Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch Mag Pichler als Vorsitzenden, Mag Mag Dr Tessar als Berichter und Mag Dr Rotter als Beisitzerin über die Berufung des Herrn Bernard B gegen die Punkte 1), 2) und 3) des Straferkenntnisses der Bundes - Wertpapieraufsicht, vom 27.7.1999, Zl S00005-1998-0486, wegen Übertretung der §§ 1) 13 Z 1 WAG, 2) 13 Z 3 WAG und 3) 13 Z 4 WAG, entschieden:
A) Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung hinsichtlich
Spruchpunkt 1) keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Darstellung der Tat wie folgt zu lauten hat:
?Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit nach außen vertretungsbefugtes Organ der B-GmbH, mit Sitz in Wien, W-str, welche gewerbliche Dienstleistungen im Sinne des § 11 Abs 1 Z 2 WAG (im vorliegenden Fall die als Finanzdienstleistung gemäß § 1 Abs 1 Z 19 lit c BWG zu qualifizierende Vermittlung von Geschäftsgelegenheiten zum Erwerb oder zur Veräußerung von Wertpapieren iSd § 1 Abs 1 Z 7 lit e BWG), erbringt, zu verantworten, dass diese Gesellschaft jeweils ohne Zustimmung ihres Kunden Ing Kurt P den Verkauf von dessen Aktien der C-Inc zum Stückpreis von 1,-- USD in Auftrag gegeben hatte und aus dem erzielten Verkaufserlös den Kauf von 700 Stück Aktien der G-Inc (nunmehr I-Inc), welche nur am ungeregelten US-Aktienmarkt OTC Bulletin Board gehandelt werden, in Auftrag gegeben hat. Dadurch wurden Finanzdienstleistungen des Unternehmens nicht mit der erforderlichen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit im Interesse des Kunden Ing Kurt P erbracht.?
Als Übertretungsnorm ist § 13 Z 1 WAG iVm § 9 Abs 1 VStG anzusehen.
Der Berufungswerber hat daher gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG einen Beitrag zu den Kosten des zu Spruchpunkt 1) durchgeführten Berufungsverfahrens in der Höhe von ATS 4.000,--, (entspricht 290,69 EUR) das sind 20 % der zu Spruchpunkt 1) verhängten Geldstrafe, zu bezahlen.
B) Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung zu den Spruchpunkten 2) und 3) Folge gegeben, das Straferkenntnis hinsichtlich dieser Spruchpunkte behoben und das zu Spruchpunkt
2) geführte Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG und das zu Spruchpunkt 3) geführte Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.
Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG hinsichtlich des zu den Spruchpunkten 2) und 3) durchgeführten Berufungsverfahrens keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.
Der Schuld- und Strafausspruch der Spruchpunkte 1), 2), und 3) des Straferkenntnisses der Bundes - Wertpapieraufsicht, vom 27.7.1999, Zl S00005-1998-0486, lauten wie folgt :
"Sie haben am 14.8.1998 in Wien, W-straße als Geschäftsführer und damit nach außen vertretungsbefugtes Organ der B-GmbH dadurch, dass
1. ) die Aktien der C-Inc zum Stückpreis von 1,-- USD ohne die Zustimmung des Eigentümers und Kunden der B-GmbH, Herrn Ing Kurt P, durch Ihren Mitarbeiter, Herrn T, verkauft und mit dem Erlös aus diesem Verkauf 700 Stück Aktien der G-Inc (nunmehr I-Inc), welche nur am ungeregelten US-Aktienmarkt OTC Bulletin Board gehandelt werden, gekauft wurden,
2.) Herr Ing Kurt P zu keiner Zeit nach seinen Erfahrungen und Kenntnissen in derartigen Geschäften, über seine mit den Investitionen, verfolgten Ziele und über seine finanziellen Verhältnisse befragt haben,
3.) Herrn P nicht alle zweckdienlichen Informationen zu dem An- und Verkauf der genannten Aktien mitgeteilt haben und Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:
1.)
2.)
3.)
Als Geschäftsführer und somit nach außen vertretungsbefugtes Organ der Gesellschaft B-GesmbH haben Sie gem § 9 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz-VStG (BGBL: Nr 1991/52 idjgF) diese Verstöße zu verantworten.
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:
Geldstrafe von ad 1.) S 20.000,--, ad 2.) und 3.) je S 15.000,--, ad
4.) S 5.000,--, falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von
ad 1.) 1 Tag, ad 2.) und 3.) je 18 Stunden, gemäß § 27 Abs 2 WAG iVm § 16 VStG"
In der gegen dieses Straferkenntnis fristgerecht erhobenen Berufung brachte der Berufungswerber vor, keine strafbare Handlung begangen zu haben. Erläuternd führte er ua aus, dass am 24.11.1997 im Auftrag des Kunden Ing Kurt P der Ankauf von 4000 Aktien des Unternehmens C-Inc vermittelt worden sei. Im Mai und Juni 1998 habe Herr P in mehren Telefongesprächen Herrn DI T zu verstehen gegeben, dass er die Aktie verkaufen wolle. Mit Telefax vom 20.5.1998 habe Herr P die Absicht, diese Aktien mit seiner Zustimmung zu verkaufen, kundgetan. Nach diesem Zeitpunkt sei ein Telefonat geführt worden, in welchem Ing P von DI T über die Aktie der ?G-Inc? informiert worden sei. Daraufhin habe Ing P die Order erteilt, dass für den Erlös aus dem Verkauf der C-Inc-Aktie Aktien der G-Inc gekauft werden sollen. Danach habe Herr DI T versucht Ing P zu erreichen, um die Zustimmung für die obige Transaktion zu erlangen. Da er Ing P nicht erreicht habe und die G-Inc Aktie stark an Wert verlor hätten, seien infolge Gefahr in Verzug ohne seine Zustimmung diese Aktien am 19.8.1998 verkauft worden und seien für den Erlös am 20.8.1998 Aktien der ?G-Inc? gekauft worden. Aufgrund dieser Transaktion habe der Aufforderer einen Gewinn von über 443 Dollar erlangt. Es sei daher von einer nützlichen Geschäftsführung ohne Auftrag auszugehen. In dem der Berufung beigeschlossenen erstinstanzlichen Akt erliegt eine Kopie der mit 28.2.1996 datierten Kundenvereinbarung zwischen Herrn Ing P und der B-GesmbH (AS 229-239). Gemäß § 2 dieser Vereinbarung wird die Gesellschaft nur auf ausdrückliche Weisung des Kunden tätig.
Gleichzeitig mit der Unterfertigung dieser Kundenvereinbarung beantwortete Herr P einen Fragebogen über seine finanzielle Situation und sein intendiertes Anlagerisiko (vgl AS 240). Demnach war der Aufforderer an spekulativen Geldanlageformen interessiert. Am 19.11.1997 orderte Ing P über Vermittlung der B-GesmbH den Kauf von 4000 Aktien der C-Inc. Der Kauf erfolgte am 24.11.1997. (vgl AS 227)
Mit Telefax vom 20.5.1998 gab Ing P den Auftrag, dass die von ihm gehaltenen Aktien der C-Inc ohne seine schriftliche Zustimmung nicht verkauft werden dürfen (vgl AS 178).
Am 14.8.1998 wurde durch die B-GesmbH die Order zum Verkauf der 4000 Aktien der C-Inc von Ing P erteilt. Der Verkauf erfolgte am 19.8.1998. (vgl AS 224).
Ebenfalls am 14.8.1998 wurde durch die B-GesmbH die Order zum Ankauf von 700 Aktien der G-Inc im Namen von Ing P erteilt. Der Ankauf erfolgte am 20.8.1998. (vgl AS 222).
Mit Telefax vom 9.9.1998 gab der Aufforderer die Order zum Verkauf der G-Inc Aktien (vgl AS 176f bzw 215f). Gleichzeitig teilte er mit diesem Fax mit, dass die Aktien der C-Inc ohne seine Zustimmung verkauft worden seien.
Mit Telefax vom 11.11.1998 teilte der Aufforderer der Erstbehörde mit, dass er am 14.2.1996 Aktien von Bi Inc über Vermittlung der B-GesmbH gekauft hatte. Am 19.11.1997 seien von ihm Aktien der C-Inc gekauft worden. Am 6.5.1998 gab er die Order zum Verkauf der Bi-aktien. Aufgrund der Information, dass die B-GesmbH Kundenaktien willkürlich verkaufe und andersartig investiere, erteilte er mit Fax vom 20.5.1998 die Order, dass die von ihm gehaltenen C Aktien nicht ohne seine schriftliche Zustimmung verkauft werden dürfen. Ohne seine Zustimmung seien aber dennoch im August 1998 die von ihm gehaltenen C Aktien verkauft und hochspekulative Aktien der G-Inc angekauft worden. Dieser Transaktion habe er mit Fax vom 9.9.1998 widersprochen (vgl AS 82-84).
