TE UVS Steiermark 2000/12/11 30.7-113/2000

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Veröffentlicht am 11.12.2000
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erik Hanel über die Berufung des A M, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 21.7.2000, GZ.: III/S-36.306/99, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird die Berufung mit der Maßgabe abgewiesen

als der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wie folgt modifiziert wird:

1.) Sie haben am 27.10.1999 um 22.15 Uhr in Graz 7, Arnold Schwarzenegger Stadion, durch Spucken in Richtung des Spielers B, nachdem dieser den Platz verlassen musste, den öffentlichen Anstand verletzt, und

2.) Sie haben am 27.10.1999 um 22.15 Uhr in Graz 7, Arnold Schwarzenegger Stadion, durch Spucken in Richtung des Spielers B, nachdem dieser den Platz verlassen musste, sich besonders rücksichtslos verhalten, wobei der Großteil der sich dort befindlichen Personen derartig empörten, sodass dadurch die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört wurde."

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von S 280,-- (? 20,35) binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu bezahlen.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 21.7.2000 wurde dem Berufungswerber Folgendes zur Last gelegt:

Sie haben am 27.10.1999 um 22.15 Uhr in Graz 7, Arnold Schwarzenegger Stadion,

1)durch Schreien von Schimpfworten, sowie Spuken in Richtung des Spielers B, nachdem dieser den Platz verlassen musste, den öffentlichen Anstand verletzt, und

2)sich besonders rücksichtslos verhalten, wobei der Großteil der sich dort befindlichen Personen derart empörten, sodass dadurch die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört wurde."

Er habe hiedurch die Rechtsvorschriften des § 1 erster Fall Stmk. LGBl. Nr. 158/75 (Punkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses) sowie des § 81 Abs 1 SPG (Punkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses) verletzt und wurden über ihn zwei Geldstrafen in der Höhe von je S 700,-- (im Uneinbringlichkeitsfall zwei Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils einen Tag) gemäß § 3 Abs 1 Stmk. LGBl. Nr. 158/75 bzw § 81 Abs 1 SPG verhängt und gleichzeitig ein Beitrag von S 140,-- zu den Kosten des Strafverfahrens der ersten Instanz vorgeschrieben.

Im innerhalb offener Frist gegen dieses Straferkenntnis erhobenen Rechtsmittel bringt der Berufungswerber zusammenfassend vor, dass er die ihm zur Last gelegten Übertretungen nicht begangen hätte. Er hätte zwar geschrieen, aber mit Sicherheit keine Schimpfwörter benutzt und sei ihm des Weiteren unerklärlich, warum die Polizeibeamten ausgesagt hätten, dass sie ihn in Richtung des ausgeschlossenen Spielers B spucken gesehen hätten. Dies sei absurd, er hätte dies keinesfalls getan und weise die Anschuldigung ausdrücklich zurück.

Die Berufungsbehörde ist bei ihrer Entscheidung von folgenden Überlegungen ausgegangen:

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte unter Hinweis auf § 51e Abs 3 VStG entfallen, nachdem im bekämpften Bescheid eine S 3.000,-- übersteigende Geldstrafe nicht verhängt worden ist und die Durchführung einer Verhandlung weder zur Beurteilung der gegenständlichen Verwaltungsübertretung erforderlich war noch vom Berufungswerber beantragt wurde.

Aus dem der Berufungsbehörde vorliegenden Verfahrensakt der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz ergibt sich folgender Sachverhalt:

Der Berufungswerber besuchte am 27.10.1999 in Graz im Arnold Schwarzenegger Stadion das Fußballspiel SK Sturm gegen Olympique Marseille. In der 69. Minute des gegenständlichen Fußballspieles wurde ein Spieler der Gastmannschaft ausgeschlossen und erregte sich der Berufungswerber über diesen Ausschluss derart, dass er von seinem Sitz aufsprang, sich zu einer Treppe, die sich unmittelbar zum Eingang der Spielerkabine befindet, begab und dort auf Höhe der 6. Reihe gezielt in Richtung des ausgeschlossenen Spielers spuckte und laut schrie. Die Sicherheitswachebeamten Z und B befanden sich in unmittelbarer Nähe des ausgeschlossenen Spielers, um dessen Abgang zu schützen und konnten das Spucken des Berufungswerbers klar und deutlich beobachten. Ebenso hörten sie ihn laut schreien, konnten jedoch die von ihm verwendeten Worte bzw Schimpfworte nicht verstehen, dies aufgrund des großen Umgebungslärms im Fußballstadion.

