Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch die Kammermitglieder Dr. Gerhard Wittmann, Dr. Christian Erkinger und Dr. Karin Clement über die Berufung des Herrn M G, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. H W. J und DDr. M E, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Leoben vom 19.10.2000, GZ.: 15.1 3449/2000, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 19.10.2000, GZ.:
15.1 3449/2000, wurde dem Berufungswerber angelastet, er habe am 16.8.2000 um 07.25 Uhr im Gemeindegebiet Krieglach, Bezirk Mürzzuschlag, auf der Erzherzog-Johann-Straße - Grazerstraße, zuletzt Longingasse, in Richtung Hauptplatz Krieglach, den Lastkraftwagen mit dem Kennzeichen in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigt Zustand gelenkt und sich nach Aufforderung eines besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organes der Straßenaufsicht geweigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, wobei vermutet habe werden können, dass er sich beim Lenken in einem alkoholbeeinträchtigten Zustand befunden habe. Die Verweigerung sei am 16.8.2000 um 07.51 Uhr am Gendarmeriepostenkommando Krieglach erfolgt. Wegen dieser Übertretung wurde über ihn gemäß § 99 Abs 1 StVO eine Geldstrafe in der Höhe von S 17.000,-- (15 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber durch seine ausgewiesenen Vertreter rechtzeitig Berufung erhoben und darin angeführt, dass er nach dreimaliger (nicht zweimaliger) Aufforderung seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen, sich geweigert habe, einen vierten Versuch zu unternehmen. Er habe jeweils die Atemluft in das ihm vorgehaltene Gerät geblasen, jedoch habe dieses ein nicht auswertbares Ergebnis gebracht. Überdies hätte die belangte Behörde überprüfen können, dass, wie der Beschuldigte ausführe, bei nachfolgenden Untersuchungen keine Alkoholisierung festgestellt habe werden können. Er sei willens gewesen, sich einer Untersuchung der Atemluft zu unterziehen. Trotz der erfolgten Bemühungen sei kein brauchbares Ergebnis zu Stande gekommen, doch treffe dafür nicht ihn die Verantwortung. Auch sei im Landessonderkrankenhaus eine Blutuntersuchung durchgeführt worden und hätte dies von der belangten Behörde als höherwertiges Beweismittel herangezogen werden müssen. Auch seien bei einer weiteren Untersuchung im Landeskrankenhaus Bruck keinerlei Spuren einer Alkoholisierung festgestellt worden. Es sei ihm somit aufgrund dieser Untersuchungen der Entlastungsbeweis gelungen. Es werde zusammenfassend beantragt, der Berufung Folge zu geben, das bekämpfte Straferkenntnis aufzuheben und den Beschuldigten frei zu sprechen. Unter Ladung der Parteien und erforderlichen Zeugen wurde eine öffentliche, mündliche Berufungsverhandlung anberaumt und kann nach den am 4.4.2001 und 8.5.2001 durchgeführten Verhandlungen Nachfolgendes festgestellt werden:
Am 16.8.2000 führte der Berufungswerber unter anderem Zustellungen von Zeitungen in der Trafik der Zeugin T durch. Da sie zu diesem Zeitpunkt den Eindruck gewann, der Berufungswerber sei alkoholisiert, verständigte sie telefonisch den Gendarmerieposten Krieglach. Der Meldungsleger GI K erhielt von einem seiner Kollegen den Auftrag, nach einem vermutlich betrunkenen Zeitungszusteller zu fahnden. Nachdem er das Fahrzeug entdeckt hatte, fuhr er diesem nach, bis es in weiterer Folge stehen blieb. Als der Meldungsleger zum Beschuldigten ging, konnte er bei diesem Alkoholgeruch aus dem Mund wahrnehmen und forderte ihn noch an Ort und Stelle zum Alkoholtest auf. Der Berufungswerber ging mit zum Gendarmerieposten Krieglach und wurde zunächst eine viertel Stunde zugewartet, wobei in dieser Wartephase dem Berufungswerber die Durchführung des Alkoholtestes erklärt wurde. Der Alkoholtest selbst erfolgte an dem bereits seit etwa 1 bis 1 1/2 Jahren in Verwendung stehenden Alkoholmessgerät der Firma "Dräger". Den im erstinstanzlichen Verfahrensakt befindlichen Kopien der beiden Messstreifen ist zu entnehmen, dass der Berufungswerber den Alkomaten bei der ersten Messung mit einem Blasvolumen von 1,6 l und einer Blaszeit von 10,1 Sekunden, bei der zweiten Messung mit einem Blasvolumen von 1,7 l und