Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Michael Herrmann über die Berufung des Herrn G H, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G F, G, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 12.12.2000, GZ.: III/S-30.207/99, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird die Berufung hinsichtlich Punkt 1.) und 3.) des angefochtenen Straferkenntnisses dem Grunde nach abgewiesen.
Hinsichtlich der verhängten Strafe wird der Berufung dahingehend Folge gegeben, dass über den Berufungswerber gemäß § 19 VStG hinsichtlich Punkt 1.) eine Strafe von S 1.300,-- (EUR 94,47), im Uneinbringlichkeitsfall 2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, und hinsichtlich Punkt 3.) eine Strafe von S 1.000,-- (EUR 72,67), im Uneinbringlichkeitsfall 1 Tag und 6 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, welche binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten ist, verhängt wird.
Dadurch vermindert sich der Kostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz auf den Betrag von insgesamt S 230,-- (EUR 16,71), dieser ist binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung hinsichtlich Punkt 2.) des angefochtenen Straferkenntnisses Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in diesem Punkt behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
Mit dem im Spruch genannten Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe am 24.8.1999 um ca. 10.00 Uhr in Graz 4, Afritschgasse 25, als Lenker des Personenkraftwagens
1) obwohl sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden gestanden sei, sein Fahrzeug nicht sofort angehalten;
2) obwohl sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden gestanden sei, trotz Aufforderung der Polizei an der Feststellung des Sachverhaltes nicht mitgewirkt, da er sich geweigert habe, zur Sachverhaltsdarstellung in das Wachzimmer zu kommen und zu Hause bei mehreren Nachschauen nicht habe angetroffen werden können;
3) obwohl sein Verhalten am Unfallsort in ursächlichem Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall mit Sachschaden gestanden sei, nicht ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle verständigt.
Hiedurch habe der Berufungswerber für Punkt 1.) eine Übertretung des § 4 Abs 1 lit a StVO, für Punkt 2.) eine Übertretung des § 4 Abs 1 lit c StVO und für Punkt 3.) eine Übertretung des § 4 Abs 5 StVO begangen und wurde für Punkt 1.) eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.000,--, für Punkt 2.) eine Geldstrafe in der Höhe von S 3.000,-- und für Punkt 3.) eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.500,-- (3 Tage, 4 Tage bzw 2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
In seiner fristgerechten Berufung vom 2.1.2001 führte der Berufungswerber unter anderem aus, dass bei dem ganz offensichtlich äußerst leichten Streifschaden für ihn ein Kontakt nicht zu bemerken gewesen sei und somit das Tatbestandsmerkmal der Wahrnehmung eines angeblichen Schadens fehle. Weiters sei der Berufungswerber vom erhebenden Polizeibeamten aufgefordert worden, sich mit dem Geschädigten in Verbindung zu setzen und sei der Berufungswerber dieser Aufforderung nachgekommen und habe keinerlei Anlass bestanden, nochmals beim Wachzimmer vorzusprechen.
Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark stellt hiezu Nachfolgendes fest:
Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben.
Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat am 18.4.2001 eine öffentliche, mündliche Verhandlung vor Ort in Anwesenheit des Berufungswerbers, seines anwaltlichen Vertreters und des allgemein gerichtlich beeideten Sachverständigen für das Kfz-Wesen Dipl.-Ing. Dr. H S unter Beiziehung der Zeugen I I, RI M P I und Dipl.-Ing. W F durchgeführt.
Aufgrund dieser Verhandlung wurde folgender Sachverhalt festgestellt:
Der Berufungswerber hat am 24.8.1999 gegen 10.00 Uhr den Personenkraftwagen mit dem Kennzeichen (Marke: Mercedes Benz) in Graz 4, im tatgegenständlichen Bereich der Afritschgasse gelenkt. Im Genaueren ist der Berufungswerber im Zuge des Reversierens aus einer Parklücke vor dem Hause Afritschgasse 26 mit dem Heck seines Fahrzeuges gegen die Beifahrertüre des zweitbeteiligten Fahrzeuges (Kennzeichen:, Marke: Opel Kadett Kombi) gestoßen und hat hiebei einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht. Infolge hat der Berufungswerber seine Fahrt in der Afritschgasse Richtung Volksgartenstraße (Fahrtrichtung Westen) fortgesetzt. Der diesbezügliche Vorfall wurde vom Zeugen I sowohl optisch, als auch akustisch wahrgenommen und hat sich der Zeuge sodann das Kennzeichen des Mercedes notiert. Im weiteren Verlauf des 24.8.1999 hat der Zeuge I sowohl den Besitzer des zweitbeteiligten Fahrzeuges, Herrn Dipl.-Ing. W F, als auch den erhebenden Beamten RI M P I, welcher den Opel Kadett besichtigte, von dem Vorfall unterrichtet.
