TE UVS Steiermark 2001/04/17 30.11-112/2000

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Veröffentlicht am 17.04.2001
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Gerhard Wittmann über die Berufung des Herrn M L, G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Murau vom 22.9.2000, GZ.: 15.1 00/652, wie folgt entschieden:

I. Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung  hinsichtlich der Punkte 1.), 4.) und 5.) Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in diesen Punkten behoben und das Verwaltungsstrafverfahren im Punkt 1.) gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG und in den Punkten 4.) und 5.) gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt. II. Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird die Berufung im Punkt 2.) abgewiesen.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens einen Betrag von S 200,-- (EUR 14,53) binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Die Strafbestimmung lautet wie folgt: " § 86 Abs 3 EisenbahnG" III. Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung im Punkt 3.) insoferne Folge gegeben, als die Geldstrafe in diesem Punkt auf einen Betrag von S 400,-- (EUR 29,07), im Uneinbringlichkeitsfall 10 Stunden Ersatzarrest, herabgesetzt wird.

Dadurch vermindern sich die Verfahrenskosten erster Instanz im Punkt 3.) auf einen Betrag von S 40,-- (EUR 2,91). Die nunmehr herabgesetzte Geldstrafe und die Verfahrenskosten erster Instanz sind binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Text

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Murau vom 22.9.2000, GZ.: 15.1 00/652, wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe am 25.2.2000 um 18.59 Uhr in Mariahof von der Gemeindestraße aus Richtung Vockenberg kommend, auf die L 502 fahrend, als Lenker des Fahrzeuges mit dem Kennzeichen

1.) das für die Gemeindestraße geltende negative Vorrangzeichen "Vorrang geben" mißachtet, da er vor den Fahrzeugen, welche auf der L 502 auf das Erlöschen des Rotlichtes warteten in die L 502 eingebogen sei, 2.) eine durch Schrankenanlage gesicherte Eisenbahnkreuzung übersetzt, obwohl die Schrankenbäume noch nicht vollkommen geöffnet waren und das Rotlicht noch nicht erloschen war (Strkm 4,970 der L 502), 3.) die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um ca. 10 km/h überschritten (70 km/h- Beschränkung im Bereich Adendorf), 4.) die durch Straßenverkehrzeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 70 km/h um ca. 10 km/h überschritten (70 km/h- Beschränkung im Bereich Raiba Mariahof), 5.) die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um ca. 20 km/h überschritten (auf der L 502, von Strkm 0,8 bis 0,5).

Dadurch habe er eine Verwaltungsübertretung 1.) gemäß § 52 lit c Z 23 StVO, 2.) gemäß § 18 Abs 3 Eisenbahnkreuzungsverordnung BGBl. Nr. 2/1961, 3.) gemäß § 20 Abs 1 iVm § 52 a Z 10 a StVO, 4.) gemäß § 20 Abs 1 iVm § 52 a Z 10 a StVO und 5.) gemäß § 20 Abs 2 StVO begangen und wurden über ihn von der Erstbehörde Geldstrafen 1.) von S 800,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 12 Stunden Ersatzarrest),

