TE UVS Wien 2001/02/13 06/42/65/2001

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.02.2001
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch Dr. Königshofer als Vorsitzenden, Mag. Mag. Dr. Tessar als Berichter und Mag. Zotter als Beisitzer über die Berufung des Herrn Harald L, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 7.12.2000, Zl. MBA 4/5-S 9022/99, wegen Übertretung des Bundesgesetzes über das Bankwesen, entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

Der Berufungswerber hat daher gemäß § 65 VStG keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt:

?Sie haben als Vorstandsmitglied und somit zur Vertretung nach außen Berufener der A-AG zu verantworten, dass diese Gesellschaft am 31.3.1999 in Wien, F-straße (Betrieb), Bankgeschäfte ohne die erforderliche Berechtigung betrieben hat, da sie Kundengelder auf ein auf die A-AG lautendes Konto bei der A-AG lautendes Konto bei der RLB entgegengenommen hat, um diese Gelder in der Folge gesammelt an Fondsgesellschaften zu überweisen.

Wegen Übertretung des § 1 Abs 1 Z 1 Bundesgesetz über das Bankwesen, BGBl. Nr. 532/1993, idgF wurde deswegen über den Berufungswerber gemäß § 98 Abs 1 leg cit iVm § 9 VStG 1991 eine Geldstrafe von ATS 30.000,--, Ersatzfreiheitsstrafe im Uneinbringlichkeitsfalle von 2 Wochen verhängt und ihm gemäß § 64 VStG ein entsprechender Verfahrenskostenbeitrag von ATS 3.000,-- vorgeschrieben."

In der gegen dieses Straferkenntnis form- und fristgerecht eingebrachten Berufung brachte der Berufungswerber vor, dass Einlagen im Sinne des Bankwesengesetzes nur dann vorliegen würden, wenn fremde Gelder auf Grund typisierter Verträge als Darlehen oder zur unregelmäßigen Verwahrung im Einzelfall laufend entgegengenommen werden. Die A-AG habe niemals in rechtlicher oder wirtschaftlicher Hinsicht die Verfügungsgewalt hinsichtlich der Treugelder ihrer Kunden besessen. Die treuhändische Verwahrung oder Verwaltung von Fremdgeldern im Einzelfall stelle kein Einlagengeschäft im Sinne des Bankwesengesetzes dar, da Treugut zivilrechtlich nicht dem Vermögen des Treunehmers zugerechnet werde und daher auch keine Einnahme darstelle. Unmittelbar nach der ersten Aufforderung seitens der Bundeswertpapieraufsicht habe der Berufungswerber veranlasst, dass die A in Hinkunft die Entgegennahme von Treugeldern unterlassen habe.

Aus dem dem Berufungsschriftsatz beigeschlossenen erstinstanzlichen Akt ist ersichtlich, dass die RLB der A mit Schriftsatz vom 31.3.1999 mitteilte, dass das unter der Nummer ?6.615.009" geführte Konto, auf welches von der A oder durch Kunden der A Veranlagungsbeträge überwiesen würden, ein Kundentreuhandkonto sei. Die auf dieses Konto überwiesenen Beträge seien, solange sie auf dem Konto verbleiben, Treuhandgelder, die nicht zum Betriebsvermögen der A gehören würden. Im Falle einer Insolvenz der A stehe den Kunden hinsichtlich der auf dem Konto befindlichen Gelder ein Aussonderungsrecht zu.

Mit Schriftsatz vom 29.7.1999 teilte die Bundeswertpapieraufsicht dem Finanzministerium mit, dass die A, welche ein konzessioniertes Wertpapierdienstleistungsunternehmen sei, auf einem auf die A lautenden Treuhandkonto bei der RLB Kundengelder entgegennehme, um diese Gelder in der Folge gesammelt an Fondsgesellschaften zu überweisen.

