TE UVS Niederösterreich 2001/03/23 Senat-AM-00-009

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 23.03.2001
beobachten
merken
Spruch

Der Berufung wird gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) eingestellt.

Text

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft X vom **.**.****, 3-*****-**, wurden über den Beschuldigten E**** P***** wegen der Nichteinhaltung der Auflagen 19, 21 und 22 des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft X vom *.*.****, 12-B-****, somit wegen Übertretung nach § 367 Z 25 GewO iVm den jeweiligen Auflagepunkten gemäß § 367 Einleitungssatz GewO drei Geldstrafen zu je S 1.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe: jeweils 12 Stunden) verhängt und ihm die Tragung eines anteiligen Kostenbeitrages zum erstinstanzlichen Verfahren in Höhe von S 300,-- auferlegt.

 

In diesem Straferkenntnis wird dem Beschuldigten die Nichterfüllung der angeführten und im Spruch des Straferkenntnisses wörtlich wiedergegebenen drei Auflagenpunkte wie folgt angelastet:

 

?Tatort:   zu 1. und 2.:  B**** AG, Filiale im Standort W********* S***** **, 3*** X

zu 3.: Bezirkshauptmannschaft X, P*****-

************ 1*, 3*** X

 

Tatbeschreibung:

Sie haben es als Filialgeschäftsführer der B**** AG zu verantworten, dass diese Gesellschaft folgende Auflagen des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft X vom *.*.****, 12-B-****, nicht erfüllt hat:

 

1.

Tatzeit: **.*.****:

Auflage 19:

?Die Be- und Entlüftung des Maschinenraumes ist schalltechnisch so auszuführen bzw. sind in die Öffnungen ausreichende Schalldämpfer einzubauen, dass bei Vollbetrieb der Aggregate sowie beim Vollbetrieb der Lüftungsgebläse der A-bewertete Schalldruckpegel gemessen jeweils in 1 m Entfernung im Freien vor der Ansaugöffnung bzw. Ausblasöffnung den Wert von jeweils 50 dB nicht überschreitet.?

 

Der Grenzwert von 50 dB wurde nicht eingehalten.

Durch einen Amtssachverständigen aus dem Gebiet Lärmtechnik wurde ein schalltechnisches Gutachten des Mag. H********** vom **.*.**** (Messung vom **.*.****), Zl. B****-AM**/1**, begutachtet. Es wurden folgende festgestellten Schallemissionen angegeben:

Zuluftöffnung Maschinenraum in 1 m Entfernung:           ca. 57 dB

Abluftöffnung Maschinenraum in 1 m Entfernung:           ca. 58 dB

Die Emissionsgrenzwerte der Maschinenraumbe- und entlüftung wurden daher um ca 7 dB bis 8 dB überschritten.

 

2.

Tatzeit: **.*.****:

Auflage 21:

?Die Schallemission laut Herstellerangabe ist nach Fertigstellung und Inbetriebnahme der Kondensatoren zu kontrollieren und es ist nachzuweisen, dass der Kondensator für den Normalverbund bei Vollbetrieb (höchste Betriebsstufe der Ventilatoren) einen A-bewerteten Schalldruckpegel von 41 dB an keinem Punkt in 5 m Entfernung von der Oberfläche des Kondensators überschreitet bzw. der A-bewertete Schallleistungspegel dem Wert von 63 dB nicht überschreitet. Für den Kondensator des Tiefkühlverbundes ist ein A-bewerteter Schalldruckpegel von 38 dB in 5 m Entfernung bzw. ein A-bewerteter Schallleistungspegel von 60 dB einzuhalten.?

 

Die Grenzwerte in 5 m Entfernung wurden nicht eingehalten. In der lärmtechnischen Stellungnahme des Amtssachverständigen wird festgehalten, dass bei Vollbetrieb beider Kondensatoren in 5 m Entfernung ca. 49 dB erreicht werden. Die Summe der beiden Emissionsgrenzwerte der Kondensatoren ergibt ca. 43 dB. Da dieser Wert um 6 dB überschritten wurde, ist davon auszugehen, dass die Schalldruckpegel der einzelnen Kondensatoren überschritten wurden.

 

3.

Tatzeit: **.*.**** bis **.*.****

Auflage 22:

?Als Nachweis für die Einhaltung der Auflagenpunkte 19 und 21 sind der Gewerbebehörde nach Fertigstellung Messberichte unter Berücksichtigung der ÖNORM S 5004 bzw ÖNORM S 5036 vorzulegen.?

