TE UVS Tirol 2001/02/20 2001/20/004-1

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Veröffentlicht am 20.02.2001
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Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 09.05.2001, Zl. 2001/04/0085-3, die fristgerecht erhobene Verwaltungsgerichtshofbeschwerde des Berufungswerbers als unbegründet abgewiesen. Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alfred Stöbich über die Berufung des M. S., Deutschland, vertreten durch Rechtsanwalt, gegen das Straferkenntnis des Stadtmagistrat Innsbruck, vom 04.12.2000, Zl: II-10.830/2000, wie folgt:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm §§ 24, 51, 51c und 51e VStG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG beträgt dementsprechend der Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens 20 % der verhängten Strafe, das sind im gegenständlichen Fall S 1.000,--.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe in der Zeit vom 17.10.2000 bis 24.10.2000 auf der Baustelle in Innsbruck die Verlegung von Baustahl gewerbsmäßig durchgeführt, ohne über eine hiefür erforderliche Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Baumeistergewerbes nach § 127 Z 4 Gewerbeordnung, BGBl Nr 194/1994, zu verfügen. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs 1 Z 1 in Verbindung mit § 127 Z 4 Gewerbeordnung, BGBl Nr 194/1994, begangen.

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurden über den Berufungswerber eine Geldstrafe gem § 366 Abs 1 (Einleitungssatz) Gewerbeordnung 1994 in Höhe von S 5.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage) sowie Verfahrenskosten verhängt.

 

In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung brachte der Berufungswerber im Wesentlichen vor, keine Übertretung nach § 366 Abs 1 Z 1 iVm § 127 Z 4 GewO 1994 begangen zu haben.

 

Es treffe zu, dass er Teilhaber der Firma E. D. und S. M., Eisenflechterbetrieb, in Deutschland sei. Es handle sich hiebei um eine GesnbR und sei diese Gesellschaft Inhaberin eines Eisenflechterbetreibes samt der entsprechenden Gewerbeberechtigung. Für diese Gesellschaft bestehe eine Gewerbekarte (eine Ablichtung davon wurde der Berufung beigelegt), welcher eine Gewerbeanmeldung des Gesellschafters D. E. vom 16.02.2000 sowie seine eigene Gewerbeanmeldung vom 16.02.2000 zu Grunde liege. Diese Firma habe die gegenständlichen Arbeiten (Verlegung von Baustahl auf der Baustelle in Innsbruck) als Subunternehmer für eine andere Firma durchgeführt.

 

Es sei sohin unbestritten, dass eine nach deutschem Recht voll rechtswirksame Gewerbeberechtigung für die Vornahme der hier gegenständlichen Arbeiten vorliege. Für die Anwendung der österreichischen Gewerbeordnung sei insofern kein Raum, als die Durchführung der gegenständlichen Arbeiten im Rahmen der gemeinschaftlichen Dienstleistungsfreiheit erlaubt sei und die Anwendung der österreichischen Gesetze dem geltenden EU-Recht, insbesondere der Dienstleistungsfreiheit, widerspreche und sei der angefochtene Bescheid sohin gemeinschaftsrechtswidrig.

 

Dem am 04.12.2000 mündlich verkündeten Straferkenntnis ging eine mündliche Verhandlung voraus, in der niederschriftlich folgendes festgehalten wurde:

 

Geständnis:

Der mir in der hieramtlichen Aufforderung zur Rechtfertigung vom 10.11.2000 zur Last gelegte Sachverhalt bleibt unbestritten. Hinsichtlich dem Verschulden gebe ich bekannt, dass die gegenständlichen Arbeiten auf Rechnung und Gefahr der Firma E. & S. GesnbR, Deutschland, durchgeführt wurden und ich mich hinsichtlich den rechtlichen Bestimmungen beim Steuerberater erkundigt habe, dieser mir jedoch eine unrichtige Auskunft erteilt hat. Zwischenzeitlich hat Herr D. E. mit Bescheid des Amtes der Tiroler Landesregierung vom 02.11.2000, Zahl, die EWR Anerkennung erhalten. Mir wird im Zusammenhang mit dem gegenständlichen Verfahren mitgeteilt, dass bei der vorliegenden Gesellschaftsform auch ich über die erforderlichen Voraussetzungen (EWR-Anerkennung oder Gewerbeberechtigung) verfügen muss, damit die gegenständlichen Arbeiten auf Rechnung und Gefahr der Firma E. & S. GesnbR durchgeführt werden können. Ich besitze kein Vermögen. Mein mtl. Einkommen beträgt S 42.000,00

