TE UVS Steiermark 2001/07/02 20.3-58/2000

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Veröffentlicht am 02.07.2001
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Spruch

I

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erich Kundegraber über die am 17. November 2000 eingelangte Beschwerde des M K, vertreten durch Dr. W V, Rechtsanwalt in G, wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt gemäß §§ 67a Abs 1 Z 2, 67c Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), § 35 Z 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), §§ 82 Abs 1, 88 Sicherheitspolizeigesetz (SPG), wie folgt entschieden:

Die Identitätsfeststellung beim Beschwerdeführer durch ein Organ der Bundespolizeidirektion Graz am 6. Oktober 2000, um ca 18.00 Uhr, Graz, Hauptplatz war rechtswidrig.

Die Bundespolizeidirektion Graz hat als belangte Behörde dem Beschwerdeführer gemäß § 79a AVG in Verbindung mit der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl Nr 855/1995 einen mit S 9.885,-- bestimmten Kostenaufwand binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

II

Über die am 23. Februar 2001 eingelangte Beschwerde wegen Verletzung von Richtlinien über das Einschreiten gemäß § 89 SPG wird wie folgt entschieden:

Durch die Nichtbekanntgabe der Dienstnummer an den Beschwerdeführer am 6. Oktober 2000, um ca 18.00 Uhr, in Graz, Hauptplatz, durch einen Beamten der Bundespolizeidirektion Graz, wurde § 9 Abs 1 der Richtlinien-Verordnung (RLV) in Verbindung mit § 31 SPG verletzt.

Die Bundespolizeidirektion Graz hat als belangte Behörde dem Beschwerdeführer gemäß § 79a AVG in Verbindung mit der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl Nr 855/1995 einen mit S 9.885,-- bestimmten Kostenaufwand binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstiger Exekution zu bezahlen.

Text

I.1. In der "Sammelbeschwerde" vom 16. November 2000 bringt der Beschwerdeführer Nachfolgendes vor:

Im Rahmen meiner ehrenamtlichen Tätigkeit für den 'Verein Freies

Radio

Steiermark - Radio Helsinki 92,6' nahm ich am 6.10.2000 in Graz am Hauptplatz die Reden bei der Wahlkampfveranstaltung der ÖVP auf. Ich positionierte mich zirka vier

Meter vor den Boxen

zur linken von der Bühne, um eine möglichst gute

Aufnahmequalität zu erreichen. Im Laufe der Veranstaltung konnte

ich sehen, daß

sich Polizisten in dem Bereich aufhielten, in dem

sich eine Personengruppe befand,

die versucht hatte, ein

kritisches Transparent hochzuhalten.

Nach dem Ende der Veranstaltung ging ich hinter den Brunnen, da ich wissen

wollte,

wie es jener Personengruppe ergangen war. Ich glaubte, meinen Augen

nicht zu trauen: Dieser Bereich war durch eine Wand vom

Bereich vor der Bühne

abgetrennt. Ich sah, wie Ch B und D H

(vergl. Sachverhalt Ch B und D H) am Boden

saßen bzw. lagen und

sich aneinander festhielten. Cirka sechs Polizisten in Uniform

('Taurus') standen um sie herum und versuchten, sie auseinander

zu zerren. Einige

Beamte der Abteilung 1, BPD Graz, hielten sich

in der Nähe auf und beobachteten

die Szene.

Ich packte meinen

Minidiscrecorder wieder aus und versuchte, die Ereignisse

aufzunehmen. Zu diesem Zweck stellte ich mich hinter den Polizisten auf und hielt

das Mikrofon in Richtung der Amtshandlung. Einige uniformierte Polizisten fuhren

mich an, ich

solle weggehen, ich würde die Amtshandlung stören. Ich erwiderte, daß ich keineswegs die Amtshandlung stören würde und beharrte auf meinem Recht

als Mitarbeiter eines Radiosenders, diese Vorgänge aufzunehmen. Auf einmal

schlug mir ein Mann, der bis

dahin die Szene an der Theke eines Würstelstandes

lehnend

beobachtet hatte, den Minidiscrecorder aus der Hand. Ich schrie

ihn an,

was das solle, und versuchte, Mikro, Kopfhörer und Recorder wiederzufinden. Sie

waren zwischen die Beine der Polizisten bei der Amtshandlung gefallen. Nach kurzer

Zeit

konnte ich Mikro und Kopfhörer weitgehend unbeschädigt wieder

finden. Ein mir

unbekannter junger Mann hatte den Recorder

gefunden und händigte ihn mir nach

kurzer Zeit - unbeschädigt -

wieder aus.