Diese Feststellungen ergeben sich aus dem der Berufungsbehörde vorliegenden Verfahrensaktes der Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz, insbesondere aus den zeugenschaftlichen Einvernahmen der Polizeibeamten Z und B vor der Behörde erster Instanz und dem Vorbringen des Berufungswerbers.

Beweiswürdigend ist hiezu auszuführen, dass für die Berufungsbehörde keine Veranlassung besteht, den übereinstimmenden, in sich logischen Aussagen der Polizeibeamten keinen Glauben zu schenken, sind sie doch aufgrund ihrer Stellung als Zeugen im Verwaltungsstrafverfahren verpflichtet, die Wahrheit zu sagen. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass Sicherheitswachebeamte, die im Zuge eines Fußballspieles beauftragt sind, Ausschreitungen, wie sie häufig bei solchen Veranstaltungen vorkommen, hintanzuhalten, durchaus in der Lage sind, derartige Verhaltensweisen, die ebenso häufig in einem solchen Umfeld passieren, richtig zu beurteilen und erscheint daher die Verantwortung des Berufungswerbers, keinesfalls gespuckt zu haben, als Schutzbehauptung ohne Wahrheitsgehalt, mit der Absicht, im Verwaltungsstrafverfahren straflos zu bleiben. Gerade die Tatsache, dass die beiden Polizeibeamten unmittelbar neben dem Spieler standen und die Spucke zwischen dem Spieler und dem Polizeibeamten Z auf dem Boden fiel, erhärtet diesen Sachverhalt. Der Berufungswerber behauptet auch nicht, dass eine andere Person gespuckt hätte, sondern stellte lediglich in Abrede, dass er dies tat.

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 81 Abs 1 Sicherheitspolizeigesetz - SPG 1991 idgF, begeht derjenige, der durch besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört, eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu S 3.000,-- zu bestrafen. Anstelle einer Geldstrafe kann bei Vorliegen erschwerender Umstände eine Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Wiederholungsfalle bis zu zwei Wochen verhängt werden.

Das Tatbild der Ordnungsstörung ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sowie des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark durch zwei Elemente gekennzeichnet:

Zum Ersten muss der Täter ein Verhalten gesetzt haben, das objektiv geeignet ist, Ärger zu erregen;

zum Zweiten muss durch dieses Verhalten die Ordnung an einem öffentlichen Ort gestört worden sein.

Die Beurteilung, ob einem Verhalten objektiv die Eignung der Ärgerniserregung zukommt, ist nicht nach dem Empfinden der durch das Verhalten besonders betroffener Menschen vorzunehmen, sondern unter der Vorstellung, wie unbefangene Menschen auf ein solches Verhalten reagieren würden. Das Verhalten des Berufungswerbers am 27.10.1999 gegen 22.15 Uhr im Arnold Schwarzenegger Stadion in Graz-Liebenau, nämlich auf einen ausgeschlossenen Spieler der Gastmannschaft gezielt gespuckt zu haben, ist zweifellos geeignet, bei unbefangenen Menschen die lebhafte Empfindung des Unerlaubten, wie auch des Schändlichen hervorzurufen, da es durchaus gegen jene ungeschriebenen Regeln für das Verhalten des Einzelnen in der Öffentlichkeit verstößt, deren Befolgung als unentbehrliche Voraussetzung für ein gedeihliches Miteinander der Menschen angesehen wird.