Anlässlich seiner erstbehördlichen Einvernahme am 1.11.1998 gab der Aufforderer ua zu Protokoll (vgl AS 72-80), dass er bei der B-GesmbH ursprünglich von Herrn Pr und einem Bekannten des Aufforderers, Herrn Ing Christian S, betreut worden sei. Danach sei er von DI T betreut worden. Die B-GesmbH sei niemals ermächtigt worden, in seinem Namen Wertpapiergeschäfte abzuschließen. Es sei nur ein Wertpapiervermittlungsvertrag, nicht aber eine Verwaltungsvollmacht unterschrieben worden.
Der am 16.3.1999 und am 17.3.1999 erstbehördlich
einvernommene Berufungswerber (vgl AS 42 - 54) gab ua an, dass er die B-gesmbH im Oktober 1993 begründet habe und dass er nunmehr 100% Eigentümer der Gesellschaft sei. Es liege ein Gewerbeschein über die Vermittlung mit Wertpapieren vor, wobei ausschließlich Produkte des amerikanischen Marktes (Anleihen, Anlagen, Aktien und in geringerem Umfang Optionen) angeboten würden. Ein Kunde, welcher eine Wertpapierkaufsorder erteile, zahle das Geld direkt auf sein eigenes Namenskonto bei H ein, wobei auf diesem Konto ausschließlich der Kunde selbst zeichnungsberechtigt sei. Der Kontoauszug werde von H von Amerika direkt an den Kunden geschickt. Eine Kopie gehe an die Firma. Die B-GesmbH teile den Kunden bei Spekulationsgeschäften mit, dass das Risiko hoch sei. Man sei bemüht, alle Fragen des Kunden zu beantworten. Die Kunden würden laufend über die Entwicklung der Aktien informiert, und zwar unabhängig davon, ob sie diese gekauft haben oder nicht. Kundengespräche würden mindestens zweimal monatlich erfolgen.
Die Kunden würden hinsichtlich des Risikogehaltes einzelner Finanzinstrumente aufgeklärt, indem sie in der Kundenvereinbarung als auch in den persönlichen Gesprächen auf den Risikogehalt hingewiesen würden. Herr Pr sei im März 1996 entlassen worden. Der Berufungswerber verlasse sich immer darauf, dass seine Mitarbeiter den Kunden immer die besten Aktien empfehlen.
Auf die Frage, warum ohne Rücksprache die Aktien des Berufungswerbers verkauft und andere gekauft worden sind, teilte der Berufungswerber mit, dass er nur Informationen von Herrn T (vom Backoffice) habe, welcher ihm gesagt habe, dass der Berufungswerber mit diesem im August 1998 über die C-Inc gesprochen habe, und dass Herr T dies als Verkaufsauftrag verstanden habe. In den Unterlagen der B-GesmbH seien keine Verkaufs- und keine Kauforder bezüglich der Transaktionen im August 1998 enthalten. Es liege ein mündlicher Auftrag des Aufforderers vor.
Eigentlich seien alle von der B-GesmbH vermittelten neuen Werte spekulativ.
Mit Telefax vom 9.9.1999 wurde der B-GesmbH eine Kopie der Ankaufsorder bezüglich der ?G-Inc Aktien? und eine Kopie der Verkaufsorder der ?C-Inc Aktien? übermittelt. (vgl AS 180f). Mit Schriftsatz vom 19.4.1999 (vgl AS 61 - 62) teilte der Berufungswerber mit, dass keine Vermittlung von Käufen oder Verkäufen ohne den entsprechenden Auftrag des Aufforderers erfolgt sei. Es werde mit den Kunden regelmäßig ein telefonischer Kontakt gehalten. Im Zuge dieser Telefonate seien auch die Vermittlungsaufträge für den Kauf bzw Verkauf von Wertpapieren erfolgt. Die ?C Aktien? seien vom Aufforderer im November 1997 gekauft worden. Aus dem im erstbehördliche Akt erliegenden Fax vom 20.5.1998 gehe hervor, dass die Vermittlung eines Verkaufs der ?C Aktien? im Gespräch war, wobei der Aufforderer selbst ein Verkaufslimit festgelegt habe. Der Verkauf dieser Aktien sei im August 1998 erfolgt, woraufhin der Aufforderer unzufrieden gewesen sei. Der Aufforderer habe aber den Verkauf nicht stornieren wollen, zumal der Kurs im Fallen war. Eine Stornierung des Verkaufs hätte leicht erfolgen können. Mit der anschließenden Vermittlung des Verkaufes von ?G-Aktien? habe der Aufforderer
4.400 Dollar gewonnen.
Anlässlich seiner Einvernahme vom 10.5.1999 (vgl AS 31-41) gab der Berufungswerber zu Protokoll, dass sämtliche Kundengespräche aufgezeichnet würden und dass es keine weiteren Unterlagen im Sinne von Dokumenten zum Fall P gäbe. Es gäbe (mangels irgendwelcher Unterlagen höchstwahrscheinlich) kein Kundenprofil.
Mit Schriftsatz vom 10.5.1999 (vgl AS 56f) teilte der Berufungswerber daraufhin mit, dass seit dem 1.7.1998 Kundenprofile verbindlich für jeden Kunden angefordert würden. Bei Altkunden werde vor jedem Neukauf ein Kundenprofil vom Kunden eingeholt. Beim Aufforderer sei nach dem 1.7.1998 nur eine kleine Umschichtung des Depots erfolgt, ohne dass eine Aufstockung geplant gewesen sei. Es sei daher auch kein Kundeninformationsblatt nachgeholt worden.
Zum fehlenden Originalorderticket werde ausgeführt, dass eine Kopie bereits übergeben worden sei. Generell sei die Praxis bis Ende 1998 dergestalt gewesen, dass nach Einlangen der Originalbestätigung der Depotbank das jeweilige Orderticket im Kundenordner gegen die Originalbestätigung ausgetauscht worden sei, sodaß das Original der Confirmation im Kundenordner verblieben sei. Der Kauf der Aktien der G-Inc sei im Oktober 1998 erfolgt, sodass das Originalticket nicht bei der B-GesmbH auf Lager liege. Eine Kopie sei in den USA angefordert worden. Dem Akt des Parallelverfahrens UVS-06/18/791/99 ist eine Tonbandkassette beigeschlossen, auf welcher die am 9.9.1998 zwischen Ing P und Herrn Ba und das ebenfalls am 9.9.1998 zwischen Ing P und DI T geführten Telefongespräche aufgezeichnet sind. Mit Aktenvermerk vom 27.12.1999 wurden durch die erkennende Behörde diese Telefongespräche transkripiert. Aus diesem Transkript ist ersichtlich, dass Ing P sich
im Gespräch mit Herrn Ba beschwerte, dass der
gegenständliche Aktienverkauf ohne sein Wissen durchgeführt worden war. Dieser Umstand wurde von keinem der Gesprächspartner bestritten.
Dieser Transkriptionstext ist im wesentlichen ident mit dem seitens des Berufungswerbers mit Schriftsatz vom 1.7.1999 der Erstbehörde vorgelegten Tonbandtranskript (vgl erstbehördlicher Akt AS 226f).
Am 3., 25. und 30.10.2000 wurden vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat Wien mündliche Verhandlungen durchgeführt. Zur Verhandlung am 3.10.2000 erschienen der Berufungswerber, sein rechtsfreundlicher Vertreter, eine Vertreterin der Bundes-Wertpapieraufsicht sowie die Zeugen Ing Kurt P, Otto Bu und DI Gerald T.
In dieser Verhandlung wurden dem Berufungswerber und seinem Vertreter der Aktenvermerk vom 27.12.1999 vorgehalten (Tonbandprotokoll der vom Berufungswerber vorgelegten Aufnahme). Es wurde außer Streit gestellt und nicht bestritten, dass die in diesem Aktenvermerk wiedergegebenen Gesprächsprotokolle mit dem auf der Tonbandkassette aufgezeichneten Gespräch übereinstimmen. Nach Meinung des Berufungswerbers dürfte es sich aber bei der Bezeichnung ?Ga? offenkundig um einen Hörfehler gehandelt haben. Tatsächlich dürfte der Kauf von G bestätigt worden sein.