Ich bat einen Beamten der Einheit 'Taurus', eine Anzeige gegen den Mann

aufzunehmen, der mir das Gerät aus der Hand geschlagen hatte. Er erwiderte, daß

er keine Zeit hätte und

ich die Amtshandlung nicht stören solle. Ich ersuchte einen Beamten in normaler Uniform, eine Anzeige aufzunehmen. Auch

dieser weigerte

sich, ebenso wie er sich weigerte, mir seine

Dienstnummer zu nennen. Ich

versuchte, die Personalienfestsellung bei F Ha (vergl. Sachverhalt F Ha)

aufzunehmen, was Polizeibeamte - uniformiert und in Zivil -

verhinderten, indem sie

mich mit den Händen wegdrängten und mich

aufforderten, mich zu entfernen. Ein Beamter der Abteilung, BPD

Graz, verlangte von mir, meine Personalien

bekanntzugeben. Ich

fragte, was er mir vorwerfe und er antwortete 'Behinderung der Amtshandlung'. Ich nannte ihm meine Daten und verlangte seine

Dienstnummer, die

er mir so kurz zeigte, daß ich sie nicht

erkennen konnte. Später erfuhr ich, daß sein

Name 'P ist. Ich

forderte ihn auf, eine Anzeige gegen den Mann aufzunehmen, der

mir den MD-Recorder aus der Hand geschlagen hatte. Er

verweigerte dies jedoch mit

den Worten: 'Bei mir

ned'.

Besagter Mann war mittlerweile nicht mehr zu sehen. Er

war etwa 50 Jahre alt,

beleibt, hatte sehr kurze, rasierte Haare

und trug einen Anzug (Grün, türkis oder so ähnlich). Ich denke,

daß ich ihn wieder erkennen würde. Später erfuhr ich von einer Zeugin, die das Geschehen beobachtet hatte, daß der Mann mit

Beamten der Abteilung zusammenstand und mit ihnen sprach.

Möglicherweise war er also selber

Polizist.

Die Schilderung

des Sachverhaltes belegt, daß ich lediglich das Recht in Anspruch

nehmen wollte, die Vorgänge zu dokumentieren.

Gemäß § 28 (3)

SPG darf in die Rechte eines Menschen nur dann eingegriffen werden, wenn eine solche Befugnis im SPG vorgesehen ist. Die Sicherheitsbehörden wären nur dann zum Einschreiten ermächtigt gewesen, wenn

eine allgemeine Gefahr bestanden hätte bzw. wenn

ein gefährlicher Angriff

vorgelegen wäre.

Eine allgemeine

Gefahr besteht nach § 16 SPG, bei einem gefährlichen Angriff oder

sobald sich zumindest drei Menschen mit dem Vorsatz verbinden,

fortgesetzt

gerichtlich strafbare Handlungen zu begehen. Ein

solcher Vorsatz hat nicht

bestanden.

Ein gefährlicher Angriff

ist die Bedrohung eines Rechtsgutes durch die rechtswidrige

Verwirklichung des Tatbestandes einer 1. nach dem Strafgesetzbuch, 2. nach § 12, 14 oder 14a des Suchtgiftgesetzes, oder 3. nach dem Verbotsgesetz strafbaren

Handlung, die vorsätzlich begangen wird. Nach § 16 (3) SPG liegt

ein gefährlicher

Angriff schon dann vor, wenn ein Verhalten

darauf abzielt und geeignet ist, eine

solche Bedrohung

vorzubereiten, sofern dieses Verhalten in engem zeitlichen

Zusammenhang mit der angestrebten Tatbestandsverwirklichung

gesetzt wird. Ich

habe durch mein Verhalten weder einen

strafrechtlich relevanten Tatbestand

verwirklicht und einen

solchen auch nicht vorbereitet, sodaß kein gefährlicher Angriff

vorgelegen ist.

