TE UVS Steiermark 2001/06/01 30.16-8/2001

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Veröffentlicht am 01.06.2001
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karl-Heinz Liebenwein über die Berufung des Herrn J M, vertreten durch Dr. P F, Rechtsanwalt in T, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 14.12.2000, GZ.: 15.1 3001/2000, wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird aus Anlass der Berufung der Bescheid aufgehoben.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde dem nunmehrigen Berufungswerber in seiner Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer der U Handels GesmbH mit dem Sitz in T (persönlich haftende Gesellschafterin der U Handels GesmbH & Co KG) und somit als gemäß § 9 VStG strafrechtlich Verantwortlicher für die Filiale K, angelastet, nicht für die Einhaltung der Bestimmungen des Lebensmittelgesetzes gesorgt zu haben. So sei bei einer am 22.09.1999 ab 09.30 Uhr im o.a. Betrieb durchgeführten Revision festgestellt worden, dass die in der Tiefkühltruhe zum Verkauf feilgehaltenen Packungen "Leberknödel" eine Temperatur von -13,8 Grad aufwiesen, obwohl die Temperatur für tiefgefrorene Lebensmittel gleichbleibend in allen Punkten des Erzeugnisses auf -18 Grad oder niedriger gehalten werden müsste, bzw. nur ein kurzzeitiger Anstieg der Temperatur um 3 Grad in den Tiefkühltruhen des Einzelhandels zulässig sei.

Wegen Übertretung des § 74 Abs 5 Z 2 LMG in Verbindung mit § 4 Abs 2 der Verordnung über tiefgefrorene Lebensmittel wurde über den Berufungswerber daher gemäß § 74 Abs 5 LMG eine Geldstrafe in der Höhe von S 2.000,-- (1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. In der fristgerecht erhobenen Berufung wurde neben dem Hinweis darauf, dass allenfalls überhaupt nur ein unbedeutendes Verschulden des Berufungswerbers vorliege, zusammengefasst vor allem ausgeführt, dass Frau S V zur verantwortlichen Beauftragten bestellt war und deren rechtskonforme Bestellung eine Verfolgung seiner Person als handelsrechtlicher Geschäftsführer der U Handels GesmbH mit dem Sitz in T, ausschließt.

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat erwogen:

Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51 c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben. Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Die Durchführung einer Berufungsverhandlung hatte unter Hinweis auf § 51 e Abs 2 Z 1 VStG zu entfallen.

Aus dem vorliegenden Verfahrensakt der Strafbehörde erster Instanz werden nachstehende Feststellungen getroffen:

Im Zuge einer lebensmittelpolizeilichen Revision am 22.09.1999 wurde in einer Filiale der U Handels GesmbH & Co KG in K im Beisein der Marktleiterstellvertreterin N A festgestellt, dass die Kühltemperatur der in der Tiefkühltruhe zum Verkauf feilgehaltenen Leberknödel -13,8 Grad Celsius betragen habe, obgleich die Temperatur derartiger Produkte, von hier nicht relevanten Ausnahmen abgesehen, zufolge der Verordnung über tiefgefrorene Lebensmittel (BGBl. Nr. 201/1994) auf -18 Grad Celsius oder niedriger gehalten werden hätte müssen. Wegen dieses hygienischen Missstandes wurde daher beantragt, wegen Übertretung des § 20 LMG ein Verwaltungsstrafverfahren durchzuführen. Ein in der Folge gegen N A eingeleitetes Strafverfahren wurde mit Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom 10.07.2000, GZ.: UVS 30.12-51/2000-2, eingestellt, wobei sich aus der Begründung dieser Entscheidung ergibt, dass die vorgelegte Bestellungsurkunde für die stellvertretende Marktleiterin keine Rechtsgültigkeit besitzt, zumal sie unter Zitierung höchstgerichtlicher Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes bei Vergleich mit der Bestellungsurkunde der Marktleiterin keine eindeutigen Angaben bezüglich des sachlichen Aufgabenbereichs enthalte. Die belangte Behörde führte daher das Verwaltungsstrafverfahren gegen den nunmehrigen Berufungswerber durch und bezog sich dabei auf eingeholte Firmenbuchauszüge. Diesen zufolge ist der Berufungswerber nach außen vertretungsbefugter (handelsrechtlicher) Geschäftsführer der U Handelsgesellschaft m.b.H. Die zuletzt genannte juristische Person ist wiederum persönlich haftende Gesellschafterin der U Handelsgesellschaft m.b.H. & Co KG, beide Unternehmungen haben ihren Sitz in der politischen Gemeinde T, wo ein Handelsgewerbe ausgeübt wird. Die genannte Personengesellschaft des Handelsrechts übt in gewerberechtlicher Hinsicht dieses Gewerbe an der weiteren Betriebsstätte in K, aus. Da das Verwaltungsstrafverfahren aus anderen, nachstehenden Gründen bereits einzustellen war, erübrigt sich ein näheres Eingehen auf das sonstige Berufungsvorbringen und ist in rechtlicher Hinsicht auszuführen: Gemäß § 27 VStG ist für die Durchführung eines Verwaltungsstrafverfahrens örtlich jene Behörde zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen wurde, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

