Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karl-Heinz Liebenwein über die Berufung des Herrn W V, vertreten durch RA-Partnerschaft W & K, W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Liezen, Politische Expositur Gröbming, vom 08.06.2000, GZ.: 15.1 2000/187, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe es in seiner Funktion als Vorstandsmitglied der J A AG zu verantworten, dass am 23.12.1999 von der Firma S vier Schweinehälften und ein halber Stier an die B Filiale in Gröbming angeliefert wurden, wobei der Transport entgegen den Bestimmungen des § 16 Abs. 1 der Frischfleisch-Hygieneverordnung erfolgt wäre, und somit eine Verwaltungsübertretung nach § 17 Abs. 2 der Frischfleisch-Hygieneverordnung 1994 i.d.g.F. begangen.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über ihn gemäß § 50 Z 22 des Fleischuntersuchungsgesetzes eine Geldstrafe in der Höhe von S 3.000,--, für den Fall deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 4 Tagen und 12 Stunden, verhängt.
Gegen dieses Straferkenntnis wurde fristgerecht Berufung erhoben und in dieser in verfahrensrelevanter Hinsicht ausgeführt, dass der Berufungswerber von seinem Recht Gebrauch gemacht hätte, den vor Ort tätigen Stockleiter, Herrn G H, zum verantwortlichen Beauftragten zu bestellen, wobei auf die beigelegte Bestellungsurkunde vom 01.03.1999 ausdrücklich verwiesen wurde.
Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat erwogen:
Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51 c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben.
Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Die beantragte Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung hatte unter Hinweis § 51 e Abs. 2 Z 1 VStG zu entfallen.
Aufgrund des vorliegenden Strafaktes der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz in Verbindung mit dem diesbezüglichen Berufungsvorbringen werden folgende Feststellungen getroffen:
Die J A F Aktiengesellschaft - der Berufungswerber gehört dem Vorstand dieser Aktiengesellschaft an - mit dem Sitz in W. N betreibt am Standort G, eine Filiale, in der neben anderen Produkten offenbar auch Fleisch verkauft wird.
Am 23.12.1999 wurde im Zuge einer lebensmittelpolizeilichen Revision der Fachabteilung für das Gesundheitswesen beim Amt der Steiermärkischen Landesregierung festgestellt, dass von der Firma S vier Schweinehälften und ein halber Stier ohne jegliche Verpackung bzw. Umhüllung an die genannte Filiale angeliefert wurden, weshalb Anzeige wegen des Verdachts einer Verwaltungsübertretung der Frischfleisch-Hygieneverordnung an die zuständige Behörde erstattet wurde.
Wie bereits erwähnt, wurde im Zuge der verfahrensgegenständlichen Berufung eine u.a. auch vom nunmehrigen Berufungswerber gegengezeichnete Bestellungsurkunde gemäß § 9 VStG vorgelegt. Mit dieser Urkunde wurde mit Wirksamkeit zum 01.03.1999 der Stockleiter, Herr G H, wohnhaft in G, zum verantwortlichen Beauftragten für die genannte Filiale in G bestellt. Herr H hat diese Bestellung durch seine Unterschrift zur Kenntnis genommen und dieser ausdrücklich zugestimmt.
In rechtlicher Hinsicht ist dazu auszuführen:
§ 9 VStG ("besondere Fälle der Verantwortlichkeit") lautet
auszugsweise:
(1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
(2) Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereich des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereich des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.
(3) Eine natürliche Person, die Inhaber eines räumlich oder sachlich gegliederten Unternehmens ist, kann für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche ihres Unternehmens einen verantwortlichen Beauftragten bestellen.
(4) Verantwortlicher Beauftragter kann nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist."
Für die erkennende Behörde steht aufgrund der in Ablichtung vorgelegten Bestellungsurkunde vom 01.03.1999 zweifelsfrei fest, ohne auf die dem Berufungswerber im Konkreten vorgeworfene Verwaltungsübertretung noch näher eingehen zu müssen, dass durch diese Urkunde ein allen gesetzlichen Erfordernissen entsprechender Übergang der Verantwortlichkeit im Hinblick auf die dem Berufungswerber angelastete Verwaltungsübertretung auf Herrn G H erfolgt ist.
So liegt eine aus der Zeit vor der Tat stammende Bestellungsurkunde des Genannten zum verantwortlichen Beauftragten vor, wobei für den von ihm zu verantwortenden Bereich unter anderem ausdrücklich die Einhaltung der Bestimmungen des Lebensmittelgesetzes und aller damit verbundenen Verordnungen und Rechtsvorschriften angeführt ist. Es ist diesbezüglich daher durchaus den Ausführungen in der Berufungsschrift zuzustimmen, wonach auch die Bestimmungen der Frischfleisch-Hygieneverordnung, wenngleich diese Rechtsvorschrift nicht expressis verbis in der mehrfach erwähnten Bestellungsurkunde aufscheint, jedenfalls den ausdrücklich angeführten lebensmittelrechtlichen Bestimmungen zugeordnet werden können. Schließlich ist der Ordnung halber des Weiteren auszuführen, dass aus der Bestellungsurkunde für Herrn H auch ersichtlich ist, dass dieser zur Erfüllung seiner Verpflichtungen berechtigt ist, spezielle Anweisungen seinen Aufgabenbereich betreffend zu geben.
Aus dem Gesagten folgt, dass der Berufungswerber die ihm angelastete Verwaltungsübertretung mangels entsprechender Verantwortlichkeit im Sinne der zitierten gesetzlichen Bestimmungen nicht begangen bzw. zu verantworten hat, weshalb daher spruchgemäß zu entscheiden war.