Das Vorgehen gegen meine Person war somit

keine rechtlich zulässige Maßnahme

im Rahmen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Sicherheit. Auch im Rahmen der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung kann das Vorgehen

gegen meine Person

nicht rechtlich zulässig gewesen sein, gerade

angesichts der Bestimmung in § 27 (1)

SPG, daß hiebei 'auf das Interesse des Einzelnen, seine Grund- und Freiheitsrechte

ungehindert auszuüben, besonders Bedacht zu nehmen' ist.

Zu den Maßnahmen der Sicherheitsbehörden im einzelnen führe ich folgendes aus:

a) Die Sicherheitsbehörden haben gegen ihre Richtlinien gemäß § 31 (2) Zif. 5 SPG

iVm der Richtlinien-Verordnung

verstoßen. Gemäß § 31 (2) Zif. 5 SPG haben 'die

Organe des

öffentlichen Sicherheitsdienstes beim Eingriff in Rechte von

Menschen

auf die Erkennbarkeit ihrer Unvoreingenommenheit

Bedacht zu nehmen ..., sodaß

ihr Einschreiten von den Betroffenen insbesondere nicht als Diskriminierung

aufgrund ...

ihrer politischen Auffassung empfunden wird.' Diese Bestimmung

findet

sich auch in der Verordnung des Bundesministers für

Inneres, mit der Richtlinien für

das Einschreiten der Organe des

öffentlichen Sicherheitsdienstes erlassen werden (Richtlinien-Verordnung, BGBl. Nr. 266/1993), in § 5 (Achtung der

Menschenwürde). Organe des Sicherheitsdienstes haben es

toleriert, daß ein Unbekannter versuchte, meine Aufnahme zu

unterbinden und das Aufnahmegerät

zu zerstören. Dadurch, daß die Sicherheitsbehörden parteilich auf Seiten des Unbekannten

standen, indem sie sich mehrfach weigerten, Anzeigen gegen diese Person entgegen zu nehmen, haben sie gegen § 31 (2) Zif. 5 SPG

iVm. § 5

Richtlinien-Verordnung verstoßen.

b) Die Identitätsfeststellung erfolgte meines Erachtens zu Unrecht. Gemäß § 35 (1)

SPG sind die Organe des öffentlichen

Sicherheitsdienstes zur Feststellung der Identität eines Menschen ermächtigt, wenn aufgrund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, er stehe in Zusammenhang mit einem gefährlichen Angriff oder

könne über einen solchen Angriff Auskunft erteilen.

Ich bestreite, daß der handelnde

Beamte vertretbar annehmen

konnte, es liege ein gefährlicher Angriff vor. Um von

einem

gefährlichen Angriff sprechen zu können, bedarf es der Verwirklichung

bestimmter mit gerichtlicher Strafe bedrohter

Tatbestände oder zumindest eines als

Vorbereitungshandlung

hiefür zu qualifizierenden Verhaltens. Da ich keinerlei Gewalt angedroht oder angewendet habe und mein einziges 'abweichendes' Verhalten die Ausübung des Rechtes war, ohne Behinderung die Amtshandlungen zu

dokumentieren, was in unserer Rechtsordnung

wohl sicherlich nicht als gefährlicher

Angriff gewertet werden

kann, findet die Identitätsfeststellung in § 35 SPG keine

rechtliche Grundlage.

c) Im Zuge der Identitätsfeststellung

verlangte ich von dem an der Amtshandlung

beteiligten Beamten

die Dienstnummer. Der Beamte zeigte mir einen Ausweis oder ähnliches, jedoch nur so kurz, dass ich nichts erkennen konnte, was einer

faktischen Verweigerung gleichkommt. Gemäß § 30 (1)

SPG ist der Betroffene bei

Ausübung von Befugnissen im Rahmen

der Sicherheitsverwaltung gemäß Zif. 2 'auf

sein Verlangen von

den Dienstnummern der einschreitenden Organe des

öffentlichen

Sicherheitsdienstes in Kenntnis zu setzen.' Die Verweigerung der Bekanntgabe der Dienstnummern des anderen einschreitenden