Anschließend führte der Berufungswerber aus wie folgt:
?Seit Firmengründung der gegenständlichen Gesellschaft (1993) bis November 1998 war ich alleiniger Geschäftsführer und von November 1998 bis zum 31.12.1999 gemeinsam mit Herrn Otto Bu gemeinsam Geschäftsführer der gegenständlichen Gesellschaft. Zwischen 1993 und 1995 war ich nicht 100 %iger Gesellschafter und zwischen Ende 1995 und 31.12.1999 alleiniger Gesellschafter dieser Firma. Ab 1.1.2000 bin ich (...) nur mehr Konsulent dieser Gesellschaft und daher weder Gesellschafter noch Geschäftsführer. Der Gesellschafterwechsel erfolgte per 1.1.2000, nunmehr ist seit 21.8.2000 Herr Dkfm G R 100 %iger Gesellschafter dieser Gesellschaft. Herr Bu ist weiterhin einer der Geschäftsführer. Im Jahre 1998 übte die Firma das Gewerbe "Vermittlung von Wertpapieren" aus.
Ab Beginn der Firma, daher unserer Vermittlungstätigkeit, musste jeder Kunde bei Eröffnung des Wertpapierdepots bei der Amerikanischen Depotbank (H-Inc) Informationen über seine finanzielle Lage und seine Risikobereitschaft abgeben. Üblicherweise wurde danach kein Kundenprofil mehr schriftlich von einem Kunden angefordert, zumal mit beinahe allen Kunden ein persönlicher Kontakt bestand, welcher es uns ermöglichte, die persönlichen Verhältnisse, die Erfahrungen und die Risikobereitschaft des Kunden abzuschätzen. Im Übrigen waren auch die Kunden aufgrund der erwünschten Diskretion nicht an der weiteren Abfassung eines Kundenprofils interessiert. Ab 1997 wurden wir dazu verpflichtet, dass für jede Person ein Kundenprofil im Akt erliegt. Seit Juli 1997 wird daher bei jeder Kontoeröffnung mit einem Neukunden und bei jedem Altkunden vor der ersten Transaktion ein Kundenprofil erstellt.
Für Herrn Ing P wurde jedoch im Zeitraum bis August 1998 kein schriftliches Kundenprofil erstellt. Dies erklärt sich daraus, dass wahrscheinlich keine Transaktionen für Herrn P in diesem Zeitraum durchgeführt wurden. (...) Der Grund dafür war, dass zum einen Ing P nur ein relativ kleines Konto bei uns hatte, zudem ein persönlicher Bekannter eines früheren Mitarbeiters von uns war und wir außerdem vermuteten, dass die Geschäftsbeziehung mit ihm nicht mehr länger anhalten könnte. Ich kann auch nicht ausschließen, dass ihm wie anderen Altkunden auch ein Formular zur Erstellung eines Anlegerprofils übermittelt, von ihm jedoch nicht
retourniert wurde.
Das selbe gilt auch als Erklärung für den Umstand, dass auch für den Aktienkauf am 19.11.1997 kein Kundenprofil erstellt worden ist. Das Schriftstück Aktenseite 240 ist das gesamte "Anlegerprofil", das zum Zeitpunkt der Kontoeröffnung bei der Amerikanischen Bank durch den Kunden ausgefüllt wurde.
Aufgrund des Umstandes, dass alle unsere Käufe und Verkäufe von einem Amerikanischen Broker durchgeführt wurden, konnten wir sicherstellen, dass jede Kaufs- bzw Verkaufsorder vollständig transparent dokumentiert war.
In aller Regel wurde von einem Kunden ein schriftlicher Auftrag von einem Kauf oder Verkauf vergeben und auch persönlich unterfertigt. Es kam auch vor, dass telefonisch ein Auftrag von einem Kunden erteilt wurde. Diesbezüglich gibt es kein gesondertes Kontrollsystem, da mir nicht bekannt ist, dass ein Mitarbeiter einmal einem Kunden etwas anderes gekauft hat als er wollte.
Im Übrigen gilt bei uns das Vier-Augen-System. Ein Broker konnte keine Order abgeben, ohne dass diese von Hrn Bu genehmigt wurde. Dadurch wurde sichergestellt, dass der Broker nur Transaktionen tätigte, welche in Einklang mit den üblichen Usancen stand.
Ein weiteres Kontrollsystem fällt mir derzeit nicht ein. Unsere Verkäufer wurden außer einer kurzen Periode Anfang 1998 ausschließlich auf Provisionsbasis entlohnt. Wenn es zu Kundenbeschwerden gekommen ist, habe meistens ich selbst die Gespräche mit unzufriedenen Kunden geführt und habe darüber auch mit dem Verkäufer gesprochen. Es hat unterschiedliche Konsequenzen gegeben. Ich kann mich an einen Fall erinnern, bei dem offensichtlich ein Kunde Optionen zumindest nicht in dem Umfang kaufen wollte, wie das dann von uns durchgeführt wurde. In diesem Fall habe ich dem Kunden sofort bestätigt, dass wir für einen allfälligen Vermögensschaden eintreten würden. In diesem Fall hat der Broker Herrn Bu auch hinsichtlich des Kundenauftrages direkt belogen und ist dann in der Folge einen Monat später auch entlassen worden. In derartigen Fällen haben wir aber, wie gesagt, für Kunden entstandene Vermögensschäden ausgeglichen. Auf Vorhalt, ob nicht gerade der Umstand, dass die Verkäufer auf Provisionsbasis entlohnt werden und daher ihr Einkommen unmittelbar davon abhängt, wie viele Wertpapiertransaktionen bei einem Kundenkonto durchgeführt werden, leicht dazu führt, dass diese Kunden eher zu Transaktionen als zum Halten von Wertpapieren raten, führt der Berufungswerber aus:
Das stimmt schon. Allerdings wurde die hier konkret relevante Transaktion nicht von einem Verkäufer, sondern von Herrn T durchgeführt, der zum fraglichen Zeitpunkt nicht auf Provisionsbasis entlohnt wurde.?
Im Laufe der Verhandlung gab der Berufungswerber weiters zu Protokoll, dass er Herrn Ing P eine Rückabwicklung des Geschäftes angeboten habe. Unter Rückabwicklung sei gemeint gewesen, dass die Gesellschaft die verkauften Aktien wieder erwerbe und Herrn Ing P in finanzieller Hinsicht so gestellt werde, als wären die
Verkaufs- und Kauftransaktionen nie durchgeführt worden. Ing P sei jedoch nach Meinung des Berufungswerbers deshalb nicht damit einverstanden gewesen, weil zwischenzeitlich der Kurs der C Aktien von 1 Dollar auf 75 Cent gefallen gewesen sei. DI T sei nicht über Provisionen entlohnt worden. Sein Einkommen sei schwankend gewesen, da er je nach den von ihm
übernommenen Aufgaben entlohnt worden sei. Er sei nicht der persönliche Kundenbetreuer für den Aufforderer gewesen. Alle Telefonate, welche von Mitarbeitern mit Kunden geführt werden würden, würden zu Beweiszwecken aufgezeichnet. Das zwischen Herrn DI T und dem Aufforderer vor dem 14.8.1998 geführte Telefonat sei infolge eines Systemausfalls der Aufzeichnungsanlage nicht aufgezeichnet worden.
DI T habe den Auftrag gegeben, die ?C Aktien? zu verkaufen und die ?G-Aktien? zu kaufen. Dieser Auftrag sei aufgrund eines Gesprächs mit Ing P erfolgt. Zu einem Kontakt zwischen beiden sei es aufgrund der Beschwerde wegen zu hoher Verkaufsspesen der ?Bi Aktie? gekommen. Während dieses Gespräches sei auch über die ?C-Aktien? und die ?G Aktien? gesprochen worden. Aufgrund dieses Gespräches habe DI T den Eindruck gehabt, zur gegenständlichen Ver- und Ankaufs-transaktion berechtigt zu sein. Es könne nicht angegeben werden, wie im Jahr 1998 die Orderaufträge und die Korrespondenz mit der Amerikanischen Brokerfirma archiviert bzw dokumentiert worden seien. Der am 3.10.2000 einvernommene Zeuge Ing Kurt P gab ua zu Protokoll wie folgt:
?Ich stand ab Februar 1996 in Geschäftskontakt mit der gegenständlichen Gesellschaft. Damals wurden für mich ?Bi Aktien? gekauft. Im November 1997 wurden zudem ?C Aktien? gekauft. Diese wurden glaublich etwa im August 1998 wieder verkauft und sodann Aktien der G-Inc gekauft. Bis Mai 1998 wurde ich von einem ehemaligen Kollegen und Freund, Herrn Ing S, betreut. Dieser wurde damals mit sofortiger Wirkung gekündigt. Danach teilte er mir mit, dass ich aufpassen solle, zumal seitens der gegenständlichen Gesellschaft willkürlich Aktienkäufe und - verkäufe getätigt würden.
