Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Felizitas Schiessendoppler-Luchner über die Berufung des Herrn L., vertreten durch RA Dr. T., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 29.02.2000, Zahl 3a-VU- 19268/99, nach durchgeführter öffentlicher Berufungsverhandlung wie folgt:
Gemäß § 66 Abs4 AVG iVm § 24 VStG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind zu Punkt 1), 2) und 3) jeweils S 1.200,-- (EUR 87,21), insgesamt somit S 3.600,-- (EUR 261,62), zu bezahlen.
Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 29.02.2000 zur Zahl 3a-VU-19268/99 wurde dem Beschuldigten spruchgemäß nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:
?Sie standen am 01.02.1999, um ca 01.20 Uhr, als Lenker des Kombi IM-, auf der Ötztal Bundesstraße B 186, im Ortsgebiet von Sölden, auf Höhe der Einfahrt zum Hause Hof Nr 285, bei Strkm 36,200, taleinwärts fahrend, mit einem Verkehrsunfall, bei dem ein Fußgänger schwer verletzt wurde, in einem ursächlichen Zusammenhang und haben es dabei unterlassen,
1. Ihr Fahrzeug an der Unfallstelle sofort anzuhalten;
2. von diesem Verkehrsunfall die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle sofort zu verständigen;
3. an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken, in dem Sie sich mit Ihrem Fahrzeug von der Unfallstelle entfernt haben, obwohl eine Verständigungspflicht gemäß § 4 Abs2 2. Satz StVO bestand.?
Dem Beschuldigten wurde zu Punkt 1) eine Übertretung nach § 4 Abs1 lita StVO, zu Punkt 2) nach § 4 Abs2 2. Satz StVO und zu Punkt 3) nach § 4 Abs1 litc StVO zur Last gelegt und wurde über ihn gemäß § 99 Abs2 lita StVO zu Punkt 1), 2) und 3) jeweils eine Geldstrafe in der Höhe von S 6.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 6 Tage) sowie ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens auferlegt.
Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte fristgerecht Berufung erhoben und in dieser zusammengefaßt im Wesentlichen ausgeführt, es sei völlig unrichtig, dass er den gegenständlichen Unfall verschuldet hätte. Der Unfall sei ausschließlich darauf zurückzuführen, dass sich der Verletzte M. in einem alkoholisiertem Zustand trotz unklarer Verkehrsverhältnisse nicht auf dem Gehsteig sondern auf der Fahrbahn bewegt habe. Er sei so plötzlich auf die Fahrbahn gekommen, dass der Unfall nicht mehr zu verhindern gewesen sei. Der Beschuldigte habe den Unfall überhaupt nicht bemerkt: Erst durch ein leichtes Anprallgeräusch sei er aufmerksam geworden. Er sei noch ungefähr 100 bis 150 m weitergefahren, weil auf Grund der örtlichen Verhältnisse erst dort die Möglichkeit bestanden habe, umzudrehen. Er sei dann die Straße im Schrittempo abgefahren, weil er eben schauen wollte, ob etwas passiert sei, da er jedoch nichts habe feststellen können, sei er nach Hause gefahren. Eine Meldung an die nächste Gendarmeriedienststelle sei sohin weder notwendig noch vorgeschrieben gewesen.
Es ist anzufügen, dass zur Unfallszeit ein sehr reges Personenaufkommen festzustellen gewesen sei, wie dies in Sölden als Fremdenverkehrsort in der Nacht eben gang und gäbe sei. Wie sich erst später in einem Verfahren herausgestellt habe, sei der Verunfallte abseits der Straße von vielen Menschen umringt gesessen, was dem Nachschau haltenden Beschuldigten aber nicht besonders auffallen habe müssen, weil sich immer wieder größere Menschengruppe bilden, die beratschlagen, wie sie sich weiterhin die Nacht um die Ohren schlagen könnten. Sohin habe der Beschuldigte alles getan, was von ihm verlangt werden könne. Er sei an der nächstbesten Stelle, wo es überhaupt verkehrsmäßig möglich war, umgekehrt und sei zweimal an der Unfallstelle im Schritttempo vorbeigefahren. Er habe von einem Unfall nichts bemerken können, was ihm nicht als Verschulden zugerechnet werden könne.
Es werde daher beantragt nach Aufnahme der gestellten Beweise, das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Berufungswerber einzustellen.