Beamten

widerspricht meinen Rechten gemäß § 30 (1) Zif. 2

SPG.

d) Durch die oben angeführten Sachverhalte (Aufforderung der Polizisten, ich solle

mich entfernen, Wegdrängen,

Identitätsfeststellung, Androhung einer Anzeige)

wurde ich in

meiner journalistischen Tätigkeit massiv behindert. Mit Schreiben vom 26. Jänner 2001 (zugestellt dem Beschwerdeführer am 31. Jänner 2001) teilte die im Rahmen der Richtlinienbeschwerde tätig gewordene Bundespolizeidirektion Graz als Dienstaufsichtsbehörde mit, dass keine Verletzung der Richtlinie für das Einschreiten erkennbar sei. Dagegen wurde rechtzeitig ein Vorlageantrag gemäß § 89 Abs 4 SPG eingebracht. Der Antrag im Rahmen des Richtlinienverfahrens wurde in der Verhandlung vom 12. März 2001 insoweit eingeschränkt, als der Beschwerdeführer eine Richtlinienverletzung nur mehr darin erblickt, dass "die Nichtaufnahme der Anzeige, das nicht ordnungsgemäße Bekannt geben der Dienstnummer" Gegenstand sein sollte. Der UVS bezog damit die gesamte Amtshandlung einer Überprüfung wegen Verletzung einer Richtlinie mit ein. Im Beschwerdeverfahren im Sinne des § 88 SPG wurde in der Verhandlung vom 12. März 2001 insbesondere "die Identitätsfeststellung, dem Wegdrängen bei der Aufnahme der Amtshandlung von Herrn Ha und damit verbunden der Verhinderung des Rechtes auf freie Meinungsäußerung" angeführt. 2. Die Bundespolizeidirektion Graz legte am 29. Dezember 2000 eine Gegenäußerung vor. Dazu wurde unter anderem ein Aktenvermerk vom 5. Oktober 2000 betreffend die Durchführung von polizeilichen Maßnahmen bei der Wahlversammlung der ÖVP unter Teilnahme des bayrischen Ministerpräsidenten Dr. Edmund Stoiber am 6. Oktober vorgelegt. Eine Anzeige an die Staatsanwaltschaft Graz wegen Verdacht einer versuchten Störung einer Versammlung vom 27. November 2000, die Beantwortung einer parlamentarischen Anfrage wegen des Polizeieinsatzes vom 6. Oktober 2000, sowie Anzeigen wegen Verdachtes der Verwaltungsübertretung nach § 81 SPG und § 1 erster und zweiter Fall, LGBl Nr. 158/75 vom 9. Oktober 2000, die Liste der perlustrierten bzw vorübergehend festgenommenen Personen, eine Einsatzdokumentation von den Gruppenkommandanten der eingesetzten Exekutivbeamten, Auszüge aus Internetseiten betreffend des Einsatzes der Exekutive (Mayday 2000) und eine Liste aller beteiligten Beamten beim Einsatz. Bemerkt wurde, dass die Dienstnummer 1825 nicht vergeben wurde und auch nicht evident sei. II.1. Auf Grund des Akteninhaltes, sowie der Einvernahme des Beschwerdeführers, der Einvernahme der Beschwerdeführer D H, Ch B, F Ha, A B, Chr S und Mag. G U, die als Zeugen beteiligten Meldungsleger, der Zeugen I A, B Bi, Ge Kl, Mag. K Po, G Kla, St R, J Th, L Li, P Fu, Ph Ci und Fl Ka geht der Unabhängige Verwaltungssenat von nachfolgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus: Am 6. Oktober 2000 fand eine Wahlveranstaltung der ÖVP auf dem Grazer Hauptplatz unter Teilnahme des bayrischen Ministerpräsidenten Dr. Edmund Stoiber statt. Die Veranstaltung begann um 16.00 Uhr und es waren ca 2.000 Personen anwesend. Kurz vor Ansprache des Ministerpräsidenten drängte sich eine Gruppe von ca 20 Personen ca 20 m vor dem Rednerpult