(DM 6.000,00) und ich bin für meine Gattin und zwei Kinder sorgepflichtig. In Anbetracht der vorliegenden Umstände und in Hinblick auf meine bisherige Unbescholtenheit ersuche ich um Verhängung einer geringen Geldstrafe.

 

Für die gegenständliche Entscheidung steht folgender maßgeblicher Sachverhalt unbestritten fest:

 

Die E. & S. GesnbR, deren Teilhaber und Gesellschafter unter anderem der Berufungswerber ist, hat in der Zeit vom 17.10.2000 bis 24.10.2000 auf eigenen Namen und auf eigene Rechnung und Gefahr die Verlegung von Baustahl auf der Baustelle in 6020 Innsbruck durchgeführt. Laut beigebrachter Gewerbekarte handelt es sich dabei um einen deutschen Eisenflechterbetrieb mit Sitz in Deutschland. Außer einer nach deutschem Recht gültigen Gewerbekarte und einer Gewerbeanmeldung des Berufungswerbers für die Tätigkeit Eisenflechten bei der Gemeinde D-R. vom 16.02.2000 wurden keine Nachweise für die Berechtigung zur Ausübung des Baumeistergewerbes nach § 127 österreichischer GewO erbracht.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat über gegenständliche Berufung wie folgt erwogen:

 

Die gewerbliche Tätigkeit Verlegen von Baustahl, welche insbesondere das Lesen von Verlegungsplänen, das Abbinden der Baustahlteile und das Verlegen umfasst, ist dem Baumeistergewerbe vorbehalten (VwGH 27.2.1992, 90/04/0085). Es handelt sich dabei um ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe.

 

Im Bereich der gewerblichen Tätigkeiten gibt es kein einheitliches EU-Recht, vielmehr ist die Gewerbetätigkeit in den einzelnen Mitgliedstaaten der EU unterschiedlich geregelt. Um den Anforderungen der Europäischen Gemeinschaft in Bezug auf den freien Dienstleistungsverkehr und die Niederlassungsfreiheit gerecht zu werden, trat mit 01.01.1994 das EWR-Abkommen in Kraft, aufgrund dessen - gemeinschaftsrechtkonform - u.a. die Bestimmungen des § 373 lit a bis lit g in die Gewerbeordnung 1994 eingefügt wurden. Anstelle der Nachsicht vom vorgeschriebenen Befähigungsnachweis  tritt für Staatsangehörige eines EWR-Mitgliedstaates die Anerkennung der den vorgeschriebenen Befähigungsnachweis ersetzenden Qualifikation gem § 373 lit c GewO 1994. Diese beurkundet, dass der betreffende EWR-Staatsangehörige die Voraussetzungen für die den Befähigungsnachweis ersetzende Qualifikation erfüllt.

Für die Erbringung von Dienstleistungen in Österreich, die einem bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbe unterstellt werden, bedarf es daher entweder des Nachweises eines Befähigungsnachweises, einer Nachsicht gem. § 28 GewO oder einer Anerkennung gem § 373 lit c GewO 1994 (bei Unanwendbarkeit des § 373 lit c GewO 1994 einer Gleichhaltung gem. § 373 lit d GewO 1994).

