TE UVS Wien 2001/03/15 03/P/03/3011/2000

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Veröffentlicht am 15.03.2001
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Wien hat durch sein Mitglied Dr Wilfert über die Berufung des Herrn Otto G, vertreten durch Rechtsanwälte, vom 21.3.2000, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Verkehrsamt, vom 7.3.2000, AZ: S 111524/VA/98, wegen Übertretung des GGSt, entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG wird das angefochtene Straferkenntnis wegen Unzuständigkeit der erstinstanzlichen Behörde behoben.

Text

1. Das angefochtene Straferkenntnis hat folgenden Spruch:

?Sie haben es als Verantwortlicher der Fa G-GmbH, etabliert in A, welche Beförderer des gefährlichen Gutes der Klasse 3 Ziffer 31c ADR (5 Container, 22 Fässer, 24 Kanister, 8229 kg UNNr 3295, Kohlenwasserstoff flüssig nag) und Klasse 3 Ziffer 22b ADR (1 Container 560 kg UNNr 2733, Amine entzündbar, ätzend nag) ADR war zu verantworten, dass dieses gefährliche Gut am 6.7.1998 um 15.10 Uhr in Wien, B-Straße Richtung stadtauswärts - B 302 mit der von Herrn T Willibald gelenkten Beförderungseinheit, bestehend aus dem Sattelzugfahrzeug mit dem Kennzeichen AM-GA und dem Sattelaufleger mit dem Kennzeichen AM-70 befördert wurde, obwohl dem Lenker die im ADR vorgeschriebenen Begleitpapiere für den Lastkraftwagen nicht übergeben worden sind. Es fehlte das ordnungsgemäße Beförderungspapier nach RN 2002 ADR (Die Großbuchstaben ADR oder RID fehlten).

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 22 Abs 1 Zif 7 lit a GGSt iVm RN 2002 und 10381 ADR Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende

Strafe verhängt:

Geldstrafe von Schilling 2.000,00, Betrag in Euro 145,35, falls diese

uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tage, gemäß § 42 Abs 1 Zif 1 GGSt

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

200,00 Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Arrest wird gleich S 200,-- angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 2.200,00 Schilling (159,88 Euro). Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d VStG).?

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die Berufung vom 21.3.2000, in welcher der Berufungswerber sein Verschulden an der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung bestreitet.

2. Die Berufung ist begründet.

Gemäß § 22 Abs 1 Z 7 lit a GGSt, BGBl Nr 209/1979, darf ein gefährliches Gut nur befördert werden, wenn dem Lenker für jede Beförderungseinheit die im ADR vorgeschriebenen Begleitpapiere übergeben worden sind.

Gemäß § 42 Abs 1 Z 1 leg cit begeht, wer als Beförderer ein gefährliches Gut entgegen § 22 Abs 1 befördert, sofern die Tat nicht nach einer anderen Bestimmung mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 600.000,-- S zu bestrafen.

Die in § 22 Abs 1 iVm § 42 Abs 1 GGSt pönalisierte Durchführung der Beförderung gefährlicher Güter bezieht sich schon vom Wortlaut der angeführten Normen her auf den gesamten Beförderungsvorgang, also nicht bloß auf die Herbeiführung, sondern auch auf die Aufrechterhaltung eines rechtswidrigen Zustandes. Es handelt sich somit um ein Dauerdelikt, bei dem das verpönte strafbare Verhalten erst mit der Beendigung des rechtswidrigen Zustandes aufhört (vgl VwGH vom 8.9.1998, 98/03/0159).

Wenngleich im Berufungsfall bei der im Bereich der Bundespolizeidirektion Wien vorgenommenen Kontrolle des gegenständlichen Fahrzeuges der rechtswidrige Zustand festgestellt wurde, ergibt sich daraus noch nicht gemäß § 27 Abs 1 VStG die Zuständigkeit dieser Behörde zur Ahndung der Verwaltungsübertretung.

Bei der dem Berufungswerber - als ?Verantwortlichen? (handelsrechtlicher Geschäftsführer) und somit zur Vertretung der als Beförderer tätig gewordenen G-GesmbH nach außen Berufenen - zur Last gelegten Verwaltungsübertretung handelt es sich um ein Unterlassungsdelikt, wurde ihm doch vorgeworfen, eine bestimmte vorgeschriebene Maßnahme nicht getroffen zu haben (Übergabe des ordnungsgemäßen Beförderungspapiers an den Lenker). Bei einem  Delikt ist der Tatort dort anzunehmen, wo der Täter hätte handeln sollen. Der Verwaltungsgerichtshof hat schon im Zusammenhang mit Übertretungen von Arbeitszeitvorschriften ausgesprochen (vgl zB VwGH vom 26.2.1987, 86/08/0231), dass dieser Ort dann, wenn solche Unterlassungen im Zusammenhang mit dem Betrieb eines Unternehmens erfolgen, im Zweifel mit dem Sitz des Unternehmens zusammenfallen. Dieser Grundsatz wurde auch auf die Übertretungen anderer Arbeitnehmerschutzbestimmungen angewendet (vgl zB VwGH vom 18.6.1990, 90/19/0107) sowie auf Unterlassungsdelikte nach der diesbezüglich gleich gelagerten Rechtslage des GGBG (vgl VwGH vom 20.9.2000, 2000/03/0071). Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom 27.1.1993, 92/03/0003, erkannt, dass Tatort (und Tatzeit) einer - kein Unterlassungsdelikt darstellenden - Übertretung nach dem GGSt meist mit Tatort (und Tatzeit) der Beanstandung des Lenkers des Fahrzeuges nicht ident sind.

Wie sich auf Grund des vom Unabhängigen Verwaltungssenat Wien eingeholten Firmenbuchauszuges ergibt, ist der Sitz der als Beförderer tätig gewordenen Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Berufungswerber ist, in A (NÖ) Y-straße, gelegen. Die Bundespolizeidirektion Wien war daher zur Erlassung des gegenständlichen Straferkenntnisses örtlich unzuständig (s wiederum VwGH vom 20.9.2000, 2000/03/0071).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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