Dieses Verhalten ist auch im höchstem Maß als besonders rücksichtslos anzusehen, drückt doch das Anspucken eines anderen Menschen tiefste Verachtung bzw Geringschätzung aus und ist schon von daher betrachtet das Tatbild der gegenständlichen Verwaltungsübertretung erfüllt.

Auch die Bestimmung des § 1 erster Fall Stmk. LGBl. Nr. 158/75, die normiert, dass jemand eine Verwaltungsübertretung begeht und mit Geldstrafe bis zu S 3.000,-- zu bestrafen ist, wer den öffentlichen Anstand verletzt, wurde durch das Verhalten des Berufungswerbers am 27.10.1999 verletzt.

Diese Verwaltungsübertretung erfordert einerseits das Tatbestandselement der Öffentlichkeit und andererseits ist gefordert, dass der Anstand verletzt worden ist.

Unter Anstand wiederum versteht man jene ungeschriebenen Regeln der Sitte und Moral, deren Einhaltung im Umgang und Leben miteinander gefordert werden muss. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes sowie des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark wird der Tatbestand der Verletzung des öffentlichen Anstandes durch ein verhalten erfüllt, das mit den allgemeinen Grundsätzen der Schicklichkeit nicht im Einklang steht und einen groben Verstoß gegen die in der Öffentlichkeit zu beachtenden Pflichten darstellt. Es kann auch hier wohl kein Zweifel daran bestehen, dass das Verhalten des Berufungswerbers jedenfalls den Tatbestand dieser Bestimmung erfüllt und hat er auch diese ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretungen zu verantworten.

Dem Berufungswerber ist in seinem Vorbringen, dass Fußball ein Sport der Emotionen

desto trotz sind, auch bei einer durchaus "liberaleren" Auslegung der gesetzlichen Bestimmungen über Anstandsverletzungen und Ordnungsstörungen, Verhaltensweisen, wie das Anspucken anderer Personen, keinesfalls zu tolerieren und jeglichem

Sportsgeist

Die Abänderung im Spruch hinsichtlich der angeblichen Verwendung von Schimpfwörtern war deshalb notwendig, da nach Ansicht der Berufungsbehörde dies aus dem Geschehen nicht objektivierbar war, insbesondere welche Schimpfworte der Berufungswerber verwendete.

Zur Strafbemessung ist Folgendes auszuführen:

Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Schutzzweck der übertretenen Rechtsvorschrift des § 81 Abs 1 SPG ist es, einerseits zu garantieren, dass potentielle Täter davon abgehalten werden, die öffentliche Ordnung zu stören und andererseits unbefangene Dritte davor geschützt werden, Empfindungen des Unerlaubten und des Schändlichen zu haben. Der Schutzzweck des weiters vom Berufungswerber übertretenen § 1 erster Fall Stmk. LGBl. Nr. 158/75 liegt darin, zu garantieren, dass bestimmte ungeschriebene Regeln im Leben miteinander im Leben des öffentlichen Anstandes eingehalten werden. Neben den objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat kommt im ordentlichen Verfahren als Strafbemessungsgrundlage die Prüfung der subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat, somit auch die in der Person des Beschuldigten gelegenen Umstände, hinzu. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) daher die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Erschwerungs- und Milderungsgründe lagen keine vor, als Schuldform war Absicht anzunehmen.

Vor dem Hintergrund der vom Berufungswerber angegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (S 17.000,-- mtl./netto, kein Vermögen, keine Schulden, Sorgepflichten für ein Kind) erscheinen die verhängten Geldstrafen auch diesbezüglich schuld- und tatangemessen und geeignet, den Berufungswerber in Hinkunft von der Begehung weiterer Übertretungen dieser Art abzuhalten.

Die Festsetzung des Kostenbeitrages zum Verwaltungsstrafverfahren zweiter Instanz ergibt sich aus § 64 VStG, wonach im Fall der vollinhaltlichen Bestätigung des Straferkenntnisses erster Instanz durch die Berufungsbehörde dieser Betrag mit 20 % der verhängten Strafe festzusetzen ist.

Schlagworte
Ordnungsstörung Rücksichtslosigkeit spucken Fußballspiel
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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