Beweis wurde aufgenommen durch die Einsichtnahme in den erst- und zweitinstanzlichen Verwaltungsstrafakt, durch Einvernahme der Zeugen J., H. und B. im Rechtshilfeweg sowie des GI B. und des Beschuldigten anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25. April 2001 vor der Berufungsbehörde.
Der Berufung kommt auf Grund nachstehender Ausführungen keine Berechtigung zu:
Der Anzeige des Gendarmerieposten 6450 Sölden vom 18.02.1999 zur Zahl GZ P 288/99 ist zu entnehmen, dass L. am 01.02.1999 gegen 01.20 Uhr den Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen IM- auf der Ötztal Straße B 186 im Ortsgebiet von 6450 Gemeinde Sölden in Richtung taleinwärts gelenkt habe. L. habe das Abblendlicht eingeschaltet und dürfte sich laut eigenen Angaben alleine im Fahrzeug befunden haben. Zur gleichen Zeit sei M. mit anderen Beteiligten in einem durch Alkohol beeinträchtigen Zustand auf dem linken (in Richtung talauswärts gesehen) Gehsteig in Richtung talauswärts gegangen. Auf Höhe der Einfahrt zum Haus Hof Nr. 285 bei Strkm 36.200 sei es zu einer Kollision eines Fußgängers mit dem PKW des Herrn R. gekommen. Herr R. sei mit seinem PKW mit dem rechten vorderen Fahrzeugeck gegen Herrn T. gestoßen, dieser wurde durch den Zusammenstoß auf den an den Gehsteig angrenzenden Gartenzaun geschleudert und schwer verletzt. Am Fahrzeug des Herrn R. sei erheblicher Sachschaden entstanden und habe dieser in der Folge seine Fahrt, ohne anzuhalten bzw sich davon zu überzeugen, ob jemand verletzt worden sei oder seiner Hilfe bedürfe, in Richtung taleinwärts fortgesetzt. Der Verletzte habe eine Unterschenkelfraktur links sowie eine Radiusfraktur rechts mit mittleren Drittel sowie oberflächliche Abschürfungen an der Augenbraue links und am Oberlid links erlitten. Als Zeugen des Unfalles wurden B. und H. sowie J. angegeben.
Der Anzeige ist weiters zu entnehmen, dass L. erst am 5.2.1999 als Unfalllenker ausgeforscht werden konnte. Herr T. wies am 1.2.1999 bei einer im Krankenhaus Zams vorgenommenen Alkomatuntersuchung eine Atemalkoholkonzentration von 0,59 mg/l auf.
Der Unfall sei von einem unbeteiligten Taxifahrer dem Gendarmerieposten Sölden telefonisch am 1.2.1999 um ca 01.25 Uhr mitgeteilt worden. In der Folge sei die Sektorenstreifenpatrouille Sölden mit GI B. und Insp R. zur Unfallstelle gefahren und dort um 01.38 Uhr eingetroffen. Der Verletzte sei bereits von der Rettung bzw vom Arzt erstversorgt und anschließend in das Krankenhaus Zams eingeliefert worden.
Weiters ist in der Anzeige ausgeführt, dass nach dem Unfall mehrere Taxifahrzeuge an der Unfallstelle eintrafen und dass am Unfallsort ein abgerissener Außenspiegel sichergestellt werden konnte.
Der Sachverhalt sei im lokalen Infokanal Ötztal Arena ausgestrahlt worden und habe sich am 5.2.1999 gegen 20.00 Uhr ein Urlaubsgast telefonisch am Gendarmerieposten Sölden gemeldet und angegeben, dass er einen schwarzen VW Golf ohne rechten Außenspiegel in Sölden gesehen habe, das Kennzeichen sei IM- gewesen.
L. sei im Hotel A. angetroffen und zum Sachverhalt befragt worden. Er habe mitgeteilt, in der Nacht vom 1.2.1999 gegen 01.30 Uhr auf der B 186 taleinwärts gefahren zu seien. Auf einmal habe es einen Kracher gemacht und er habe bemerkt, dass der rechte Außenspiegel fehle. Er sei dann aber weiter gefahren bis zur Araltankstelle und habe sein Fahrzeug gewendet und sei zurück bis zum Postplatz gefahren. Da er aber am Unfallort keinerlei Schi- bzw Snowboardfahrer gesehen habe, die er zuvor beobachtet hatte, wie sie talauswärts gegangen seien, sei er nach Hause gefahren. Erst am nächsten Tag habe er die ganze Beschädigung bemerkt und sich aber nichts weiter dabei gedacht.
