Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Michael Herrmann über die Berufung des Herrn D H, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. M K und Dr. A S, Z, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Liezen, Politische Expositur Gröbming, vom 19.10.2000, GZ.: 15.1 1689/2000, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
Mit dem im Spruch genannten Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 15.6.2000 um 15.20 Uhr im Gemeindegebiet von Schladming, auf der B 320 - Ennstalbundesstraße, bei Strkm 14,4, in Richtung Radstadt als Lenker des Personenkraftwagens mit dem Kennzeichen die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um 77 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz sei bereits zu seinen Gunsten abgezogen worden.
Hiedurch habe er eine Übertretung des § 20 Abs 1 iVm § 52a Z 10a StVO begangen und wurde hiefür eine Geldstrafe in der Höhe von S 8.000,-- (14 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
In seiner fristgerechten Berufung vom 3.11.2000 bekämpfte der Berufungswerber das Straferkenntnis in seinem gesamten Umfang. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark stellt hiezu Nachfolgendes fest:
Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben. Da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 51e Abs 2 Z 1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung abgesehen werden. Entsprechend der Anzeige des Gendarmeriepostens Schladming vom 27.6.2000 lenkte Herr D H am 15.6.2000 um 15.20 Uhr den Personenkraftwagen, Marke Audi A 6, Kennzeichen, im Gemeindegebiet von Schladming, Bezirk Liezen, auf der B 320, bei Strkm 14,4, aus Richtung Schladming in Richtung Radstadt mit einer Geschwindigkeit von 152 km/h. Die an dieser Stelle festgesetzte Geschwindigkeit beträgt 70 km/h. Die Geschwindigkeitsüberschreitung beträgt nach Abzug einer Toleranzgrenze 77,4 km/h, wobei die Geschwindigkeitsübertretung mit einem Lasergerät festgestellt wurde. Gemäß § 43 Abs 1 lit b StVO hat die Behörde für bestimmte Straßen oder Straßenstrecken, oder für Straßen innerhalb eines bestimmten Gebietes durch Verordnung wenn und insoweit es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des sich bewegenden oder die Ordnung des ruhenden Verkehrs, die Lage, Widmung, Pflege, Reinigung oder Beschaffung der Straße, die Lage, Widmung oder Beschaffenheit eines an der Straße gelegenen Gebäudes oder Gebietes oder wenn und insoweit es die Sicherheit eines Gebäude oder Gebietes und/oder der Personen, die sich dort aufhalten, erfordert, dauernde oder vorübergehende Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote, insbesondere die Erklärung von Straßen zu Einbahnstraßen, Maß-, Gewichts- oder Geschwindigkeitsbeschränkungen, Halte- oder Parkverbote und der gleichen, zu erlassen. Mit Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Liezen, Politische Expositur Gröbming, vom 14.8.2000, GZ.:
11.0-41/1996, wurde gemäß den Bestimmungen der § 43 Abs 1 lit b und § 94 Abs 1 lit b StVO auf der B 320 - Ennstalbundesstraße von Strkm 14,656 bis Strkm 14,069 folgende straßenpolizeiliche Maßnahmeverordnung:
Geschwindigkeitsbeschränkung von 70 km/h
gemäß § 52 Z 10a StVO bei Strkm
14,656 in Richtung Mandling (= Radstadt)."
Geschwindigkeitsbeschränkungen von 70 km/h "gemäß § 52 Z 10b StVO
bei Strkm 14,069 in Richtung Mandling."
Die gegenständliche Verordnung tritt mit der Aufstellung der entsprechenden Verkehrszeichen in Kraft und gilt mit der Entfernung wieder als aufgehoben.
Für den gegenständlichen Tatzeitpunkt, 15.6.2000 um 15.20 Uhr, konnte die zitierte Verordnung der Bezirkshauptmannschaft Liezen, Politische Expositur Gröbming, vom 14.8.2000 somit keine Rechtswirksamkeit entfalten.
Betreffend der am 14.9.1994 erfolgten Besichtigung des tatgegenständlichen Bereiches (unter anderem durch die belangte Behörde) ist auszuführen, dass Inhalt dieser Besichtigung das zu erwartende Hinzukommen weiterer Gewerbe sowie kleinerer Industriebetriebe bzw eine diesbezügliche Zunahme des zu- bzw abfahrenden Verkehrs gewesen ist. Als vorübergehende Lösung wurde diesbezügliche eine "70 km/h-Beschränkung" mit "allgemeinen Gefahrenzeichen" sowie einer textlich darunter befindlichen Aufschrift "Achtung Abbiegeverkehr" auf gelbem Grund und überdimensional groß gehalten vorgeschlagen. Infolge erging auch ein Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Liezen, Politische Expositur Gröbming, vom 27.9.1994 an das Stadtamt Schladming, worin unter anderem mitgeteilt wurde, dass auf der B 146 vorübergehend mit Standort Km 14,550 bzw Km 14,070, ein überdimensionaler Hinweis (wie oben beschrieben) angebracht werden sollte. Die Kosten für diese Hinweise müssten von der Gemeinde und den betroffenen Unternehmern getragen werden. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen, dass es sich bei diesen "straßenpolizeilichen Maßnahmen" keinesfalls um unaufschiebbare Verkehrsbeschränkungen bzw Maßnahmen im Sinne des § 44b StVO handelt, da die Entwicklung eines Gewerbeparkes bzw des diesbezüglich zunehmenden Verkehrs nicht als ein unvorhersehbar eingetretenes Ereignis bzw eine akute Gefährdung angesehen werden kann. So ist insbesondere nicht erkennbar, dass unaufschiebbare Maßnahmen vom Straßenerhalter erlassen wurden. Auch handelt es sich bei den sogenannten "Hinweisen" nicht um Vorschriftszeichen im Sinne des § 52a Z 10a bzw Z 10b StVO". Somit konnte hiedurch aber auch keine rechtswirksame Verordnung einer etwaigen Geschwindigkeitsbeschränkung erfolgen. Ergänzend sei erwähnt, dass eine Umstellung bzw Präzisierung des Tatvorwurfes auf eine Übertretung des § 20 Abs 2 StVO unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 44a VStG nicht möglich war, da diesbezüglich keine fristgerechte Verfolgungshandlung im Sinne der Bestimmungen des § 31 VStG ergangen ist bzw eine Überschreitung der auf Freilandstraßen erlaubten Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h dem Berufungswerber nicht zur Last gelegt wurde. Zusammenfassend war davon auszugehen, dass der Berufungswerber die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung des § 20 Abs 1 iVm § 52a Z 10a StVO nicht begangen hat und war spruchgemäß zu entscheiden. __