Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Michael Herrmann über die Berufung des Herrn Dipl.-Ing. B H, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom 14.12.2000, GZ.: 15.1 2606/2000, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird die Berufung abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von S 100,-- (EUR 7,27) binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu bezahlen.
Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird dahingehend präzisiert, dass der Berufungswerber das Fahrverbot für alle Kraftfahrzeuge
Ausgenommen Anrainer
nicht um einen Anrainer handelt.
Mit dem im Spruch genannten Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 6.5.2000 um 18.02 Uhr in Aigen/E., auf dem Radweg, aus Richtung Wörschach kommend in Fahrtrichtung Stainach auf Höhe Modelflugplatz Aigen/E., als Lenker des Personenkraftwagens das "Fahrverbot für alle Kraftfahrzeuge" mit der Zusatztafel "Ausgenommen Anrainer" missachtet.
Hiedurch habe er eine Übertretung des § 52a Z 6c StVO begangen und wurde hiefür eine Geldstrafe in der Höhe von S 500,-- (12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. In seiner fristgerechten Berufung führte der Berufungswerber aus, dass er als Mitglied der Heeresflugsportgruppe G als Anrainer zu betrachten sei. Die Heeresflugsportgruppe G habe zum Tatzeitpunkt über einen gültigen Bescheid zur Benützung des Militärflugplatzes Aigen/E. für Zwecke der Zivilluftfahrt verfügt. Somit seien die Heeresflugsportgruppe G und seine Person Rechtsbesitzer auf dem Gelände des Militärflugplatzes Aigen/E., welcher unmittelbar neben der Straße gelegen sei.
Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark stellt hiezu Nachfolgendes fest:
Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben.
Da im bekämpften Bescheid eine S 3.000,-- nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und seitens der Parteien die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung nicht beantragt wurde, konnte gemäß § 51e Abs 3 Z 3 VStG von der Durchführung einer Berufungsverhandlung abgesehen werden. Unbestritten ist, dass der Berufungswerber als Lenker des Personenkraftwagens mit dem Kennzeichen, Marke Audi, am 6.5.2000 um 18.02 Uhr auf dem Radweg, im Gemeindegebiet von Aigen/E., im Bezirk Liezen, von Richtung Ost (Wörschach) in Richtung West (Stainach) auf Höhe Modelflugplatz Aigen/E. gefahren ist. Hiebei hat er das auf dem gegenständlichen Teilstück des Radweges - R 7, gültige "Fahrverbot für alle Kraftfahrzeuge" mit der Zusatztafel "Ausgenommen Anrainer" missachtet. Den Ausführungen des Berufungswerbers, wonach er als Mitglied der Heeresflugsportgruppe G als Anrainer zu betrachten sei, ist wie folgt entgegenzuhalten:
Es ist festzuhalten, dass der Berufungswerber, wie er selbst ausführt, lediglich Mitglied der Heeresflugsportgruppe G und nicht Obmann dieses Vereines ist. Diesbezüglich sei erwähnt, dass Obmann des Vereines Herr Vizeleutnant M S ist.
Entsprechend des vom Berufungswerber vorgelegten Bescheides der Republik Österreich, Bundesministerium für Landesverteidigung vom 14.8.1998, GZ.: 13013/10-1.6/98, wird der Heeresflugsportgruppe G über Antrag vom 4.8.1998, im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wissenschaft und Verkehr, gemäß § 62 Abs 1 lit a Abs 2 und Abs 3 LuftfahrtG die Bewilligung zur
1) Benützung des Militärflugplatzes Aigen/E. für Zwecke der Zivilluftfahrt, und zwar
a) des Segelflugbetriebes mit max. 12 Segelflugzeugen mit allen von der Zivilluftfahrtbehörde erlaubten Startarten,
b) des Motorflugbetriebes mit den 2 Motorflugzeugen OE-KUM und OE-DSB und den 4 Motorseglern OE-9311, OE-9228, OE- 9087 und OE-9085
bis zum 31.12.2001 unter nachstehenden Nebenbestimmungen erteilt.
