Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erik Hanel über die Berufung der B R, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 4.1.2001, GZ.:
III/S-3431/00, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 4.1.2001, GZ.: III/S-3431/00, wurde der Berufungswerberin zur Last gelegt, sie habe als Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen keine Auskunft darüber erteilt, wer am 22.1.2000 um 18.32 Uhr in Graz 8, Breitenweg 9, Fahrtrichtung Süden, dieses Kraftfahrzeug gelenkt hat, da sie am 9.9.2000 um 15.45 Uhr im Wachzimmer Schillerplatz angegeben hätte, nicht zu wissen, wer zu diesem Zeitpunkt ihr Fahrzeug gelenkt hätte und sie auch sonst keine Person genannt, die die geforderte Auskunft erteilen hätte können.
Sie habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 103 Abs 2 KFG verletzt und wurde über sie deshalb eine Geldstrafe in der Höhe von S 1.500,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) gemäß § 134 Abs 1 KFG verhängt.
In ihrem rechtzeitig eingebrachten Rechtsmittel bringt die Berufungswerberin zusammenfassend vor, dass die Anfrage an sie als Zulassungsbesitzerin nicht dem Gesetz entsprechend erfolgt sei und daher auch die verwaltungsstrafrechtlich sanktionierte Auskunftspflicht des Zulassungsbesitzers nicht ausgelöst worden wäre. Der Tatvorwurf im Wachzimmer Schillerplatz, seinerzeit die Auskunft verweigert zu haben, sei jedenfalls falsch und hätte der damals amtshandelnde Polizeibeamte ihr eingeräumt, Erhebungen zu pflegen und ihre Antwort nachträglich zu akzeptieren. Im Übrigen sei die vorgeworfene Übertretung bereits verjährt und die Behörde erster Instanz auch in verfahrensrechtlicher Hinsicht nicht korrekt vorgegangen. Die Begründung des Straferkenntnisses sei eine Scheinbegründung und schlussendlich eine Zumutung. Ebenso gerügt wurde die Strafbemessung und beantragte die Berufungswerberin schließlich die Einstellung des Verfahrens. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark ist bei seiner Entscheidung von folgenden Überlegungen ausgegangen: Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben. Gemäß § 51e Abs 2 VStG ist, wenn die Berufung nicht zurückzuweisen ist oder nicht bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben oder der Devolutionsantrag zurückzuweisen oder abzuweisen ist, eine öffentliche, mündliche Verhandlung anzuberaumen, zu welcher die Parteien und eventuell Sachverständige und Zeugen zu laden sind. Diese hat am 7.6.2001 im Beisein der Berufungswerberin und des Zeugen RI W Gr stattgefunden. Aufgrund der Ergebnisse des abgeführten Beweisverfahrens stellt die Berufungsbehörde folgenden Sachverhalt fest: R P, wohnhaft in G, erstattete am 26.1.2000 bei der Bundespolizeidirektion Graz, Wachzimmer Schillerplatz, eine Anzeige darüber, dass der Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen den Breitenweg im Bereich des Anwesens Breitenweg 9 mit der Einmündung in den Unteren Breitenweg (dort befindet sich das Vorschriftszeichen nach § 52a Z 17a StVO, Geh- und Radweg) befahren habe. R P legte dieser Anzeige ein Lichtbild bei, auf dem das Heck (mit der Kennzeichentafel) des gegenständlichen Fahrzeuges klar und deutlich erkennbar war und auf dem der genaue Tatzeitpunkt mit 22.1.2000, 18.32 Uhr, aufgedruckt ist. Aufgrund dieser Anzeige erhob das Strafamt der Bundespolizeidirektion Graz den Zulassungsbesitzer (die Berufungswerberin) und erteilte dem Zentralinspektorat den Auftrag, die Zulassungsbesitzerin im Auftrag der Behörde gemäß § 103 Abs 2 KFG zu verhalten, darüber Auskunft zu erteilen, wer das Kraftfahrzeug zur in der Anzeige angegebenen Tatzeit gelenkt hat. Die Berufungswerberin erschien am 9.2.2000 aufgrund einer vom Wachzimmer Schillerplatz erhaltenen Postkarte, mit der sie aufgefordert wurde, ins Wachzimmer zu kommen, um dort ein Organmandat zu bezahlen und wurde sie vom Zeugen RI Gr damit konfrontiert, dass gegen sie eine Anzeige eines Anrainers am Breitenweg vorliege und ihr auch das Polaroidfoto vorgewiesen und sie gleichzeitig danach gefragt, wer zu dem in der Anzeige angeführten Zeitpunkt ihr Fahrzeug gelenkt hätte. Die Berufungswerberin gab zu diesem Auskunftsverlangen zur Antwort, dass sie nicht wisse, wer zu dem damaligen Zeitpunkt ihr Fahrzeug gelenkt habe, da ihr Fahrzeug regelmäßig von mehreren Personen, unter anderem von ihrem Ehegatten, von ihrer Haushälterin und anderen Bekannten gelenkt werde und sie deshalb darüber Nachforschungen anstellen müsse. Der Polizeibeamte RI W Gr räumte ihr gegenüber ein, dass sie die Auskunft einige Tage später erteilen könne, um eben nachzuforschen, wer tatsächlich das Fahrzeug damals lenkte. Die Berufungswerberin in der Meinung, sie müsse die verlangte Auskunft wiederum am Wachzimmer Schillerplatz nachholen, erschien einige Tage später mit der Absicht, den nunmehr von ihr ermittelten Lenker bekannt zu geben, am Wachzimmer und wurde ihr dort eröffnet, dass der bezughabende Akt irrtümlicherweise