Am 26.8.1999 konnte der Zeuge RI P I mit dem Berufungswerber telefonisch Kontakt aufnehmen, wobei der Berufungswerber angab, dass er von dem Vorfall nichts bemerkt habe. Im Zuge dieses Telefonates forderte RI P I den Berufungswerber auf, beim Wachzimmer Lendplatz vorbeizukommen, damit er
einvernommen bzw auch das vom Berufungswerber gelenkte Fahrzeug vom Beamten besichtigt werden könnte. Weiters schickte der Beamte am 27.8.1999 ein Fax an den Berufungswerber mit den näheren Daten des Zulassungsbesitzers des zweitbeteiligten Fahrzeuges.
Ergänzend sei erwähnt, dass sich der Berufungswerber laut seinen Angaben zum Zeitpunkt des Telefonates im Ausland befunden hat. Der Aufforderung von RI P I, zur Sachverhaltsdarstellung in das Wachzimmer Lendplatz zu kommen, ist der Berufungswerber infolge nicht nachgekommen. Zur Klärung der Frage, ob der gegenständliche Verkehrsunfall mit Sachschaden für den Berufungswerber wahrnehmbar war oder nicht, erstellte der allgemein gerichtlich beeidete Sachverständige für das Kfz-Wesen Dipl.-Ing. Dr. H S Befund und Gutachten wie folgt:
Befund
Der gegenständliche Vorfall ereignete sich am 24.8.1999 gegen 10.00 Uhr im Bereich der Afritschgasse vor dem Haus Nr. 25. Im Bereich der Unfallstelle verläuft die Afritschgasse annähernd West-Ost und ist auf einer Gesamtbreite von 9,6 m mit einer Asphaltdecke befestigt. Die Asphaltdecke wird hiebei sowohl am Nordrand, als auch am Südrand durch einen 0,3 m breiten Rigolstreifen von den erhöhten Gehsteigen abgegrenzt. Am Nordrand der Afritschgasse sind hiebei Schrägparkplätze angeordnet, wobei diese eine Tiefe von 4,1 m aufweisen. Dies von der Gehsteigkante aus weggerechnet. Diese sind so angeordnet, dass die Fahrzeuge Richtung Nord-Ost bzw Süd-West ausgerichtet sind. Am Südrand befindet sich eine weitere Parkfläche, wobei diese so ausgebildet ist, dass die Fahrzeuge annähernd parallel zur Achse der Afritschgasse abgestellt werden können.
Unmittelbar westlich des Eingangs zum Hause Nr. 25 ist am Südrand der Afritschgasse ein Schanigarten angeordnet. Im gesamten Bereich vor dem Haus Nr. 25 verläuft die Afritschgasse annähernd geradlinig. Im Bereich unmittelbar westlich der Marschallgasse, die sich unmittelbar westlich des Hauses Afritschgasse Nr. 25 befindet, verläuft die Afritschgasse unter einem Winkel von ca. 10 Grad in Richtung West-Nord-West weiter.
In diesem Bereich vor dem Haus Nr. 27 sind sowohl am Nordrand, als auch am Südrand der Afritschgasse Parkplätze so angeordnet, dass die Fahrzeuge parallel zur Längsachse der Afritschgasse abzustellen sind.
Im gesamten Bereich verläuft die Afritschgasse annähernd horizontal und eben. Im Bereich vor dem Haus Afritschgasse Nr. 25 weist die Afritschgasse eine relativ starke Pombierung auf. Bei der Afritschgasse handelt es sich im Bereich der Unfallstelle um keine Vorrangstraße im Ortsgebiet, es gilt eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 30 km/h.