Die Einvernahme der Zeugen des gegenständlichen Vorfalles die auch per Rechtshilfeersuchen im zweitinstanzlichen Verfahren befragt worden waren ergaben übereinstimmend, dass sie in Sölden am 1.2.1999 um ca 01.15 Uhr von der ?Hexenbar? Richtung talauswärts auf dem linken Gehsteig unterwegs gewesen seien. Das Fahrzeug, welches den Verletzten T. niedergefahren hatte, sei ein dunkler Kombi gewesen, welcher ohne anzuhalten einfach weiter gefahren sei. Es konnte weder die Marke noch die Type des Fahrzeuges erkannt werden.
Gemäß § 4 Abs1 lita StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stehen, wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten.
Gemäß § 4 Abs2 2. Satz StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stehen, sofort die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu verständigen.
Gemäß § 4 Abs1 litc StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang stehen, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken.
Dass der Beschuldigte nicht angehalten hat, wurde von ihm selbst nie bestritten.
Auch dass er die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle nicht sofort verständigt hat, wurde von ihm zugestanden. Letztendlich ist er auch nicht der Verständigungspflicht nachgekommen. Er hat die objektive Tatseite der vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen zweifelsfrei erfüllt.
Was nun die subjektive Tatseite betrifft, so hat sich der Beschuldigte in eine Vielzahl von Widersprüchen verwickelt. Einerseits hat er der Berufungsbehörde erklärt, es seien eine Vielzahl von Menschen zum gegenständlichen Tatzeitpunkt auf der Straße gewesen. Dies wurde von GI B. nicht bestätigt und hat dieser ergänzend ausgeführt, dass beim Unfallsort üblicherweise keine großen Menschenansammlungen stattfinden, da es in diesem Bereich keine Lokalitäten gibt. Auch die Behauptung des Beschuldigten, er sei zweimal am Unfallsort vorbeigefahren und hätte niemanden mehr bemerkt, sind eindeutig als Unwahrheiten zu bewerten, ist doch der vom Beschuldigten mit seinem PKW niedergefahrene T. schwer verletzt liegen geblieben und waren auch seine drei Bekannten in unmittelbarer Nähe, die sich dann auch in der Folge um ihm gekümmert haben. Somit haben sich vier Personen am Unfallsort aufgehalten und wurden vom Beschuldigten angeblich nicht bemerkt. Die Berufungsbehörde geht davon aus, dass dies eine Schutzbehauptung des Beschuldigten ist, zumal die Straße gut beleuchtet war und der Beschuldigten den Zusammenstoß (ein Krachen) auch bemerkt hatte.
Der Beschuldigte war auch nicht in der Lage vor der Berufungsbehörde diese Widersprüche aufzuklären.
Die Berufungsbehörde folgte daher den Angaben in der Anzeige sowie den Angaben des Zeugen GI B., der zuverlässig und ruhig das Geschehen schilderte und dessen Angaben glaubwürdig, nachvollziehbar und logisch waren. Außerdem steht der Zeuge unter Diensteid.
Somit hat der Beschuldigte zweifelsfrei auch die subjektive Tatseite verwirklicht. Dem Beschuldigten wird vorsätzliches Verhalten zur Last gelegt, da die Berufungsbehörde davon ausgeht, dass er den Unfall sehr wohl bemerkt hat und als Führerscheinbesitzer um seine daraus resultierenden Verpflichtungen gegenüber dem Verletzten und der Behörde wissen musste.
Er hat daher die Übertretungen nach Punkt 1), 2) und 3) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses zu verantworten.
Nach § 19 Abs1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Nach § 19 Abs2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Der Unrechtsgehalt der übertretenen Normen ist erheblich.
§ 99 Abs2 lita StVO sieht Geldstrafen von S 500,-- bis S 30.000,-- vor. Die über den Beschuldigten verhängten Geldstrafen in der Höhe von jeweils S 6.000,-- sind unter Berücksichtigung der Schwere der Übertretungen und einer einschlägigen Strafvormerkung durchaus als angemessen und sinnvoll zu betrachten und notwendig, um den Beschuldigten in Hinkunft von weiteren Straftaten dieser Art abzuhalten.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.