Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch eine aus den Senatsmitgliedern Dr. Christian Erkinger, Dr. Klaus Stühlinger und Dr. Karin Clement gebildete Kammer über die Berufung des Herrn F J, J, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Feldbach vom 21.09.1999, GZ.: 15.1 1999/972, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 1. Fall VStG eingestellt.
Auf Grund des von der gemäß § 51 Abs 1 VStG sachlich und örtlich zuständigen Berufungsbehörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere auf Grundlage der in Anwesenheit des Berufungswerbers am 23.10.2000
vorgenommenen öffentlichen, mündlichen Verhandlung, ergeben sich folgende Feststellungen:
Herr F J hat am 14.08.1997 am Standort G-Straße, F, das Gastgewerbe in der Betriebsart "Kaffeehaus" mit den Berechtigungen des § 142 Abs. 1 Z 2 bis 4 GewO 1994 angemeldet, da er selbst den Befähigungsnachweis dafür nicht erbracht hat, wurde diese Gewerbeanmeldung rechtswirksam mit 20.08.1997, da er, ebenfalls niederschriftlich, an diesem Tag in Anwesenheit des zuständigen Gewerbereferenten der Bezirkshauptmannschaft Feldbach für das angemeldete Gewerbe Frau S P, welche den Befähigungsnachweis erbracht hat, als gewerberechtliche Geschäftsführerin namhaft gemacht hat und diese die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt dieser Antragstellung erfüllt hat. Der auf Herrn F J lautende Gewerbeschein wurde in weiterer Folge am 07.01.1998 zu GZ.:
4.0-277/7-1997 von der Bezirkshauptmannschaft Feldbach als zuständiger Gewerbebehörde ausgefertigt.
Bereits am 07.10.1997 hat Herr F J als Gewerbeinhaber anlässlich einer Vorsprache bei der zuständigen Gewerbebehörde in Form einer mit ihm vom zuständigen Gewerbereferenten persönlich aufgenommenen und von diesem unterfertigten Niederschrift das Ausscheiden der gewerberechtlichen Geschäftsführerin S P bekannt gegeben und, wie aus der Niederschrift wörtlich hervorgeht, sich selbst als gewerberechtlichen Geschäftsführer namhaft gemacht.
Sodann wurde das Verfahren bezüglich dieses gewerberechtlich nicht möglichen Antrages eingeleitet und festgestellt, dass F J den Befähigungsnachweis für das Gastgewerbe nicht erbringt; dieser hat, wie aus dem der Berufungsbehörde vorliegenden Gewerbeakt der Gewerbebehörde ersichtlich ist und vom Berufungswerber anlässlich der Berufungsverhandlung vom 23.10.2000 glaubhaft vorgebracht wurde, Frau S P am 08.09.1997, somit innerhalb ihrer 1-monatigen Probezeit, gekündigt, diese hat seit diesem Zeitpunkt in seinem Gastgewerbebetrieb keinerlei Funktion mehr ausgeübt. Von Seiten der Bezirkshauptmannschaft Feldbach wurde sodann über Antrag des Gewerbereferates vom 02.03.1999 gegen Herrn F J das Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet, mit dem im Spruch dieses Bescheides näher bezeichneten Straferkenntnis vom 21.09.1999 war über ihn wegen Übertretung des § 367 Z 5 GewO 1994 die gesetzliche Höchststrafe von S 30.000,--, im Uneinbringlichkeitsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen, verhängt worden, da er in der Zeit von 09.09.1997 bis 20.01.1999 am Standort F, G-Straße, das Gastgewerbe in der Betriebsart
Kaffeehaus
Geschäftsführers in der Person der Frau S P, bedient hätte, welche infolge Nichtanmeldung bei der Gebietskrankenkasse als Arbeitnehmerin nicht mehr den in § 39 Abs. 2 GewO 1994 festgelegten Voraussetzungen entsprochen hätte.
Dieses Straferkenntnis wird damit begründet, die Übertretung sei durch die Mitteilungen des Gewerbereferates erwiesen, hinsichtlich der Strafbemessung wurde als ausreichend für die Verhängung der gesetzlich möglichen Höchststrafe der lange Tatzeitraum als erschwerend angeführt, der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit wurde nicht berücksichtigt.