In der Stellungnahme vom 11.8.2000 teilte die Bundeswertpapieraufsicht der Erstbehörde mit, dass die A die RLB beauftragt habe, die auf dem (mit ?Fonds Verrechnungskonto A/Banque C Verrechnungskonto" bezeichneten)

Verrechnungskonto Nr. 976.712 einlangenden Kundengelder an die Banque C weiterzuleiten. Die Banque C, welche als Depotbank für den Umbrellafonds ?Top Ten Multifonds" fungiere, besitze ein als Devisenausländerkonto geführtes Konto bei der RLB. Auf dieses Konto würden die auf dem obangeführten Verrechnungskonto eingelangten Geldbeträge einmal wöchentlich übermittelt. Vom Konto der Banque C bei der RLB würden sodann die Beträge sofort auf das Konto der Banque C bei der Banque E überwiesen. Nach einem Zahlungseingang auf diesem Konto würden die Kundengelder im Auftrag der A durch die Banque C veranlagt. Der Zweck des Verrechnungskontos der A sei die Spesenminimierung, da im Falle einer Direkteinzahlung eines Kunden auf das Konto der Banque C bei der RLB Auslandsüberweisungsspesen anfallen würden. Hinsichtlich dieses Verrechnungskontos sei ausschließlich die A zeichnungs- und verfügungsberechtigt. Sohin stehe fest, dass durch die A Kundengelder entgegengenommen worden seien, und diese sohin ein Einlagengeschäft iSd § 1 Abs 1 Z 1 BWG durchgeführt habe.

Am 13.2.2001 wurde vor dem erkennenden Senat in den Verfahren UVS-06/27/5768/1999 und UVS-06/42/65/2001 eine gemeinsame, öffentliche, mündliche Verhandlung durchgeführt.

In dieser gab der Berufungswerber im Verfahren UVS- 06/27/5768/1999, Herr Gerhard G, zu Protokoll, dass Geschäftsgegenstand der A die Vermögensverwaltung im Rahmen der dieser Gesellschaft erteilten Konzession der Bundeswertpapieraufsicht sei. Kunden der A seien zu 99 % private Anleger. Die A biete verschiedene Investmentfondsportfolios an. Den Kunden würden je nach deren Bedürfnissen, insbesondere je nach Laufzeit, verschiedene Produkte offeriert. Wenn sich ein Kunde entschließe, einen Betrag zu investieren, werde ein sogenannter Vermögensmanagementvertrag abgeschlossen. Vertragspartner dieses Vertrages seien die A und der jeweilige Kunde. Dieser verpflichte sich dabei, einen bestimmten Betrag zur Verwaltung zu übermitteln. Dieser Betrag werde bei einer Depotbank einbezahlt. Da es der A selbst untersagt sei, Geld entgegenzunehmen, erfolge die Einzahlung direkt mittels Erlagschein an die Depotbank. Dem Kunden werde bei Vertragsabschluss ein Zahlschein der RLB Österreich AG ausgehändigt. Als Empfänger sei auf diesem das Verrechnungskonto ?A / Banque C Portfolios Management" angeführt. Die A verpflichte sich zur vertragsgemäßen Verwaltung der überwiesenen Gelder. Als Entgelt für die A sei im Vertrag eine sogenannte Managementfee vorgesehen. Diese variiere je nach Produkt.

Die A AG sei ein konzessioniertes Wertpapierdienstleistungsunternehmen, welches über eine Vollkonzession gemäß § 19 WAG iVm § 1 Abs 1 Z 19 lit a-c BWG verfüge. Die A habe ihre Tätigkeit am 1.3.1999

aufgenommen. Das bei der R-bank eingerichtete Kundentreuhandkonto sei nur zur Überbrückung gedacht gewesen und habe nur bis zu dem Zeitpunkt bestanden, als die Banque C selbst in Österreich bei der R-zentralbank ein Kundentreuhandkonto eingerichtet hatte. Diese Konteneinrichtung sei glaublich noch Ende Juni 1999 erfolgt.

