Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Renate Merl über die Berufung des Herrn R T, F, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung vom 24.11.2000, GZ.: 15.1 9528/2000, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) i.d.F. BGBl. 1998/158 wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe in seiner Funktion als Dienstgeber die in den Punkten 1.) bis 3.) angeführten Ausländer I L, G P und M P als in der Krankenversicherung vollversicherte Pflichtversicherte am 14.6.2000 beschäftigt ohne diese Personen innerhalb von sieben Tagen zur Pflichtversicherung bei der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse anzumelden. Als übertretene Verwaltungsvorschrift wurde in allen drei Punkten die Bestimmung des § 111 iVm den §§ 33 und 42 ASVG angenommen und über den Berufungswerber jeweils gemäß § 111 leg. cit. eine Geldstrafe von S 10.000,-- verhängt.
In seiner dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung vom 2.12.2000 wandte der Berufungswerber ein, er habe die drei Rumänen nur deshalb bei der Gebietskrankenkasse angemeldet, da ihm anscheinend von Fachexperten die falsche Auskunft erteilt wurde "Ich solle sie halt nachträglich anmelden, dann wird es schon passen". Der Schalterbeamte der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse habe ihm versichert, dass es bei diesem Sachverhalt mit einer Ermahnung abgetan sein müsste, weshalb ihm die nunmehr verhängte Strafe von dreimal S 10.000,-- exemplarisch hoch erscheine. Fest stehe, dass ihm die Rumänen nur einen Tag geholfen hätten und anschließend nach Deutschland fahren wollten. In dem beim Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark zu GZ.: UVS 30.15-56/2000 anhängigen Parallelverfahren wegen des Verdachtes der unerlaubten Beschäftigung der selben drei Rumänen brachte der Berufungswerber weiters vor, die drei Ausländer hätten von ihm keinen Geldlohn erhalten, sondern nur für Jause und Getränke gearbeitet. Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51 c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben. Da im gegenständlichen Berufungsverfahren unter anderem Inhalt und Umfang des Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere die Frage der Entlohnung strittig war, verhandelte der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark dieses Verfahren wegen seines sachlichen Zusammenhanges mit dem obzitierten Parallelverfahren betreffend Übertretung des AuslBG gemäß § 51 e Abs 7 VStG in einer gemeinsamen öffentlichen, mündlichen Berufungsverhandlung am 31.1.2001. Nach Befragung des Berufungswerbers wird aufgrund der in dieser Verhandlung verlesenen Urkunden, insbesondere der beigeschafften Sozialversicherungsanmeldungen sowie der verlesenen Aussagen der drei verfahrensgegenständlichen Ausländer vor der Gendarmerie nachstehender Sachverhalt als erwiesen angenommen: Der Berufungswerber betreibt an der Adresse M, F eine Landwirtschaft im Ausmaß von ca. sieben Hektar mit angeschlossenem Wohnhaus und Wirtschaftsgebäude. Im Frühsommer 2000 hatte der Berufungswerber ca. eine Woche vor dem verfahrensgegenständlichen Vorfall begonnen, auf seinem Anwesen einen Neubau für einen Stall zu errichten. Am 14.6.2000 halfen ihm die drei verfahrensgegenständlichen Rumänen I L, G P und M P sowie ein vierter namentlich nicht bekannter Rumäne, welcher sich der Gendarmeriekontrolle durch Flucht entziehen konnte, bei Bauarbeiten im Zusammenhang mit der Errichtung dieses Stalles im Zeitraum 09.00 Uhr bis 17.00 Uhr (Eintreffen der Gendarmeriepatrouille). Die Rumänen erhielten vom Berufungswerber für diese Arbeiten Verpflegung und Getränke. Vereinbart war weiters, dass ihnen der Berufungswerber nach Beendigung der Arbeiten, welche für ca. 18.00 Uhr vorgesehen war, Nahrungsmittel mitgibt, was jedoch durch die inzwischen stattgefundene Gendarmeriekontrolle nicht mehr zu Stande kam. Der Berufungswerber erhielt im Anschluss an die Strafanzeige wegen der Übertretung des AuslBG eine Vorladung der Steiermärkischen Gebietskrankenkasse, um die drei Rumänen nachträglich zur Sozialversicherung anzumelden. Herr T begab sich selbst zum zuständigen Sachbearbeiter und führte am 14.7.2000 die Nachmeldung durch, wobei sämtliche Angaben auf dem Formular für die An- und Abmeldung insbesondere auch der Beschäftigungszeitraum und die Annahme eines Kollektivvertraglohnes von S 69,36 pro Stunde (somit S 555,-- pro Tag und Arbeiter) vom Sachbearbeiter der Gebietskrankenkasse bereits vorausgefüllt waren. Der Berufungswerber wies anlässlich dieser Nachmeldung nochmals darauf hin, dass er den drei Rumänen gar keinen Lohn bezahlt hatte und erhielt daraufhin die Mitteilung, er solle die Nachmeldung unterschreiben, um sich weitere Schwierigkeiten zu ersparen. Im Falle der Unbescholtenheit werde es die zuständige Bezirkshauptmannschaft im Strafverfahren schon mit einer Ermahnung gemäß § 21 VStG bewenden lassen. Tatsächlich wurde jedoch am 20.7.2000 hinsichtlich aller drei Ausländer ein Strafantrag mit einem Strafausmaß von S 10.000,-- pro Ausländer gestellt, welchem die belangte Behörde in voller Höhe