TE UVS Tirol 2001/06/20 2001/15/003-4

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Veröffentlicht am 20.06.2001
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Margit Pomaroli über die Berufung des Herrn W., vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. H., gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 29.11.2000, Zl. ST 37/00, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs4 AVG iVm §§ 24, 51, 51e und 51c VStG wird die gegenständliche Berufung hinsichtlich des Punktes 1) als unbegründet abgewiesen und hinsichtlich des Punktes 2) wird der Berufung insoweit Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe im Betrag von S 3.000,--, Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen, auf S 1.000,-- (EUR 72,67), Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag, und hinsichtlich des Punktes 3) die verhängte Geldstrafe von S 3.000,--, Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen, auf S 1.000,-- (EUR 72,67), Ersatzfreiheitsstrafe von 1 Tag, herabgesetzt wird.

 

Gemäß § 64 Abs1 und 2 VStG wird der Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens hinsichtlich des Punktes 1) mit 20 Prozent der verhängten Geldstrafe, das sind S 600,-- (EUR 43,60), und hinsichtlich der Punkte 2) und 3) wird der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens mit je 10 Prozent der verhängten Geldstrafe, das sind zu 2) S 100,-- (EUR 7,27) und zu 3) S 100,-- (EUR 7,27), festgesetzt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe am 8.1.2000 von 21.55 Uhr bis 22.00 Uhr in Innsbruck, Andreas-Hofer-Straße 23, im dortigen Stiegenhaus (Parterre) folgende Worte geschrien wie: ?Steh doch auf du Drecksau? und: ?Was tut ihr Bullen-Arschlöcher da? und dadurch

1)

den öffentlichen Anstand auf das Empfindlichste verletzt

2)

durch dieses besonders rücksichtslose Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört und

 3) trotz vorausgegangener Abmahnung unmittelbar danach gegenüber einem Sicherheitswachebeamten in einem Abstand von ca. einem halben Meter eine Art ?Boxerstellung? eingenommen, diesen mit folgenden Worten angeschrien : ?Leck du mich am Arsch? und sich dadurch gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht aggressiv verhalten und eine Amtshandlung behindert

und habe der Berufungswerber hiedurch zu Punkt 1) eine Verwaltungsübertretung nach § 11 Abs1 TLPG, zu 2) nach § 81 Abs1 SPG und zu 3) nach § 82 Abs1 SPG begangen und wurde über den Berufungswerber zu Punkt 1) gemäß § 13 TLPG eine Geldstrafe im Betrage von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen), zu Punkt 2) gemäß § 81 Abs1 SPG eine Geldstrafe im Betrage von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen) und zu Punkt 3) gemäß § 82 Abs1 SPG eine Geldstrafe im Betrage von S 3.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen) und der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens erster Instanz vorgeschrieben.

 

Dagegen wurde rechtzeitig die Berufung eingebracht und in dieser ausgeführt, dass Worte wie ?Drecksau, Scheiße oder Arschloch? zum täglichen Sprachgebrauch gehören und daher eine Anstandsverletzung durch den Berufungswerber nicht vorliege. Auch sei die Übertretung zu Punkt 2) nicht gegeben, da in einem Stiegenhaus eines Privathauses keineswegs die öffentliche Ordnung gestört werden könne und auch sei die Übertretung zu Punkt 3) nicht vorliegend. Darüber hinaus seien die Strafen zu hoch bemessen.

 

Fest steht aufgrund des Akteninhaltes, dass der Berufungswerber im do. Stiegenhaus (Parterre) des Hauses Andreas-Hofer-Straße 23 in Innsbruck am 8.1.2000 in der Zeit zwischen 21.55 Uhr bis 22.00 Uhr die Worte geschrien hat:

?Steh doch auf du Drecksau!? und ?Was tut ihr Bullen-Arschlöcher da?.

 

Nach § 11 Abs1 TLPG ist es verboten, den öffentlichen Anstand zu verletzen.

 

Nach § 11 Abs2 TLPG gilt als Verletzung des öffentlichen Anstandes jedes Verhalten, das einen groben Verstoß gegen die in der Öffentlichkeit zu beachtenden allgemein anerkannten Grundsätze der Schicklichkeit darstellt.

 

An der Verwirklichung des Tatbildes der Verletzung des öffentlichen Anstandes durch die Verwendung unfältiger bzw obszöner Schimpfworte ändert der Umstand nichts, dass die ?Hemmschwelle? für das Verwenden dieser Worte laut Behauptung in der Berufung in letzter Zeit herabgesetzt worden ist, noch dass das Verhalten in einem Stiegenhaus gesetzt wurde.