bzw 10 m vor dem Brunnen am Hauptplatz. Der Beschwerdeführer befand sich nicht darunter, sondern hielt sich mit einem Aufnahmegerät ca 5 m vor der Rednerbühne auf, da er ehrenamtlich für das Radio "Helsinki" an der Veranstaltung teilnahm. Er konnte von seinem Standort in einer Entfernung von ca 10 bis 15 m wahrnehmen, dass ein Transparent der Antifaschistischen Linken hochgehalten wurde und dieses sodann heruntergerissen wurde. Auch hatte er die Sprechchöre wahrgenommen, konnte jedoch den Inhalt nicht identifizieren. Nach der Veranstaltung begab sich der Beschwerdeführer auf die Westseite des Hauptplatzbrunnens und stellte sich ca 1/2  bis 1 m hinter einem Polizisten hin, um eine Amtshandlung aufzunehmen. Der Beschwerdeführer wurde von mehreren Polizisten aufgefordert wegzugehen, da er die Amtshandlung störe und er entgegnete, dass er ein Recht darauf habe, da er für ein "Radio" aufnehme. Daraufhin kam eine Person in Zivil zu ihm, schlug ihm das Aufnahmegerät aus der Hand, sodass es zu Boden fiel. Er schrie die Person an, jedoch bekam keine Reaktion. Der Beschwerdeführer versuchte daraufhin im Tumult eine Anzeige gegen den Mann zu erstatten, jedoch ohne Erfolg. Nach kurzer Zeit kam ein Passant vorbei und gab ihm das Aufnahmegerät. Sodann begab sich der Beschwerdeführer zur Amtshandlung mit dem Beschwerdeführer Ha und wollte diese sodann aufnehmen. Er befand sich unmittelbar hinter dem Polizisten und kam nach ca 1/2 Minute der Zeuge Insp. P und teilte ihm mit, dass er die Amtshandlung störe. Der Beschwerdeführer wurde trotz Einwände, er hätte das Recht aufzunehmen, etwa 2 m zur Seite gewiesen und vom Zeugen P zur Ausweisleistung aufgefordert. Da er sich zuvor mit einem "Radio-Helsinki-Ausweis" auswies, wurde dies vorerst nicht akzeptiert und musste der Beschwerdeführer einen amtlichen Lichtbildausweis vorzeigen. Der Beschwerdeführer wurde vom Zeugen P nicht abgemahnt. Der Beschwerdeführer wurde vom Zeugen P nicht angezeigt. Der Beschwerdeführer hat dem Zeugen P nicht ersucht eine Anzeige wegen Sachbeschädigung aufzunehmen. Der Zeuge P wurde sodann vom Beschwerdeführer aufgefordert die Dienstnummer bekannt zu geben, wobei er sich kurz mit dem Dienstausweis und der Kokarde auswies. Der Beschwerdeführer teilte noch mit, dass er die Dienstnummer nicht lesen könne und hat hierauf der Zeuge P nicht reagiert. 2. Der festgestellte Sachverhalt gründet sich auf die Aussage des Beschwerdeführers, der Zeugin B Bi, Ge Kl und BI P. Insoweit der Beschwerdeführer behauptet beim Zeugen P eine Anzeige gemacht zu haben, wird dem nicht gefolgt, als auch der Behauptung, dass er vom Zeugen P mit den Händen 2 m weggeschoben worden sei. Sehr wohl ist der Beschwerdeführer mit dem Zeugen P ca 2 m bei Seite gegangen, um sich auszuweisen. Im Übrigen decken sich grosso modo die Ausführungen des Beschwerdeführers, mit denen des Zeugen BI P. Dass bei der Durchführung der Veranstaltung die Überwachungskamera am Hauptplatz nicht eingeschaltet war, kann im Übrigen nicht zu Lasten der belangten Behörde gehen, jedoch wäre es gerade bei einer derartigen Veranstaltung wünschenswert, sich einer bereits installierten Überwachungskamera zu bedienen. III.

