehreren Gründen:

 

Zunächst hatte die Beschuldigte während einer Strecke von 130 m eine Sicht auf den Schutzweg, den der Zeuge F von links nach rechts passierte. Für diese Strecke braucht die Beschuldigte bei der von ihr angegebenen Geschwindigkeit von 50 km/h ca. 9,3 Sekunden. Es erscheint dem gefertigten Senatsmitglied gerade gröbst fahrlässig, während eines Zeitraumes von beinahe 10 Sekunden nicht zu beobachten, was vor einem als Kraftfahrzeuglenker bei einer Fahrt durch das Ortsgebiet ? aus welchem Grund auch immer ? passiert.

 

Diese grobe Fahrlässigkeit liegt sogar dann vor, wenn die Beschuldigte nicht, wie der Kraftfahrtechniker in seinem Gutachten aufgrund der Position, an der der Fußgänger zu liegen kam, mutmaßte, diesen gesehen hatte und nicht mehr, wofür durchaus gewisse Anhaltspunkte vorliegen, weit genug ausweichen konnte, und sie nicht ? zur Schadensminimierung - eine schon in den gegnerischen Fahrstreifen hineinreichende Fahrspur wählte. Es kann diese Annahme aus kraftfahrtechnischer Sicht auch nicht, wie dies der Schlussargumentation des Beschuldigtenvertreters zu entnehmen ist, als durch das medizinische Gutachten widerlegt betrachtet werden, gab doch der medizinische Sachverständige nur an, anzunehmen, dass ein Seitenversatz des Fußgängers stattgefunden habe, weil der Fußgänger so weit in der Mitte gelegen sei, führte aber auch aus, dass es beim von ihm angenommen Abstützen des Fußgängers auch zur gar keinem Seitenversatz gekommen sein müsste. Hätte sich die Situation also so, wie vom Kraftfahrtechniker gemutmaßt und eben geschildert, zugetragen, müsste der Verwaltungssenat sogar von vorsätzlicher Tatbegehungsweise und nicht nur, wie hier als erwiesen angenommen wird, von gröbster Fahrlässigkeit ausgehen.

 

Aber ein weiterer Grund spricht für das zumindest grob fahrlässige Verhalten der Beschuldigten:

 

Hätte sie nämlich, wie auch das Gutachten ausführt und, wie es von einem sorgfältigen Kraftfahrzeuglenker zu verlangen ist, auf Grund des von ihr wahrgenommenen ?Tuschers? nicht, wie von ihr angegeben, vermutlich nur zu den Kindern zurückgeschaut, sondern auch in alle dafür zu Verfügung stehenden Verkehrsspiegel, nämlich in den Rückblickspiegel in der Mitte des Fahrzeuges und in die beiden Seitenspiegel geblickt, so wäre es ihr spätestens dann aufgefallen, dass der rechte Seitenspiegel fehlt, und hätte sie aus diesem Anlass zur Überzeugung gelangen müssen, dass der ?Tuscher? nicht von dem von ihr vermuteten Anschlagen der Gurten im Fahrzeuginneren hätte kommen können, und hätte sie diese Feststellung zum Anhalten veranlassen müssen. Zweifellos hat man auf einem Schutzweges mitten im Ortsgebiet beim Wahrnehmen eines ?Tuschers?, selbst, wenn Kinder im Fond eines Fahrzeuges lärmen, auch damit zu rechnen, dass verursachte Geräusche nicht unbedingt nur dem Verhalten der Kinder zuzurechnen sind, sondern auch von außen kommen können.

 

Es liegt also keinesfalls nur die geringfügige Unaufmerksamkeit vor, mit der sich die Beschuldigte zu verantworten versuchte.

 

Selbst wenn, wofür, wie oben schon erörtert, keinerlei Anhaltspunkte hervorgekommen sind, ein untypisches Verhalten des Zeugen F vorgelegen sein sollte, wie etwa umkehren oder dergleichen, so würde auch ein solches Verhalten die Beschuldigte keinesfalls exkulpieren, müsste ihr doch auch eine untypische Verhaltensweise bei dem notwendigen Blick auf die Fahrbahn und das Geschehen vor ihr, was ein Wegblicken

über beinahe 10 Sekunden geradezu unverantwortlich erscheinen lässt, auffallen und sie aufgrund des Vertrauensgrundsatzes zu noch höherer Sorgfalt veranlassen.