zum Wachzimmer Lendplatz weitergeleitet worden wäre und sie am besten dort ihre Auskunft deponieren könne. Die Berufungswerberin begab sich gleich danach ins Wachzimmer Lendplatz, wo ihr wiederum mitgeteilt wurde, dass der Akt nicht mehr da sei und ließ daraufhin die Berufungswerberin die Sache insoweit auf sich beruhen. Es kam dann in weiterer Folge zur Erlassung einer Strafverfügung gegen die Berufungswerberin als Zulassungsbesitzerin wegen einer Übertretung des § 52b Abs 17a StVO und zu einem umfangreichen Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz. Diese Feststellungen stützen sich einerseits auf den Verwaltungsstrafakt erster Instanz, andererseits auf die Aussagen der Berufungswerberin sowie des Zeugen RI W Gr. Sowohl die Darstellung des seinerzeitigen Geschehens am Wachzimmer Schillerplatz durch die Berufungswerberin, als auch durch den damals amtshandelnden Polizeibeamten stimmten im Wesentlichen überein und bestätigte der Polizeibeamte klar und deutlich, der Berufungswerberin eine angemessene Frist zur Erhebung des seinerzeitigen Lenkers eingeräumt zu haben. Ebenso glaubwürdig war für die Berufungsbehörde, dass die Berufungswerberin tatsächlich einige Tage später wiederum aufs Wachzimmer Schillerplatz kam, um ihre Lenkerauskunft zu deponieren, was jedoch fehl schlug, da der Akt nicht mehr dort war, sondern bereits wiederum an das Strafamt der Bundespolizeidirektion Graz retourniert wurde. Rechtliche Beurteilung: Gemäß § 103 Abs 2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Fall von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen (Verfassungsbestimmung). Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück. Vorausschickend ist festzustellen, dass die Rechtsansicht, eine Polizeidienststelle (gemeint wohl: das Wachzimmer Schillerplatz) sei keine Behörde, grundsätzlich richtig ist. Das Wachzimmer Schillerplatz war jedoch, dies ergibt sich aus dem erstinstanzlichen Akt vom Strafamt der Bundespolizeidirektion Graz klar und deutlich, vom Strafamt der Bundespolizeidirektion Graz beauftragt worden, eine Lenkerauskunft im Sinne des § 103 Abs 2 KFG von der Berufungswerberin einzuholen. Das von der Berufungswerberin zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 25.9.1974, GZ.: 1138/73, bezieht sich einerseits auf ein Gendarmeriepostenkommando und andererseits darauf, dass diese Gendarmeriedienststelle keinen behördlichen Auftrag hatte. Aus diesem Grund geht dieser Hinweis auf höchstgerichtliche Judikatur fehl. Ebenso unrichtig ist die Rechtsansicht, dass das gegenständliche, der Berufungswerberin vorgeworfene, Delikt bereits verjährt wäre: Mit Ladungsbescheid der Bundespolizeidirektion Graz vom 31.7.2000, der Berufungswerberin am 8.8.2000, sohin einen Tag vor Ablauf der 6-monatigen Verfolgungsverjährungsfrist zugestellt, wurde der Berufungswerberin das gegenständliche Delikt, also rechtzeitig, vorgeworfen (vgl. hiezu §§ 31f VStG). Das Berufungsvorbringen führte jedoch trotzdem zum Erfolg: Grundsätzlich ist, ausgehend vom Wortlaut des § 103 Abs 2 KFG, die Auskunft unverzüglich zu erteilen. Zur Rechtsfrage, ob der Begriff "unverzüglich" sofort oder sogleich zu bedeuten hat oder ob dem Zulassungsbesitzer im Falle einer mündlichen Anfrage eine Frist zugestanden werden müsse, um ohne unnötigen Verzug den Lenker zu ermitteln und in seinen Aufzeichnungen nachschauen zu können, hat der Verwaltungsgerichtshof in seinen Erkenntnissen vom 16.12.1987, Zl. 87/02/0179, und vom 13.1.1988, Zl. 87/03/0193, die jeweils ein telefonisches Auskunftsverlangen, bei dem die Auskunft gleichfalls "unverzüglich" zu erteilen ist, Stellung genommen und dabei dem Umstand maßgebliche Bedeutung beigemessen, ob der betreffende Zulassungsbesitzer dem anfragenden Beamten gegenüber erklärt hat, dass er aus bestimmten näher angeführten Gründen im Augenblick zur Erteilung der geforderten Auskunft nicht in der Lage sei, weil nur dann, wenn eine solche Mitteilung erfolgt ist, die Gewährung einer Frist zu Beantwortung der Anfrage in Betracht komme (vgl. hiezu auch das VwGH-Erkenntnis vom 28.11.1990, Zl. 90/02/0136). Der Berufungswerberin wurde - unbestrittenermaßen - eine Frist zur Beantwortung der Frage eingeräumt und versuchte sie - und folgt hier die Berufungsbehörde den Ausführungen der Berufungswerberin - "unverzüglich" die Auskunft zu erteilen, was jedoch aus bestimmten Gründen, die nicht in ihrer Verantwortung lagen, misslang. Es kann der Berufungswerberin nicht zum Vorwurf gemacht werden, nicht gewusst zu haben, dass sie die Lenkerauskunft im Strafamt der Bundespolizeidirektion Graz sozusagen nachbringen müsse, ist sie darauf gar nicht hingewiesen worden. Vor diesem Hintergrund steht die Berufungsbehörde auf dem Standpunkt, dass das der Berufungswerberin zur Last gelegte Verhalten keine Übertretung des § 103 Abs 2 KFG darstellt und war daher das wider sie durchgeführte Strafverfahren einzustellen und das angefochtene Straferkenntnis zu beheben.