2.) von S 1.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 12 Stunden Ersatzarrest), 3.) von S 600,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 12 Stunden Ersatzarrest), 4.) von S 500,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 12 Stunden Ersatzarrest) und 5.) von S 700,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 12 Stunden Ersatzarrest) verhängt. In seiner fristgerecht eingebrachten Berufung brachte der Berufungswerber vor, dass die Fahrzeuge auf der L 502 wegen Rotlichts bei der Schrankenanlage angehalten hätten und er ihnen deswegen keinen Vorrang nehmen habe können. Hinsichtlich der Punkte 4.) und 5.) verantwortete sich der Berufungswerber dahingehend, dass ihn der verfolgende Beamte der Gendarmerie permanent bedrängt habe, um einen Moment abzuwarten, indem er ihn "über die Höchstgeschwindigkeit schieben" habe können. Der Gendarmeriebeamte habe ihn über eine Strecke von ca. 6 km verfolgt, ohne den Sicherheitsabstand einzuhalten. Im Übrigen habe der Gendarmeriebeamte eine aggressive Art an den Tag gelegt und habe ihn beschimpft. Er sei bereit für die zwei Übertretungen, die ihm zuerst vorgeworfen worden seien, zu bezahlen und zwar hinsichtlich der Punkte 2.) und 3.). Er sei aber nicht bereit für die Willkür eines scheinbar gereizten Beamten zu büßen, weil er sich diesbezüglich keiner Schuld bewusst sei. Am 7.3.2001 fand vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark eine öffentliche, mündliche Berufungsverhandlung statt, an der der Berufungswerber teilnahm und in deren Verlauf neben dem Berufungswerber der Meldungsleger RI P P als Zeuge einvernommen wurde. Im Zuge der Berufungsverhandlung erklärte der Berufungswerber, dass sich seine Berufung hinsichtlich der Punkte

2.) und 3.) nur gegen die Höhe der in erster Instanz verhängten Geldstrafen richte. Dies bedeutet, dass die Schuldsprüche in Punkt

2.) und Punkt 3.) rechtskräftig geworden sind. Die übrigen Punkte im angefochtenen Straferkenntnis bekämpfte der Berufungswerber vollinhaltlich. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens geht die Berufungsbehörde von folgendem Sachverhalt aus: Am 25.2.2000 gegen 19.00 Uhr befuhr der Berufungswerber im Gemeindegebiet Mariahof mit seinem PKW mit dem Kennzeichen die Gemeindestraße aus Richtung Vockenberg kommend. Vor der Kreuzung der L 502 musste er sein Fahrzeug anhalten, da bei der Bahnübersetzung die Schranken geschlossen waren. Aus diesem Grund mussten auch die Fahrzeuge vor der Bahnübersetzung auf der L 502 anhalten. Bevor die Schrankenanlage vollständig geöffnet war und bevor das Rotlicht an der Schrankenanlage erloschen war, fuhr der Berufungswerber mit seinem PKW in die L 502 vor den dort wartenden Fahrzeugen ein, überquerte die Bahnübersetzung und fuhr in Richtung Mariahof. Der Meldungsleger RI P, der mit seinem Dienstfahrzeug auf der L 502 vor der Schrankenanlage als zweites oder drittes Fahrzeug stand, fuhr dem Berufungswerber über eine Strecke von ca. 6 km nach und hielt den Berufungswerber schließlich im Bereich des Hauptplatzes in Neumarkt an. Zur Tatzeit herrschte leichter Regen, die Fahrbahn war naß. Es war bereits dunkel. Im Bereiche der Raika Mariahof und auf der L 502 von Strkm 0,8 bis Strkm 0,5 gibt es keine Straßenbeleuchtung. Der Tachometer des Dienstfahrzeuges des Meldungslegers war zum Tatzeitpunkt nicht geeicht. Beweiswürdigung: Der festgestellte Sachverhalt basiert auf den Angaben des Berufungswerbers und des Meldungslegers. Der Berufungswerber fertigte im Zuge der Berufungsverhandlung eine Skizze der Örtlichkeit vor der Schrankenanlage an, aus der zu ersehen ist, dass er zunächst von der Gemeindestraße in die L 502 einbog und unmittelbar danach die Bahnübersetzung passierte. Die Richtigkeit der Skizze wurde auch vom Meldungsleger bestätigt. Übereinstimmend gaben der Berufungswerber und der Meldungsleger auch an, dass es damals leicht geregnet hat, finster war und dass es im Bereich der Tatorte zu Punkt 4.) und 5.) keine Straßenbeleuchtung gab.

Rechtliche Beurteilung:

Zu Punkt 1.):

Die belangte Behörde führte als verletzte Rechtsvorschrift im Punkt 1.) den § 52 lit c Z 23 StVO an. Dabei handelt sich um das Vorrangzeichen "Vorrang geben". Dieses Zeichen gibt an, dass gemäß § 19 Abs 4 StVO Vorrang zu geben ist.

