Der Berufung wird gemäß §66 Abs4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes
1991 - AVG, BGBlNr51, Folge gegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.
Gemäß §45 Abs1 Z1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBlNr52, wird die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.
Dem Berufungswerber wird zur Last gelegt, am ** ** **** um 18,30 Uhr den Pkw mit dem Kennzeichen * *** ** auf der B* zwischen Strkm **,* und **,* gelenkt und dabei eine Kolonne von mindestens zehn Fahrzeugen überholt zu haben, obwohl er nicht einwandfrei
hätte erkennen können, dass er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang wieder in den Verkehr einordnen können, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden.
Der zugrundeliegenden Anzeige des Gendarmeriepostens W********** zufolge hätte der Berufungswerber am Tatort eine teilweise stillstehende bzw. teilweise in Schritttempo
fahrende Kolonne von mindestens zehn Pkw mit einer Geschwindigkeit von rund 30 km/h
überholt. Aufgrund Verkehrsüberlastung hätte sich bereits ab Strkm
**,* Richtung Norden
eine Kolonne gebildet.
Dazu hielt der Berufungswerber fest, auf der Steigung nach E********* ein mit ca. 80 km/h
fahrendes Fahrzeug überholt zu haben. Im Zuge des Überholvorganges hätte dieses
beschleunigt, sodass sich der Berufungswerber nicht mehr hätte einreihen können. In der Folge sei er, ohne zu überholen, langsam neben der Kolonne einhergefahren, doch hätte
ihn niemand einreihen lassen. Dies sei ihm erst möglich gewesen, als ihm der Lenker
eines Volvo dies ermöglicht hätte. Im übrigen hätte er die Fahrbahnmitte nicht
überschritten.
In seiner Berufung wiederholte er sein bisheriges Vorbringen bzw. führte er aus, bei Strkm
**,* ein Überholmanöver eingeleitet zu haben. Auf Höhe des Strkm **,* hätte er eine Kolonne wahrgenommen. In der Folge sei ihm das Wiedereinreihen nicht
mehr möglich
gewesen.
Bei dieser Rechtfertigung blieb der Berufungswerber auch in der öffentlichen mündlichen
Verhandlung. Der Zeuge B***** gab in dieser an, nicht gesehen zu haben, wo der Berufungswerber das Überholmanöver eingeleitet hätte.
Die Berufungsbehörde stellt dazu fest:
Gemäß §66 Abs4 AVG hat die Berufungsbehörde grundsätzlich, sofern die Berufung nicht
als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, in der Sache selbst zu entscheiden. Sie
ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§60) ihre
Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den
angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Gemäß §44a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, insbesondere
* die als erwiesen angenommene Tat und
* die Verwaltungsvorschrift zu beinhalten, die durch die Tat
verletzt worden ist.
Die Übertretung nach §16 Abs1 litc StVO macht eine genaue Tatortumschreibung
erforderlich, weil sowohl der Mangel einwandfreier Erkennbarkeit der Möglichkeit des Einordnens nach dem Überholvorgang als auch der Umstand der möglichen Gefährdung
oder Behinderung anderer Straßenbenützer nur unter den konkreten Verhältnissen an Ort
und Stelle beurteilt werden kann (VwGH 29.9.1989, 89/19/0113, 0114). Die Entscheidung
über die Zulässigkeit eines Überholmanövers aus der Sicht des §16 Abs1 litc StVO setzt
die Feststellungen jener Umstände voraus, die für die Länge der für den geplanten
Überholvorgang benötigten Strecke von Bedeutung sind (Geschwindigkeit der beteiligten Fahrzeuge, Anzahl und Tiefenabstand derselben, Sichtstrecke).
Die gegenständliche Übertretung wird daher an jenem Ort begangen, an dem der Lenker ?
trotz mangelhafter Erkennbarkeit des gefahrlosen Wiedereinordnens ?
den
Überholvorgang einleitet.
Im konkreten Fall ergibt sich aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren, dass dieser Tatort mehrere hundert Meter südlich der dem Berufungswerber zur Last gelegten Strecke
anzunehmen wäre, sodass bereits im Hinblick darauf der Berufung Folge zu geben und
die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen war.
Ob der Berufungswerber auf Höhe des Strkm **,* ? im Hinblick auf die Geschwindigkeit
des bzw. der zu überholenden Fahrzeuge - keine ausreichende Einsicht in den weiteren
Verlauf der B* gehabt hat und dort das ihm zur Last gelegte Tatbild verwirklicht hat oder
nicht, konnte daher dahingestellt bleiben.