Die Banque C sei eine reine Depotbank. Die von Kunden der A an diese überwiesenen Geldbeträge würden von der A verwaltet. Es würde daher durch die A jeweils die Order erteilt, welche Investmentfonds für welches Depot gekauft oder verkauft werden sollen. Im Regelfall verfüge jeder Kunde der A über ein Depot bei der Banque C. Die A verfüge über keine Kundengelder, sondern treffe nur der jeweiligen Anlagestrategie entsprechende Verfügungen über das im jeweiligen Depot ausgewiesene Guthaben. Die Depoteröffnung bei der Banque C erfolge im Namen des jeweiligen Kunden. Seitens der A werde nur der organisatorische Teil übernommen. Das im Depot erliegende Geld könne nur vom Kunden selbst zurückgefordert werden. Die Konstruktion mit den Kundentreuhandkonten sei deshalb gewählt worden, da die A die Meinung vertrete, dass diese Vorgangsweise von der Konzession (§ 1 Abs 1 Z 19 lit b BWG) gedeckt sei.

Die A gebe keine eigenen Anleihen aus. In den von der A verwalteten Kundendepots würden keine Aktien der A erliegen. Auch habe die A nie fremde Kundengelder zur Einlage oder Verwaltung übernommen.

Die Mitarbeiterin der Bundeswertpapieraufsicht, Frau Barbara M, gab zeugenschaftlich einvernommen zu Protokoll, dass sie am 17. und 18.5.1999 die der Anzeige zugrundeliegende Prüfung der A durchgeführt habe. Ihre Aufgabe bei der Wertpapieraufsicht bestehe darin, vor Ort bei Kreditunternehmen sowie bei Wertpapierdienstleistungsunternehmen (wie z.B. der A) Prüfungen durchzuführen. Ihre Ansprechpartner bei der gegenständlichen Prüfung seien Herr L und Herr Mag. B gewesen. Bei der Vorprüfung seien Kundenunterlagen stichprobenartig

durchgesehen worden. Aus diesen Unterlagen sei hervorgegangen, dass ein Kunde aufgefordert worden sei, seinen Veranlagungsbetrag auf ein Konto bei der RLB mit dem Wortlaut ?A Fondsmanagement" zu überweisen. Von Herrn B sei ihr dazu mitgeteilt worden, dass alle Kunden der A auf dieses Konto einzahlen würden und der überwiesene Geldbetrag von dort an die jeweiligen Investmentfondsgesellschaften überwiesen werde. Unter Punkt 2) der allgemeinen Bedingungen des aus der Zeit der Kontrolle stammenden Mustervertrages der A stehe, dass der Anlage- bzw. Sparbetrag des Auftraggebers auf das Verrechnungskonto für das gewählte Veranlagungsprodukt eingezahlt werden solle. Das Verrechnungskonto sei das bei der RLB eingerichtete Konto mit der Nr. 6.615.009.

Aus dem (im Zuge der Prüfung eingesehen) Kontoauszug dieses Kontos vom 25.5.1999 sei hervorgegangen, dass der (vom Kunden) einbezahlte Geldbetrag vom RLB-Konto an die Banque C weiterüberwiesen worden sei. Ob die einbezahlten Geldbeträge nur an die Banque C, oder auch an andere Banken überwiesen worden seien, könne nicht mehr angegeben werden.

Der Umstand, dass Kundengelder von einem Konto der A bei der RLB zum Verrechnungskonto der Banque C überwiesen worden seien und von dort Fondskäufe getätigt worden seien, habe bei der Zeugin zur Annahme geführt, dass keine Verwaltung von Wertpapieren, sondern möglicherweise ein Einlagegeschäft vorliege. Auch zum Zeitpunkt ihrer Prüfungstätigkeit im Mai 1999 seien von Kunden Geldbeträge auf das Verrechnungskonto der A bei der RLB überwiesen worden. Es sei damals noch nicht davon die Rede gewesen, dass die Banque C in Österreich ein (Inländer-) Konto einrichten werde. Wenn nunmehr die Banque C bei der RLB ein Verrechnungskonto eingerichtet habe, so könnte das ihrer Meinung nach dafür sprechen, dass im gegenständlichen Fall lediglich eine Verwaltung von Kundengeldern und kein Einlagegeschäft durchgeführt sei. Ob Einblick in seitens der A getätigte Wertpapierkauforder genommen worden sei, könne nicht mehr angegeben werden. Derartige Orderpapiere würden nicht im Akt der Bundeswertpapieraufsicht erliegen.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde von der Zeugin u.a. ein auf Geschäftspapier der A ausgestellter Fondsauszug über die Vermögenswerte eines Kunden der A im Depot der Banque C vorgelegt. Nach Einsicht in diesen Kontoauszug führte Herr Gerhard G aus, dass dieser Kontoauszug deshalb auf Papier der A ausgestellt worden sei, da eine direkte Leitung zwischen der A und der Banque C eingerichtet sei. Über diese Leitung könne jederzeit ein Datenabgleich mit dem jeweiligen Kundenkontostand bei der Banque C durchgeführt werden. Es werde seitens der Banque C daher kein Wertpapierdepotauszug an die Kunden der A übermittelt. Dem Kunden werde vielmehr von der A ein Auszug des jeweiligen Datenabgleichs übermittelt.