 

Ein Nachweis über die Einhaltung der Auflagenpunkte 19 und 21 konnte nicht vorgelegt werden. Das schalltechnische Gutachten des Zivilingenieurs Mag. W****** H***** ** vom **.*.**** weist lediglich die Überschreitung der Grenzwerte und nicht deren Einhaltung nach. Laut einer Lärmmessung der Detroit Kühl- und Ladeneinrichtungen Handels GmbH, Messung vom *.*.****, Schreiben vom **.*.**** werden zwar die Grenzwerte eingehalten, es wird jedoch nicht wie in Auflagenpunkt 22 iVm Auflagenpunkt 19 verlangt, auf den Betriebszustand bei der Zuluft- und Abluftmessung in 1 m Entfernung eingegangen.

 

Der Amtssachverständige für Lärmtechnik gab in seiner Stellungnahme vom **.*.**** an, dass der Auflagenpunkt 22 aufgrund der Messergebnisse daher derzeit nicht erfüllt ist.?

 

Ohne auf die gegen Schuld und Strafe gerichtete Berufung vom **.**.**** im Einzelnen einzugehen, wird zu der vorgenommenen Tatanlastung und zum Inhalt des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafaktes in rechtlicher Hinsicht folgendes festgestellt:

 

Gemäß § 367 Z 25 GewO begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu  S 30.000,-- zu bestrafen ist, wer Gebote oder Verbote von gemäß § 82 Abs 1 oder § 82a Abs 1 erlassenen Verordnungen nicht befolgt oder die gemäß den Bestimmungen der §§ 74 bis 83 und 359b in Bescheiden vorgeschriebenen Auflagen oder Aufträge nicht einhält.

 

Gemäß § 44 a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass eine Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird, und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht.

 

?Unverwechselbares Feststehen der Identität der Tat? bedeutet, dass im Spruch eines Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat insoweit in konkretisierter Umschreibung zum Vorwurf gemacht werden muss, dass er in die Lage versetzt wird, im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren und gegebenenfalls im außerordentlichen Verfahren, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen zu widerlegen; weiters muss der Spruch geeignet sein, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

 

§ 367 Z 25 GewO stellt eine sogenannte Blankettstrafnorm dar und verweist unter anderem auf in Bescheiden enthaltene Gebote oder Verbote, die damit Teil des Straftatbestandes werden. Allerdings besteht eine Strafbarkeit der Nichtbefolgung dieser Auflagen nicht schlechthin, sondern nur, wenn der Konsensinhaber von der ihm erteilten Berechtigung Gebrauch macht. Auflagen sind ihrem Wesen nach nämlich pflichtbegründende Nebenbestimmungen eines an sich begünstigenden Verwaltungsaktes. Erst mit der Gebrauchnahme der Bewilligung oder Berechtigung werden die damit in Verbindung stehenden Auflagen (bedingte Polizeibefehle) zu unbedingten Befehlen (vergleiche VwGH vom 20.3.1981, Zl 80/04/0938).

 

Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem Spruch des Straferkenntnisses nicht, dass die B**** AG von ihrer Berechtigung zum Betrieb der verfahrensgegenständlichen gewerblichen Betriebsanlage zur Tatzeit tatsächlich auch Gebrauch gemacht hat. Der Vorwurf der Nichterfüllung von bescheidmäßig vorgeschriebenen Auflagen hätte aber im Sinne der vorstehenden Ausführungen auch den weiteren Vorwurf erfordert, dass der in Rede stehende Handelsbetrieb zur Tatzeit in Betrieb gestanden ist. Da die Behörde erster Instanz es unterlassen hat, dieses Erfordernis für die Strafbarkeit im Spruch des Straferkenntnisses bzw. in den innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist ergangenen Tatanlastungen anzuführen, ist im Gegenstande Verfolgungsverjährung eingetreten.

 

Trotz der der Berufungsbehörde nach § 66 Abs 4 AVG zustehenden Befugnisse ist eine Ergänzung bzw. Abänderung des Spruches des angefochtenen Straferkenntnisses durch die Berufungsbehörde nicht zulässig, weil die einzige innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist ergangene Verfolgungshandlung, nämlich die Strafverfügung vom **.**.****, wortgleich dieselben Tatvorwürfe wie das Straferkenntnis vom **.**.**** enthält.

 

Unabhängig davon ist zu den Punkten 1 und 2 des Straferkenntnisses anzumerken, dass sich aus der Tatanlastung nicht ergibt, ob die Schallemissionen in 1 m Entfernung zur Zuluft- bzw. Abluftöffnung im Freien festgestellt worden sind (Punkt 1) bzw unklar bleibt, in einer Entfernung von 5 m von welchem Punkt die Grenzwerte nicht eingehalten worden sind (Punkt 2).

 

Bemerkt wird auch, dass die Anführung von Stellungnahme von Amtssachverständigen sowie die Zitierung aus Gutachten nur erläuternden Charakter haben kann und einen Tatvorwurf ? wie ihn ein Straferkenntnis erfordert ? nicht zu ersetzen vermag.

 

Auf Grund der dargestellten Mängel war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten