TE UVS Tirol 2001/03/29 2000/18/060-5

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Veröffentlicht am 29.03.2001
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alois Huber über die Berufung des Herrn A., vertreten durch die Herren Rechtsanwälte Dr. H., gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 9.2.2000, Zahl ST-V-10.173/99-T, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs4 AVG iVm § 24 VStG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß § 64 Abs1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind S 800,-- (EUR 58,14), zu bezahlen.

Text

Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten spruchgemäß nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

?Der Beschuldigte, A., hat am 17.8.1999 um 14.55 Uhr als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen M. (D) auf der Brennerautobahn A13 bei KM 5,760 im Gemeindegebiet Innsbruck, Fahrtrichtung Norden, die durch angebrachte Vorschriftszeichen erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 51 km/h überschritten.?

 

Dem Beschuldigten wurde eine Verwaltungsübertretung nach § 52 lita Z10a StVO zur Last gelegt und wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von S 4.000,-- (ohne Verhängung einer Ersatzarreststrafe) verhängt.

 

Gegen dieses Straferkenntnis wurde fristgerecht berufen. In dieser Berufung wurde Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht. Nach dem im angefochtenen Straferkenntnis getroffenen Feststellungen sei davon auszugehen, dass sich auf dem verfahrensgegenständlichen Radarfoto zwei Fahrzeuge befinden. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei dieser der Ansicht, dass die Beantwortung der Frage, welches der beiden auf dem Radarfoto ersichtlichen Fahrzeugen die gemessene Geschwindigkeit eingehalten hat, durch das Fachwissen eines Sachverständigen zu lösen sei. Die Vorgangsweise der Behörde, diese Frage selbst zu beantworten, sei im vorliegenden Fall nicht zulässig. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dürfe die Behörde Fachfragen ohne Sachverständigenbeweis nur dann selbst beurteilen, wenn ihr die Kenntnisse und Erfahrungen zu eigen sind, die für eine selbständige fachliche Beurteilung von Fragen eines außerhalb des engeren Berufskreises liegenden Wissensgebietes vorausgesetzt werden müssen. Weder der Begründung des angefochtenen Bescheides noch dem sonstigen Akteninhalt könne jedoch entnommen werden, dass die Erstbehörde bzw. die für sie tätig gewordenen Organwalter über jene Fachkenntnisse verfügen würden, die es erlauben, eigenständig die erwähnte Frage zu beantworten. Es wurde dazu auf die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 27.5.1992, 92/02/0127 und andere verwiesen.

 

Auch wurde der Antrag gestellt, ein Sachverständigengutachten zum Beweis dafür einzuholen, dass die am Radarfoto angezeigte Geschwindigkeit nicht durch das Fahrzeug des Beschuldigten ausgelöst wurde. Darüber hinaus die Einvernahme des Beschuldigten im Rechtshilfeweg zum Beweis dafür, dass der Beschuldigte die ihm angelastete Tat nicht begangen hat.

 

Unter ?Rechtswidrigkeit des Inhaltes des Bescheides? wurde ausgeführt, dass gemäß § 40 VStG die Behörde dem Beschuldigten Gelegenheit zur Rechtfertigung zu geben habe, wenn sie nicht schon auf Grund der Anzeige oder der darüber gepflogenen Erhebungen von der Verfolgung absieht. Darüber hinaus habe einem Straferkenntnis ein Ermittlungsverfahren vorauszugehen, welches die inhaltlichen Erfordernisse des AVG und des VStG erfüllen müsse. Auf Grund der Tatsache, dass weder ein Sachverständigengutachten eingeholt, noch der Beschuldigte einvernommen worden sei, seien die inhaltlichen Voraussetzungen des AVG und VStG nicht erfüllt. Das gegenständliche Verfahren sei daher rechtswidrig abgeführt worden.

