Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Hütter über die Berufung des Herrn JF, vertreten durch Dr. E P, Rechtsanwalt, F, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Feldbach vom 31.05.2000, GZ.: 15.1-1998/6444, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird
1.) Die Berufung gegen Punkt 1.) abgewiesen, jedoch die Ersatzfreiheitsstrafe nach § 16 VStG auf 2 Tage herabgesetzt;
2.) der Berufung gegen die Punkte 2.) bis 6.) Folge gegeben, das Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren in den Punkten 2.) und 6.) nach § 45 Abs. 1 Z 2 VStG, in den Punkten 3.) und 4.) nach § 45 Abs. 1 Z 3 VStG und im Punkt 5.) nach § 45 Abs. 1 Z 2 und 3 VStG eingestellt.
Der Spruch des Straferkenntnisses wird im Punkt 1.) wie folgt neu gefasst:
Herr J F, S, ist schuldig, es als Arbeitgeber unterlassen zu haben, dem Arbeitnehmer G L D am 27.08.1998 ein Atemschutzgerät zur Verfügung zu stellen, obwohl G L D bei einer Dichtprüfung beim Abwasserkanal der Gemeinde St. Nikolai ob Draßling betreffend den Kanalabschnitt Q0 bis zum Zulaufpumpwerk gesundheitsgefährdenden Gasen ausgesetzt war, da dieser Kanalabschnitt bereits in Betrieb war. Er hat dadurch § 25 Abs 1 Bauarbeiterschutzverordnung - BauV verletzt.
Nach § 130 Abs 1 Z 26 ASchG wird hiefür eine Geldstrafe von ATS 10.000,-- (nach § 16 VStG 2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt."
Die Bezirkshauptmannschaft Feldbach verkündete am 31.05.2000 gegenüber dem Vertreter des nunmehrigen Berufungswerbers das Straferkenntnis, über dessen Inhalt sich im Akt der ersten Instanz folgende Aufzeichnungen finden:
Der (Die) Beschuldigte hat
Der (Die) Beschuldigte hat dadurch folgende Rechtsvorschriften
verletzt:
1.)
§ (keine weiteren Ausführungen)
2.)
§ (keine weiteren Ausführungen)
3.)
§ (keine weiteren Ausführungen)
4.)
§ (keine weiteren Ausführungen)"
Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über ihn (sie) folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von Schilling - Falls diese uneinbringlich ist
Ersatzfreiheitsstrafe
von Stunden / Tagen Gemäß §
1.) 10.000,-- 10 Tage
2.) 2.000,-- 2 " - siehe Beilage
3.) 2.000,-- 2 "
4.) 10.000,-- 10 Tage
5.) 5.000,-- 5 Tage
6.) 5.000,-- 5 Tage"
Auf zwei weiteren Blättern etwa im A 3-Format finden sich
folgende Ausführungen:
Pos.1)
RV: § 69 Abs.2 ASchG., BGBl. Nr.450/1994 idgF. iVm. § 68 Abs.1
AAV
130 Abs.1 Ziff.26 ASchG
Strafbestimmung: Sozialhilfeverband KFG Strafbetrag
:10000.00 Arrest Std. 0 Tage 10
Sie sind gemäß § 9 VStG. Verantwortlicher der Firma J F, Kanaldichtprüfer mit dem Sitz in S und daher verantwortlich für die Einhaltung des Arbeitnehmerschutzgesetzes. Bei einer am 12. Oktober 1998 um ca. 14.00 Uhr durch das Arbeitsinspektionsorgan DI H B durchgeführten Kontrolle der Betriebsstätte wurde festgestellt: Im Betrieb werden vier Arbeitnehmer mit Kanaldichtprüfungsarbeiten beschäftigt, weiters zwei Spülwagenfahrer und ein sogenannter Kameramann. Sie wurden niederschriftlich zu einem Arbeitsunfall vom 27.08.1998 befragt. Dabei sagten Sie aus, dass dem betreffenden Arbeitnehmer am 27.08.1998 kein Atemschutzgerät zu Verfügung gestellt wurde.
Dem vorgenannten Arbeitnehmer wurde und wird eine persönliche Schutzausrüstung
lediglich in Form eines Gaswarngerätes sowie eines Dreibeins mit
Flaschenzug und Bergegurt zur Verfügung gestellt:
Nach § 68 Abs.1 AAV, BGBl. Nr.218/1983 muss jedem
Arbeitnehmer, der bei der beruflichen Tätigkeit Einwirkungen von gesundheitsgefährdenden Gasen ausgesetzt ist, ein Atemschutzgerät zur Verfügung gestellt werden.
Am 27.08.1998 war der Arbeitnehmer G D solchen Einwirkungen ausgesetzt und musste mit lebensgefährlichen Verletzungen aus einem Pumpenschacht geborgen werden.