Beim Fahrzeug, gelenkt vom Berufungswerber, handelt es sich um einen Mercedes Benz E 300 TD, W 210, mit einer Länge von 4,8 m, einer Breite von 1,8 m und einem Eigengewicht von 1.560 kg. Die hintere Stoßstange an diesem Fahrzeug befindet sich mit der Oberkante in einer Höhe von ca. 60 cm. Unterhalb dieser Oberkante verläuft die Stoßstange so, dass sie den am weitesten ausragenden Teil aufweist. Sie ist in diesem Bereich in Form eines Kreisquerschnittes ausgeführt. Dieser geht auf Höhe von 48 cm in eine weitere Kunststoffschürze über, die auf einer Höhe von 38 cm über den Boden endet.
Das Fahrzeug konnte vom Sachverständigen zum heutigen Zeitpunkt besichtigt werden. Hiebei ergab sich, dass im Bereich des rechten hinteren Ecks mehrere Kontaktspuren vorlagen. So befand sich eher seitlich am hinteren Eck eine geringfügige Schleifspur, diese befand sich allerdings seitlich. Sie befand in einer Höhe zwischen 50 und 55 cm. Eine weitere Kratzspur, die relativ unregelmäßig verlief, befand sich im Bereich der rechten Seite der Stoßstange, und zwar bis im Bereich des hinteren Radkastens. Eine weitere schwarze Kontaktspur, die sich allerdings sehr punktuell im Bereich des rechten hinteren Ecks befand, befand sich in einer Höhe von ca. 53 cm.
Beim zweiten beteiligten Fahrzeug von Dipl.-Ing. F, handelt es sich um einen Opel Kadett Variant mit einer Länge von 4,23 m, einer Breite von 1,67 m und einem Eigengewicht von 950 kg. Auch dieses Fahrzeug konnte im teilreparierten Zustand zum heutigen Zeitpunkt noch besichtigt werden. Außerdem wurden von Dipl.-Ing. F mehrere Lichtbilder zur Verfügung gestellt, und zwar neun Lichtbilder die die Endlage darstellen sowie die Beschädigungen an diesem Fahrzeug. Es handelte sich hiebei um einen Sammelabzug der Bilder. Aus diesen ist ersichtlich, dass die Beifahrertüre, und zwar die rechte vordere Türe, durch den gegenständlichen Vorfall bleibend um ca. 7 bis 8 cm tief eingedellt wurde. Die tiefste Eindellung befand sich hiebei in einer Distanz von ca. 30 cm vor dem hinteren Ende der Türe. Es ist auch ersichtlich, dass, da keine wesentlichen Kratzspuren vorhanden sind, lediglich Kontaktspuren ersichtlich sind, und zwar auf der seitlichen Kunststoffleiste, dass die Krafteinwirkung in etwa auf Höhe der Kunststoffleiste erfolgt sein muss. Diese seitliche Kunststoffleiste befindet sich in einer Höhe zwischen 48 und 55 cm über den Boden. Es handelt sich hiebei um eine schwarze Kunststoffleiste.
Ergänzend soll noch angegeben werden, dass die Messung am Mercedes, insbesondere in der heute von ihm befindlichen Stillstandsposition, in der Parkkoje vorgenommen wurde. Aufgrund der relativ starken Pombierung der Afritschgasse ergibt sich hiebei, dass die heute vermessenen Kontakthöhen bzw Stoßstangenhöhen etwas höher sind, als auf ebener Fahrbahn. Es soll noch angemerkt werden, dass die hintere Stoßstange des Mercedes in Wagenfarbe lackiert ist. Außerdem soll noch angegeben werden, dass der Mercedes im Heckbereich über einen Abstandswarner verfügt.
Hinsichtlich der Funktionsweise des Abstandmessgerätes, das in der Stoßstange eingelassen ist, kann Folgendes angegeben werden:
So verfügt der Abstandswarner zunächst über eine optische Anzeige, die hinter dem Innenrückspiegel angebracht ist. In dieser wird die Entfernung zum nächstgelegenen Objekt angezeigt. Außerdem kann eine akustische Anzeige aktiviert werden, diese ein- bzw ausschaltbar. Diese wird dann aktiviert, wenn die Distanz in den roten Bereich kommt, dies entspricht einem Abstand von ca. 30 cm.