 

Durch diese Begehungsform ist die unmittelbare Wahrnehmbarkeit durch einen größeren Personenkreis gegeben. Der Berufungswerber hat daher die ihm zur Punkt 1) vorgeworfene Übertretung in subjektiver und objektiver Hinsicht zu verantworten hat.

 

Nach § 81 Abs1 SPG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu S 3.000,-- zu bestrafen, wer durch besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört. Anstelle einer Geldstrafe kann bei Vorliegen erschwerender Umstände eine Freiheitsstrafe bis zu einer Woche, im Wiederholungsfall bis zu 2 Wochen, verhängt werden.

 

Für die Störung der Ordnung ist ein Verhalten gefordert, das Ärgernis zu erregen geeignet ist. Diese Formulierung stellt auf die Einschätzung durch andere und nicht auf die Intention des Täters ab. Für die Verwirklichung des Tatbestandes der Störung der Ordnung an öffentlichen Orten ist erforderlich, dass durch das Verhalten ein Zustand hergestellt wird, der der Ordnung, wie sie an öffentlichen Orten gefordert werden muss, widerspricht. Als öffentlicher Ort hat jeder Ort zu gelten, der jederzeit von einem nicht von vorne herein beschränkten Personenkreis betreten werden kann.

 

Der Begriff ?öffentliche Ordnung? umfasst die Gesamtheit jener ungeschriebenen Regeln für das Verhalten des Einzelnen in der Öffentlichkeit, deren Befolgung als unentbehrliche Voraussetzung für ein gedeihliches Miteinanderleben der Menschen angesehen wird. Ein Ärgernis liegt dann vor, wenn eine Handlung bei unbefangenen Menschen die lebhafte Empfindung des Unerlaubten und Schädlichen hervorzurufen geeignet ist.

 

Unsachliche Ausbrüche und Beschimpfungen sind geeignet, Ärgernis zu erregen. Es ist daher im Gegenstandsfalle davon auszugehen, dass der Berufungswerber auch den Tatbestand des § 81 Abs1 SPG erfüllt.

 

Nach § 82 Abs1 SPG begeht, wer sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht oder gegenüber einer Militärwache, während diese ihre gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen, aggressiv verhält, und dadurch eine Amtshandlung behindert, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu S 3.000,-- zu bestrafen.

 

Dadurch, dass der Berufungswerber gegenüber einem Sicherheitswachebeamten in einem Abstand von ca einem halben Meter ?Boxerstellung? eingenommen hat und die Worte geschrien hat: ?Leck du mich am Arsch!? hat er sich gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht aggressiv verhalten und auch die Amtshandlung behindert.

 

Zur Strafbemessung wird ausgeführt, dass nach § 19 Abs1 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen ist, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Durch Anstandsverletzung und Ordnungsstörung wird dem Zweck der Gesetze, ein gedeihliches Miteinander der Menschen zu ermöglichen, zuwidergehandelt. Der Unrechtsgehalt derartiger Übertretungen ist daher nicht unbedeutend. Durch aggressives Verhalten gegenüber Organen der öffentlichen Aufsicht werden Amtshandlungen behindert bzw erschwert. Auch der Unrechtsgehalt einer derartigen Übertretung ist nicht zur Gänze unbeträchtlich. Beim Verschulden ist hinsichtlich aller drei Übertretungen zumindest von Fahrlässigkeit auszugehen, der Milderungsgrund der bisherigen Straffreiheit ist beim Berufungswerber nicht gegeben, erschwerend bei Bemessung der Strafe war nichts.

 

Hinsichtlich des Punktes 1) ist von einem Strafrahmen von S 5.000,-- und hinsichtlich der Punkte 2) und 3) von einem Strafrahmen von jeweils bis zu S 3.000,-- auszugehen. Nachdem Erschwerungsgründe fehlen, konnte hinsichtlich der Punkte 2) und 3) eine entsprechende Herabsetzung der verhängten Geldstrafe verfügt werden, wobei das monatliche Nettoeinkommen des Beschuldigten ca. S 17.600,-- beträgt, wobei dieser keine Sorgepflichten hat, über kein Vermögen verfügt und für einen Wohnungseinrichtungskredit hohe Rückzahlungsraten zu leisten hat.

Schlagworte
unsachliche, Ausbrücke, Beschimpfungen, Ärgernis, SPG
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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