Es wurde somit gegen § 69 Abs.2 ASchG, BGBl. Nr.450/1994 idgF. iVm. § 68 Abs.1 AAV verstoßen, wonach persönliche Schutzausrüstungen von den Arbeitgebern zur Verfügung zu stellen sind.
Eine solch erforderliche Schutzausrüstung wie ein Atemschutzgerät wurde weder am 27.08.1998 noch am 12.10.1998 anlässlich einer Kontrolle zur Verfügung gestellt, was der Arbeitgeber niederschriftlich auch zugegeben hat. Pos.2)
RV: § 70 Abs.6 ASCHG iVm. § 70 Abs.5
130 Abs.1 Ziff.26 ASCHG
Strafbestimmung: Sozialhilfeverband KFG Strafbetrag: 2000.00
Arrest Std. 0 Tage 2
Mit der Ermittlung der für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer bestehenden Gefahren war am 12.10.1998 noch nicht begonnen worden. Es konnten keinerlei schriftliche Aufzeichnungen (Sicherheits- und Gesundheitsschutzdokument) auch nur ansatzweise festgestellt werden.
Auch über das zur Verfügung stellen von persönlichen Schutzausrüstungen gab es keine schriftlichen Aufzeichnungen und wurde diese von Herrn J F auch niederschriftlich zugegeben. Gemäß § 70 Abs.6 ASchG. sind Arbeitgeber verpflichtet, die Bewertung der persönlichen Schutzausrüstung gemäß § 70 Abs.5 dem Arbeitsinspektorat auf Verlangen zur Verfügung zu stellen. Dies hat der Arbeitgeber nicht getan und wurde dies auch niederschriftlich festgehalten.
Pos.3)
RV: § 4 Abs.1 ASchG.
130 Abs.1 Ziff.5 ASchG.
Strafbestimmung: Sozialhilfeverband KFG Strafbetrag: 2000.00
Arrest Std. 0 Tage 2
Gemäß § 4 Abs.1 ASchG. sind Arbeitgeber verpflichtet, die Gefahren zu ermitteln. Dies hat der Arbeitgeber nachweislich nicht getan.
Pos.4)
RV: § 3 Abs.3 ASchG.
130 Abs.1 Ziff.1 ASchG.
Strafbestimmung: Sozialhilfeverband KFG Strafbetrag: 10000.00
Arrest Std. 0 Tage 10
Gemäß § 3 Abs.3 ASchG. sind Arbeitgeber verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen und Anweisungen zu ermöglichen, daß die Arbeitnehmer bei ernster Gefahr sich durch sofortiges Verlassen des Arbeitsplatzes in Sicherheit zu bringen. Der Arbeitnehmer D lag am 27.08.1998 bewußtlos in einem Pumpenschacht bei der Kläranlage in 8422 St.Nikolai 231 und wurde nur durch Zufall vor dem Tod gerettet.
Pos.5)
RV: § 14 Abs.1 ASchG.
130 Abs.1 Ziff.1 ASCHG
Strafbestimmung: Sozialhilfeverband KFG Strafbetrag: 5000.00
Arrest Std. 0 Tage 5
Der Arbeitnehmer D wurde werder vor dem noch am 27.08.1998 über seine Tätigkeit unterwiesen. Überdies gibt es darüber auch keinen Nachweis. Dies stellt eine Übertretung des § 14 Abs.1 ASchG. dar, wonach die Unterweisung nachweislich zu erfolgen hat.
Pos.6)
RV: § 16 Abs.2 Ziff.3 ASchG
130 Abs.1 Ziff.13 ASchG.
Strafbestimmung: Sozialhilfeverband KFG Strafbetrag: 5000.00
Arrest Std. 0 Tage 5
Der Arbeitgeber hat vom 27.08.1998 bis zum Kontrolltag 12.10.1998 keine Aufzeichnungen gemäß § 16 Abs.2 Ziff.3 geführt.
Pos.7)
Strafbestimmung: Verfahrenskosten Strafbetrag: 3400.00
Arrest Std. 0 Tage 0
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
3400,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens,
d. s. 10% der Strafe."
Die Entscheidung wurde wie folgt begründet:
Die dem Beschuldigten im Ladungsbescheid - unter Gz.:w.o. zur Last gelegte(n) Verwaltungsübertretung(en) wird (werden) durch das mit dem Gendarmeriebericht (Polizeibericht) übereinstimmenden Geständnis des Beschuldigten als erwiesen angenommen. Bei der Strafbemessung wurde hinsichtlich des Unrechtsgehaltes der Tat auf das Ausmaß der - Gefährdung - Schädigung - der durch den Schutzzweck der übertretenen Verwaltungsvorschrift geschützten Interessen Bedacht genommen. Auch die sonstigen nachteiligen Folgen der Tat, nämlich mußten berücksichtigt werden. Hinsichtlich des Schuldgehaltes der Tat wurden die Erschwerungs- und Milderungsgründe abgewogen, wobei
als erschwerend
0 nichts 0 Zutreffendes ist angekreuzt
0 die einschlägigen Vorstrafen
O
als mildernd neben dem vollen Geständnis
0 nichts
0 die bisherige Straflosigkeit
0 ein der Strafmündigkeit nahes Alter
angenommen und auf das Ausmaß des Verschuldens, nämlich
besonders Bedacht genommen wurde.
Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten (lt. unbestrittener Angabe im Akt) wurden bei der Bemessung der Geldstrafe berücksichtigt."
Der Beschuldigte berief wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung und verwies zunächst darauf, dass der tragische Arbeitsunfall des damaligen Arbeitnehmers des Beschuldigten nicht verharmlost werden solle und der Vorfall glücklicherweise für G D ohne jegliche Folgen geblieben sei. Der Beschuldigte betreibe zwar ein Unternehmen für Kanaldichtprüfungen, die organisatorischen Tätigkeiten würden aber von seiner Frau M F durchgeführt. Zum Vorwurf des Punktes 1.) sei auszuführen, dass nach dem ursprünglichen Auftrag nur ganz neue Kanalstränge auf ihre Dichtheit zu prüfen gewesen seien und deswegen keine Atemschutzgeräte benötigt worden seien, da sich noch keine gesundheitsschädlichen Gase hätten bilden können.
Bei einem weiteren Kanal seien vor jedem Hinabsteigen des Herrn D in den betreffenden Kanal vorsorglich Gasprüfungen gemacht worden, die negativ verlaufen seien, "sodass allgemein angenommen werden konnte, dass kein Atemschutzgerät notwendig sein würde", es sei nicht vorhersehbar gewesen, dass dennoch Gas austreten würde. Die erste Instanz habe die unbedenklichen Aussagen der Zeugen D, P und N nicht berücksichtigt.
Auch zu den "Positionen" 2) bis 6) folgen Berufungsausführungen. Abschließend wurde der Antrag gestellt, den angefochtenen Bescheid ersatzlos aufzuheben und das Verfahren einzustellen, in eventu der ersten Instanz die neuerliche Entscheidung aufzutragen.
Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark verhandelte die Berufungssache am 16.10.2000 in Gegenwart des Vertreters des Berufungswerbers und eines Vertreters des Arbeitsinspektorates Graz als mitbeteiligter Partei. Dabei wurden folgende Personen als Zeugen vernommen:
Die Klärwärter der Gemeinde St. Nikolai ob Draßling, F N und M P, der ehemalige Arbeitnehmer des Berufungswerbers G L D, der Arbeitsinspektor DI H B und Ing. J J von der Süd-West-Bau GmbH.
Aufgrund der Beweisergebnisse gelangt die Berufungsbehörde zu folgenden Feststellungen:
Der Berufungswerber ist Einzelunternehmer in St. S, er betreibt eine Autowerkstätte, führt Erdbewegungsarbeiten und Kanalspülungen sowie Kanaldichtprüfungen durch und
beschäftigte im Jahr 1998 ca. 14 Arbeitnehmer, darunter fünf Kanaldichtprüfer. Jeder von diesen hatte einen Bus zur Verfügung, der unter anderem mit einem Prüfgerät und mit einem Laptop ausgestattet war. Täglich um 06.30 Uhr in der Früh trafen sich die Kanaldichtprüfer im Betrieb und erhielten von der Frau des Berufungswerbers die Baustellen zugewiesen. Nur sie selbst ist im Betrieb mit den Kanaldichtprüfungen befasst, der Berufungswerber arbeitet in der Autowerkstätte. G L D begann am 23.03.1998 im Betrieb des Berufungswerbers als Kanaldichtprüfer zu arbeiten, er hatte vorher schon 6 Monate lang bei der Firma DKS in W in der gleichen Branche gearbeitet. Er fuhr ca. 5 oder 6 Tage mit einem Beschäftigten des Berufungswerbers namens S mit, der ihm das Gerät erklärte und ihm zeigte, was er auf dem Laptop eingeben muss. Von gefährlichen Gasen wurde ihm nichts gesagt außer: "Wenn's stinkt, musst Du raus."
G L D hatte teils neue Kanäle zu prüfen, bei denen keine Gasgefahr besteht, teils aber auch solche, die bereits in Betrieb waren, denn 2 Jahre nach Inbetriebnahme findet die Haftüberprüfung statt, dann wird der Kanal an die Gemeinde übergeben, die ihn danach alle 5 Jahre zu überprüfen hat. So hatte G L D z.B. eine Haftüberprüfung in Raaba gemacht. Seinem Arbeitgeber ging es in erster Linie darum, dass möglichst viele Meter Kanal geprüft werden, eine richtige Schulung erhielt er nicht. Es kam oft vor, dass ein Teil eines Kanalnetzes erst gebaut wird, während ein anderer schon in Betrieb ist. So werden besonders Hausanschlüsse oft vor der ersten Dichtprüfung schon in Betrieb gesetzt, weil manche Kanalbenützer nicht auf die offizielle Freigabe warten wollen.
