Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karin Clement über die Berufung des Herrn M M, G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 27.10.1999, GZ.: 15.1 1999/7457, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
Mit dem aus dem Spruch ersichtlichen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 18.6.1999, um 14.00 Uhr, in Gratkorn, auf der B 67, Höhe Strkm. 43,7, Bereich der Peterhofkreuzung, als Lenker des LKW-Zuges (LKW) und (Anhänger) das deutlich sichtbar aufgestellte Verbotszeichen Einbiegen nach rechts verboten
beachtet.
Der Berufungswerber habe dadurch die Rechtsvorschriften des § 52a Z 3 lit b StVO verletzt und wurde wegen dieser Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe von S 700,-- (30 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO verhängt. Dagegen richtete sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, mit welcher im Wesentlichen vorgebracht wurde, dass der Berufungswerber aus Richtung Graz kommend keinerlei Hinweise zum damaligen Zeitpunkt gehabt habe, dass die einzige Möglichkeit nach Gratwein mit einem 44-Tonnen-LKW zu fahren nur über die neue Ausfahrt nach Gratkorn aus Richtung Norden kommend möglich sei. Dass diese Ausfahrt schon befahrbar gewesen wäre, hätte der Berufungswerber damals nicht gewusst. Diese unklare Situation hätte besser beschildert werden müssen. Aus diesem Grund sei der Berufungswerber der Meinung, dass die Strafvorschreibung nicht gerechtfertigt sei.
Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens, insbesondere der öffentlichen, mündlichen Verhandlung vom 28.9.2000 kann nachfolgender Sachverhalt festgestellt werden:
Am 18.6.1999 fuhr der Berufungswerber mit dem von ihm gelenkten LKW-Zug mit 44 Tonnen (Marke Volvo und Schwarzmüller) von Graz-Andritz kommend über die Bundesstraße Richtung Gratwein. Der Berufungswerber wollte zur Firma Merkscha in Gratwein fahren. Dabei bog der Berufungswerber bei der Peterhofkreuzung auf der B 67 nach rechts ein um nach Gratkorn zu kommen und von dort nach Gratwein weiterzufahren. An der B 67 bei der Peterhofkreuzung befand sich jedoch ein deutlich sichtbar aufgestelltes Verbotszeichen "Einbiegen nach rechts verboten" mit der Zusatztafel "gilt für Fahrzeuge über 7,5 Tonnen, ausgenommen Anrainer, Zustelldienste und Busse". Der Berufungswerber bog trotzdem nach rechts ab und wurde in weiterer Folge im Ortsgebiet von Gratkorn von KI J S angehalten. Am Beginn des Ortsgebietes Gratkorn befindet sich eine Fahrverbotstafel, wobei ein Fahrverbot für LKW über 7,5 Tonnen, ausgenommen Zustelldienste normiert ist. Der Berufungswerber wurde von KI S auf dieses Fahrverbot im Ortsgebiet von Gratkorn aufmerksam gemacht und hat er in weiterer Folge die verfahrensgegenständliche Anzeige verfasst, da der Berufungswerber nicht bereit war eine Organstrafverfügung zu bezahlen.
Beweiswürdigend ist festzuhalten, dass hinsichtlich des Sachverhaltes die Aussagen des Meldungslegers, sowie des Berufungswerbers in den wesentlichen Punkten übereinstimmen und keinerlei Widersprüche aufweisen.
In rechtlicher Beurteilung des festgestellten Sachverhaltes ist davon auszugehen, dass das Straßenverkehrszeichen "Einbiegen nach rechts verboten" gemäß § 52a Z 3 lit b StVO eine Zusatztafel enthält, wonach dieses Einbiegeverbot lediglich für Fahrzeuge über 7,5 Tonnen, ausgenommen Anrainer, Zustelldienste und Busse gelten soll. Der Berufungswerber lenkte zwar ein Fahrzeug über 7,5 Tonnen, führte jedoch einen Zustelldienst zur Firma Merkscha nach Gratwein durch. Da sich dieses Verkehrszeichen an einer Bundesstraße im Freiland befindet, kann dem Zusatzschild nicht entnommen werden, für welche Anrainer und für welche Zustelldienste die Ausnahme gelten soll. Gemäß § 54 Abs 1 StVO können unter den in §§ 50, 52 und 53 genannten Straßenverkehrszeichen auf Zusatztafeln weitere, das Straßenverkehrszeichen erläuternde oder wichtige sich auf das Straßenverkehrszeichen beziehende, dieses erweiternde oder einschränkende oder der Sicherheit oder Leichtigkeit des Verkehrs dienliche Angaben gemacht werden. Gemäß Abs 2 leg cit müssen diese Angaben und Zeichen auf Zusatztafeln leicht verständlich sein. Der Berufungswerber wollte bei einer bestimmten Firma in Gratwein etwas zustellen. Da aus der Zusatztafel nicht ersichtlich war, für welchen räumlichen Bereich die Zustelldienste gelten sollen - man gelangt von der Bundesstraße wenn man rechts abbiegt wiederum auf eine Straße im Freilandgebiet - und ist unmittelbar lediglich ein Gasthaus in der Nähe, jedoch keine größere Firma bei der zugestellt werden könnte, war die Anordnung nicht leicht zu erfassen. Der Zusatz Zustelldienste, sowie auch Anrainer entspricht daher nicht den Anforderungen des § 54 Abs 2 StVO, da durch diese Aufschrift auf der Zusatztafel nicht eindeutig erkennbar ist, für welchen Personenkreis das verordnete Rechtsabbiegeverbot gilt bzw welche Verkehrsteilnehmer davon ausgenommen sind. Lässt jedoch eine Zusatztafel eine mehrfache Deutung zu oder ist nicht eindeutig und leicht verständlich, so kann dies nicht dem Lenker eines Kraftfahrzeuges, sondern nur der Behörde zur Last fallen (vgl VwGH 19.11.1982, 82/02/2695/80 und 17.2.1966, ZVR
1966/325).
Da somit ein Kundmachungsmangel vorliegt, ist die bezughabende Verordnung gemäß § 89 Abs 1 B-VG nicht anzuwenden.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.