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat erwogen:

Aufgrund der unbestrittenen Angaben der Wertpapieraufsicht (nunmehr Finanzmarktaufsicht) wird festgestellt, dass die A am 31.3.1999 über eine Wertpapierdienstleistungskonzession iSd § 19 WAG verfügte. Weiters wird festgestellt, dass durch diese Gesellschaft am 31.3.1999 auf dem (mit ?Fonds Verrechnungskonto A/Banque C Verrechnungskonto" bezeichnete) Kundentreuhandkonto der A bei der RLB mit der Kontonummer

976.712 Kundengelder entgegengenommen worden sind. Zum damaligen Zeitpunkt bestand bei der A die Praxis, dass auf das obangeführte Treuhandkonto überwiesene Geldbeträge zum Zwecke der Spesenminimierung einmal wöchentlich auf das Devisenausländerkonto der Banque C bei der RLB übermittelt wurden, von welchem in weiterer Folge die Kundengelder unverzüglich auf das Konto der Banque C bei der Banque E zum Zwecke der Veranlagung durch die Banque C weiterüberwiesen wurden.

Gemäß § 1 Abs 1 BWG sind zu Bankgeschäften iSd § 1 Abs 1 BWG nur Kreditinstitute iSd § 1 BWG befugt. Der Betrieb der in § 1 Abs 1 BWG genannten Geschäfte bedarf (unbeschadet besonderer bundesgesetzlicher Regelungen, wie z.B. § 103 Z 5 BWG oder § 19 WAG) gemäß § 4 Abs 1 BWG der Konzession des Bundesministers für Finanzen.

Gemäß § 19 Abs 2 WAG dürfen Finanzdienstleistungsgeschäfte iSd § 1 Abs 1 Z 19 lit a bis c BWG auch von einem Wertpapierdienstleister iSd § 19 Abs 1 WAG im Umfang einer durch die Bundeswertpapieraufsicht erteilten Konzession durchgeführt werden.

Ein Wertpapierdienstleistungsunternehmen iSd § 19 Abs 1 WAG ist ein Unternehmen, welches

1. eine oder mehrere der Dienstleistungen gemäß § 1 Abs 1 Z 19 BWG gewerblich erbringt,

2.

kein Kreditinstitut gemäß § 1 Abs 1 BWG ist und

3.

seine Berechtigung zur Erbringung von Dienstleistungen gemäß § 1 Abs 1 Z 19 BWG nicht auf die §§ 9 ff BWG gründet. Die taxative Aufzählung der Finanzdienstleistungsgeschäfte erfolgt in § 1 Abs 1 Z 19 BWG. Demnach ist die Erbringung von Dienstleistungen in Bezug auf Finanzinstrumente dann ein Finanzdienstleistungsgeschäft, wenn:

 1) diese Dienstleistungen das Halten von Geld, Wertpapieren oder sonstigen Instrumenten nicht umfassen, und der Erbringer der Dienstleistungen diesbezüglich zu keiner Zeit Schuldner seiner Kunden wird und

 2) der Gegenstand des Geschäftes (lediglich):

a)

die Beratung über die Veranlagung von Kundenvermögen oder

b)

die Verwaltung von Kundenportefeuilles mit Verfügungsvollmacht im Auftrag des Kunden oder

 c) die Vermittlung von Geschäftsgelegenheiten zum Erwerb oder zur Veräußerung von einem oder mehrerer der in Z 7 lit b bis f genannten Instrumente, umfasst.