Im Jahr 1998 errichtete die Gemeinde St. Nikolai ob Draßling einen Abwasserkanal in vier Baulosen, das Baulos 01 betraf die Kläranlage und wurde an die Firma Granit vergeben, die Baulose 02, 03 und 04 wurden von der Süd-West-Bau GmbH mit Sitz in Leibnitz gebaut. Diese hat die Dichtprüfung pauschal an die Firma
F vergeben. Da die Firma Granit für tiefe Grabungen nicht so gut ausgerüstet war, trat der Bürgermeister von St. Nikolai ob Draßling an die Süd-West-Bau GmbH heran und ersuchte sie, den Strang von Q0 zum Zulaufpumpwerk zu graben, der an und für sich zum Baulos 01 gehörte. Die Süd-West-Bau GmbH baute diesen Strang, als die Kläranlage schon fertig war, die Dichtprüfung gab sie ziemlich bald nach Fertigstellung der Firma F in Auftrag, als nämlich am 21.08.1998 auffiel, dass einige Dichtprüfprotokolle fehlten, darunter jenes für den Abschnitt Q0 zum Zulaufpumpwerk. Ing. J J hatte beim Kanalbauvorhaben St. Nikolai ob Draßling für die Süd-West-Bau GmbH die ganze Bauleitung über und führte die Baubesprechungen, er gab den Dichtprüfern der Firma F auch die entsprechenden Kanalpläne, damit sich die Prüfer zurechtfinden konnten. Ing. J war bewusst, dass die Dichtprüfung beim Abschnitt Q0 zum Zulaufpumpwerk gefährlich werden könnte, deshalb sollten die Klärwärter beigezogen werden.
G L D kam zur Firma F zu einer Zeit, als der Bauabschnitt 01 bereits fertig war, beim Bauabschnitt 02 hat er dann geprüft. Die Poliere der Firma Süd-West-Bau GmbH sagten ihm 1 oder 2 Tage vor dem 27.08.1998, es sei vergessen worden, eine bestimmte Haltung zu prüfen - es ist dies ein Kanalabschnitt zwischen zwei Schächten. D hatte in dieser Woche schon neue Stränge geprüft und die Etappe des Bauabschnittes war bis auf den einen Tag fertig, das heißt, am 27.08.1998 sollte die letzte Prüfung stattfinden. Am Abend desselben Tages, als er von der vergessenen Prüfung erfuhr, teilte er es seiner Chefin mit und sagte ihr, dieser eine Abschnitt wäre übersehen worden, sagte ihr aber auch, dass es sich um einen Kanalabschnitt handle, der bereits in Betrieb genommen worden sei. Sie sagte dann sinngemäß zu ihm, dass er morgen ohnedies noch auf dieser Baustelle tätig sei und die Überprüfung des vergessenen Kanalabschnittes mitmachen solle. Außer D waren beim Bauabschnitt weitere Kollegen tätig, die Chefin sagte zu ihnen:
Passt's halt auf.
F N und M P sind bei der Gemeinde St. Nikolai ob Draßling als Gemeindearbeiter und zugleich als Klärwärter tätig, sie sind ausgebildete Sanitäter und Feuerwehrleute. Den Klärwärtern ging es beim Kanalbau darum, zuzusehen und Informationen zu sammeln für ihre spätere Tätigkeit, mit dem Bau und der Dichtheitsprüfung hatten sie an und für sich nichts zu tun. Ein oder mehrere Tage vor dem 27.08.1998 vereinbarte D mit den beiden Klärwärtern, dass er am 27.08.1998 in der Früh die Dichtprüfung des vergessenen Kanalabschnittes bei der Kläranlage durchführen werde. Dabei wurde nicht darüber gesprochen, dass die Klärwärter Sicherheitsausrüstung beistellen sollten. Der Kanalabschnitt, der geprüft werden sollte, ging in das Kläranlagengelände hinein, das abgezäunt und versperrt ist, die Klärwärter lassen dort niemanden hinein, ohne dass einer von ihnen dabei ist. Innerhalb der Abzäunung liegt ein 7 m tiefer Schacht mit einem Querschnitt von 3 x 2 m, in dem sich die Pumpstation befindet. An einer der Ecken des Schachts ist eine kreisrunde Öffnung mit einem Durchmesser von 60 bis 70 cm für den Einstieg, durch den man zur Leiter kommt, die in den Schacht hinabführt. In die Decke des Schachts sind zwei viereckige Deckel eingelassen, die vor allem zum Reinigen des Schachtes und zur Belüftung benützt werden können. Als G L D am 27.08.1998 in Gegenwart der beiden Klärwärter mit der Dichtprüfung beginnen wollte, wurden die beiden Deckel geöffnet, um den Schacht zu belüften. D wollte ohne weiteres in den Schacht hinuntersteigen, N hatte ein Gaswarngerät und nahm damit zunächst eine Messung unten im Schacht vor, indem er das Gerät an einer Schnur hinunterließ. Die Messung ergab, dass kein gefährliches Gas vorhanden war. Auf Drängen der Klärwärter legte
G L D ein Sicherheitsgeschirr an, an dem ein Sicherheitsseil befestigt wurde. Er hatte kein Atemschutzgerät mitgenommen zur Baustelle, die Firma F besaß überhaupt kein solches Gerät. Auch Sicherheitsgeschirr und -seil hatte D nicht mit auf der Baustelle, ebenso wenig wie ein Gaswarngerät.
