Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erik Hanel über die Berufung des Ing. R R, vertreten durch Dr. M S und Mag. T C, Rechtsanwälte in S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Judenburg vom 9.10.2000, GZ.: 15.1 2885/1999, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird die Berufung dem Grunde abgewiesen. Hinsichtlich der verhängten Strafe wird der Berufung dahingehend Folge gegeben, dass über den Berufungswerber gemäß § 19 VStG eine Strafe von S 700,-- (EUR 50,87), im Uneinbringlichkeitsfall 30 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, welche binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten ist, verhängt wird.
Dadurch vermindert sich der Kostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz auf den Betrag von S 70,-- (EUR 5,09), dieser ist binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.
Mit dem im Spruch dieses Bescheides näher zitierten Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Judenburg vom 9.10.2000 wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er sei als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als § 9 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der Firma Ö GesmbH mit Sitz in W, Zulassungsbesitzerin des Lastkraftwagens mit dem amtlichen Kennzeichen, dafür verantwortlich gewesen, dass von Seiten dieser Firma nicht dafür Sorge getragen worden sei, dass der Zustand des genannten Fahrzeuges den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspreche. Das gegenständliche Fahrzeug sei am 16.7.1999 um 10.30 Uhr in Thalheim, auf der B 114, Fahrtrichtung Pöls, im Bezirk Judenburg, von Herrn R H gelenkt worden, obwohl am Kraftfahrzeug keine kreisrunde gelbe Tafel mit mindestens 20 cm Durchmesser, schwarzem Rand und dem lateinischen Buchstaben "H" in dauernd gut lesbarer und unverwischbarer schwarzer Schrift vollständig sichtbar neben der vorderen und hinteren Kennzeichentafel angebracht gewesen sei, obwohl dies im Zulassungsschein vorgeschrieben sei.
Er habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 103 Abs 1 Z 1 iVm § 39a KFG verletzt und wurde über ihn gemäß § 134 Abs 1 KFG eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Im rechtzeitig eingebrachten Rechtsmittel bringt der Berufungswerber durch seinen Rechtsvertreter zusammenfassend vor, dass seine Firma den gegenständlichen Lastkraftwagen an die Firma K R Transporte in K zum Gebrauche überlassen hätte. Es existiere eine Vereinbarung, derzufolge für die Dauer der Gebrauchsüberlassung bzw die Dauer der faktischen Benützung die Firma R für die Einhaltung der kraftfahrrechtlichen und kraftfahrzeughaftpflichtrechtlichen Bestimmungen verantwortlich sei. Die angeblich fehlende Tafel "H" sei zum Zeitpunkt der Übergabe des Fahrzeuges an die Firma K R am Fahrzeug angebracht gewesen. Es sei für ihn nicht zumutbar, den genauen Einsatz des verliehenen Fahrzeuges kontinuierlich zu überwachen und sei diese Verpflichtung auch nicht aus den zitierten Gesetzesstellen ableitbar. Es wurde daher der Antrag auf Aufhebung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses gestellt und gleichzeitig die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung beantragt. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark ist bei seiner Entscheidung von folgenden Überlegungen ausgegangen: Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben. Da der Berufungswerber explizit die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung verlangte, war diese entsprechend der Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes durchzuführen. Zur öffentlichen, mündlichen Verhandlung am 29.1.2001 erschien weder der Berufungswerber, noch sein Rechtsvertreter. Stattdessen wurde per Telefax eine Stellungnahme dem Unabhängigen Verwaltungssenat übermittelt, derzufolge weder der Grund des Fernbleibens des Berufungswerbers oder seines Rechtsvertreters bekannt gegeben wurde. Es wurde lediglich das Vorbringen in der Berufung wiederholt. Aus diesem Grund war die Berufungsbehörde berechtigt, ohne Mitwirkung des Berufungswerbers und seines Rechtsvertreters die Verhandlung durchzuführen sowie mit der Fällung einer Entscheidung abzuschließen.
Aufgrund des der Berufungsbehörde vorliegenden Verfahrensaktes der Verwaltungs- strafbehörde erster Instanz ergibt sich folgender Sachverhalt:
Im Zuge einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle durch das Landesgendarmeriekommandos für Steiermark, Verkehrsabteilung, im Bezirk Judenburg wurde festgestellt, dass am Sattelzugfahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen, welches laut Zulassungsschein für die Firma Ö und S N OHG zugelassen und die Verpflichtung der Anbringung einer sogenannten "H"-Tafel vermerkt ist, keine solche Tafel am Fahrzeug angebracht war. Im Zuge des weiteren erstinstanzlichen Verfahrens stellte sich heraus, dass einerseits der Berufungswerber Ing. R R als Verantwortlicher gemäß § 9 VStG für die Zulassungsbesitzerin anzusehen war, andererseits dieses Fahrzeug an die Firma K R in K ohne Beistellung eines Lenkers vermietet war. Dem Berufungsvorbringen, der Berufungswerber sei als Verantwortlicher des Zulassungsbesitzers nicht für die gegenständliche kraftfahrrechtliche Übertretung verantwortlich, ist Folgendes entgegenzuhalten: Gemäß § 103 Abs 1 Z 1 KFG hat der Zulassungsbesitzer eines Kraftfahrzeuges dafür zu sorgen, dass das Fahrzeug (der Kraftwagen mit Anhänger) und seine Beladung - unbeschadet allfälliger Ausnahmegenehmigungen oder -bewilligungen - den Vorschriften dieses Bundesgesetzes und der aufgrund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen entspricht.