 

Der Verwaltungssenat vermag auch der Berufungsargumentation, wonach bei der Mitnahme kleiner Kinder mit einer derartigen Ablenkung nicht gerechnet werden müsse, nicht abzugewinnen. Zunächst kann ein gewisses Unruhepotential, für welches das gezeichnete Senatsmitglied durchaus Verständnis hegt, wenn Kinder nicht gerade im Fahrzeug schlafen, als unwiderlegliche Erfahrungstatsache angesehen werden. Nimmt dieses Potential allerdings ein unüberschaubares Ausmaß an, womit abstrakt bei derart kleinen Kindern, die die Gefahren des Strassenverkehrs zu verstehen noch nicht in der Lage sind, auch gerechnet werden muß, so hat ein Fahrzeuglenker zur Beruhigung der Kinder und, um mögliche Schädigungen anderer Verkehrsteilnehmer hintanzuhalten, rechtzeitig an geeigneter Stelle stehen zu bleiben: Dies wäre gegenständlich leicht und ohne weiteres durch Einbiegen in die Fgasse und zumindest provisorisches Abstellen des Fahrzeuges auf dem gleich rechts daneben befindlichen Parkplatz der Fahrschule Zaunschirm möglich gewesen.

 

Im Ergebnis sind also der Beschuldigten eine Übertretung des § 4 Abs 1 lit a StVO, weil sie eben nicht anhielt, und weiters auch eine Übertretung der lit b, weil sie die ihr konkret zum Vorwurf gemachten Maßnahmen nicht setzte (Absperrungen, Aufstellen des Warndreieckes) gröbst fahrlässig zum Vorwurf zu machen.

 

Zur Übertretung nach § 4 Abs lit c StVO:

 

Nach dieser Bestimmung haben alle vorangeführten Personen an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken.

 

Eine Übertretung dieser Bestimmung kann durch die unterschiedlichsten Verhaltensweisen begangen werden. Gegenständlich wurde der Beschuldigten im angefochtenen Straferkenntnis überhaupt nicht mehr zum Vorwurf gemacht, wodurch sie an der Feststellung des Sachverhaltes nicht mitgewirkt habe, in der Verfolgungshandlung findet sich dazu der dahin konkretisierte Vorwurf, dass sie ?ohne anzuhalten, weitergefahren sei?.

 

Durch eine solche zum Vorwurf gemachte Handlung kann eine Übertretung des § 4 Abs 1 lit c StVO nicht konkretisiert werden, wird doch dadurch dieselbe Tathandlung, die auch bei Verletzung des § 4 Abs 1 lit a leg cit geahndet wird, nämlich das Nichtanhalten, pönalisiert. Diesbezüglich hatte sohin die Einstellung des gegen die Beschuldigte behängenden Verwaltungsstrafverfahrens zu erfolgen.

 

Zur Übertretung nach § 9 Abs 2 StVO:

 

Nach dieser Bestimmung hat der Lenker eines Fahrzeuges, das kein Schienenfahrzeug ist, einem Fußgänger oder Rollstuhlfahrer, der sich auf einem Schutzweg befindet oder diesen erkennbar benützen will, das unbehinderte und ungefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen.

 

Zweifelsohne hat die Beschuldigte dem Zeugen F das ungehinderte Überqueren eines Schutzweges nicht ermöglicht, indem sie diesen touchierte, wodurch es zu einem Unfall mit schweren Verletzungsfolgen kam.

 

Gegenständlich ist der Staatsanwalt gemäß §§ 90a Abs 1 Z 1 iVm 90c Abs 4 StPO von der Verfolgung zurückgetreten, zumal die Beschuldigte die Zahlung des ihr auferlegten Geldbetrages von S 2.500,-- fristgerecht vornahm.

 

Die Staatsanwaltschaft Salzburg ging davon aus, dass die Beschuldigte in Verdacht stehe, am 9.11.1999 gegen 17:30 in Tamsweg den am Schutzweg auf Höhe der Firma E befindlichen Fußgänger Herbert F auf Grund mangelnder Aufmerksamkeit mit dem rechten Außenspiegel gestreift zu haben, wodurch dieser auf die Fahrbahn gestürzt sei und sich schwer verletzt habe und dadurch das Vergehen der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und 4., 1. Fall StGB begangen zu haben.