G L D stieg durch das Seil gesichert mit dem Dichtkissen in den 7 m tiefen Schacht hinab, brachte das Dichtkissen an und stieg wieder hinauf.
Während des 10-minütigen Zuwartens nach Anbringen des Dichtkissens wusch der Klärwärter N den Schacht mit einem Wasserschlauch ab, dabei wurden Schwefelgase freigesetzt. Ohne eine weitere Gasprüfung im Schacht vorzunehmen, stieg G L D dann wieder in den Schacht hinunter, um das Dichtkissen zu entfernen. Als er es herausgezogen hatte und über einige Rohre zur Leiter zurückgegangen war oder spätestens, nachdem er 1 bis 2 Schritte auf der Leiter gemacht hatte, wurde er bewusstlos. Die beiden Klärwärter bemerkten dies sofort und bargen ihn mit dem Sicherheitsseil.
Der Sachverhalt ergibt sich aus Folgendem:
Die Feststellungen zum Betrieb des Berufungswerbers gehen in erster Linie auf die Aussage von G L D zurück, die Feststellungen zum Kanalbauvorhaben zum größten Teil auf die Aussage des Zeugen Ing. J, zum kleineren Teil auf jene von D. Diese Angaben stimmen im Wesentlichen miteinander überein.
Zur Frage, ob die Klärwärter D Seil und Sicherheitsgeschirr beistellen sollten und ob dies vorher ausgemacht war, stimmen die Aussagen der Zeugen N und D darin überein, dass Derartiges nicht ausgemacht war. Zu seiner gegenteiligen Aussage vor der Bezirkshauptmannschaft Radkersburg in erster Instanz, er hätte mit den Klärwärtern ausgemacht, dass er deren Schutzausrüstung verwenden könne, sagte D vor der Berufungsbehörde aus:
Diese Aussage ist falsch, es sind dies die Worte meiner Chefin, die zu mir sagte: 'Das sagen wir so.' Ich wollte meine Arbeit nicht verlieren."
Dass die Frau des Berufungswerbers von der Nachprüfung sowohl von den Polieren als auch von D informiert wurde, ergibt sich aus der Aussage von D.
Zum Thema einer zweiten Gasmessung nach der 10-minütigen Wartezeit liegen gegenteilige Beweisergebnisse aus dem erstinstanzlichen Verfahren vor:
Dort hatte D ausgesagt:
Nach ca. 10 Minuten machte er eine neuerliche Gasprüfung, die ebenfalls negativ verlief", vor der Berufungsbehörde sagte er aus:
Eine zweite Gasmessung haben wir nicht durchgeführt. Mir wird meine gegenteilige Aussage vor der BH Radkersburg
vorgehalten, wonach nach 10 Min. eine neuerliche Gasmessung ebenfalls negativ durchgeführt worden sei. Ich weiß das nicht mehr." Der Zeuge N konnte sich an eine zweite Gasprüfung nicht erinnern. Die Aussagen dieser beiden Zeugen sind auch zu messen am tatsächlichen Geschehen: D wurde beim zweiten Betreten des Schachtes ohnmächtig, hätte kurz davor eine Gasprüfung stattgefunden, hätte sie zweifellos ein Ergebnis bringen müssen. Daraus und aus den Aussagen der beiden Zeugen kann daher angenommen werden, dass diese Gasprüfung nicht stattgefunden hat.
Der Unfall des G L D am 27.08.1998 führte zu einer Kontrolle des Betriebes des Berufungswerbers durch das Arbeitsinspektorat Graz am 12.10.1998, und zwar durch DI H B, der ebenfalls als Zeuge vernommen wurde. Nach seinen Erhebungen und allen anderen Beweismitteln besaß die Firma F überhaupt kein Atemschutzgerät.