Daraufhin übermittelte ich am 20.5.1998 ein Fax, in welchem ich untersagte, dass meine ?C Aktien? ohne meine schriftliche Zustimmung verkauft werden. Zwischen 22.5.1998 und 15.6.1998 war ich auf Urlaub. Etwa während dieser Zeit wurden auch meine ?Bi Aktien? auf meine Order vom 6.5.1998 bei Zugrundelegung nicht vereinbarter sehr hoher Spesen verkauft.
Ich hatte daraufhin daher zwischen meinem Fax vom 20.5.1998 und meinem Fax vom 9.9.1998 keinerlei Kontakt mit der Gesellschaft. An diesem Tag hatte ich den Kontoauszug meiner Depotbank vom 31.8.1998 übermittelt erhalten, aus welchem hervorging, dass meine ?C Aktien? verkauft und dafür ?G-Inc Aktien? gekauft worden waren. In meinem Fax teilte ich mit, dass ich diese Transaktion nicht akzeptiere und dass die neuen Aktien schnellstmöglichst verkauft werden sollen. Gleichzeitig wurde meine Geschäftsbeziehung zur Gesellschaft gekündigt. Daraufhin habe ich mehrmals versucht jemanden bei der Gesellschaft zu erreichen. Dabei war es mir nicht möglich Herrn T, welcher mir als Betreuer zugeteilt worden war, zu erreichen. Am 1.10, 20.10. und 30.10.1998 habe ich mit dem Berufungswerber telefoniert, welcher mir jedesmal zugesichert hatte, dass auf mein Konto baldigst der Verkaufserlös überwiesen werde.?
Dem Zeugen wurde das Telefonatgesprächsprotokoll der beiden Gespräche vom 9.9.1998 vorgehalten, woraufhin er nicht ausschloss, dass diese Gespräche von ihm geführt worden sind. Weiters führte der Zeuge aus, er glaube, während des Geschäftskontaktes relativ erfahren in Wertpapiergeschäften gewesen zu sein. Er habe darüber Bücher und auch andere Informationen immer wieder gelesen und habe er die Kurse beinahe täglich über Internet kontrolliert.
Er sei niemals gefragt worden, wie weitreichend seine Kompetenz oder Erfahrung in Wertpapiergeschäften sei. Vor seiner Geschäftsbeziehung mit dieser Gesellschaft habe er keine Auslandswertpapiere gekauft.
Er sei über die von ihm gekauften ?C Aktien? anlässlich einer Verkaufsveranstaltung glaublich 1997 umfassend informiert worden. Ebenfalls sei er von Herrn S über die ?Bi Aktien? informiert worden. Zu den ?G-Inc Aktien? sei er nur durch einen Werbeprospekt der gegenständlichen Gesellschaft informiert worden. Weder seien ihm aber mit diesen Zuschriften Informationen über die Kursentwicklung übermittelt worden, noch habe er andere objektivierte Informationen erhalten. Auch sei diese Aktie jedenfalls bis November 1998 hinsichtlich ihrer Kursentwicklung nicht über das Internet (bzw die von ihm besuchten allgemein aussagekräftigsten Seiten) verfolgbar gewesen.
Herr S sei aufgrund des persönlichen Vertrauensverhältnisses über seine finanziellen Verhältnisse, seine Risikobereitschaft, seine Anlagestrategien und seine Ziele vollständig informiert gewesen. Nach seinem Ausscheiden aus der B-GesmbH seien derartige Kenntnisse nie nachgefragt worden und sei er nicht einmal darüber informiert worden, welcher Mitarbeiter der Firma nun für seine Betreuung zuständig sei. Ihm sei niemals ein standardisiertes Anlegerprofil durch die Fa B übermittelt worden. Das Risiko der beiden von ihm tatsächlich georderten Transaktionen, nämlich der ?C Aktien? sowie der ?Bi Aktien?, sei ihm vollinhaltlich bewusst gewesen.
Er habe niemals mit Herrn T über die ?G-Inc (G) Aktien? gesprochen.
Es sei ihm nicht bekannt, dass Hr B ihm die Rückabwicklung der gegen seinen Willen erfolgten Transaktionen angeboten habe. Es sei ihm zumindest jetzt nicht erinnerlich und sei solch eine Rückabwicklung jedenfalls nie geschehen.
Es sei nicht richtig, dass er mit den ?G-Aktien? einen Gewinn gemacht habe.
Auf Vorhalt der Kontoauszüge sei es allerdings richtig, dass der Kurs dieser Aktien im Zeitraum zwischen Ankauf und Verkauf (4.12.1998) um etwas über 400 $ gestiegen sei (bei einem Investment von etwa 4000 $).
Auf Vorhalt, dass die verkauften ?C Aktien? nach dem Verkauf gefallen sind, führte der Zeuge aus, dass er dies nicht wisse. Dies habe ihn auch nicht interessiert, da er diese Aktien mit dem Ziel eines längerfristigen Investments erworben habe und er diese nicht verkaufen wollte.
Die Ansicht des Berufungswerbers, er habe das Angebot einer Rückabwicklung abgelehnt, weil er die Kursentwicklung abwarten wollten bzw eine Realisierung des Kursgewinns einer Rückabwicklung vorgezogen habe, bestritt der Zeuge. Nachdem die Kassette des Gespräches zwischen dem Zeugen Ing P und Herrn DI T auszugsweise vorgespielt wurde, bestätigte der Zeuge, dass es sich um die Aufnahme des mit ihm geführten Gespräches vom 9.9.1998 handelt.
Weiters gab der Zeuge an, bis zum Ausscheiden des Herrn S im Mai 1998 ausschließlich mit diesem Kontakt gehabt und niemals mit anderen Mitarbeitern der B-GesmbH über bestimmte Aktien oder Investitionsmöglichkeiten gesprochen zu haben. Er habe von Mai 1998 bis zum 9.9.1998 keinen Kontakt zur B-GesmbH gehabt. Zur Verhandlung am 25.10.2000 erschienen der rechtsfreundliche Vertreter des Berufungswerbers sowie die Zeugen Otto Bu und DI Gerald T.
Der am 25.10.2000 einvernommene Zeuge Ing Otto Bu gab ua zu Protokoll wie folgt:
?Ich bin mit den gegenständlichen Transaktionen im August 1998 vertraut und habe mir vor der Verhandlung die entsprechenden firmeninternen Unterlagen durchgesehen.
Ich bin seit 1995 bei der Fa B beschäftigt. Bis November 1998 war ich, mit einer kurzen Unterbrechung, Kundenbetreuer. Seit November 1998 bin ich Geschäftsführer, wobei ich im Rahmen dieser Tätigkeit ua auch Kunden betreue. Von 1996 bis November 1998 war ich aushilfsweise für "Back-Office-Routinen" zuständig. Primär zuständig war Herr B. Unter diesem Tätigkeitsbereich werden alle für das Unternehmen als substantiell zu qualifizierenden Angelegenheiten eingeordnet. Darunter fallen ua die Entgegennahmen von Kundenorders vom Kundenbetreuer und die weitere Bearbeitung einer von einem Kundenbetreuer aufgenommenen Kundenorder. Darunter fällt ua die Kontrolle der Order auf Richtigkeit durch Doppelcheck der Kundenorder mit dem schriftlichen Auftrag oder mündlichen Auftrag des Kunden. Bei mündlichen Aufträgen erfolgt dieser Doppelcheck nur stichprobenweise. Doch muss der Kundenbetreuer durch eine entsprechende Notiz das Datum und die Uhrzeit und den Auftragsumfang genau angeben. Weiters wurde im Rahmen dieses Tätigkeitsbereiches die Kundenorder zum amerikanischen Broker weitergeleitet und die Rückbestätigung des amerikanischen Brokers über die Ausführung auf Übereinstimmung mit der ursprünglichen Order überprüft. Es wird sowohl die Order an den amerikanischen Broker als auch dessen Rückbestätigung als auch der Kundenauftrag als solcher seit Jänner 1998 aktenmäßig im Unternehmen archiviert. Ich kann deshalb jederzeit übersehen, ob alle Ordertickets archiviert sind, da diese fortlaufend nummeriert sind, und auch entsprechend eingeordnet sind.?
Auf den Vorhalt, dass das gegenständliche Orderticket nicht im Unternehmen aufbewahrt worden war, teilte der Zeuge mit, dass diese Praxis erst seit Jänner 1999 geübt werde. Zuvor sei nur der Kundenauftrag und die Rückbestätigung des amerikanischen Brokers im Unternehmen aufbewahrt worden. Das Orderticket sei beim amerikanischen Broker archiviert worden.