Gegen dieses Straferkenntnis hat F J fristgerecht das Rechtsmittel der Berufung eingebracht, die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung bestritten, auf die von ihm als äußerst befremdlich empfundene Vorgangsweise der zuständigen Gewerbebehörde hingewiesen und die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt. Weiters hat er in weiterer Folge vorgebracht, er hätte nach Auskunft des zuständigen Referenten in der Wirtschaftskammer die Voraussetzungen für die Erteilung einer Nachsicht vom Befähigungsnachweis erbracht und es sei dies bei der Gewerbebehörde bekannt gewesen, er selber hätte das Unternehmen seit 09.09.1997 geführt.
Von Seiten der Berufungsbehörde wurde sodann die zur Klärung des Sachverhaltes erforderliche öffentliche, mündliche Berufungsverhandlung mit Ladungsbescheiden vom 18.09.2000 für 23.10.2000 angeordnet und im Beisein des Berufungswerbers durchgeführt; ein Vertreter der belangten Behörde konnte an der Berufungsverhandlung nicht teilnehmen, von dieser war jedoch unmittelbar vor der Verhandlung über Ersuchen der Berufungsbehörde der bezughabende Gewerbeakt vorgelegt worden, aus welchem der bereits geschilderte Sachverhalt bzw. Ereignisablauf des Gewerbeanmeldungs- bzw. Geschäftsführerkenntnisnahmeverfahrens mit am 08.09.1997 erfolgter Anzeige über das Ausscheiden der gewerberechtlichen Geschäftsführerin nachvollzogen werden konnte.
Weiters hat der Berufungswerber innerhalb der Berufungsverhandlung nach eingehender Erörterung der Sach- und Rechtslage nochmals betont, es sei ihm bewusst gewesen, dass seine Gewerbeanmeldung erst mit 20.08.1997, dem Tag der Namhaftmachung der gewerberechtlichen Geschäftsführerin S P, rechtswirksam geworden wäre, er habe jedoch vom zuständigen Gewerbereferenten, der mit ihm die Niederschrift vom 07.10.1997 aufgenommen hätte, keinen Hinweis dahingehend erhalten, er selber könne den Betrieb nicht führen, da dieser Referent die Formulierung, er würde sich selber als gewerberechtlicher Geschäftsführer namhaft machen, diktiert und unterschrieben hätte.
Anlässlich der Mitteilung des Ausscheidens der Frau S P als gewerberechtliche Geschäftsführerin habe er diese am 08.09.1997 bei der Gebietskrankenkasse abgemeldet, diese Mitarbeiterin habe seit diesem Tag keinerlei Tätigkeiten oder Funktionen mehr in seinem Gewerbebetrieb ausgeübt oder bekleidet.
Der Berufungswerber bestätigte sodann über Befragen, es sei richtig, dass er nach dem 08.09.1997 keinen befähigten gewerberechtlichen Geschäftsführer, der den übrigen gesetzlichen Voraussetzungen entsprochen hätte, namhaft gemacht habe, vielmehr hätte er seit 09.09.1997 den Gewerbebetrieb selbständig bis 31.12.1998 geführt und in weiterer Folge verkauft.
Die Berufungsbehörde ist bei ihrer Entscheidung von folgenden Überlegungen ausgegangen:
Gemäß der Bestimmung des § 66 Abs 4 AVG, welche gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden ist, hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt und entscheidet daher über die dagegen eingebrachte Berufung gemäß § 51 c VStG der Unabhängige Verwaltungssenat als Kammer.
Gemäß § 51e Abs 2 VStG ist, wenn die Berufung nicht zurückzuweisen ist oder nicht bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben oder der Devolutionsantrag zurückzuweisen oder abzuweisen ist, eine öffentliche, mündliche Verhandlung anzuberaumen, zu welcher die Parteien und eventuell Sachverständige und Zeugen zu laden sind. Diese Berufungsverhandlung hat am 23.10.2000 stattgefunden.
Wenn eine Verhandlung durchgeführt wurde bzw. durchzuführen ist, ist gemäß § 51 i VStG bei der Fällung des Erkenntnisses nur auf das Rücksicht zu nehmen, was in dieser Verhandlung vorgekommen ist. Auf Aktenstücke ist nur insoweit Rücksicht zu nehmen, als sie bei der Verhandlung verlesen wurden, es sei denn, der Beschuldigte hätte darauf verzichtet (Grundsatz der Unmittelbarkeit des Verfahrens); weiters ist Zweck dieser öffentlichen, mündlichen Verhandlung als Teil des gemäß § 37 AVG durchzuführenden Ermittlungsverfahrens, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgebenden Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben (Grundsatz der materiellen Wahrheitsfindung).
Gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen. Gemäß § 45 Abs 2 AVG hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Weiters sind gemäß § 25 Abs 2 VStG die der Entlastung des Beschuldigten dienlichen Umstände in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die belastenden.
Der im § 45 Abs 2 AVG genannte Grundsatz der freien Beweiswürdigung ist in Zusammenhalt mit den bereits erwähnten Grundsätzen der Unmittelbarkeit des Verfahrens und der materiellen Wahrheitsforschung zu sehen. Voraussetzung für eine gesetzmäßige Beweiswürdigung ist ein ausreichend durchgeführtes Ermittlungsverfahren, in welchem die Parteien ihre Rechte geltend machen können. Diese Verpflichtung der Verwaltungsstrafbehörde, den Sachverhalt von sich aus festzustellen, begründet als Folgewirkung die Tatsache, dass ein verwaltungsstrafrechtlicher Schuldspruch nur dann erfolgen kann, wenn der in Frage stehende Sachverhalt als absolut sicher festzustellen ist. Voraussetzung dafür wiederum ist eine entsprechende Beweissicherung bzw. die Möglichkeit, eine solche durchzuführen.
Gemäß § 39 Abs. 1 GewO 1994 kann der Gewerbeinhaber für die Ausübung seines Gewerbes einen Geschäftsführer bestellen, verpflichtet ist er dazu, wenn er selbst den Befähigungsnachweis nicht erbringen kann und keine Nachsicht von diesem Erfordernis erlangt hat. Scheidet der Geschäftsführer aus, ist der Gewerbeinhaber gemäß §§ 9 Abs. 2 bzw. 16 Abs. 1 GewO 1994 verpflichtet, die Bestellung eines neuen gewerberechtlichen Geschäftsführers binnen eines Monates durchzuführen. Gemäß § 367 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer (Z 1) trotz der bestehenden Verpflichtung zur Bestellung eines gewerberechtlichen Geschäftsführers ein Anmeldungsgewerbe ausübt, ohne die Anzeige gemäß § 39 Abs. 4 über die Bestellung eines dem § 39 Abs. 2 entsprechenden gewerberechtlichen Geschäftsführers erstattet zu haben;
(Z 5) sich für die Ausübung eines Gewerbes eines Geschäftsführers bedient, der nicht mehr den im § 39 Abs. 2 festgelegten Voraussetzungen entspricht.
Die rechtliche Beurteilung des vorliegenden Sachverhaltes ergibt im Sinne dieser gesetzlichen Bestimmungen, dass Herr F J als Gewerbeinhaber, der den Befähigungsnachweis zur Ausübung des von ihm rechtswirksam angemeldeten Gastgewerbes nicht erbringt, seiner Verpflichtung, einen neuen gewerberechtlichen Geschäftsführer, der den diesbezüglichen gesetzlichen Bestimmungen entspricht, zu bestellen, nicht entsprochen hat, er hat daher wegen Unterlassung der Anzeige über die Bestellung eines neuen gewerberechtlichen Geschäftsführers gegen die Bestimmung des § 367 Z 1 GewO 1994 verstoßen und es wäre diesbezüglich das Verwaltungsstrafverfahren gegen ihn einzuleiten gewesen.
Sowohl aus dem vorliegenden Gewerbeakt der belangten Behörde als auch aus den vom Berufungswerber vorgelegten Beweismitteln geht eindeutig hervor, dass die ursprünglich zur Kenntnis genommene gewerberechtliche Geschäftsführerin S P nach dem 08.09.1997 im Unternehmen nicht mehr mitgearbeitet und dort keinerlei Tätigkeiten mehr entfaltet hat.
Der Berufungswerber kann somit die ihm vorgeworfene Verwaltungsübertretung, sich im Tatzeitraum eines gewerberechtlichen Geschäftsführers bedient zu haben, der nicht mehr den im § 39 Abs. 2 GewO 1994 festgelegten
Voraussetzungen entsprochen hätte, nicht begangen haben, weshalb im Sinne der angeführten gesetzlichen Bestimmungen spruchgemäß zu entscheiden war.