§ 19 Abs 4 StVO lautet: Ist vor einer Kreuzung das Vorschriftszeichen "Vorrang geben" oder "Halt" angebracht, so haben sowohl die von rechts, als auch die von links kommenden Fahrzeuge den Vorrang. Ist jedoch auf einer Zusatztafel ein besonderer Verlauf einer Straße mit Vorrang dargestellt, so haben die Fahrzeuge, die auf dem dargestellten Straßenzug kommen, den Vorrang, unabhängig davon, ob sie dem Straßenzug folgen oder ihn verlassen; ansonsten gilt Abs 1. Beim Vorschriftszeichen "Halt" ist überdies anzuhalten. Im gegenständlichen Fall ist der Berufungswerber in die L 502 eingefahren, als die Schranken noch nicht vollständig geöffnet waren und das Rotlicht noch nicht erloschen war. Zu diesem Zeitpunkt waren die Fahrzeuge, die sich vor der Schrankenanlage auf der L 502 befanden nicht berechtigt, ihre Fahrt fortzusetzen. Daher ist dem Berufungswerber zuzustimmen, wenn er ausführt, dass zu diesem Zeitpunkt noch keine Vorrangsituation gegeben war. Wären die Schranken bereits vollständig geöffnet gewesen und das Licht erloschen und wäre der Berufungswerber dann in die L 502 eingefahren, so hätte er den Lenkern, die ihre Fahrzeuge in Bewegung setzten, den Vorrang genommen und hätte er dann eine Vorrangverletzung zu verantworten gehabt. Da der Berufungswerber die ihm angelastete Verwaltungsübertretung somit nicht begangen hat, war seiner Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren im Punkt

1.) einzustellen. Zu den Punkten 4.) und 5.): Gemäß § 20 Abs 1 StVO hat der Lenker eines Fahrzeuges die Fahrgeschwindigkeit den gegebenen oder durch Straßenverkehrszeichen angekündigten Umständen, insbesondere den Straßen-, Verkehrs- und Sichtverhältnissen sowie den Eigenschaften von Fahrzeug und Ladung anzupassen. Nach § 52 a Z 10 a StVO ("Geschwindigkeitsbeschränkung, erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" zeigt dieses Zeichen an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl in Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist. Gemäß § 20 Abs 2 StVO darf, sofern die Behörde nicht gemäß § 43 eine geringere Höchstgeschwindigkeit erlässt oder eine höhere Geschwindigkeit erlaubt, der Lenker eines Fahrzeuges im Ortsgebiet nicht schneller als 50 km/h, auf Autobahnen nicht schneller als 130 km/h und auf den übrigen Freilandstraßen nicht schneller als 100 km/h fahren. Dem Berufungswerber wird in Punkt 4.) vorgeworfen, er habe die beschilderte Geschwindigkeitsbeschränkung im Bereich Raika Mariahof von 70 km/h um ca. 10 km/h überschritten und im Punkt 5.), dass er die auf Freilandstraßen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um ca. 20 km/h überschritten habe. Zunächst ist einmal festzustellen, dass nach der ständigen Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes eine Geschwindigkeitsschätzung durch Nachfahren in gleichbleibendem Abstand in Verbindung mit dem Ablesen der Geschwindigkeit vom Tachometer des nachfahrenden Kraftfahrzeuges zur Ermittlung der gefahrenen Geschwindigkeit geeignet ist, wobei dem Umstand, dass der Tachometer im nachfahrenden KFZ nicht geeicht ist, bei erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitungen keine Bedeutung zukommt (vgl. VwGH 20.9.1989, 88/03/0176; 16.12.1992, 92/02/0238; 29.9.1993, 92/03/0044). Von einer erheblichen Geschwindigkeitsüberschreitung kann im Punkt 4.) (70 km/h um ca. 10 km/h) und Punkt 5.) (100 km/h um ca. 20 km/h) nicht gesprochen werden. Ferner ist zu berücksichtigen, dass es zur Tatzeit bereits finster war, es leicht regnete und es bei den Tatorten in Punkt