Diesbezüglich ist festzuhalten, dass aus dem Bescheid kein Recht erkennbar ist, wonach ein einfaches Mitglied des Vereines die tatgegenständliche Straße befahren darf, zumal der Bescheid nur die Benutzung des Militärflugplatzes Aigen/E. für Zwecke der Zivilluftfahrt bewilligt. Weiters muss zur Benutzung des Flugfeldes nicht zwingend der gegenständliche Radweg befahren werden, da es keine andere Zufahrtsmöglichkeit über den Kasernenbereich gibt. Dass es keine andere Zufahrtsmöglichkeit zum Militärflugplatz Aigen/E. gibt, wurde vom Berufungswerber auch nicht behauptet. Weiters wurde vom Berufungswerber nicht behauptet, dass er im Besitze einer Ausnahmebewilligung im Einzelfall gemäß § 45 Abs 1 StVO ist.
Sollte allen Personen die Zufahrt in eine Straße mit grundsätzlichem Fahrverbot gestattet sein, die nachweislich in der Straße zu tun haben, kann dies nur mit der Zusatztafel "Zufahrt gestattet" und nicht mit der Zusatztafel "Ausgenommen Anrainer" erreicht werden. Ist eine juristische Person Anrainer, und zwar ein Verein, und die Zufahrt nur für Anrainer gestattet, dann kommen die einen Verein als solchen treffenden Berechtigungen und Verpflichtungen nur den satzungsgemäß zur Vertretung nach außen berufenen Organen und nicht etwa auch allen seinen Mitgliedern zu (vgl. VwGH 29.9.1997, 2652/76).
Zusammenfassend kann aus der gegenständlichen Textierung der Zusatztafel "Ausgenommen Anrainer" kein Recht für den Berufungswerber als einfaches Mitglied des Vereines Heeresflugsportgruppe G abgeleitet werden, die gegenständliche Straße zu benutzen. Hiezu wäre eine andere Textierung der Zusatztafel, beispielsweise "Zufahrt für Anrainer gestattet" oder Ausgenommen Anrainerverkehr
solchen Textierung ließe sich laut höchstgerichtlicher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entnehmen, dass der Fahrzeugverkehr für die Anrainer, aber auch deren Besucher und Angestellte zulässig ist. Da eine solche Textierung jedoch, wie ausgeführt, nicht gegeben ist und auch aus dem zitierten Bescheid eine Benutzung der Straße nicht ausdrücklich abgeleitet werden kann, konnte dem Berufungsvorbringen nicht Folge gegeben werden.
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Das gegenständliche Fahrverbot für alle Kraftfahrzeuge soll insbesondere bewirken, dass Radfahrer den gegenständlichen Radweg uneingeschränkt benutzen können. Somit dient das Fahrverbot "Ausgenommen Anrainer" der Verkehrssicherheit und hat der Berufungswerber durch sein Verhalten gegen diesen Schutzzweck verstoßen.
Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Von der Behörde erster Instanz wurde als mildernd bzw als erschwerend nichts gewertet. Diesbezüglich ist auszuführen, dass der Berufungswerber laut erstinstanzlichem Akt unbescholten ist, welches einen Milderungsgrund darstellt. Von einer diesbezüglichen Strafherabsetzung konnte jedoch Abstand genommen werden, da sich die Strafe ohnedies in Organmandatshöhe bewegt.
Auch unter Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse (da diesbezüglich trotz Aufforderung keine genauen Angaben gemacht wurden, wird davon ausgegangen, dass der Berufungswerber aus selbstständiger Tätigkeit ein mtl. Einkommen von netto S bezieht, kein Vermögen und keine Sorgepflichten hat) erscheint die von der Behörde erster Instanz verhängte Strafe als schuldangemessen, wobei sich diese im untersten Strafbereich (Strafrahmen bis zu S 10.000,--) bewegt. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.