Eine solche Vorschrift im obgenannten Sinne ist unter anderem auch die Bestimmung des § 39a KFG, derzufolge bei Kraftfahrzeugen und Anhängern, deren Höchstgewicht die im § 4 Abs 7 KFG für das höchste zulässige Gesamtgewicht angeführten Höchstgrenzen oder deren Achslasten bei im Rahmen des Höchstgewichtes zulässiger Belastung, die im § 4 Abs 8 KFG angeführten Höchstgrenzen übersteigen, neben der vorderen und hinteren Kennzeichentafel je eine kreisrunde gelbe Tafel mit mindestens 20 cm Durchmesser, schwarzem Rand und dem lateinischen Buchstaben "H" in dauernd gut lesbarer und unverwischbarer schwarzer Schrift, vollständig sichtbar angebracht sein muss. Ist nun - so wie im vorliegenden Fall - das Fahrzeug ohne Beistellung eines Lenkers vermietet, hat § 103a KFG Anwendung zu finden. Dieser Bestimmung zufolge hat der Mieter eines Fahrzeuges die im § 57a Abs 1 KFG und im § 103 Abs 1 Z 1 KFG hinsichtlich des Zustandes des Fahrzeuges angeführten Pflichten neben dem Zulassungsbesitzer zu erfüllen; die Erfüllung der Pflichten durch einen Verpflichteten befreit den Anderen (§ 103a Abs 1 Z 2 KFG). Daraus ergibt sich wiederum, dass die Pflicht für die Einhaltung der Bestimmung des § 39a KFG (Anbringung der "H"-Tafel) den Zulassungsbesitzer und den Mieter getroffen hat. Erfüllt einer der Beiden diese Pflicht, befreit er damit den Anderen von der Verpflichtung, wird die Pflicht jedoch nicht erfüllt, sind sowohl der Zulassungsbesitzer, als auch der Mieter strafbar (vgl. hiezu Grundner, KFG5, Seite 713 ff). Zum weiteren Vorbringen des Berufungswerbers, es sei ihm nicht zumutbar, den genauen Einsatz eines vermieteten Fahrzeuges kontinuierlich zu überwachen, ist Folgendes auszuführen:
Bei einer Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs 1 Z 1 KFG iVm § 39a KFG handelt es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt im Sinne des § 5 Abs 1 VStG. Aufgrund dieser Bestimmung hat nicht die Behörde das Verschulden des Täters zu beweisen, sondern kann sie ein Verschulden ohne weiteres annehmen und hat der Täter selbst glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Eine solche Glaubhaftmachung ist dem Berufungswerber aber mit seinem Vorbringen keineswegs gelungen, hat er doch lediglich ausgeführt, es sei ihm nicht möglich, zu überprüfen, ob das jeweilige vermietete Fahrzeug den gesetzlichen Vorschriften entspreche. Aber auch bei einer Vielzahl von vermieteten Fahrzeugen hätte der Berufungswerber mindestens die Möglichkeit gehabt, stichprobenartige Kontrollen durchzuführen bzw die Lenker stichprobenartig aufzufordern, ihre Fahrzeuge zwecks Kontrolle vorzuführen. Der Berufungswerber bringt diesbezüglich zwar vor, dass er im Einzelfalle Kontrollen durchführe, eine Glaubhaftmachung einer effizienten Kontrolle kann aus diesem Vorbringen jedoch nicht abgeleitet werden. Zur Strafbemessung ist Folgendes auszuführen: Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Die Tat schädigte das Interesse an der Verwendung von ausschließlich den Bestimmungen des Kraftfahrgesetzes entsprechenden Fahrzeugen im öffentlichen Verkehr und somit in der Folge das Interesse an der Verkehrssicherheit. Neben den objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat kommt im ordentlichen Verfahren als Strafbemessungsgrundlage die Prüfung der subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat, somit auch die in der Person des Beschuldigten gelegenen Umstände, hinzu. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) daher die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Das Verschulden des Berufungswerbers kann nicht als geringfügig angesehen werden, da weder hervorgekommen ist, noch aufgrund der Tatumstände anzunehmen war, dass die Einhaltung der Vorschrift eine besondere Aufmerksamkeit erfordert habe oder dass die Verwirklichung des Tatbestandes aus besonderen Gründen nur schwer hätte vermieden werden können. Die Erstbehörde hat als strafmildernd oder straferschwerend nichts gewertet. Da im Verwaltungsstrafverfahren sinngemäß die im gerichtlichen Strafrecht maßgebenden Umstände in Betracht kommen, stellt die Unbescholtenheit des Berufungswerbers einen Milderungsgrund dar (VwSlg. 9755 A/1979). Die Nichtberücksichtigung eines Milderungsgrundes bedeutet eine inhaltliche Rechtswidrigkeit. Dadurch, dass die belangte Behörde bei der Strafbemessung die Frage der Unbescholtenheit des Berufungswerbers als Milderungsgrund gar nicht in Erwägung gezogen hat, war es der Berufungsbehörde aufgetragen, unter Berücksichtigung des mildernden Umstandes das Strafausmaß auf die im Spruch festgesetzte Höhe herabzusetzen.