Befragt, welche Aufzeichnungen über den Kundenauftrag bezüglich des gegenständlichen Aktienverkaufs und -ankaufs in den firmeneigenen Unterlagen aufbewahrt werden, teilte der Zeuge mit, dass es diesbezüglich keine schriftlichen Aufzeichnungen gebe. Der Zeuge könne sich aber erinnern, dass ihm anlässlich dieser Transaktionen von Herrn DI T mitgeteilt worden sei, dass Herr Ing P mit ihm telefonisch Kontakt aufgenommen habe und ihn ersucht habe, die ?C-Aktien? zu verkaufen, wenn deren Kurs unter 1 Dollar zu fallen drohe. Der Zeuge kenne Herrn DI T als sehr gewissenhaften Mitarbeiter, und habe daher keinen Grund an dessen Glaubwürdigkeit zu zweifeln. Herr DI T habe ihm mitgeteilt, dass ihm von Herrn Ing P gesagt worden sei, dass dieser auf Urlaub fahre. Weiters sei während dieses Gespräches darüber gesprochen worden, dass im Falle des Aktienverkaufes möglicherweise die ?G-Aktien? gekauft werden sollen. Aufgrund der nachfolgenden Reaktionen von Herrn Ing P habe ihm Herr DI T mitgeteilt, dass er sicher mit Herrn Ing P über die ?G-Ankaufsmöglichkeit? gesprochen habe, dass aber ihm möglicherweise ein Missverständnis unterlaufen sei. Darum sei Herrn Ing P in der Folge auch angeboten worden, die beiden Transaktionen auf Kosten und Gefahr der Fa B rückgängig zu machen.
Herr DI T sei sich ganz sicher gewesen, zum Verkauf der ?C-Aktien? aufgefordert worden zu sein.
Dem Zeugen (Ing Otto Bu) sei vom Berufungswerber mitgeteilt worden, dass Herr Ing P dieses Angebot nicht angenommen hatte. Er (Ing Otto Bu) nehme an, dass Ing P das Angebot deshalb nicht angenommen habe, da zu diesem Zeitpunkt die ?C-Aktien? gefallen gewesen seien. Aus der Verkaufsorder der ?G-Aktien? vom September 1998 sei im Übrigen ersichtlich, dass Herr Ing P ein Verkaufslimit gesetzt habe. Deshalb hätten die Aktien nicht sofort wieder verkauft werden können.
Auf Vorhalt des Schreibens von Herr Ing P, in welchem er ausdrücklich und schriftlich verfügte, dass die ?C-Aktien? nicht ohne
seiner schriftlichen Zustimmung verkauft werden dürften, teilte der Zeuge mit, dass dieses Schreiben bei der Gesellschaft eingelangt sei. Doch habe Herr Ing P anlässlich des Telefongesprächs diesen Wunsch telefonisch revidiert.
Falls er DI T richtig verstanden habe, dürfte das Gespräch DI Ts mit Ing P etwa Ende Juli, Anfang August stattgefunden haben. In diesem Zusammenhang gab Otto Bu auch an, dass seines Wissens nach dieses Gespräch vor dem Urlaubsantritt von Ing P geführt worden sei. (Diese Bemerkung wurde nicht protokolliert.)
Auf Vorhalt, dass das Fax des Herrn Ing P dessen Aussage zufolge vor seiner urlaubsbedingten Abwesenheit am 20.5.1998 übermittelt worden sei und dass dies im Widerspruch zur Behauptung eines Gespräches zwischen DI T und Ing P vor seinem Urlaub zu stehen scheine, gab der Zeuge an, dass seiner Erinnerung nach Herr Ing P jedenfalls zum Zeitpunkt der Transaktion nicht greifbar gewesen sei.
Auf die Frage, warum gerade im konkreten Fall, in dem mit einem Kunden eine gegen dessen schriftlich deponierte Erklärung stehende weitere Vorgangsweise mündlich vereinbart worden sei, keinerlei Dokumentation vorliege, gab der Zeuge an, dass seit 1997 Tonbandmitschnitte der Gespräche zwischen Kundenbetreuer und Kunden getätigt würden. Doch habe das System Anlaufschwierigkeiten gehabt und sei dieses zeitweise ausgefallen. Er gehe davon aus, dass dies auch damals der Fall gewesen sei. Es könnte auch sein, dass dieses Gespräch in den Aufzeichnungen einfach nicht auffindbar sei. Im Regelfall würde wahrscheinlich ein Kundenbetreuer im Falle, dass ein Kundenwunsch von einem früher geäußerten auffallend abweicht, eine schriftliche Bestätigung des Kunden verlangen. Wahrscheinlich sei aber Herr DI T gar nicht in Kenntnis vom vorerwähnten Fax gewesen und habe er sich daher mit der mündlichen Erklärung zufrieden gegeben. Es sei durchaus nicht ungewöhnlich, dass Kunden auch bei fallenden Kursen verkaufen wollen, zumal diese dadurch ihre Verluste begrenzen. Für Herrn Ing P sei offensichtlich im konkreten Fall ein Kurswert von einem Dollar eine derartige, für ihn auch psychologisch wichtige Grenze gewesen.
Die Vergabe einer Stop-Loss-Order sei bei Kleinwerten wie den ?C-Aktien? nicht möglich gewesen.
Der Sitz der B-GmbH sei seit der Gründung an der Adresse Wien, W-straße, situiert.
Beim von Zeugen (Ing Otto Bu) ua durchgeführten Doppelcheck sei auch stets überprüft worden, ob das Konto des Kunden überhaupt gedeckt sei und ob der konkrete Kundenauftrag zum bisherigen Anlageverhalten passe. Bei einer deutlichen Abweichung vom bisherigen Kundenverhalten (zB erstmaliger Auftrag des Kaufes hochspekulativer Optionen) müsse der Kunde vorher seine Kenntnisse im jeweiligen Geschäftsbereich bekannt geben. Er werde daher aufgefordert, einen Fragebogen auszufüllen. Dem Zeugen (Ing Otto Bu) erscheine der Kaufauftrag der ?G-Aktien? für Herrn Ing P nicht ungewöhnlich, zumal er auch zuvor Kleinwerte gekauft habe und sohin offenkundig gewusst habe, in welchem Geschäftsumkreis er sich bewege. Der Kundenbetreuer habe auch von der Möglichkeit gewusst, im Falle des Fehlens einer schriftlichen Auftragsbestätigung die Tonbandaufzeichnungen der konkreten Kundengespräche zu überprüfen.
Üblicherweise würden die relevanten Daten jedes Kundengespräches im internen System EDV-mäßig gespeichert. Würde ein Orderticket auffallend vom bisherigen Anlageverhalten abweichen, werde sicher der Kunde vor Durchführung des Auftrages nochmals kontaktiert, wozu aber im konkreten Fall kein Anlass bestanden habe.
Herr DI T habe zu diesem Zeitpunkt nicht mehr auf Provisionsbasis gearbeitet und sei er auch nicht primär mit der Kundenbetreuung beschäftigt gewesen.
Es habe keinen besonderen Grund dafür gegeben, warum Herr DI T das Gespräch mit Herrn Ing P geführt habe. Es sei durchaus üblich, dass Leute für einander einspringen würden. Die Oberaufsicht für den Ablauf der betrieblichen Geschäftstätigkeit obliege in erster Linie dem Geschäftsführer.
Herr B habe sich nicht mit jedem Geschäftsvorgang beschäftigt. Er habe vielmehr reagiert, wenn ihm ein Problem bzw ein potentielles Problem bekannt geworden sei. Diesfalls habe er durch die Einberufung eines Meetings oder durch Weisungen die entsprechenden Maßnahmen zu treffen versucht.
Herr B habe sich stets erkundigt, ob es aktuelle Problemfälle gäbe. Wenn es einen akuten Problemfall gegeben habe, habe er sich auch um diesen gekümmert. Dies habe er auch im Falle des Problems mit Herrn Ing P gemacht.
Der am 25.10.2000 einvernommene Zeuge DI Gerald T gab ua zu Protokoll wie folgt:
?Ich bin seit Juli 1997 bei der Fa B beschäftigt. Bis Ende Mai 1998 war ich dort als Kundenbetreuer tätig. Sodann war ich bis etwa Ende 1999 im "Back-Office", daher in der internen Verwaltung beschäftigt. Während dieser Zeit war ich die rechte Hand von Herrn Bu.
Ich habe mich betreffend des Vorfalls vor der Verhandlung ein wenig vorbereitet und mir einen Überblick über die entsprechenden firmeninternen Unterlagen zu diesen Transaktionen verschafft. Der ursprüngliche Kundenbetreuer von Herrn P, Herr S, schied im Frühjahr 1998 aus dem Unternehmen aus. Daraufhin übernahm ich die Betreuung von Herrn P. Nach meinem Wechsel ins Back-Office habe ich die meisten meiner Kunden abgegeben. Die Betreuung des Herrn P habe ich aber weiterhin wahrgenommen.