Die Rechtsbeurteilung ergibt Folgendes: 1. Die Beschwerde über die Amtshandlung auf dem Grazer Hauptplatz während bzw nach einer Wahlkampfveranstaltung der ÖVP am 6. Oktober 2000 langte beim Unabhängigen Verwaltungssenat am 17. November 2000 (Datum des Poststempels 16. November 2000) ein, wodurch die sechswöchige Beschwerdefrist gemäß § 67c Abs 1 AVG gewahrt wurde. Auch ist die örtliche Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark gegeben, da sich der Vorfall im Sprengel des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark ereignete. 2. Gemäß § 35 Z 1 VStG dürfen die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes, außer in gesetzlich besonders geregelten Fällen, Personen, die auf frischer Tat betreten werden, zum Zweck ihrer Vorführung vor die Behörde festnehmen, wenn der Betretene dem anhaltenden Organ unbekannt ist, sich nicht ausweist und seine Identität auch sonst nicht sofort feststellbar ist. Auf Grund des festgestellten Sachverhaltes ist davon auszugehen, dass zwar gegen andere Teilnehmer der Veranstaltung der Verdacht von Verwaltungsübertretungen vorlag, jedoch nicht beim Beschwerdeführer. Der Zeuge P gab an, er habe die Ausweisleistung beim Beschwerdeführer deshalb verlangt, da er die Amtshandlung behinderte. Der Zeuge P gab an, dass er jedenfalls keine Zwangsgewalt "betreffend Unterbindung der Aufnahme" gesetzt habe. Auch gab der Zeuge Insp. P an, dass er der Meinung sei, es seien bei Festnahmen von Personen Tonbandaufnahmen zu verbieten, wenn die Identität des Betreffenden festgestellt wird. Gemäß § 82 Abs 1 SPG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 3.000,-- zu bestrafen, wer sich trotz vorausgegangener Abmahnung gegenüber einem Organ der öffentlichen Aufsicht oder gegenüber einer Militärwache, während diese ihre gesetzlichen Aufgaben wahrnehmen, aggressiv verhält und dadurch eine Amtshandlung behindert. Dass der Beschwerdeführer abgemahnt worden sei, wird selbst vom Zeugen P nicht behauptet. Es gibt keinen Anhaltspunkt - folgt man der Zeugenaussage Insp. P, als auch der Darstellung des Beschwerdeführers - dass dieser ein "aggressives" Verhalten gezeigt hat und dadurch die Amtshandlung behindert hätte. Es lag somit nicht einmal ansatzweise der Verdacht einer Verwaltungsübertretung nach § 82 Abs 1 SPG vor, da das zentrale Tatbestandsmerkmal der Verwaltungsübertretung, nämlich das "aggressive Verhalten", beim Beschwerdeführer nicht vorlag. Aggressiv bedeutet so viel, wie "angreifend" oder "angriffslustig" (siehe auch VfSlg 9229/1981; 10957/1986; 12623/1991; VwGH 24.2.1986, 85/10/0162 und 0163; 9.2.1987, 86/10/0182). Dass die akustische Aufnahme in aggressiver Weise durchgeführt wurde bzw der Beschwerdeführer in aggressiver Weise auf die Aufforderung, nicht aufzunehmen, reagierte, wird selbst vom Zeugen P nicht behauptet. Allein der Umstand, dass jemand eine Amtshandlung akustisch aufnehmen will, rechtfertigt noch nicht die Person zur Ausweisleistung aufzufordern und war daher die Aufforderung in concreto beim Beschwerdeführer sich auszuweisen, rechtswidrig. Bezüglich des Wegdrängens des Beschwerdeführers braucht daher im Hinblick auf die Rechtswidrigkeit der Amtshandlung nicht mehr näher eingegangen werden. Im Übrigen lässt sich aus dem festgestellten Sachverhalt erkennen, dass der Beschwerdeführer mit dem Zeugen P ca 2 m bei Seite gegangen ist, um eine Identitätsfeststellung durchzuführen. 