Gemäß § 1 Abs 1 Z 1 Bankwesengesetz (BWG) ist die gewerblich durchgeführte Entgegennahme fremder Gelder zur Verwaltung oder als Einlage (Einlagegeschäft), soweit sie gewerblich durchgeführt wird, ein Bankgeschäft.

Ein Bankgeschäft ist gemäß § 1 Abs 1 Z 5 BWG auch das Depotgeschäft. Das Depotgeschäft wird in dieser Bestimmung als die gewerblich durchgeführte Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren für andere definiert.

Gemäß § 98 Abs 1 BWG in der Fassung BGBl. Nr. 753/1996 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu ATS 300.000,-- zu bestrafen, wer Bankgeschäfte ohne die erforderliche Berechtigung betreibt. Die Verfolgungsverjährungsfrist für derartige Verwaltungsübertretungen beträgt gemäß § 99 b BWG 18 Monate.

In gegenständlichen Fall ist zu prüfen, ob die am 31.3.1999 erfolgte Entgegennahme von Kundengeldern auf dem (mit ?Fonds Verrechnungskonto A/Banque C Verrechnungskonto" bezeichnete) Kundentreuhandkonto der A bei der RLB mit der Kontonummer

976.712 und die binnen einer Woche erfolgte Übermittlung dieser Gelder auf das Devisenausländerkonto der Banque C bei der RLB, von welchem in weiterer Folge die Kundengelder unverzüglich auf das Konto der Banque C bei der Banque E zum Zwecke der Veranlagung durch die Banque C weiterüberwiesen wurden, von der Wertpapierdienstleistungskonzession der A umfasst sind. Da der Bankgeschäftekatalog des § 1 BWG ein taxativer ist (vgl. RV zur Stammfassung, 1130 der Beilagen zu den

stenographischen Protokollen des NR, XVIII. GP, Seite 113), ist mangels gegenteiliger Indizien davon auszugehen, dass der Gesetzgeber jedem der im Bankgeschäftekatalog angeführten Bankgeschäfte einen von den anderen abgegrenzten Begriffsgehalt beigemessen hat. Folglich ist davon auszugehen, dass in dem Falle, in dem die gegenständliche Geldannahme keinem anderen Bankgeschäft als dem Finanzdienstleistungsgeschäft iSd § 1 Abs 1 Z 19 lit a bis c BWG zugeordnet werden kann, das gegenständliche Bankgeschäft von der der A erteilten Wertpapierdienstleistungskonzession iSd § 19 WAG (durch welche diese zu Finanzdienstleistungsgeschäften iSd § 1 Abs 1 Z 19 BWG befugt ist) umfasst ist.

Aus dem Akteninhalt ist ersichtlich, dass die A von den Kunden, welche Gelder auf das gegenständliche Treuhandkonto überwiesen hatten, mit der Verwaltung dieser Vermögenswerte beauftragt gewesen war. Daher ist nach Ansicht der erkennenden Behörde als erstes zu prüfen, ob das gegenständliche Konto nicht als ein Depot iSd BWG und die gegenständliche Gelderannahme nicht als Depotgeschäft iSd § 1 Abs 1 Z 5 BWG zu qualifizieren ist. Gemäß den erläuternden Bemerkungen der Regierungsvorlage zur Novelle des Bankwesengesetzes, BGBl I Nr. 753/1996 (369 der Beilagen zu den stenographischen Protokollen des Nationalrats XX.GP, zu § 1 Abs 1 Z 19 BWG) entspricht der Gesetzestext des § 1 Abs 1 Z 19 lit a und b BWG dem Anhang Abschnitt A Z 3 der Richtlinie 93/22/EWG. Gemäß dieser erläuternden Bemerkungen unterscheidet sich der in § 1 Abs 1 Z 5 BWG verwendete Verwaltungsbegriff von dem in § 1 Abs 1 Z 19 BWG dahingehend, als gemäß § 1 Abs 1 Z 5 BWG einzelne Wertpapiere, gemäß § 1 Abs 1 Z 19 BWG aber ein bei einem Kreditinstitut auf Depot liegendes Vermögen (daher keine einzelnen Wertpapiere) verwaltet werden.