 

Vergleicht man nun den Wesensgehalt der beiden Strafbestimmungen, so ist zweifelsohne der Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung des § 9 Abs 2 StVO von jenem der fahrlässigen Körperverletzung ? dies ausgehend von den oben beschriebenen Verdachtsmomenten der Staatsanwaltschaft, die sich zur Gänze mit dem Ermittlungsergebnis des Verwaltungssenates decken ? gemäß § 88 Abs 1 und 4, 1. Fall StGB mitumfasst. Selbst wenn gegenständlich gerichtlicherseits keine Entscheidung erfolgte, sondern nur ein Zurücktreten von der Verfolgung einer strafbaren Handlung im Sinne des § 90a Abs 1 StPO, so würde eine nunmehrige verwaltungsrechtliche Verurteilung der Beschuldigten der Teleologie des verfassungrechtlich verankerten Doppelbestrafungsverbotes widersprechen, weswegen in diesem Punkt ebenfalls der Berufung Folge zu geben war.

 

Zur Strafbemessung wird Folgendes ausgeführt:

Nach § 99 Abs 2 lit a StVO ist für Übertretungen des § 4 Abs 1 lit a und b eine Geldstrafe von S 500,-- bis S 30.000,-- bzw. im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 24 Stunden bis zu sechs Wochen vorgesehen.

Gegenständlich hat die belangte Behörde für beide Delikte je eine Geldstrafe von S 2.000,- verhängt.

Der Verwaltungssenat kann nicht finden, dass die erstinstanzlich verhängten Strafen unangemessen wären und dies aus folgenden Erwägungen:

Betreffend die der Beschuldigten zum Vorwurf gemachten Übertretungen des § 4 Abs 1 lit a und b StVO ist es in Ansehung der jeweils möglichen Höchststrafe von bis zu S 30.000,-- für den gefertigten Senat geradezu geboten, bei einer derart gravierenden Unaufmerksamkeit der Beschuldigten Strafen zu verhängen, die nicht einmal ein Zehntel des jeweils vorgesehenen Gesamtstrafrahmen ausmachen. Die Allgemeinheit würde es nicht verstehen, würden aus so einscheidenden Aufmerksamkeitsfehlern resultierende Unterlassungen nicht oder kaum spürbar geahndet werden.

 

Dazu kommt, dass die Beschuldigte auch zum Tatzeitpunkt nicht, wie die belangte Behörde annahm, unbescholten war, hatte sie doch zumindest eine verwaltungsstrafrechtliche Vormerkung wegen Übertretung der StVO zu verantworten. Der diesbezügliche Milderungsgrund kam ihr sohin nicht zugute. Eine Strafherabsetzung verbot sich bereits aus diesen Erwägungen auch bei ungünstigsten persönlichen Verhältnissen ? die Beschuldigte ist eigenen Ausführungen nach einkommenslos und gemeinsam mit dem Ehemann sorgepflichtig für zwei Kinder.

Es vermögen die naturgemäß widrigen Folgen für die Beschuldigte, die deren Vertreter im Rahmen seiner Schlussäußerung aufzeigte (Regress der Haftpflichtversicherung und der Rechtsschutzversicherung sowie lang dauernder Führerscheinentzug etc.) den Verwaltungssenat nicht zu einer Strafreduktion bzw. zu einer Einstellung überhaupt zu veranlassen, da keinesfalls von einer nur unbedeutenden Unaufmerksamkeit die Rede sein kann. Die Spruchkorrektur war notwendig und zulässig.

Die Kostenentscheidung und jene über die Kommissionsgebühren stützen sich auf die im Spruch zitierten Gesetzesstellen.

 

Die Kommissionsgebühren waren für den durchgeführten Ortsaugenschein ungeteilt aufzuerlegen; da von vornherein auf Grund des Aktenstudiums fest stand, dass das angefochtene Straferkenntnis in den Ziffern 1 und 4 jedenfalls aus formalen Gründen zu beheben sein würde, sohin der Ortsaugenschein betreffend diese angefochtenen Punkte ohnedies nicht erforderlich gewesen wäre, und wurde er auch nicht zu diesem Zwecke durchgeführt.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
§ 90a StPO; Verkehrsunfall mit Personenschaden; Diversion; Doppelbestrafungsverbot
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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