4.) und 5.) keine Straßenbeleuchtung gab. Hinzu kommt, dass sich der Tatort hinsichtlich Punkt 4.) in einem Kurvenbereich befindet. Der Meldungsleger gab auch an, dass er zwischendurch die Geschwindigkeit seines Fahrzeuges reduziert habe, weil es ihm zu gefährlich gewesen sei und er erst in weiterer Folge wieder aufgeschlossen habe. Schließlich gab der Meldungsleger auch an, dass er sich an eine Messung hinsichtlich der Tachometerabweichung beim Dienstfahrzeug unmittelbar vor dem Tatzeitpunkt bzw. danach nicht erinnern könne. Aufgrund all dieser Umstände und aufgrund der relativ geringfügig über der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gelegenen angezeigten Geschwindigkeiten kann nicht zweifelsfrei davon ausgegangen werden, dass der Berufungswerber tatsächlich die ihm angelasteten Geschwindigkeitsüberschreitungen begangen hat und waren im Zweifel zu Gunsten des Berufungswerbers die Verwaltungsstrafverfahren im Punkt 4.) und 5.) einzustellen. Die Berufung richtet sich in den Punkten 2.) und 3.) nur gegen die Höhe der in erster Instanz verhängten Geldstrafen. Bei der Beurteilung, ob die in den Punkten 2.) und 3.) verhängten Geldstrafe als schuld- und tatangemessen anzusehen sind, ging die Berufungsbehörde von folgenden Überlegungen aus: Als mildernd war die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers zu werten, Erschwerungsgründe liegen nicht vor. Der Strafrahmen für die dem Berufungswerber im Punkt 2.) angelastete Verwaltungsübertretung beträgt nach dem Eisenbahngesetz bis zu S 10.000,-- und hinsichtlich des Punktes 3.) gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO ebenfalls bis zu S 10.000,-- . Hinsichtlich seiner persönlichen und finanziellen Verhältnisse gab der Berufungswerber im Zuge der Berufungsverhandlung an, dass er über ein monatliches Nettoeinkommen von S verfüge, kein Vermögen besitze, keine Sorgepflichten habe und außergewöhnliche Belastungen an Kreditverbindlichkeiten in Höhe von S und ein überzogenes Bankkonto von S (Belege wurden vorgewiesen) aufweise. Die in erster Instanz im Punkt 2.) verhängte Geldstrafe erscheint aufgrund des Verschuldens (der Berufungswerber überquerte die Bahnübersetzung, obwohl der Schranken noch nicht vollständig geöffnet war und das Rotlicht noch nicht erloschen war und handelte somit vorsätzlich) trotz des Milderungsgrundes der bisherigen Unbescholtenheit als durchaus angemessen und gerechtfertigt, wobei sich die verhängte Geldstrafe ohnedies nur unteren Bereich des Strafrahmens bewegt. Hingegen erscheint eine Herabsetzung der Geldstrafe im Punkt 3.) aufgrund der nur geringfügig überschrittenen Höchstgeschwindigkeit und aufgrund des Milderungsgrundes der bisherigen verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit als gerechtfertigt und war daher die Geldstrafe im Punkt 3.) mit nunmehr S 400,-- festzusetzen. Da die Berufung im Punkt 2.) abgewiesen wurde, waren dem Berufungswerber 20 % der verhängten Geldstrafe als Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG aufzuerlegen. Hingegen wurde die Geldstrafe im Punkt 3.) herabgesetzt und waren damit die Verfahrenskosten erster Instanz im selben Ausmaß (10 % der verhängten Geldstrafe) zu mindern. Da die Berufung in diesem Punkt nicht vollinhaltlich abgewiesen wurde, entstanden für den Berufungswerber keine Kosten für das Berufungsverfahren. __

Schlagworte
Vorrangverletzung Vorrang geben Anhaltepflicht Eisenbahnkreuzung Schrankenanlage Rotlicht
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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