Hinsichtlich der Schreiben in Kopie, zwischen der Allianz Elementar Versicherung und Dipl.-Ing. F kann noch angegeben werden, dass es sich zunächst um ein Schreiben für ein Vergleichsangebot handelt.
Beim zweiten Schreiben handelt es sich um das effektive Vergleichsangebot inklusive Abfindungserklärung. Diese wurde am 31.12.1999 unterzeichnet.
Bei der dritten Unterlage handelt es sich um eine Reparaturrechnung der Firma Opel in der Kärntnerstraße 256 über einen Gesamtbetrag von S 1.828,90 für eine provisorische Reparatur der rechten vorderen Türe.
Es ist auch ersichtlich, dass die Türe bis zum heutigen Zeitpunkt lediglich notdürftig ausgerichtet wurde. So wurde sie weder neu gespachtelt, noch neu lackiert. Es ist noch eine Welligkeit der Türe aus technischer Sicht gut erkennbar.
Aus technischer Sicht kann noch angegeben werden, dass sich der Zeuge I I sich in seiner Stillstandsposition bzw Parkposition in einer Distanz von ca. 50 m vom eigentlichen Kollisionsort befand."
Gutachten
Zunächst ergibt sich, dass an Ort und Stelle noch eine Fahrprobe durchgeführt wird und der Berufungswerber mit seinem Fahrzeug in die ungefähre Kollisionsposition fährt. Hiebei ergibt sich, dass die schwarze Kunststoffspur sich in einer Höhe von 51 cm über den Boden befindet. Betrachtet man nunmehr die seitliche Kunststoffstoßleiste des Opel Kadett von Dipl.-Ing. F, so ist erkennbar, dass diese aus mehreren wulstartigen annähernd horizontal verlaufenden Profilen besteht. Bei dem am höchsten liegenden Profil ist hiebei ein deutlicher Kunststoffaufrieb bzw eine
leichte Kunststoffaufschmelzung ersichtlich. Auch diese befindet sich in einer Höhe von 51 cm über den Boden.
Somit ergibt sich zunächst, dass höhenmäßig die Kontaktstellen der beiden Fahrzeuge und der daraus resultierende Schaden am Opel Kadett einwandfrei korreliert werden kann. Aufgrund der Kontaktstelle am Mercedes ergibt sich hiebei auch, dass der Kollisionswinkel zwischen den beiden Fahrzeugen ca. 150 Grad im Kollisionszeitpunkt betragen haben muss.
Somit ergibt sich, dass der Schaden zwischen den beiden Fahrzeugen einwandfrei korreliert werden kann und der Schaden so entstanden sein muss, dass der Mercedes in Rückwärtsfahrt gegen die Beifahrertüre des Opel Kadett von Dipl.-Ing. F stieß. Hinsichtlich der Bemerkbarkeit kann Folgendes angegeben werden:
So wurden von Allianzzentrum für Technik diverse
Untersuchungen durchgeführt, dies hinsichtlich der Bemerkbarkeit
eines derartigen Vorfalls.
Im vorliegenden Fall wurde die Türe am Opel Kadett über ein Gesamtausmaß von bleibend ca. 7 bis 8 cm tief eingedrückt. Die dynamische Eindringung muss hiebei aus technischer Sicht noch etwas größer gewesen sein. Bei einer derartigen Kontaktierung ergibt sich hiebei, dass eine Stoßkraft in jedem Fall von mindestens 1000 bis 2000 Newton vorgelegen sein muss. Unter Berücksichtigung der Massenverhältnisse des Mercedes ergibt sich hiebei ein Ruck von ca. 0,5 bis 1 m/sec².
Untersuchungen von Wolf haben hiebei gezeigt, dass ein derartiger Ruck bzw ein derartiger Anstoß als Erschütterung für die Insassen im anstoßenden Fahrzeug aus technischer Sicht bemerkbar sein muss.