Wenngleich die belangte Behörde entgegen dem diesbezüglich gestellten Antrag in der Strafanzeige vom 16.12.1999 ihr Strafverfahren nicht auf eine Verletzung des § 20 LMG stützte, sondern auf eine Verletzung des § 4 Abs 2 der Verordnung über tiefgefrorene Lebensmittel (BGBl. Nr. 201/1994) - diese Verordnung findet ihre rechtliche Grundlage in der Verordnungsermächtigung der §§ 10 Abs 1 und 19 Abs 1 LMG -, besteht doch kein Zweifel daran, dass es sich bei der dem Berufungswerber letztendlich angelasteten Verwaltungsübertretung, durch deren Begehung es zu einer hygienisch bedenklichen Beeinflussung der verfahrensrelevanten Lebensmittel gekommen sein könnte, um ein sogenanntes Unterlassungsdelikt handelt. Wird einem Beschuldigten die Unterlassung gebotener Vorsorgehandlungen angelastet (im konkreten Fall: das Zulassen einer höheren Temperatur als vorgeschrieben), so ist für die Bestimmung der örtlich zuständigen Behörde der Ort maßgebend, an dem der Beschuldigte tätig hätte werden bzw. handeln hätte sollen. Der Tatort liegt daher dort, wo die Dispositionen und Anweisungen zur Vermeidung der Verstöße gegen die Verwaltungsvorschriften hätten gesetzt werden müssen (vgl. VwGH 26.02.1996, 95/10/0240). Das ist im Anlassfall, in dem der handelsrechtliche Geschäftsführer als zur Vertretung nach außen berufenes Organ der U Handelsgesellschaft m.b.H. & Co KG mit dem Sitz in T, zur Verantwortung gezogen worden ist, jener Ort, an dem die Unternehmensleitung ihren Sitz hat (vgl. VwGH 25.03.1994, 94/02/0026). Wie dem vorliegenden Verfahrensakt in Verbindung mit dem zitierten Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark zu entnehmen ist, ist der Berufungswerber kein verantwortlich beauftragter Filialleiter, was eine andere Betrachtungsweise erforderlich gemacht hätte (vgl. VwGH 19.04.1994, 94/11/0055). Im Anlassfall lag daher der Tatort der dem Berufungswerber angelasteten Verwaltungsübertretung am Sitz der Unternehmensleitung in T, weshalb die belangte Behörde zur Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses unzuständig war. Diese erstinstanzliche Unzuständigkeit war seitens der Berufungsbehörde wahrzunehmen und der angefochtene Bescheid aufzuheben. "Sache" des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für sein Verfahren ist diesbezüglich nur die Zuständigkeit der erstinstanzlichen Behörde, sodass eine Entscheidung über die Strafbarkeit nicht in Frage kommt, und konnte deshalb nur eine Kassation des angefochtenen Straferkenntnisses erfolgen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Unterlassungsdelikt Tatort tiefgefroren Temperatur Vorsorgehandlungen Unternehmenssitz
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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