TE UVS Steiermark 2000/10/20 303.9-24/1999

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Veröffentlicht am 20.10.2000
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch die Kammermitglieder Dr. Klaus Stühlinger, Dr. Christian Erkinger und Dr. Michael Herrmann über die Berufung des Herrn B P, vertreten durch Rechtsanwalt V H, D-H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz vom 18.11.1999, GZ.: 15.1 S-P 149/1999, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 18.11.1999, GZ.:

15.1 S-P 149/1999, wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe als Lenker des Lastkraftwagens mit dem Kennzeichen mit dem Anhänger mit dem Kennzeichen nicht dafür gesorgt, dass die Vorschriften des Güterbeförderungsgesetzes und der EG-Verordnung 3294/94 und 1524/96 eingehalten worden seien. Mit dem genannten Fahrzeug sei am 26.7.1999 um 23.10 Uhr in Spielfeld, beim Zollamt Spielfeld, auf der B 67, auf Höhe des Amtsplatzes, eine Transitfahrt von Deutschland nach Slowenien durchgeführt worden, wobei die mitgeführte ÖKO-Karte nicht den Kontrollorganen zur Entwertung vorgelegt worden sei. Wegen dieser Übertretung wurde über den Berufungswerber gemäß § 23 Abs 1 Z 8 GütbefG eine Geldstrafe in der Höhe von S 20.000,-- (2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber durch seinen ausgewiesenen Vertreter rechtzeitig Berufung erhoben und darin angeführt, dass die ihm angelastete Verfehlung zu Unrecht erfolgte. Es werde ihm vorgehalten, er hätte gemäß den Bestimmungen nicht die ÖKO-Karte den Kontrollorganen in Österreich vorgelegt.

Dies sei unzutreffend, da die Behörde selbst in der Begründung zum Straferkenntnis angebe, der Betroffene habe am Zollamt Spielfeld die ÖKO-Karte den Kontrollorganen ausgehändigt. Zudem handle es sich nicht um eine Transitfahrt, sondern um eine reine Überführungsfahrt, da ein in der Bundesrepublik Deutschland erworbener Aufleger von Ulm nach Preserje, Slowenien überführt werden hätte sollen. Ladung sei nicht mitgeführt worden.

Er habe sich auch zuvor über die Verwendung und Verwertung von ÖKO-Punkten für derartige Fahrten erkundigt und sei ihm von einer anderen Grenzkontrollstelle erklärt worden, dass für diese Fahrten ein Tagesausweis ausreiche. Dieser sei mitgeführt und den Kontrollorganen auch ausgehändigt worden.

Es bestehe somit keine Verpflichtung, die ÖKO-Karte zu entwerten. Im übrigen sei auch nicht nachvollziehbar, dass Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bei der Entscheidung berücksichtigt worden seien. Diese seien weder verlangt und auch noch nicht übermittelt worden.

Da bereits aufgrund der Aktenlage ersichtlich war, dass der angefochtene Bescheid zu beheben ist, konnte gemäß § 51e Abs 1 VStG von der Anberaumung einer öffentlichen, mündlichen Berufungsverhandlung abgesehen werden.

Dem erstinstanzlichen Verfahrensakt sind folgende wesentliche Feststellungen zu entnehmen:

Der Anzeige des Zollamtes Spielfeld vom 27.7.1999 ist zu entnehmen, dass der Berufungswerber anlässlich einer Zollkontrolle auf dem Amtsplatz des Zollamtes Spielfeld im Rahmen einer Güterausfuhr die ÖKO-Punkte nicht entwertet hatte. Insbesondere ist der Schilderung der näheren Tatumstände zu entnehmen, dass er sehr wohl sämtliche Papiere vorlegte und dabei festgestellt wurde, dass er es unterlassen hatte, die ÖKO-Karte bei einem dafür vorgesehenen Gerät beim Eintritt nach Österreich zu entwerten.

Er verantwortete sich bei der Kontrolle damit, dass er nicht gewusst habe, dies bei der Einreise nach Österreich zu tun. Der in Original beigelegten ÖKO-Karte ist auch zu entnehmen, dass insgesamt sieben ÖKO-Punkte aufgeklebt, jedoch nicht entwertet wurden.

Mittels Aufforderung zur Rechtfertigung vom 30.9.1999 sowie letztendlich angefochtenem Straferkenntnis vom 18.11.1999 jeweils GZ.: 15.1 S-P 149/1999 wurde dem Berufungswerber angelastet, er habe die mitgeführte ÖKO-Karte nicht den Kontrollorganen zur Entwertung vorgelegt, was einer Übertretung der Rechtsvorschrift des Artikel 5 Abs 5 lit a der EU-ÖKO-Punkte-Verordnung Nr. 1524/96 widerspreche.

Die getroffenen Feststellungen gründen sich auf die unwidersprochen gebliebenen Fakten des erstinstanzlichen Verfahrensaktes.

Daran knüpfen sich folgende rechtliche Überlegungen:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt und entscheidet daher über die dagegen eingebrachte Berufung gemäß § 51c VStG der Unabhängige Verwaltungssenat als Kammer.

Gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

Gemäß § 45 Abs 2 AVG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Weiters sind gemäß § 25 Abs 2 VStG die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden. Der im § 45 Abs 2 AVG genannte Grundsatz der freien Beweiswürdigung ist in Zusammenhalt mit den bereits erwähnten Grundsätzen der Unmittelbarkeit des Verfahrens und der materiellen Wahrheitsforschung zu sehen. Voraussetzung für eine gesetzmäßige Beweiswürdigung ist ein ausreichend durchgeführtes Ermittlungsverfahren, in welchem die Parteien ihre Rechte geltend machen können. Diese Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde, den Sachverhalt von sich aus festzustellen, begründet als Folgewirkung die Tatsache, dass ein verwaltungsstrafrechtlicher Schuldspruch nur dann erfolgen kann, wenn der in Frage stehende Sachverhalt als absolut sicher festzustellen ist. Voraussetzung dafür wiederum ist eine entsprechende Beweissicherung bzw die Möglichkeit, eine solche durchzuführen.

Gemäß Artikel 1 Abs 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 der Kommission in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1524/96 der Kommission hat der Fahrer eines Lastkraftwagens im Hoheitsgebiet Österreichs "die nachstehend aufgeführten Unterlagen mitzuführen und diese auf Verlangen den Aufsichtsbehörden zur Prüfung vorzulegen, entweder:

a) ein ordnungsgemäß ausgefülltes Einheitsformular oder eine österreichische Bestätigung der Entrichtung von ÖKO-Punkten für die betreffende Fahrt; ein Muster dieser als 'ÖKO-Karte' bezeichneten Bestätigung ist in Anhang A enthalten; oder

b) ein im Kraftfahrzeug eingebautes elektronisches Gerät, das eine automatische Entwertung der Ökopunkte ermöglicht und als 'Umweltdatenträger' ('ecotag') bezeichnet wird; oder

c) die in Artikel 13 aufgeführten geeigneten Unterlagen zum Nachweis darüber, dass es sich um eine Fahrt gemäß Anhang C handelt, für die keine ÖKO-Punkte benötigt werden; oder

d) geeignete Unterlagen, aus denen hervorgeht, dass es sich nicht um eine Transitfahrt handelt und, wenn das Fahrzeug mit einem Umweltdatenträger ausgestattet ist, dass dieser für diesen Zweck eingestellt ist. ..."

Artikel 2 Abs 1 Unterabsatz 1 der genannten Verordnung ordnet an, dass, soweit das Fahrzeug keinen Umweltdatenträger benutzt, die erforderliche Anzahl von ÖKO-Punkten auf die ÖKO-Karte aufgeklebt und entwertet wird. Die ÖKO-Punkte sind durch Unterschrift so zu entwerten, dass sich der Schriftzug sowohl auf die ÖKO-Punkte als auch auf das die ÖKO-Punkte tragende Blatt erstreckt. Anstelle einer Unterschrift kann auch ein Stempel verwendet werden.

Gemäß der dem Berufungswerber vorgeworfenen Übertretung des Artikel 5 Abs 5 lit a der genannten EG-Verordnung können die österreichischen Kontrollorgane unter Einhaltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit geeignete Maßnahmen treffen, wenn ein Fahrzeug nicht mit einem Umweltdatenträger ausgerüstet ist und somit gemäß lit a die ÖKO-Karte den Kontrollorganen nicht entsprechend dieser Verordnung vorgelegt wird.

Gemäß § 23 Abs 1 Z 8 GütbefG 1995 i.d.F. BGBl. I Nr. 17/1998 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu S 100.000,-- zu ahnden ist, wer unmittelbar anwendbare Vorschriften der Europäischen Union über den Güterverkehr auf der Straße verletzt, sofern dies nicht nach anderen Vorschriften zu bestrafen ist. Gemäß § 23 Abs 2 zweiter Satz leg cit hat die Geldstrafe mindestens S 20.000,-- zu betragen.

Wie der verfahrensgegenständlichen Anzeige des Zollamtes Spielfeld vom 27.7.1999 unzweifelhaft zu entnehmen ist, hat der Berufungswerber sehr wohl eine ÖKO-Karte mitgeführt, in der auch ÖKO-Punkte aufgeklebt, jedoch nicht entwertet waren und diese auch den Zollorganen zur Einsichtnahme vorgelegt (siehe Seite 2 der genannten Anzeige).

Da die belangte Behörde den von der Zollverwaltung Spielfeld festgehaltenen Tatvorwurf, der der Verwaltungsvorschrift des § 1 Abs 1 lit a iVm Artikel 2 Abs 1 der Verordnung (EG) Nr. 3298/94 zu unterstellen gewesen wäre, unrichtig wertete und in Verkennung der Rechtslage dem Berufungswerber die gegenständlich angelastete Übertretung der Nichtvorlage der mitgeführten ÖKO-Karte zur Last gelegte, die der Berufungswerber festgestellterweise nicht zu verantworten hat, war die Entscheidung spruchgemäß zu treffen.

Eine gegenteilige Abänderung bzw Änderung des Spruches durch die Berufungsbehörde in Vollziehung der Bestimmung eines § 66 Abs 4 AVG war infolge abgelaufener Verfolgungsfristen nicht möglich, und hätte dies eine unzulässige Auswechslung der als erwiesen angenommenen Tat bedeutet (vgl. VwGH 15.3.1979, 3055/78).

Schlagworte
Ökopunkte Vorlage Entwertung Tatbestandsmerkmal Auswechslung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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