Zusammenfassend ergibt sich somit, dass der Schaden am Opel Kadett von Dipl.-Ing. F dem gegenständlichen Vorfall in jedem Fall zugeordnet werden kann. Außerdem ergibt sich aufgrund der vorliegenden Unterlagen, dass bei gehöriger Aufmerksamkeit für den Insassen im Mercedes der Anprall bemerkbar war. Aus technischer Sicht kann nur angeben werden, dass der effektive Anstoß vom Zeugen I nicht unmittelbar eingesehen werden konnte. Aus technischer Sicht ergibt sich jedoch, dass bei einer derartigen Kollision, insbesondere durch die großflächige Eindellung der Türe, in jedem Fall eine deutliche und kräftige Geräuschentwicklung zu erwarten ist. Diese war für den Zeugen aus technischer Sicht auch auf eine Distanz von 50 m bei geöffnetem Fenster sicher deutlich wahrnehmbar, dies trotz allfälligen Fahrzeugverkehrs.
Aus technischer Sicht soll noch festgehalten werden, dass der Parksensor am Mercedes so ausgebildet ist, dass das akustische Signal deaktiviert werden kann. Aufgrund der Anordnung im Dachbereich ist hiebei teilweise die optische Warnanlage nicht besonders gut einsehbar. Dies vor allem beim Rückwärtsfahren."
Es ist festzuhalten, dass die entscheidende Behörde vollinhaltlich den Ausführungen des kfz-technischen Sachverständigen folgt und daher feststeht, dass der Schaden am zweitbeteiligten Fahrzeug eindeutig dem gegenständlichen Vorfall zuzuordnen ist und somit vom Berufungswerber verursacht wurde. Auch war aus technischer Sicht der Anstoß als Erschütterung für den Berufungswerber bemerkbar.
Diesbezüglich ist festzuhalten, dass der Lenker eines Fahrzeuges den Geschehnissen um sein Fahrzeug seine volle Aufmerksamkeit zuzuwenden hat und in bestimmten Verkehrssituationen (zB beim Reversieren im Zuge des Ausparkens) einen Blick in den Rückspiegel zu werfen oder durch einen Blick über die Schulter das hinter ihm liegende Verkehrsgeschehen zu beobachten hat. Insbesondere beim Reversieren besteht für den Fahrzeuglenker ein erhöhter Grad der Aufmerksamkeit in Hinblick auf die eventuelle Streifung bzw auf das Anstoßen abgestellter Fahrzeuge. Schon aus diesem Grund hätte der im Zuge des Anpralls entstehende Ruck bzw die Erschütterung vom Berufungswerber dem gegenständlichen Vorfall zugeordnet werden müssen und hätte er sich vergewissern müssen, ob durch den Anprall ein Sachschaden (dieser war optisch eindeutig erkennbar) entstanden ist.
Wie der Berufungswerber selbst ausführt, hat er jedoch sein Fahrzeug damals weder angehalten, noch ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle verständigt, wodurch der Berufungswerber die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen des § 4 Abs 1 lit a StVO bzw des § 4 Abs 5 StVO zu verantworten hat.
Zur Strafbemessung hinsichtlich Punkt 1.) und 3.) des angefochtenen Straferkenntnisses:
Gemäß § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß § 4 Abs 1 lit a StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhang steht, gemäß § 99 Abs 2 lit a leg cit sofort anzuhalten, um auch den sonstigen gesetzlich festgelegten Lenkerverpflichtungen nachzukommen. Der Lenker hat sich nach dem Anhalten etwa auch zu vergewissern, ob durch den Unfall eine Situation entstanden ist, die es notwendig macht, Maßnahmen zur Vermeidung von Schäden für Personen oder Sachen zu treffen. Diese Bestimmung dient daher dem Schutz von Personen, der Abwendung von Sachschäden und soll auch die Mitwirkung an der Sachverhaltsfeststellung gewährleisten. Zweck des § 4 Abs 5 StVO 1960 ist es, den am Unfall beteiligten Fahrzeuglenkern die Möglichkeit zu geben, ohne unnötigen Aufwand und Schwierigkeiten klarstellen zu können, mit wem man sich hinsichtlich der Schadensregelung in der Folge auseinander zusetzen haben wird (VwGH 19.12.1975, 2085/74; 14.9.1983, ZVR 1984/264). Die Verständigungspflicht ist nur im Interesse der Geschädigten zur Ermöglichung der Durchsetzung allfälliger Schadenersatzansprüche festgelegt (VwGH 9.9.1968, Slg. 7319/A; 17.12.1982, ZVR 1984/60).
Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Von der Behörde erster Instanz wurde als erschwerend bzw als mildernd nichts gewertet. Diesbezüglich ist auszuführen, dass der Berufungswerber laut erstinstanzlichem Akt unbescholten ist, welches einen Milderungsgrund darstellt. Als mildernd wurde weiters der sofortige Wille des Berufungswerbers zur Schadensgutmachung berücksichtigt. Diesbezüglich waren somit die Strafen hinsichtlich Punkt 1.) und 3.) zu reduzieren. Die nunmehr verhängten Strafen entsprechen auch den Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen (Pension von ca. S 20.000,-- mtl., kein Vermögen, keine Sorgepflichten, Belastungen in nicht genannter Höhe), wobei sich diese ohnedies im untersten Strafbereich bewegen.
Betreffend des unter Punkt 2.) erfolgten Tatvorwurfes, der Berufungswerber habe trotz Aufforderung der Polizei an der Feststellung des Sachverhaltes nicht mitgewirkt, da er sich weigerte, zur Sachverhaltsdarstellung in das Wachzimmer zu kommen und zu Hause bei mehreren Nachschauen nicht
angetroffen habe werden können, ist wie folgt auszuführen:
Gemäß § 4 Abs 1 lit c StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallsort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhange steht, an der Feststellung des Sachverhaltes mitzuwirken.
Ein "Mitwirken" bedeutet grundsätzlich ein Tätigwerden im Hinblick auf die an der Unfallstelle seitens der Organe der öffentlichen Aufsicht zu pflegenden Erhebungen und zu treffenden Feststellungen. Der Lenker muss daher einerseits die Erhebungen am Unfallsort selbst unterstützen, indem er dort verweilt bzw besteht nach einem Verkehrsunfall das Verbot des Nachtrunks bzw der Alkoholkonsumation so lange, als mit einer amtlichen Tatbestandsaufnahme, zu der auch die Feststellung eines allfälligen alkoholbeeinträchtigten Zustandes des Lenkers im Unfallszeitpunkt gehört, gerechnet werden muss. Die Mitwirkungspflicht ist daher großteils eine passive Mitwirkung. Weiters ist festzuhalten, dass die Mitwirkungspflicht in einem zeitlichen Zusammenhang zum Tatzeitpunkt zu sehen ist (beispielsweise Verbot des Nachtrunks oder Sicherung von Spuren am Unfallsort).
Im gegenständlichen Fall erfolgte die telefonische Kontaktaufnahme mit dem Berufungswerber zwei Tage nach dem Unfall, wobei sich der Berufungswerber zu diesem Zeitpunkt laut seinen Angaben im Ausland befunden hat. In so einem Fall kann es dem Berufungswerber von vornherein nicht zugemutet werden, mit seinem Fahrzeug sofort vom Ausland zum Wachzimmer Lendplatz zu kommen. Daher ist eine Zuwiderhandlung gegen diese telefonische Aufforderung keine Zuwiderhandlung gegen § 4 Abs 1 lit c StVO.
Ein anderer Tatvorwurf ist betreffend Punkt 2.) laut Straferkenntnis nicht erfolgt, so wurde dem Berufungswerber insbesondere nicht vorgehalten, dass er den Unfallsort verlassen habe bzw seine Fahrt in Richtung Volksgartenstraße fortgesetzt hat. Dies wäre der entsprechende Tatvorwurf des inkriminierenden Verhaltens gewesen. Eine diesbezügliche Abänderung des Grundes der Nichtmitwirkung ist dem Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark verwehrt. Der Vorhalt, dass der Berufungswerber bei mehreren Nachschauen zu Hause nicht habe angetroffen werden können, kann jedenfalls nicht mehr der Mitwirkungspflicht des § 4 Abs 1 lit c StVO zugeordnet werden, da eine Verpflichtung nach dem Unfall ständig zu Hause zu sein, dem Gesetz nicht entnommen werden kann.
Es war daher davon auszugehen, dass der Berufungswerber die Übertretung des § 4 Abs 1 lit c StVO in der ihm unter Punkt 2.) zur Last gelegten Form nicht begangen hat.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.