Die Kundenbetreung ist bei uns so gestaltet, dass in der Regel Kunden etwa einmal die Woche telefonisch kontaktiert werden und über die neuesten Kontostände und interessante Angebote informiert werden. Kunden werden nur dann nicht einmal pro Woche kontaktiert, wenn sie es wünschen oder sich selbst über die Kurse informieren. Es kommt also durchaus vor, dass auch sehr kleine Kunden wöchentlich kontaktiert werden.
Ich habe zu Beginn meiner Kundenbetreuung Herrn P angerufen und erfahren, dass er sich regelmäßig über die Kursstände selbst informiert, einen hohen Wissensstand in Wertpapiergeschäften hat und nicht vorhat, weiteres Kapital in Wertpapiere zu investieren. Ich habe insgesamt nur etwa viermal mit ihm telefoniert. Ich kann mich an ein Gespräch etwa im Mai 1998 erinnern. Herr P hat mit einem Mitarbeiter der Fa B telefoniert und den Verkauf seiner Bi-Aktien zu einem bestimmten Limit geordert. An diesem Tag war aber nicht der Verkauf aller Aktien möglich, sodass ich ihn am nächsten Tag anrief, um ihm mitzuteilen, dass nun die weiteren Aktien zu verkaufen versucht werden.
Ein weiteres Telefonat erfolgte Ende Juli, Anfang August 1998. Ich wurde von Herrn P angerufen und wir sprachen über die C-Aktien. Er hatte sich Sorgen um die Kursentwicklung gemacht und wir haben beschlossen, die Aktien etwa bei einem Dollar zu verkaufen. Er hatte mich auch informiert, kurz nach dem Telefonat einen Urlaub anzutreten. Um ihn vor einem weiteren Schaden zu bewahren, wurde der obige Auftrag mündlich erteilt. Weiters hatten wir uns über die G-Aktien unterhalten. Er wurde über die Firma informiert. Diese Aktie hatte ihm sehr gut gefallen. Wir haben dann mehr oder weniger beschlossen, dass mit dem Verkauf der C-Aktien die G-Aktien gekauft werden sollen.
Zuletzt habe ich mit ihm Ende August, Anfang September telefoniert. Damals beschwerte er sich über den Aktienankauf und verfügte, diese Aktien zu einem bestimmten Limit wieder zu verkaufen.
Ab 1997/1998 wurden alle Telefongespräche derart aufgezeichnet, dass sie jederzeit für den Kundenbetreuer abhörbar waren. Das System hatte manchmal ein Monat tadellos funktioniert und dann gab es alle zwei, drei Tage einen kurzen, nicht lang andauernden Ausfall. Ab Anfang 1999 ist das System aufgrund einiger Wartungen tadellos gelaufen.
Das erste von mir geführte Gespräch wurde von mir angewählt, und könnte auch gefunden werden, (...).
Nach den weiteren Gesprächen wurde gesucht, doch konnten sie nicht aufgefunden werden. Dies ist ua auch dadurch erklärlich, da eingehende Gespräche nur insofern gefunden werden können, als man das Datum und die genaue Uhrzeit des Gesprächseinganges konkretisieren kann.
Wir haben jedes Gespräch, welches wir mit einem Kunden geführt hatten, in einer Datenbank aufgezeichnet. Dabei wird der Inhalt des Gespräches, das Datum und die Uhrzeit vermerkt. Ich weiß nicht, welche Daten in der Datenbank zu Herrn P gespeichert sind. Ich bin mir sicher, dass ich nach jedem Gespräch eine Aufzeichnung in der Datenbank gemacht habe. Falls diese dort nicht auffindbar sein sollten, ist dies damit zu erklären, dass es einen Serverausfall Anfang 1999 gab, und unser Betriebssystem auch etwa im Jahre 1999 umgestellt worden war. Aufgrund beider Zwischenfälle sind viele Daten verloren gegangen.
Ich habe bis Ende Mai 1998 Provisionen für die von mir getätigten Geschäftsabschlüsse erhalten. Während meiner Tätigkeit im Back-Office erhielt ich ein provisionsunabhängiges Gehalt. Wenn ein Kunde einen Auftrag erteilt hatte, hat der Kundenbetreuer ein Orderticket ausgefüllt und dieses mir gegeben. Ich hatte es unterfertigt und dabei geprüft, ob auch tatsächlich ein Antrag vorhanden ist. Es war bei telefonischen Aufträgen nur schwer festzustellen, ob die Order dem Risikoprofil des Kunden entspricht. Danach gab ich das Orderticket an Herrn Bu weiter, der nach einer Gegenprüfung dieses auch unterfertigte und den Auftrag nach Amerika übermittelte.
Im August 1998 wurden von uns nur der allfällige schriftliche Kaufsbzw Verkaufsauftrag des Kunden und die Bestätigung des amerikanischen Brokers aufbewahrt. Das Orderticket wurde nicht von uns, sondern in Amerika aufbewahrt und von dort konnten wir es jederzeit wieder übermittelt erhalten.
Ein Auftrag an einen amerikanischen Broker erfolgte stets mit einem gefaxten schriftlichen Orderticket.?
Auf Vorhalt des Telefaxes vom 20.5.1998 teilt der Zeuge mit, dass Ing P dieses geschickt habe, weil er mit verrechneten Spesen unzufrieden gewesen sei. Anlässlich des mit dem Zeugen geführten Telefonats habe er aber ausdrücklich davon Abstand genommen. Der Zeuge (DI Gerald T) habe anlässlich seines ersten Telefonats mit Ing P dessen Kenntnisse und Risikobewusstsein abgefragt. Er habe dadurch erfahren, dass er über Kleinwerte sehr gut Bescheid wisse. Auch habe er Ing P damals über seine Aktien ausreichend informiert.
Die gegenständliche Aktienverkaufsorder sei eine Art "Stop-Loss-Order" gewesen, welche damals und auch zum Vernehmungszeitpunkt eher unüblich war.
Nach dem Verkauf der ?C-Aktien? seien diese weiter bis deutlich unter einen Dollar gefallen. Die ?G-Aktien? hätten dagegen nach dem Kauf einen deutlichen Anstieg bis zu 10 Dollar aufgewiesen. Herr Ing P habe durch diese Transaktion einen Gewinn lukriert. Nach seinem letzten Telefonat mit Ing P habe Herr B mit diesem glaublich zweimal telefoniert. In einem dieser Telefonate sei Ing P angeboten worden, die Transaktion wieder rückgängig zu machen. Dies habe Ing P abgelehnt.
Herr B habe als Geschäftsführer sehr detaillierte Anweisungen erteilt und diese auch kontrolliert. Wenn ein Problemfall aufgetreten
sei, sei dieser Herrn B vorgelegt worden.
Die Fa B habe ihren Gewinn hauptsächlich aus Provisionen der
amerikanischen Partnerbank für die abgewickelten
Wertpapiertransaktionen erwirtschaftet.
DER UNABHÄNGIGE VERWALTUNGSSENAT WIEN HAT
ERWOGEN:
a) zum Spruchpunkt 2):
Gemäß § 13 Z 3 WAG haben die in § 11 WAG genannten
Rechtsträger bei der Erbringung von Dienstleistungen gemäß § 11 Abs 1 WAG von ihren Kunden Angaben über ihre Erfahrungen oder Kenntnisse in Geschäften, die Gegenstand der Wertpapierdienstleistung sein sollen, über ihre mit den Geschäften verfolgten Ziele und ihre finanziellen Verhältnisse zu verlangen, soweit dies zur Wahrung der Interessen der Kunden und im Hinblick auf Art und Umfang der beabsichtigten Geschäfte erforderlich ist. § 13 WAG ist am 1.7.1997 in Kraft getreten. Aus dem im erstinstanzlichen Akt erliegenden und vom Aufforderer ausgefüllten Kundenprofil vom 28.2.1996 ist ersichtlich, dass dieser über seine Ziele und finanziellen Verhältnisse befragt worden ist. Seine Erfahrungen und Kenntnisse in Wertpapierangelegenheiten wurden nicht abgefragt.