 

Der Berufungswerber hat aber keinen der oben erwähnten ihm zur Verfügung stehenden Nachweise erbracht, sondern lediglich eine Gewerbekarte nach deutschem Recht vorgelegt. Ein solcher würde lediglich für die Ausübung der Tätigkeit eines freien Gewerbes genügen, da freie Gewerbe hinsichtlich der Qualifikation des Ausübenden nicht reglementiert sind. Bei der Ausübung eines bewilligungspflichtigen gebundenen Gewerbes in Österreich bedarf es jedoch des Nachweises, dass die in anderen EWR-Mitgliedstaaten erworbenen Berechtigungen und die für eine Nachsicht ausreichende einschlägige fachliche Tätigkeite oder einschlägige Ausbildung dem österreichischen Standard entsprechen. Andernfalls würde dies unter Umständen eine Schlechterstellung österreichischer Gewerbetreibender gegenüber EWR-Ausländern bedeuten.

 

Beim Berufungswerber handelt es sich um einen österreichischen Staatsangehörigen, der eine nach deutschem Recht gültige Gewerbekarte für die Ausübung des betreffenden Gewerbes besitzt.

Wie der VfGH in seinem Erkenntnis vom 07.10.1997, Zl: V76/97, V92/97 bereits festgestellt hat, sind unter dem Begriff Staatsangehörige einer EWR-Vertragspartei/eines EWR-Mitgliedstaates in § 373 lit c GewO 1994 Staatsangehörige anderer EWR-Mitgliedstaaten aber auch österreichische Staatsbürger zu verstehen. In diesem Sinne wäre es Berufungswerber offengestanden, eine den Befähigungsnachweis ersetzende Anerkennung gem. § 373 lit c GewO 1994 bei der zuständigen Behörde zu beantragen.

 

Bei der Firma E. & S. handelt es sich erwiesenermaßen um eine Gesellschaft nach bürgerlichem Recht. Als solche kommt ihr keine Rechtspersönlichkeit zu (siehe Kastner-Doralt-Novotny, Grundriß des österreichischen Gesellschaftsrechts 5, 55) und haben daher alle Gesellschafter einer GesnbR eine entsprechende Gewerbeberechtigung zur Ausübung des Gewerbes in Österreich zu besitzen. Es genügt daher nicht, wenn lediglich der Gesellschafter Herr D. E. eine solche Anerkennung nachweist, sondern sind von jedem Gesellschafter einer GesnbR die nötigen Voraussetzungen zur Ausübung eines Gewerbes mitzubringen.

 

Bei dem gegenständlichen Delikt nach § 366 Abs 1 Z. 1 GewO 1994 handelt es sich um ein Ungehorsamkeitsdelikt und ist aufgrund des Umstandes, dass der Berufungswerber kein zur Glaubhaftmachung seines mangelnden Verschuldens entsprechendes Vorbringen erstattet hat, von Fahrlässigkeit auszugehen. Der Unrechtsgehalt der begangenen Verwaltungsübertretung ist

erheblich, da der Berufungswerber dem Zweck der Bestimmung, nämlich die Sicherstellung einer entsprechenden Qualifikation und damit verbunden die Abwehr von besonderen Gefahren für Leben oder Gesundheit von Menschen, daneben aber auch dem Schutz vor der Gefahr erheblicher vermögensrechtlicher Schädigungen zuwidergehandelt hat. Nicht nur die Einsturzgefahr nachlässig ausgeführter Bauten sondern überhaupt das Interesse der Gemeinschaft an einer geordneten, den technischen Anforderungen entsprechenden Bauweise ist für die Einhaltung der übertretenen Verwaltungsvorschrift von Bedeutung.

 

Als mildernd war die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers, als erschwerend nichts zu berücksichtigen.

 

In Anbetracht des Strafrahmens des § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994, der bis S 50.000,-- reicht und der als überdurchschnittlich zu bezeichnenden Einkommensverhältnisse erscheint die von der Erstbehörde bemessene Strafe in Höhe von S 5.000,--, welche 10 % des Höchststrafmaßes entspricht, als gerechtfertigt.

Schlagworte
Gesellschaft, bürgerlichem, Eisenflechterbetrieb, Gewerbekarte, Niederlassungsfreiheit
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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