Aus diesen Gesetzesmaterialien ergibt sich sohin, dass von einem im Rahmen eines Depotgeschäfts verwalteten Vermögens nur dann gesprochen werden kann, wenn mit ein und demselben Geldinstitut sowohl ein Vermögensverwaltungsvertrag als auch ein Depotvertrag geschlossen worden ist und sich die verwalteten Vermögenswerte auf dem bei der verwaltenden Gesellschaft eingerichteten Depot befinden. Von einer derartigen Konstruktion kann nach Überzeugung der erkennenden Behörde im gegenständlichen Fall nicht ausgegangen werden, zumal als erwiesen anzusehen ist, dass 1) die Kunden der A bei der Banque C einen Depotvertrag abgeschlossen hatten und 2) die A nur auf einem Depot der Banque C befindlichen Vermögenswerte verwaltet hatte. Die gegenständliche Gelderannahme ist daher nicht als Depotgeschäft iSd § 1 Abs 1 Z 5 BWG zu klassifizieren. Durch die Wertpapieraufsicht (nunmehr: Finanzmarktaufsicht) wurde der A zum Vorwurf gemacht, durch die gegenständliche Kundengelderannahme ein Einlagengeschäft iSd § 1 Abs 1 Z 1 BWG durchgeführt zu haben.

Zur Klärung der Frage, ob die gegenständliche Kundengelderannahme als Einlagengeschäft zu qualifizieren ist, ist zunächst zu ermitteln, welcher Einlagenbegriff dem § 1 Abs 1 Z 1 BWG zugrunde liegt:

Laut Leo Chini und Georg Fröhlichsthal (vgl. Chini L., Fröhlichsthal G.; Praxiskommentar zum Bankwesengesetz; Wien ² 1997; § 1 Randziffer 11) entspricht der Einlagengeschäftsbegriff des BWG dem Einlagenbegriff des deutschen Kreditwesengesetzes, welcher wiederum entsprechend der Lehrmeinung von Reischauer/Kleinhans auszulegen ist.

Zum Begriff der ?Einlage" iSd deutschen Kreditwesengesetzes wird im Kommentar von Reischauer/Kleinhans (vgl. Reischauer F; Kleinhans J.; Kreditwesengesetz. lose Blattkommentar für die Praxis; Berlin 1963 -Loseblatt der Ergänzungslieferung 5/86, zu § 1 Randziffer 13) die Ansicht vertreten, dass dieser Begriff nicht juristisch abschließend definiert werden könne, da es sich um einen rein wirtschaftlichen Begriff handle, der dem bankwirtschaftlichen Verkehr entnommen ist. Diesem Begriff wohne notwendigerweise ein veränderliches Element inne. Die Auslegung dieses Begriffes müsse sich nach dem Gesetzeszweck der jeweiligen Gesetzesbestimmung und der bankwirtschaftlichen Verkehrsauffassung unter Berücksichtigung der Praxis des Bankgeschäftes orientieren. Von einer ?Einlage" sei dann auszugehen, wenn auf Grund einer Wertung aller Umstände des einzelnen Falles der konkrete wirtschaftliche Vorgang nach der bankwirtschaftlichen Verkehrsauffassung die Annahme fremder Gelder als ?Einlagen" darstelle. Gemäß der bankwirtschaftlichen Verkehrsauffassung diene das Einlagengeschäft der Kreditinstitute bankwirtschaftlich der kontinuierlichen Ansammlung liquiden Kapitals für die laufende Finanzierung des Aktivgeschäfts. So seien die Einlagen Finanzierungsmittel und die für die Einlagen zu zahlenden Zinsen Finanzierungskosten des auf die Erzielung von Gewinn gerichteten Aktivgeschäfts der Kreditinstitute. Einlagen im Sinne der bankwirtschaftlichen Verkehrsauffassung werden daher mit der Absicht entgegengenommen, durch eine ?positive" Differenz zwischen den Bedingungen der Annahme dieser Gelder und der unternehmerischen Tätigkeit der Kreditinstitute Gewinn zu erzielen. Das Einlagengeschäft iSd BWG sei daher das klassische passivseitige Geschäft der Kreditinstitute und finde dieses auf der aktiven Seite seine Entsprechung im Kreditgeschäft. Aus dem Begriffsinhalt der Entgegennahme ist laut Chini/Frölichsthal zudem zu schließen, dass es auf die Aktivität der Geldgeber ankommt. Daran ändere sich auch dann nichts, wenn zuvor der Mittelempfänger werbend tätig geworden sei. Einlagen im Sinne des Bankwesengesetzes liegen folglich in der Regel dann vor, wenn jemand von mehreren Geldgebern fremde Gelder auf Grund typisierter Verträge als Darlehen oder zur unregelmäßigen Verwahrung ohne Bestellung banküblicher Sicherheiten und ohne schriftliche Vereinbarung im Einzelfall laufend entgegen nimmt. Für die Qualifizierung als Einlagengeschäft ist für Chini/Frölichsthal