Der Vertreter des Berufungswerbers stellte den Antrag auf Vernehmung von M F und des Poliers K D zum Beweis dafür, dass der Berufungswerber nicht wusste, dass ein schon in Betrieb stehender Kanal geprüft werden sollte, er deswegen ursächlich nicht verantwortlich sei und die Tätigkeit offenkundig zwischen der Baufirma, Herrn D und dem Kanalwärter abgesprochen worden sei, ohne dass M F die Gefährlichkeit der Arbeit habe erkennen können, ebenso wenig wie der Berufungswerber selbst. Dieser Beweisantrag erscheint nicht relevant:
Nach eigener Aussage war der Zeuge D bei der Firma F nicht nur mit der Prüfung von neuen Kanälen befasst, bei denen keine Gase auftreten können, sondern immer wieder auch mit der Prüfung von Kanälen, die bereits in Betrieb waren, etwa bei Haftüberprüfungen, aber auch dann, wenn während des Baues neuer Kanäle einzelne Abschnitte bereits vorzeitig in Betrieb gesetzt wurden. Die Überprüfung von Kanälen, die bereits mit Abwässern gefüllt waren, gehörte daher zur normalen Berufstätigkeit von G L D. Bedenkt man weiters, dass die Firma F gar kein Atemschutzgerät besaß, erscheint es nicht relevant, ob Frau F wusste, dass der Kanal bereits in Betrieb war oder nicht. Zu bedenken ist auch, dass Frau F nach Aussage des Zeugen D täglich selbst die Arbeit der Kanaldichtprüfer einteilt. Dies wurde vom Berufungswerber nicht bestritten. Sie hat auch die Arbeit für den 27.08.1998 eingeteilt, daher ist auch die Aussage des Zeugen D logisch und glaubwürdig, dass Frau F zu ihm gesagt habe, er solle die Überprüfung des vergessenen Kanalabschnitts mitmachen, da er ohnedies am nächsten Tag noch auf dieser Baustelle tätig sei, und er solle halt aufpassen.
Rechtliche Beurteilung:
Zu Punkt 1.):
Die belangte Behörde bezeichnete § 68 Abs. 1 AAV als verletzte Rechtsvorschrift, ließ dabei aber außer Acht, dass nach § 1 Abs. 2 BauV auch die erforderlichen Vorbereitungs- und Abschlussarbeiten zu den Bauarbeiten gehören und nach Abs. 1 diese Verordnung für die Beschäftigung von Arbeitnehmern bei Ausführung von Bauarbeiten aller Art gilt. Die dem § 68 Abs. 1 AAV entsprechende Bestimmung der BauV lautet:
§ 25:
(1) Jedem Arbeitnehmer, der Einwirkungen von gesundheitsschädigenden Gasen, Dämpfen oder Schwebstoffen in einer gesundheitsgefährdenden Konzentration (§ 21 Abs. 3) ausgesetzt ist, muss ein geeignetes Atemschutzgerät, wie Filter- , Schlauch-, Regenerations- oder Behältergerät, zur Verfügung gestellt werden. Bei zu geringem Sauerstoffgehalt der Luft ist ein von der Umgebungsluft unabhängiges Atemschutzgerät zur Verfügung zu stellen."
Zur Pflicht, den Arbeitnehmern Sicherheitsgürtel oder Sicherheitsgeschirre nach § 72 Abs. 1 AAV zur Verfügung zu stellen, judizierte der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis Zl. 88/08/0221 vom 24.11.1992, dass es auf die Zurverfügungstellung an Ort und Stelle, an der absturzgefährlichen Arbeitsstelle, ankomme. Dies gilt auch für den Fall, der hier zu beurteilen ist, das heißt, der Arbeitgeber hätte dem Arbeitnehmer das Atemschutzgerät an Ort und Stelle zur Verfügung stellen müssen. Dass bei Dichtprüfung eines bereits in Betrieb befindlichen Abwasserkanals gesundheitsgefährdende Gase auftreten können, liegt auf der Hand, hier waren es Schwefelgase. § 25 Abs. 1 BauV wurde daher verletzt.
Zu Punkt 2.):
§ 70 ASchG ist mit "Auswahl der persönlichen Schutzausrüstung" überschrieben und lautet auszugsweise:
(5) Vor der Auswahl der persönlichen Schutzausrüstung müssen die Arbeitgeber eine Bewertung der von ihnen vorgesehenen persönlichen Schutzausrüstung vornehmen, um festzustellen, ob sie den in Abs. 1, 2 und 4 genannten Anforderungen entspricht.
Die Bewertung hat zu umfassen: .....
(6) Die Bewertung ist bei Änderung der für die Bewertung maßgeblichen Kriterien zu wiederholen. Arbeitgeber sind verpflichtet, diese Bewertung sowie die Grundlagen für die Bewertung dem Arbeitsinspektorat auf Verlangen zur Verfügung zu stellen."