 

Bei der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, zu der der Beschuldigte trotz ausgewiesener Ladung nicht erschienen ist, wurde der erstinstanzliche Akt sowie das hieramtliche Schreiben an das Landesgendarmeriekommando für Tirol vom 17.11.2000 sowie die Stellungnahme des Landesgendarmeriekommandos für Tirol vom 7.2.2001 sowie die hierauf ergangene Stellungnahme der Rechtsvertreter des Beschuldigten dargetan.

 

Auf Grund des durchgeführten Beweisverfahrens steht der aus dem Spruch des erstinstanzlichen Straferkenntnisses ersichtliche Sachverhalt als erwiesen fest.

 

In der Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für Tirol, Verkehrsabteilung, vom 25.8.1999 zu GZ P 28631/99-SP ist angeführt, dass der Lenker (der Beschuldigte) des KKWs mit dem Kennzeichen M. am 17.8.1999 um 14.55 Uhr auf der Brennerautobahn A13, KM 5.760, im Gemeindegebiet von Innsbruck mit einer Geschwindigkeit von 151 km/h (nach Abzug einer Messfehlertoleranz von 5 Prozent des gemessenen Wertes) in Richtung Norden unterwegs gewesen ist. Dabei sei laut Anzeige die nach § 52 lita Z10a StVO erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h in diesem Bereich um 51 km/h überschritten worden. Die entsprechenden Verkehrszeichen seien zum Zeitpunkt der Messung gut sichtbar angebracht gewesen.

 

Der Anzeige ist weiters zu entnehmen, dass diese Geschwindigkeitsüberschreitung durch Messung mit einem stationären Radargerät festgestellt und fotografiert worden sei.

 

Der Anzeige ist das diesbezügliche Lichtbild angeschlossen, auf dem das vom Beschuldigten gelenkte (diesbezüglich erfolgte mit 11.10.1999 von der Erstbehörde eine Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe an die zulassungsbesitzende Firma F., wobei diese Anfrage den Beschuldigten als Lenker ergeben hat) Fahrzeug mit dem Kennzeichen M. abgebildet ist und als Tatzeit der 17.8.1999 um 14.55.23 Uhr bei einer gemessenen Geschwindigkeit von 159 km/h aufscheint.

 

Auf dem oberen Lichtbild hinsichtlich dieser Radarmessung ist am äußersten rechten Bildrand in der Mitte ein weiteres Fahrzeug abgebildet.

 

Auf Grund dieses Umstandes und der in der Berufung erhobenen Einwendungen wurde das Landesgendarmeriekommando für Tirol/Verkehrsabteilung unter Übermittlung einer Ablichtung des Lichtbildes hinsichtlich der verfahrensgegenständlichen Radarmessung um Stellungnahme ersucht, ob und allenfalls aus welchen technischen Gründen ausgeschlossen werden kann, dass das am rechten Rand des Lichtbildes abgebildete weitere Fahrzeug die Geschwindigkeitsmessung ausgelöst hat. Diesbezüglich wurde auch ersucht, den Messbereich bzw die Wirkungsweise des Radargerätes, wenn möglich, zu erläutern.

 

Diesem Ersuchen ist das Landesgendarmeriekommando für Tirol mit Schreiben vom 7.2.2001 nachgekommen. In diesem heißt es vom Inhalt her in relevanter Weise wie folgt:

 

?Zum Fall selbst:

 

Bei Messungen vom rechten Fahrbahnrand aus ist ausschließlich die linke Fotohälfte relevant. Ein auf der rechten Bildhälfte sichtbares Fahrzeug hat überhaupt keinen Einfluss auf die Messung. Sobald ein weiteres Fahrzeug in die linke Bildhälfte ragt, wird die Aufnahme nicht verwertet, wenn auch die Messung vom Betriebsablauf her gültig wäre.

Der Messbereich der Radarsonde liegt bei 22 Grad, der Fotowinkel bei 12 Grad. Dies deshalb, weil das Foto erst ausgelöst wird, wenn die Messung bzw Verifizierung (interne Kontrolle der empfangenen Messdaten) abgeschlossen sind.