hinsichtlich der fremden Gelder zudem entscheidend, ob primär ein Rückzahlungsanspruch oder ein Anspruch auf eine synallagmatische Gegenleistung bestehe (vgl. auch Laurer R, Fremuth W., Handbuch zum Kreditwesengesetz, Wien 1984, Rz 20 zu § 1). Sohin sind Anzahlungen auf einen Kauf-, Dienstleistungs- oder ähnlichen Vertrag, Verpflichtungen aus Kaufverträgen bzw. aktive Kontokurrentsalden bzw. Habenssalden auf Verrechnungskonten bzw. aufgenommene Gelder aus der Immission aus Schuldverschreibungen, und sohin keine ?fremden Gelder" im Sinne des Bankwesengesetzes. Ob die Hereinnahme ?fremder Gelder" zur Verwaltung oder als Einlage erfolgt, ist entsprechend dem Willens des Einlegers zu beurteilen und im Übrigen jedenfalls wirtschaftlich auszulegen. Letztlich ist es nicht von entscheidender Bedeutung, ob ein Darlehensvertrag, ein depositum irregulare oder ein Vertrag sui generis vorliegt. Im Zuge des durchgeführten Beweisverfahrens ist für die erkennende Behörde kein Hinweis hervorgekommen, dass die Kunden der A, welche Gelder auf das gegenständliche Treuhandkonto überwiesen hatten, diese Geldbeträge (nicht ausschließlich) zum Zwecke der Vermögensverwaltung durch die A auf dieses Konto überwiesen hatten, und dass zwischen diesen Kunden und der A nicht (zumindest auch) vereinbart gewesen war, dass diese Gelder zur Finanzierung der unternehmerischen Tätigkeit der A (daher als Einlagen iSd § 1 Abs 1 Z 1 BWG) überlassen werden. Es liegen daher keine Indizien für das Vorliegen eines Einlagengeschäfts vor.

Andererseits ist davon auszugehen, dass auf dem gegenständlichen Treuhandkonto mehr oder weniger durchgehend zumeist erhebliche Geldbeträge erlagen, welche seitens der RLB verzinst wurden. Wenngleich keine Indizien hervorgekommen sind, dass durch die Einrichtung des gegenständlichen Treuhandkontos die unternehmerische Tätigkeit der A mitfinanziert wurde, kann aber dennoch nicht ausgeschlossen werden, dass durch diese Praxis die unternehmerische Tätigkeit der A nicht bloß unerheblich mitfinanziert wurde. Das Vorliegen eines Einlagengeschäftes ist daher auch nicht mit Gewissheit ausschließbar.

Mangels Vorliegens der für eine verwaltungsstrafrechtliche Verurteilung erforderlichen Gewissheit, ob die im erstinstanzlichen Straferkenntnis angelastete Verwaltungsübertretung tatsächlich verwirklicht worden ist, war sohin das erstinstanzliche Straferkenntnis zu beheben und das Strafverfahren mangels ausreichender Taterweisung einzustellen.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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