Der Tatvorwurf im Punkt 2.) bezieht sich darauf, dass mit der Ermittlung der Gefahren noch nicht begonnen worden sei und keinerlei schriftliche Aufzeichnungen auch nur ansatzweise hätten festgestellt werden können. Demgegenüber handelt § 70 Abs. 5 und 6 ASchG von der Bewertung der persönlichen Schutzausrüstung, nicht aber von der Gefahrenermittlung. Der Beschuldigte hat daher die Übertretung laut Punkt 2.) nicht begangen, das Verfahren ist einzustellen.
Zu Punkt 3.):
(1) Arbeitgeber sind verpflichtet, die für die Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer bestehenden Gefahren zu ermitteln und zu beurteilen. Dabei sind insbesondere zu berücksichtigen:
1.
Die Gestaltung und die Einrichtung der Arbeitsstätte,
2.
die Gestaltung und der Einsatz von Arbeitsmitteln,
3.
die Verwendung von Arbeitsstoffen,
4.
die Gestaltung der Arbeitsplätze,
5.
die Gestaltung der Arbeitsverfahren und Arbeitsvorgänge und deren Zusammenwirken und
6. der Stand der Ausbildung und Unterweisung der Arbeitnehmer"
Der Tatvorwurf lautet im Straferkenntnis:
Gemäß § 4 Abs.1 ASchG. sind Arbeitgeber verpflichtet, die Gefahren zu ermitteln. Dies hat der Arbeitgeber nachweislich nicht getan."
Der erste Satzteil gibt den Gesetzestext teilweise wieder, der Satz: "Dies hat der Arbeitgeber nachweislich nicht getan." ist keine konkrete Tathandlung, wie sie § 44 a Z 1 VStG erfordern würde. So kann zum Beispiel daraus nicht abgeleitet werden, ob dies am 27.08.1998 oder am 12.10.1998 der Fall gewesen sein soll. Der Berufung ist daher auch in diesem Punkt Folge zu geben und das Verfahren nach § 45 Abs. 1 Z 3 VStG einzustellen.
Zu Punkt 4.):
(3) Arbeitgeber sind verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen und Anweisungen zu ermöglichen, dass die Arbeitnehmer bei ernster, unmittelbarer und nicht vermeidbarer Gefahr
1.
ihre Tätigkeit einstellen,
2.
sich durch sofortiges Verlassen des Arbeitsplatzes in Sicherheit bringen und
3. außer in begründeten Ausnahmefällen ihre Arbeit nicht wieder aufnehmen, solange eine ernste und unmittelbare Gefahr besteht."
Im Tatvorwurf heißt es nach Zitierung des Gesetzestextes nur:
Der Arbeitnehmer D lag am 27.08.1998 bewußtlos in einem Pumpenschacht bei der Kläranlage in 8422 St.Nikolai 231 und wurde nur durch Zufall vor dem Tod gerettet.", er enthält aber keine Aussage darüber, welche Maßnahmen der Arbeitgeber hätte treffen müssen. Es liegt also auch hier ein Mangel vor und ein Verstoß gegen § 44 a Z 1 VStG, der zur Einstellung des Verfahrens nach § 45 Abs. 1 Z 3 VStG führt.
Zu Punkt 5.):
(1) Arbeitgeber sind verpflichtet, für eine ausreichende Unterweisung der Arbeitnehmer über Sicherheit und Gesundheitsschutz zu sorgen. Die Unterweisung muss während der Arbeitszeit erfolgen. Die Unterweisung muss nachweislich erfolgen. Für die Unterweisung sind erforderlichenfalls geeignete Fachleute heranzuziehen."
Der Tatvorwurf bezieht sich abweichend von der gesetzlichen Verpflichtung nach § 14 Abs. 1 ASchG darauf, dass der Arbeitnehmer nicht über seine Tätigkeit unterwiesen worden sei und es darüber keinen Nachweis gebe, und geht damit an § 14 Abs. 1 ASchG vorbei. Der Berufung ist auch in diesem Punkt Folge zu geben und das Verfahren nach § 45 Abs. 1 Z 2 und 3 VStG einzustellen, da er eine Übertretung nach § 14 ASchG nicht begangen hat und ein diesbezüglicher Tatvorwurf der Verfolgungsverjährung unterliegen würde.
Zu Punkt 6.):
Hier wurde der Berufungswerber einer Übertretung des "§ 16 Abs. 2 Z 3 ASchG" beschuldigt.
(1) Arbeitgeber haben Aufzeichnungen zu führen
1.
über alle tödlichen Arbeitsunfälle,
2.
über alle Arbeitsunfälle, die eine Verletzung eines Arbeitnehmers mit einem Arbeitsausfall von mehr als 3 Kalendertagen zur Folge haben, und
3. über alle Ereignisse, die beinahe zu einem tödlichen oder schweren Arbeitsunfall geführt hätten und die gemäß § 15 Abs. 5 gemeldet wurden.