Anlässlich seiner Einvernahme vor der erkennenden Behörde gab Ing P zu Protokoll, während des Geschäftskontaktes relativ erfahren in Wertpapiergeschäften gewesen zu sein. Laut eigenen Angaben, habe er darüber Bücher und auch andere Informationen immer wieder gelesen und kontrollierte er die Kurse beinahe täglich über das Internet. Weiters gab er an, über die von ihm gekauften Aktien umfassend, um zwar durch seine Kundenbetreuer bzw durch Werbeprospekte, informiert worden zu sein. Auch wurde er bis Mai 1998 von einem ehemaligen Arbeitskollegen und Freund betreut. Entsprechend der Angaben des Berufungswerbers und des Zeugen DI T werden die Kunden der B-GmbH regelmäßig kontaktiert. In Anbetracht dieser Umstände, erscheint es der erkennenden Behörde nicht ausschließbar, dass die B-GmbH (vermittels deren Mitarbeiter) im Laufe des relativ intensiven Geschäftskontaktes bis zum 1.7.1997 (dem Tag des In-Geltung-Tretens des § 13 WAG) Kenntnis vom hohen Informationsgrad des Kunden Ing P in Wertpapierangelegenheiten (vgl die Angaben Ing Ps vor der erkennenden Behörde) erlangt hatte. Ein Indiz für diesen Informationsstand bildet der Umstand, dass sowohl Herr Ing P als auch der Berufungswerber angaben, dass der mit Herrn Ing P befreundete Kundenbetreuer Ing S mit Ing P regelmäßig Informationsgespräche führte.
Im gegenständlichen Fall stellt sich die Frage, welche Dokumentationsverpflichtungen ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen hinsichtlich von Kunden, zu welchen auch schon am 30.6.1997 eine Geschäftsbeziehung bestand, treffen.
Nach Ansicht der erkennenden Behörde dient die Bestimmung des § 13 WAG dem Schutz der Interessen von Wertpapierkäufern und - inhabern. Durch diese Bestimmung werden ua Wertpapierdienstleister grundsätzlich verpflichtet, Kunden zu deren Erfahrungen oder Kenntnisse in Geschäften, die Gegenstand der Wertpapierdienstleistung sein sollen, zu befragen. Eine solche Offenlegung wird wohl im Regelfall bei Neukunden geboten erscheinen. Ob zur Wahrung der Interessen des Kunden ein Wertpapierdienstleister zu solch einer Befragung auch im Laufe eines intensiven, längeren Vertragsverhältnisses verpflichtet ist, hängt aber nach Ansicht des erkennenden Senates von der konkreten Fallkonstellation ab.
Unter der Annahme, dass die B-GmbH bereits am 1.7.1997 infolge des langen Geschäftskontaktes ausreichend Kenntnis vom Informationsgrad des Kunden Ing P in Wertpapierangelegenheiten erlangt hatte, erscheint es nach Ansicht der erkennenden Behörde nicht mehr zur Wahrung der Interessen der Kunden geboten, von diesem nach dem 1.7.1997 Angaben über seine Erfahrungen oder Kenntnisse in Geschäften, die Gegenstand der Wertpapierdienstleistung sein sollen, zu verlangen. In solch einem Fall ist daher davon auszugehen, dass die Nichtdokumentation des Kundeninformationsgrades von Ing P in einem Kundenprofil keinen Verstoß gegen § 13 Z 3 WAG darstellt.
Da die erkennende Behörde es durchaus für möglich erachtet, dass die B-GmbH am 1.7.1997 ausreichend Kenntnis vom Informationsgrad Ing P´s erlangt hatte, war daher mangels ausreichender Tatbilderweisung das Straferkenntnis im Spruchpunkt 2) zu beheben und das Verfahren in diesem Spruchpunkt zur Einstellung zu bringen.
b) zum Spruchpunkt 3):
Gemäß § 13 Z 4 WAG haben die in § 11 WAG genannten
Rechtsträger bei der Erbringung von Dienstleistungen gemäß § 11 Abs 1 WAG ihren Kunden alle zweckdienlichen Informationen mitzuteilen, soweit dies zur Wahrung der Interessen des Kunden und im Hinblick auf Art und Umfang der beabsichtigten Geschäfte erforderlich ist.
Gemäß Art. 4 Abs 1 7. ZPEMRK darf niemand wegen einer strafbaren Handlung, wegen der er bereits nach dem Gesetz und dem Strafverfahrensrecht eines Staates rechtskräftig verurteilt oder freigesprochen worden ist, in einem Strafverfahren desselben Staates erneut vor Gericht gestellt oder bestraft werden. Der Verfassungsgerichtshof hat sich in mehreren Gesetzesprüfungsverfahren mit dem Doppelbestrafungsverbot befasst und ausgesprochen, dass eine Regelung, wonach eine Tat, durch die mehrere Delikte verwirklicht werden (Idealkonkurrenz), noch nicht dem in Art. 4 des 7. ZPEMRK festgelegten Verbot der Doppelbestrafung widerspricht (vgl VfSlg 14696/1996, 15128/1998, 15199/1998, 15293/1998). Eine Strafdrohung oder eine Strafverfolgung wegen einer strafbaren Handlung wird demnach im Hinblick auf Art. 4 7. ZPEMRK erst dann unzulässig (vgl VfSlg 14696/1996), "wenn sie bereits Gegenstand eines Strafverfahrens war; dies ist der Fall, wenn der herangezogene Deliktstypus den Unrechts- und Schuldgehalt eines Täterverhaltens vollständig erschöpft, sodass ein weitergehendes Strafbedürfnis entfällt, weil das eine Delikt den Unrechtsgehalt des anderen Delikts in jeder Beziehung mitumfasst? (Kienapfel, Grundriß des österreichischen Strafrechts, 6. Aufl, 1996, 245). Strafverfolgungen bzw Verurteilungen wegen mehrerer Delikte, die auf Straftatbeständen fußen, die einander wegen wechselseitiger Subsidiarität, Spezialität oder Konsumation jedenfalls bei eintätigem Zusammentreffen ausschließen, bilden verfassungswidrige Doppelbestrafungen, wenn und weil dadurch ein- und dieselbe strafbare Handlung strafrechtlich mehrfach geahndet wird.
Fälle der Scheinkonkurrenz von Delikten aufgrund von Spezialität, Konsumation oder stillschweigender Subsidiarität sind grundsätzlich durch Auslegung und Anwendung der verschiedenen Strafbestimmungen festzustellen. Dabei muss dem verfassungsrechtlichen Verbot der Doppelbestrafung im Wege verfassungskonformer Auslegung der einzelnen Straftatbestände entsprochen werden. Ob mehrere Delikte eintätig zusammentreffen können oder die Anwendung eines Straftatbestandes die Bestrafung nach einem anderen ausschließt, ist den gesetzlichen materiellen Strafbestimmungen zu entnehmen (vgl VfSlg 15199/1998).
(vgl auch VfGH 19.6.2000; B 344/98; 19.6.2000; B 246/99)
Die Konsumation einer deliktischen Handlung durch eine andere Deliktsverwirklichung liegt dann vor, wenn die Bestrafung für das konsumierende Delikt den Unrechtsgehalt für das konsumierte umfasst.
Im vorliegenden Fall hat die B-GmbH ohne Zustimmung ihres Kunden Ing Kurt P den Verkauf von dessen Aktien der C-Inc in Auftrag gegeben und ohne seine Zustimmung aus dem erzielten Verkaufserlös den Kauf von Aktien der G-Inc (nunmehr I-Inc) in Auftrag gegeben.
Aufgrund dieser Transaktionen wurde der Berufungswerber sowohl
wegen Verletzung des § 13 Z 1 WAG iVm § 9 Abs 1 VStG als auch
wegen Übertretung des § 13 Z 4 WAG iVm § 9 Abs 1 VStG durch die Erstbehörde bestraft.
Er wurde sohin aufgrund desselben Verhaltens wegen der Verwirklichung mehrerer Delikte verfolgt bzw bestraft (Idealkonkurrenz).
Nach Ansicht der erkennenden Behörde wird jedoch der zu Spruchpunkt 3) angelastete Tatvorwurf, dass Ing P nicht alle zweckdienlichen Informationen zu dem An- und Verkauf der obangeführten Aktien mitgeteilt worden sind, vom zu Spruchpunkt
1) bezeichneten Vorwurf, ohne Zustimmung von Ing P den Auftrag zum Verkauf und Ankauf dieser Aktien getätigt zu haben, konsumiert.
Dies deshalb, da im Falle, dass ohne Zustimmung und Wissen des Kunden die Order zum Verkauf und Ankauf von Anleihen erteilt wird, regelmäßig auch davon auszugehen ist, dass mit dem Kunden nicht zuvor über diese Kontrakte gesprochen wurde. Auch ist der Unwertsgehalt des Ver- und Ankaufes von Wertpapieren ohne Zustimmung des Kunden offenkundig höher als die mangelhafte Information eines Kunden, welcher einen Auftrag zum Ver- und Ankauf von Aktien gibt.