3. Gemäß § 9 Abs 1 RLV haben die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes dem von einer Amtshandlung Betroffenen auf deren Verlangen ihre Dienstnummer bekannt zu geben. Dies gilt nicht, so lange dadurch die Erfüllung der Aufgabe gefährdet wäre. Die Bekanntgabe der Dienstnummer aus anderen Anlässen ist dem Organ freigestellt. Unbestritten ist durch die Aussage des Zeugen P, als auch des Beschwerdeführers, dass der Beschwerdeführer die Dienstnummer verlangt hat und sich der Zeuge P dem Beschwerdeführer gegenüber mit Dienstausweis und Kokarde ausgewiesen hat. Gemäß § 9 Abs 2 RLV ist die Dienstnummer in der Regel durch Aushändigung einer mit der Dienstnummer, der Bezeichnung der Dienststelle und deren Telefonnummer versehenen Karte bekannt zu geben. Sofern gewährleistet ist, dass dem Betroffenen die Dienstnummer auf andere Weise unverzüglich zur Kenntnis gelangt, kann diese auch auf andere zweckmäßige Weise bekannt gegeben werden. Die zusätzliche Nennung seines Namens ist dem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes freigestellt. Die Behörde folgt hiebei der Darstellung des Beschwerdeführers, wenn er vermeint, dass er durch das Herzeigen der "Scheckkarte" (gemeint Dienstausweis) noch nicht die Dienstnummer des Zeugen P wahrnehmen konnte und er den Zeugen P auch darauf hingewiesen habe. Der Zeuge P habe hierauf nicht geantwortet. Somit war nicht "gewährleistet", dass der Beschwerdeführer die Dienstnummer erlangte und wäre der Zeuge P verpflichtet gewesen dem Beschwerdeführer auf die Frage, dass er die Dienstnummer nicht lesen hätte können, nochmals seinen Dienstausweis zu zeigen bzw wäre es von vornherein besser gewesen bei einem derartigen Einsatz eine Karte im Sinne des § 9 Abs 2 RLV erster Satz dem Beschwerdeführer zu übergeben. Durch die Nichtaushändigung der Dienstnummer, trotz Verlangen des Beschwerdeführers, wurde jedenfalls § 9 Abs 1 RLV, beim Einschreiten des Organes des öffentlichen Sicherheitsdienstes, verletzt. Eine Verletzung einer Richtlinie durch Nichtaufnahme der Anzeige liegt nicht vor, da diesbezüglich die Beschwerdelegitimation nur Menschen zukommt, die vom "Einschreiten" der Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes "betroffen" waren. Voraussetzung der Beschwerdelegitimation ist jedoch, dass ein tatsächliches Einschreiten erfolgt ist. Es ist nicht zulässig nach § 89 SPG im Zusammenhang mit § 1 RLV in Beschwerde zu ziehen, dass ein Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes (pflichtwidrig) nicht eingeschritten ist. Eine Voreingenommenheit im Sinne des § 5 Abs 1 RLV konnte bei der Überprüfung der Amtshandlung nicht festgestellt werden und wurde auch vom Beschwerdeführer nicht behauptet. Konkrete Anhaltspunkte hiefür konnten jedenfalls nicht festgestellt werden. 4. Als Kosten wurde gemäß § 79a in Verbindung mit der Aufwandersatzverordnung UVS, BGBl Nr 855/1995 dem Beschwerdeführer im Verfahren nach § 88 SPG ein Betrag von S 9.885,-- zugesprochen. Dem Beschwerdeführer gebührt S 8.400,-- an Schriftsatzaufwand und S 1.485,-- an Verhandlungsaufwand (ein Siebentel als Verhandlungsaufwand bei sieben Beschwerdeführern; VwGH 22.4.1998, 97/01/630). Im Rahmen des Richtlinienbeschwerdeverfahrens im Sinne des § 89 SPG wurde dem Beschwerdeführer ebenfalls ein Betrag von S 9.885,-- zugesprochen, da auch hier ein Schriftsatzaufwand in der Höhe von S 8.400,-- und ein Verhandlungsaufwand von S 1.485,-- (siehe obige Rechtssprechung) zugesprochen wird. __

Schlagworte
Amtshandlung Aggression Behinderung akustische Aufnahme Identitätsfeststellung Richtlinie Dienstnummer Bekanntgabepflicht herzeigen vorweisen aushändigen
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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