(2) Die Aufzeichnungen gemäß Abs. 1 sind mindestens 5 Jahre aufzubewahren.
(3) Arbeitgeber sind verpflichtet, auf Verlangen des Arbeitsinspektorates Berichte über bestimmte Arbeitsunfälle zu erstellen und dem Arbeitsinspektorat zu übermitteln."
Eine Verletzung des § 16 Abs. 2 Z 3 kann der Beschuldigte nicht begangen haben, da Absatz 2 nicht in einzelne Ziffern untergliedert ist. Sollte aber § 16 Abs. 1 Z 3 gemeint sein, wäre dies nicht strafbar, weil nach § 130 Abs. 1 Z 13 ASchG die Aufzeichnungspflicht nach § 16 Abs. 1 Z 3 von der Strafbarkeit ausgenommen ist. Der Berufungswerber hat daher die Übertretung nicht begangen, der Berufung ist Folge zu geben und das Verfahren nach § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen.
Strafbemessung:
Nach § 130 Abs. 1 Z 26 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von S 2.000,-- bis S 100.000,--, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von S 4.000,-- bis S 200.000,--, zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend persönliche Schutzausrüstungen oder Arbeitskleidung verletzt.
Der Berufungswerber ist einschlägig nicht vorbestraft, es ist daher der erste Strafsatz anzuwenden.
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Die Übertretung führte zu einem Arbeitsunfall eines Arbeitnehmers, das öffentliche Interesse an der Aufrechterhaltung der Gesundheit der Arbeitnehmer wurde daher entsprechend stark verletzt.
Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Die Aussagen der ersten Instanz zu den Erschwerungs- und Milderungsgründen sind einerseits unklar, andererseits unrichtig:
Zu den Erschwerungsgründen liegt keine Aussage vor, der Milderungsgrund des Geständnisses wurde zu Unrecht berücksichtigt, denn der Beschuldigte war bei der Strafverhandlung gar nicht selbst anwesend und konnte kein Geständnis ablegen, die Bestreitung des Sachverhaltes im Punkt
1.) zeigt aber auch, dass ein Geständnis nicht vorliegt.
Zum Verschulden ist Folgendes auszuführen:
Obwohl die Kanaldichtprüfer im Unternehmen des Berufungswerbers auch für gewöhnlich mit der Prüfung von Kanälen befasst sind, die bereits in Betrieb sind, verfügte der Betrieb des Berufungswerbers über kein Atemschutzgerät. Darüber hinaus war die Einschulung des Kanaldichtprüfers G L D mangelhaft: Er wurde nur 5 bis 6 Tage von einem anderen Arbeitnehmer eingeschult, von der Gefährlichkeit der Gase hatte er nichts erfahren außer dem Ratschlag: "Wenn's stinkt, musst Du raus." Dies bedeutet, dass der Berufungswerber die Übertretung grob fahrlässig begangen hat.
Zu den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen liegen keine Angaben vor, es kann angenommen werden, dass der Berufungswerber als Einzelunternehmer mit mehreren Betriebszweigen zumindest ein durchschnittliches Einkommen hat.
Die verhängte Strafe im Punkt 1.) scheint angemessen:
Einerseits sind die Unrechtsfolgen durch den Arbeitsunfall als schwer zu bezeichnen, andererseits liegen keine Milderungsgründe vor. Durch die Strafe soll aber auch bewirkt werden, dass der Berufungswerber in Hinkunft gleichartige Übertretungen nicht mehr begeht.
Der Spruch hinsichtlich Punkt 1.) ist neu zu fassen und dabei die verletzte Rechtsvorschrift richtig zu stellen, es ist aber auch die Ersatzfreiheitsstrafe herabzusetzen, da bei einem Strafrahmen von bis zu S 100.000,-- und einer Geldstrafe von S 10.000,-- eine Ersatzfreiheitsstrafe von 10 Tagen dem § 16 VStG widerspricht. Da der Ersatzarrest herabzusetzen ist, fällt ein Kostenbeitrag für das Berufungsverfahren nicht an. Die Einschränkung der Tatzeit von 12.10.1998 und 27.08.1998 auf 27.08.1998 hingegen zieht keine Strafherabsetzung nach sich:
Die Strafzumessungsgründe rechtfertigen die verhängte Strafe auch bei nur eintägiger Tatzeit.
Eine Rückverweisung der Angelegenheit an die erste Instanz ist nicht möglich, da nach § 24 VStG der § 66 Abs. 2 AVG im Verwaltungsstrafverfahren nicht gilt.
Die Berufung ist daher im Punkt 1.) abzuweisen, in allen anderen Punkten ist ihr Folge zu geben.