Das unter Spruchpunkt 3) angelastete Verhalten weist sohin einen Schuld- und Unrechtsgehalt auf, der von dem unter Spruchpunkt 1) angelasteten Unrechts- und Schuldgehalt vollständig erschöpft bzw in jeder Beziehung mitumfasst ist. Es liegt daher hinsichtlich der zu
Spruchpunkt 3) angelasteten Rechtsverletzungen kein gesondertes Strafbedürfnis vor. Seitens der Erstbehörde wurde daher das verfassungsgesetzlich gewährleistete Doppelbestrafungsverbot nicht beachtet.
Es war daher Spruchpunkt 3) zu beheben und dieser Punkt spruchgemäß einzustellen.
c) zum Spruchpunkt 1):
Aufgrund der unstrittigen Angaben des Berufungswerbers wird festgestellt, dass der Berufungswerber seit der Gründung der B-GmbH bis November 1998 Geschäftsführer dieser Gesellschaft, welche im Jahr 1998 ihren Sitz in Wien, W-str hatte, war, und dass durch diese Gesellschaft in den Jahren 1997 und 1998 regelmäßig gewerbliche Dienstleistungen im Sinne des § 11 Abs 1 Z 2 WAG, wie ua die als Finanzdienstleistung gemäß § 1 Abs 1 Z 19 lit c BWG zu qualifizierende Vermittlung von Geschäftsgelegenheiten zum Erwerb oder zur Veräußerung von Wertpapieren iSd § 1 Abs 1 Z 7 lit e BWG, erbracht wurden.
Aufgrund der im erstinstanzlichen Akt (vgl AS 178) erliegenden und unbestrittenerweise am 20.5.1998 bei der B-GmbH eingelangten Kopie des an diesem Tag von Ing P abgesandten Telefaxes steht fest, dass dieser an diesem Tag den Auftrag, dass die von ihm gehaltenen Aktien der C-Inc ohne seine schriftliche Zustimmung nicht verkauft werden dürfen, erteilt hatte.
Aufgrund der vom Berufungswerber vorgelegten Unterlagen und der Angaben von Ing P steht fest, dass die B-GmbH am 14.8.1998 den Verkauf von dessen Aktien der C-Inc zum Stückpreis von 1,-- USD in Auftrag gegeben und aus dem erzielten Verkaufserlös zustimmungslos den Kauf von 700 Stück Aktien der G-Inc (nunmehr I-Inc), welche nur am ungeregelten US-Aktienmarkt OTC Bulletin Board gehandelt werden, in Auftrag gegeben hat. Aufgrund der glaubwürdigen Angaben des Zeugen Ing Kurt P und des Inhaltes der Protokolle der am 9.9.1998 geführten Telefonate sieht es der erkennende Senat als erwiesen an, dass diese Transaktionen ohne die Zustimmung von Ing P erfolgten. Seitens des Berufungswerbers wurde demgegenüber lediglich vorgebracht, dass DI T aufgrund eines nicht näher konkretisierten Telefonates mit Ing P davon ausgehen habe können, zu den obangeführten Transaktionen beauftragt worden zu sein. An welchem Tag dieses Telefonat geführt wurde und was anlässlich dieses Telefonats gesprochen wurde, wurde nicht dargetan. Auch wurde nicht dargelegt, warum DI T davon ausgehen durfte, dass er die Order vom 20.5.1998, wonach die obangeführten Aktien nur mit SCHRIFTLICHER Zustimmung Ing Ps verkauft werden dürfen, nicht zu befolgen hatte. Angesichts dieses vagen Vorbringens des Berufungswerbers besteht für den erkennenden Senat kein Grund zur Annahme, dass Ing P entgegen seiner Angaben Herrn DI T zu den obangeführten Transaktionen ausdrücklich beauftragt hatte. Hätte Ing P tatsächlich entgegen seiner glaubwürdigen und schlüssigen Darstellung einen konkreten Auftrag zu den in Rede stehenden Transaktionen erteilt, wäre angesichts der dargelegten Kursentwicklung der an- und verkauften Wertpapiere weder sein Einschreiten bei der Erstbehörde nachvollziehbar noch ließe sich der Gesprächsverlauf des Telefonates vom 9.9.1998 erklären, in dem er von seinen Gesprächspartnern unwidersprochen Beschwerde über die ohne seinen Auftrag getätigten Transaktionen führte. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf das Berufungsvorbringen, wonach DI T versucht habe, den Kunden zu erreichen, um die von diesem verlangte schriftliche Zustimmung zu den Transaktionen zu erhalten.
rechtliche Würdigung:
Gemäß § 13 Z 1 WAG haben die in § 11 WAG genannten
Rechtsträger bei der Erbringung von Dienstleistungen gemäß § 11 Abs 1 WAG diese mit der erforderlichen Sachkenntnis, Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit im Interesse ihrer Kunden zu erbringen. Als Dienstleistung im Sinne des § 11 Abs 1 WAG gilt expressis verbis auch die Vermittlung von Geschäftsgelegenheiten zum Erwerb oder zur Veräußerung von Wertpapieren, wie sie Gegenstand der Geschäftsbeziehungen zwischen der B-gmbH und Herrn Ing P war.
Nach § 27 Abs 2 WAG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu ATS 300.000,-- zu bestrafen, wer als Anbieter von Wertpapierdienstleistungen gemäß § 11 WAG die Bestimmungen der §§ 12 bis 18 WAG verletzt.
Die Rechtsvorschriften des WAG sind etappenweise in Kraft getreten. Von den gegenständlichen relevanten Bestimmungen traten § 13 WAG mit 1.7.1997 und § 17 WAG mit 1.1.1998 in Kraft. Die §§ 11 und 27 WAG sind schon mit 1.1.1997 in Kraft getreten. Der Ankauf von Wertpapieren ohne Kundenorder oder Verwaltungsvollmacht durch ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen, wie er aufgrund des zu Punkt 1 als erwiesen festgestellten Sachverhaltes gegenständlich vorlag, steht in diametralem Widerspruch zu den in § 13 Z 1 WAG verankerten Verhaltenspflichten der Wertpapierdienstleistungsunternehmen. Dabei spielt es keine Rolle, ob die ohne Vorliegen einer Kundenorder oder Verwaltungsvollmacht durchgeführten Geschäfte letztendlich zum Vorteil oder zum Nachteil des Kunden ausgegangen sind. Es vermag daher den Berufungswerber im gegenständlich zu beurteilenden Fall nicht zu entlasten, dass dem Kunden Ing P aus dem Verkauf von Aktien der C-Inc und dem Ankauf von Aktien der G-Inc (nunmehr I-Inc), für die jeweils keine Order des Ing P vorgelegen war, kein finanzieller Schaden entstanden ist. Der objektive Tatbestand einer Übertretung des § 13 Z 1 WAG war somit hinsichtlich der genannten Aktientransaktionen als verwirklicht anzusehen.
Unter Zugrundelegung der getätigten Sachverhaltsfeststellungen wurden sohin das dem Spruchpunkt 1) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses zugrundeliegende Tatbild des § 13 Z 1 WAG erfüllt.
Da zum Tatbestand einer Übertretung des § 13 Z 1 WAG der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört, und über das Verschulden nichts Besonderes bestimmt ist, ist vom Vorliegen eines Ungehorsamsdeliktes auszugehen.
Gemäß § 9 Abs 1 VStG ist für die Einhaltung der verwaltungsrechtlichen Vorschriften durch juristische Personen, Personengemeinschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die verwaltungsrechtlichen Vorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist. Zwar ist dem Berufungswerber im Hinblick auf die im Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung zuzubilligen (vgl VwGH 27.11.1995, 93/10/0186), die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf jene möglichen und zumutbaren Maßnahmen zu beschränken, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (vgl VwGH 18.6.1990, 90/19/0121; 19.5.1994, 93/17/0332). Dabei trifft ihn jedoch die Obliegenheit, durch die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems sicherzustellen, dass seinen Anordnungen entsprochen wird, wobei er der Behörde bei einem Verstoß gegen die entsprechenden Vorschriften dieses System im einzelnen darzulegen hat (vgl VwGH 26.2.1990, 90/19/0040). Davon, dass der Verantwortliche das Bestehen eines wirksamen Kontrollsystems glaubhaft gemacht hätte, kann nur dann gesprochen werden, wenn konkret dargelegt wird, in welcher Weise im Unternehmen sichergestellt wird, dass Verletzungen der in Rede stehenden Vorschriften vermieden bzw Verstöße wahrgenommen und abgestellt werden; insbesondere ist darzulegen, auf welche Weise der Verantwortliche seiner Verpflichtung zur Überwachung der von ihm beauftragten Personen nachgekommen ist und wieso er dessen ungeachtet die in Rede stehende Übertretung nicht verhindern konnte (vgl zB B VwGH 27.9.1988, 88/08/008