 

Auf dem Foto sind oben zwischen Dateneinblendungsfeld und Fotobereich 3 Kerben sichtbar. Diese sind bereits werkmäßig in den Fototeil eingestanzt. Die mittlere Kerbe teilt das Bild in die linke und rechte Hälfte. Die Kerbe, die etwa ein viertel vom linken Bildrand zu sehen ist (auf dem beiliegenden Foto rot markiert), ist für die Identifizierung des gemessenen Fahrzeuges ausschlaggebend. Dasjenige Fahrzeug, das diese Kerbe mit dem Heck anschneidet oder gerade zuvor überfahren hat, ist das gemessene Fahrzeug. Zur näheren Information sind die entsprechenden Seiten der aktuellen Betriebsanleitung in Kopie beigelegt.

 

Wenn man nun die gefahrene Distanz des gemessenen Fahrzeuges zwischen Foto A (1. Foto) und Foto B (2. Foto, wird 0,5 Sec nach dem Erstfoto ausgelöst) grob errechnet, kommt man ebenfalls ungefähr auf die gefahrene Geschwindigkeit. Eine Leitlinie ist 6 m, der Abstand zwischen 2 Leitlinien 12 m. Vom Beginn einer Leitlinie bis zum Beginn der nächsten also 18 Meter. Beim zweiten Foto ist es über die nächste Leitlinie bereits hinaus. Dies ergibt eine gefahrene Distanz von ca 22 m in einer halben Sekunde (1 Leitlinienabstand + nächste Leitlinie = 18 m plus etwa 1 Fahrzeuglänge von 4 m entlang der vorigen Leitlinie ergibt gesamt ca 22 m). Multipliziert man diese 22 m mit 7200 (eine Stunde hat 7200 ?Halbsekunden?), so ergibt sich eine Stundenstrecke von 158400 m, als 158,4 km/h. Dies stimmt auch relativ genau mit der gemessenen Geschwindigkeit überein. Ggf könnte vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen eine fotogrammetrische Auswertung anhand von Foto A und Foto B erfolgen. Diese Auswertung ergibt einen Wert, der vom gemessenen zwar etwas abweicht, aber innerhalb eines vorgegebenen Toleranzbereichs die Richtigkeit der Radarmessung bestätigt.

Jedenfalls kann berichtet werden, dass es sich hier um eine eindeutige und richtige Messung handelt.

 

In der Hoffnung, dass die Ausführungen nicht allzu kompliziert ausgefallen sind, steht Bez.Insp. O. jederzeit gerne für weitere Auskünfte zur Verfügung (05238/52444-DW).

 

Beilagen: Foto A und B

Kennzeichenfoto

Auszug Betriebsanleitung (7 Blatt)

 

Für den Leiter der Verkehrsabteilung:

 

(O.)?

 

Die Angaben in dieser Stellungnahme, welche insbesondere durch die beigelegten Lichtbilder belegt sind, sind in sich schlüssig und für die Berufungsbehörde in jeder Weise nachvollziehbar.

 

Auf Grund des nachvollziehbaren Umstandes, dass bei Messungen vom rechten Fahrbahnrand aus ausschließlich die linke Fotohälfte relevant ist, und dann, wenn ein weiteres Fahrzeug in die linke Bildhälfte ragt, die Aufnahme nicht verwertet wird, ist für die Berufungsbehörde auszuschließen, dass das auf dem von der Messung stammenden Lichtbild auf dem äußersten rechten Lichtbildrand in der Mitte aufscheinende Fahrzeug allenfalls die Messung ausgelöst haben könnte. Vielmehr ist zweifelsfrei davon auszugehen, dass das vom Beschuldigten gelenkte Fahrzeug, welches auf der linken Bildseite des Lichtbildes in der Mitte abgebildet ist, die Messung ausgelöst hat.