einer Blaszeit von 5,9 Sekunden beatmete. Beim ersten Versuch ergab der Ausdruck 0,75 mg/l, beim zweiten Ausdruck 0,78 mg/l Atemalkoholkonzentration. Trotz dieser Werte ergaben beide Ausdrucke, dass die Probe nicht verwertbar ist. Da der Meldungsleger dachte, diese Nichtverwertbarkeit sei aufgrund zu geringen Blasvolumens gegeben, forderte er den Berufungswerber auf, stärker hineinzublasen. Er teilte ihm auch noch mit, dass nach vier nicht verwertbaren Blasversuchen der Führerschein weg sei. Nach allfälligen möglichen Fremdsubstanzen in der Atemprobe wurde der Berufungswerber nach den beiden nicht verwertbaren Blasversuchen nicht gefragt. Zu einem dritten Blasversuch kam es nicht, da die Amtshandlung danach, wie auch dem erstinstanzlichen Akt zu entnehmen ist, eskalierte. Die Gebrauchsanweisung des verwendeten Alkomaten war dem die Alkoholtestprobe vornehmenden Meldungsleger zum Tatzeitpunkt nicht bekannt bzw war diesem nicht bewusst, wie er nach der betreffenden Fehlermeldung "Probe nicht verwertbar" weiter vorgehen hätte müssen. Die getroffenen Feststellungen gründen sich primär auf die Einvernahme des meldungslegenden Gendarmeriebeamten, der bei seiner Aussage unter Wahrheitspflicht bei sonstiger strafgerichtlicher Sanktion unumwunden zugab, dass er nach den beiden nicht verwertbaren Ausdrucken den Berufungswerber weiter aufforderte, stärker in den Alkomaten zu blasen, und er nicht, wie erforderlich, diesen nach allfälligen Fremdsubstanzen in der Atemprobe befragte und sohin nach einer Wartezeit den Test dahingehend weitergeführt hätte, nochmals eine Atemprobe durchzuführen. Die Berufungsbehörde hat sohin in rechtlicher Hinsicht wie folgt erwogen: Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Gemäß § 5 Abs 2 StVO sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand 1.) ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder 2.) als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen. Da der Berufungswerber unmittelbar beim Lenken eines Fahrzeuges betreten worden war, andererseits auch der Verdacht bestand, dass er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand, zumal bei ihm deutliche Alkoholisierungssymptome, wie Alkoholgeruch aus dem Mund, wahrzunehmen waren, war der Meldungsleger aufgrund des Gesetzes mit Sicherheit berechtigt, diesen zur Durchführung eines Alkoholtestes aufzufordern. Der Alkoholtest selbst erfolgte am Gendarmerieposten Krieglach mit dem dort in Verwendung stehenden Gerät der Marke "Dräger Alkotest 7110MKIIIA". Der Gebrauchsanweisung, die zur Information für geschulte Organe der Straßenaufsicht dient, ist unter Punkt 10.) (Fehler während des Messablaufes) zu entnehmen, dass, soferne eine Probe nicht verwertbar ist, der Messablauf abgebrochen wird. Die Messung sollte jedoch erst wiederholt werden, nachdem der Proband nach möglichen Fremdsubstanzen in der Atemprobe (wahrscheinlich die Ursache für die Messdifferenz) befragt wurde. Wenn wieder "Probe nicht verwertbar" angezeigt wird, wäre allenfalls unter Einhaltung einer Wartezeit nochmals mit der Messung zu beginnen oder abzubrechen. Im letzteren Fall wären andere im § 5 StVO vorgesehene Maßnahmen (Vorführung zum Arzt, ärztliche Untersuchung bzw Blutabnahme) einzuleiten gewesen. Wie bereits festgehalten, hat der Meldungsleger den Berufungswerber weder nach Fremdsubstanzen in der Atemprobe befragt, noch nach dem Zustandekommen der nicht verwertbaren Proben allenfalls unter Einhaltung einer Wartezeit diesem nochmals die Gelegenheit gegeben, eine Atemluftprobe abzulegen. Vielmehr hat er ihn aufgefordert, stärker in den Alkomaten hineinzublasen, zumal er annahm, der Grund des Fehlversuches sei ein zu geringes Blasvolumen. Somit hat sich aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren ergeben, dass die gegenständliche Atemalkoholuntersuchung nicht dem Gesetz entsprechend, dh der für geschulte Organe der Straßenaufsicht herausgegebenen Gebrauchsanweisung für das gegenständlich in Verwendung stehende Alkotestgerät durchgeführt wurde, weshalb von einer nicht normgemäßen Atemluftprobe auszugehen war, somit die dem Berufungswerber angelastete Übertretung von diesem nicht zu verantworten ist. __