stattgab. Beweiswürdigung: Die getroffenen Feststellungen hinsichtlich des Beschäftigungszeitraumes und insbesondere der entscheidungswesentlichen Frage, ob die drei Rumänen an dem einen Arbeitstag gegen Geld oder nur gegen Naturallohn beschäftigt waren, gründen sich auf die in diesem Punkt völlig übereinstimmenden Angaben des Berufungswerbers und aller drei einvernommenen Rumänen, deren Aussagen vor der Gendarmerie gemäß § 51 g Abs 3 Z 1 VStG verlesen wurden, da die drei Ausländer der an ihre jeweiligen Heimatadressen zugestellten Ladung unentschuldigt keine Folge leisteten. Die getroffenen Feststellungen hinsichtlich des Zustandekommens der nachträglichen Anmeldung zur Sozialversicherung gründen sich auf die in diesem Punkt völlig glaubwürdige Aussage des Berufungswerbers und die beigeschafften Anmeldungsformulare. Hiebei sei ausgeführt, dass nach Auffassung des zur Entscheidung berufenen Senatsmitgliedes die in den nachträglichen Anmeldungen zur Sozialversicherung enthaltenen Angaben zu den Modalitäten des Beschäftigungsverhältnisses (Beschäftigungszeitraum, Bezahlung etc.) keineswegs einen unwiderleglichen Beweis für den wahren wirtschaftlichen Gehalt des Beschäftigungsverhältnisses liefern. Die in den Nachmeldungen enthaltenen Angaben sind vielmehr nur ein Beweismittel von vielen, welche in ihrer Gesamtheit zu beurteilen sind und daher auch durch andere Verfahrensergebnisse widerlegt werden können. Dies umso mehr, wenn dem meldepflichtigen Arbeitgeber wie im vorliegenden Fall die Nachmeldung zur Sozialversicherung unter Zugrundelegung eines fiktiven Kollektivvertragslohns in einer rechtsstaatlich äußerst fragwürdigen Weise mit der in Inaussichtstellung einer Ermahnung im Strafverfahren quasi aufgedrängt wurde. Rechtliche
Beurteilung: Die im Anlassfall einschlägigen Bestimmungen des § 33
ASVG haben folgenden Wortlaut: An und Abmeldung der Pflichtversicherten
(1) Die Dienstgeber haben jeden von ihnen
beschäftigten, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung Pflichtversicherten (Vollversicherte und Teilversicherte) bei Beginn der Pflichtversicherung (§ 10)
unverzüglich beim
zuständigen Krankenversicherungsträger
anzumelden und binnen sieben Tagen
nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden....
(2) Abs 1 gilt für die nur
in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der
Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass
die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung,
der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich
zuständig wäre, zu
erstatten sind (51. Nov., BGBl. Nr. 335/1993, Art. 1 Z 9 und § 551 Abs 1 Z 4) - 1. Jänner 1994. Im Anlassfall gilt als erwiesen, dass der Berufungswerber die drei Rumänen nur einen Tag gegen Naturallohn beschäftigt hat. Es liegt somit eine geringfügige Beschäftigung im Sinne von § 5 Abs 1 Z 2 ASVG vor. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner bisherigen Judikatur (vgl. u.a. Zl. 90/08/0064 vom 25.9.1990) die Auffassung vertreten, dass geringfügig Beschäftigte, welche gemäß § 7 Z 3 lit a ASVG nur in der Unfallversicherung teilversichert sind, von der Meldepflicht gemäß § 33 Abs 1 ASVG iVm § 37 ASVG überhaupt ausgenommen sind. Mit der 51. Novelle zum ASVG wurden nunmehr auch die geringfügig Beschäftigten in das Meldesystem einbezogen (vgl. den oben wiedergegebenen geltenden Text des § 33 Abs 2 ASVG). Mit seinem zur neuen Rechtslage ergangenen Erkenntnis vom 21.4.1998, Zl. 97/08/0423 hat der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen, dass es sich bei der unterlassenen Anmeldung eines gemäß § 33 Abs 1 ASVG in der Krankenversicherung Pflichtversicherten und der Nichtanmeldung einer Person, welche gemäß § 33 Abs 2 ASVG nur in der Unfallversicherung teilversichert ist, um zwei verschiedene Tatbilder handelt, welche auch nicht austauschbar sind. Es muss daher aus der Tatumschreibung im Straferkenntnis klar hervorgehen, welche Verletzung der Anmeldepflicht dem Dienstgeber zur Last gelegt wird. Im konkreten Fall hat die belangte Behörde den § 33 ASVG in der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 31.7.2000 sowie im Straferkenntnis zwar unvollständig zitiert (es fehlte die Absatzangabe), aus der Tatumschreibung ergibt sich jedoch eindeutig, dass die belangte Behörde offensichtlich davon ausging, dass es sich bei den drei Rumänen um in der Krankenversicherung vollversicherte Pflichtversicherte im Sinne von § 33 Abs 1 ASVG gehandelt hat. Da sich nunmehr im Berufungsverfahren herausgestellt hat, dass es sich lediglich um einen Verstoß gegen die Meldepflicht gemäß § 33 Abs 2 ASVG gehandelt hat, wurde dem Berufungswerber die falsche Tat vorgeworfen. Hiebei handelt es sich im Sinne der obzitierten Verwaltungsgerichtshofentscheidung um einen nicht verbesserungsfähigen Spruchmangel gemäß § 44 a VStG. Da auch die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 31.7.2000 an dem gleichen Mangel leidet ist überdies bereits Verfolgungsverjährung eingetreten, weshalb das Verfahren hinsichtlich aller drei Punkte gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG einzustellen war.