 

Soweit in der Stellungnahme der Beschuldigtenvertreter vom 12.3.2001 angegeben worden ist, dass auf dem zweiten Bild, welches der zitierten Stellungnahme angeschlossen ist, ein weiteres Fahrzeug auf der linken Bildhälfte aufscheint, sodass die Messung ungültig sei, ist darauf zu verweisen, dass lediglich das Erstfoto, nicht das Zweitfoto, das eine halbe Sekunde nach dem Erstfoto ausgelöst wird, zur Messung herangezogen wird. Dies ergibt sich aus der Stellungnahme sowie auch aus Punkt 3. der Bedienungsanleitung Multanova-Radar 6 F mit Jaknau-Kamera. Darin heißt es unter anderem:

 

?Die Auswertung der ersten Aufnahme wird wie folgt vorgenommen:

-

Ein Viertel Bildbreite vom linken bzw. rechten Bildrand ist eine Kerbe abgebildet.

-

Man zeichne eine senkrechte Linie durch die linke Kerbe für Messungen von der rechten Straßenseite, bzw durch die rechte Kerbe für Messungen von der linken Straßenseite

-

Das Fahrzeug, dessen Heck diese Linie anschneidet, oder das diese Linie gerade überfahren hat, ist das gemessene Fahrzeug.

-

In Zweifelsfällen kann die zweite Aufnahme zu Hilfe genommen werde.

Die zweite Aufnahme kann für eine Geschwindigkeitsberechnung mit Hilfe einer Weg-Zeit-Messung gebraucht werden. Die Zeit zwischen den zwei Aufnahmen beträgt 0,5 Sekunden +/- 1 Prozent.?

 

Somit ist ausgeschlossen, dass das auf dem zweiten Lichtbild abgebildete Fahrzeug die Geschwindigkeitsmessung ausgelöst hat, sondern ist eindeutig unter Berücksichtigung des Lichtbildes 1, wie schon dargelegt, auszuführen, dass das vom Beschuldigten gelenkte Fahrzeug die Messung ausgelöst hat.

 

Da sich die Berufungsbehörde auf Grund der dargestellten Stellungnahme samt den angeschlossenen Lichtbildern und der Bedienungsanleitung hinsichtlich des verwendeten Radargerätes jene Sachkenntnis aneignen konnte, die für die Beantwortung der Frage, ob das vom Beschuldigten gelenkte Fahrzeug die Messung ausgelöst hat oder nicht, war die beantragte Aufnahme eines Sachverständigengutachtens aus Sicht der Berufungsbehörde nicht erforderlich, um die Angelegenheit abschließend beurteilen zu können.

 

Hinsichtlich der beantragten Einvernahme des Beschuldigten ist auszuführen, dass dieser zur Berufungsverhandlung geladen worden ist, zu dieser jedoch trotz ausgewiesener Ladung nicht erschienen ist, sodass er sich dieses Beweismittels begeben hat.

 

Somit hat der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung begangen.

 

Zur Strafbemessung ist anzuführen, dass die einschlägige Strafbestimmung Geldstrafen bis zur Höhe von S 10.000,-- vorsieht. Aus dieser Betrachtungsweise aus ist die über den Beschuldigten verhängte Strafe nicht als überhöht anzusehen. Es darf nicht übersehen werden, dass mit dem Verhalten des Beschuldigten die im Straßenverkehr ohnehin schon gegebene Gefährdung um ein Vielfaches erhöht worden ist. In Anbetracht des Umstandes, dass die zulässige Höchstgeschwindigkeit um mehr als 50 km/h überschritten worden ist, ist davon auszugehen, dass der Beschuldigte es ernstlich für möglich gehalten hat, mit seinem Verhalten den Tatbestand der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung zu erfüllen und sich damit auch abgefunden hat.

 

Mildernd war lediglich die bisherige Unbescholtenheit des Beschuldigten.

 

Anlässlich der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte der Vertreter des Beschuldigten befragt nach den Einkommens- bzw den wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschuldigten keine Angaben machen, sodass von durchschnittlichen Gegebenheiten ausgegangen wird.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Radargerät, Bildrand, weiteres, Fahrzeug, Landesgendarmeriekommando
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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