Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Margit Pomaroli über die Berufung des Herrn Mag. S. gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 19.06.2000, Zahl St-V- 5652/00 wie folgt:
Gemäß § 66 Abs4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs1 und 51e Abs2 VStG wird
I)
der Berufung hinsichtlich des Spruchpunktes 1. insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe von S 2.000,-- (EUR 145,35) auf S 1.000,-- (EUR 72,67) herabgesetzt wird.
Dementsprechend wird der entsprechende Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß § 64 Abs2 VStG mit S 100,-- (EUR 7,27) neu festgesetzt.
II)
die Berufung hinsichtlich Spruchpunkt 2. als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs1 und 2 VStG hat der Beschuldigte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, somit insgesamt S 1.600,-- (EUR 116,28) zu bezahlen.
Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnis wird dahingehend richtig gestellt, als dass im Spruchpunkt 2), in der Wortfolge ?...beim Lenken deines Fahrrades? das Wort ?deines? durch ?seines? ersetzt wird, weiters war die Übertretungsnorm zu Spruchpunkt 2) durch § 5 Abs2 StVO iVm § 99 Abs1 litb StVO zu ergänzen.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, dass er am 18.05.2000 in Innsbruck
1. vor dem Haus Leopoldstraße 53 zwischen 16.17 Uhr und 16.27 Uhr durch lautstarkes Schreien und beschimpfen von Wachebeamten und wiederholte Versuche eine Frau zu attackieren, die Ordnung an einem öffentlichen Ort in besonders rücksichtsloser Weise gestört habe und
2. um 16.32 Uhr im Bereich Anton-Melzer-Straße 2 den Alko-Test trotz Aufforderung durch ein ermächtigtes Straßenaufsichtsorgan verweigert habe, obwohl vermutet werden konnte, dass er beim Lenken seines Fahrrades um 16.31 Uhr im Bereich Anton-Melzer-Straße 2 durch Alkohol beeinträchtigt gewesen sei.
Dadurch habe er Verwaltungsübertretungen zu Spruchpunkt 1) nach § 81 Abs1 SPG und zu Spruchpunkt 2) nach § 99 Abs1 litb StVO begangen und wurden über ihn Geldstrafen zu 1) in Höhe von S 2.000,-- (EUR 145,35) und zu 2) in Höhe von S 8.000,-- (EUR 581,38) verhängt. Weiters wurde er verpflichtet einen Beitrag zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten in Höhe von insgesamt S 1.000,-- (EUR 72,67) zu bezahlen.
Dagegen erhob der Berufungswerber fristgerecht Berufung, in welcher er ausführte, dass sein Rechtsanwalt und Strafverteidiger in dieser Sache, auch sein Sachwalter sei. Es handle sich dabei um Herrn RA Dr. B.. Die Frau habe ihn am 18.05.2000 mit dem Fahrrad widerrechtlich zu Sturz gebracht, sie habe ihm die Brille weggenommen und vier Mal gegen seine Hoden gestoßen. Dabei habe er geschimpft und seine Brille wieder haben wollen. Er habe Schmerzen wegen dem Sturz und wegen der Stöße der Frau gehabt. Er habe den Alko-Test nicht verweigert. Er sei durchaus dazu bereit gewesen, da er zu mittag nur ein kleines Bier getrunken habe, allerdings habe er sich nicht die Zähne geputzt. Die Beamten hätten ihn trotz seiner Bereitschaft nicht zu einem Alko-Test aufgefordert. Er verbüße für die angeführte Strafsache bereits eine Strafe in der Justizanstalt. Daher bitte er, dass er nicht doppelt bestraft werde.
Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat über das vorliegende Rechtsmittel wie folgt erwogen:
In der Anzeige der Bundespolizeidirektion Innsbruck, Wachzimmer Neu-Arzl vom 19.05.2000 wurde zusammengefaßt dargestellt, dass der Berufungswerber am Tatort zur Tatzeit nach Eintreffen der Beamten nur mit Gewalt davon abgehalten werden konnte, zu der Frau hinzulaufen und sie weiter zu attackieren, wie er dies bereits vor dem Eintreffen der Beamten gemacht habe. Der Berufungswerber sei sehr aufgebracht gewesen und habe mit voller Lautstärke geschrien ?Diese Hure hat meine Brille, die soll mir meine Brille geben?. Nachdem ihm die Brille gereicht worden sei, habe sich der Berufungswerber noch nicht beruhigt, sondern habe mit voller Lautstärke weiter geschrien. Er habe die Beamten angeschrien, dass sie ihn los lassen sollen. Nachdem sie ihn los gelassen hätten, habe er sich jedoch immer noch nicht beruhigt, und habe wieder zur beteiligten Dame laufen wollen. Erst nachdem ihm die Festnahme angedroht worden sei, habe er sich einigermaßen beruhigt. Es hätten sich mehrere Passanten über das Verhalten des Berufungswerbers beschwert. Bei der Aufnahme der Personalien des Berufungswerbers, sei aufgefallen, dass die Atemluft des Berufungswerber nach alkoholischen Getränken gerochen habe, daraufhin sei er angewiesen worden, sein Fahrrad nicht zu lenken. Er habe diese Anweisung zunächst befolgt, sei jedoch an der Kreuzung Leopoldstraße - Anton Melzer Str. auf sein Fahrrad gestiegen und weitergefahren. Die Beamten seien ihm nachgelaufen und hätten bei der anschließenden Anhaltung eindeutig die Symptome einer Alkoholisierung festgestellt. Die Ausatemluft des Berufungswerbers habe deutlich nach alkoholischen Getränken gerochen, die Sprache sei verändert und die Aufgenbindehäute stark gerötet gewesen. Aufgrund diese Symptome sei er um 16.31 Uhr zur Durchführung eines Alko-Testes im Wachzimmer Bahnhof aufgefordert worden. Dieser Aufforderung sei er nicht nachgekommen und hätte die Durchführung des Testes verweigert. Der Berufungswerber sei daraufhin gewiesen worden, dass die Verweigerung eines Alkomatentestes eine Verwaltungsübertretung darstelle und sei über die Folgen der Verweigerung belehrt worden. Da der Alko-Test verweigert worden sei, sei die Amtshandlung beendet und der Berufungswerber von der Anzeigeerstattung in Kenntnis gesetzt worden.
Auf die Aufforderung zur Rechtfertigung seitens der Erstbehörde vom 24.05.2000 reagierte der Berufungswerber nicht.
Sodann wurde das angefochtene Straferkenntnis erlassen.
Herr RA Dr. H. bestätigte mit Schreiben vom 11.10.2000, dass er der Sachwalter des Berufungswerbers sei und auch dass der Berufungswerber derzeitig eine Haftstrafe verbüße. Das diesbezügliche rechtskräftige Urteil wurde der Berufungsbehörde mit diesem Schreiben übermittelt. Am selben Tag wurde vom RA Dr. H. Akteneinsicht genommen
Mit Bericht vom 29.11.2000 teilte der Meldungsleger mit, dass er den Berufungswerber mit folgenden Worten zum Alko-Test im Wachzimmer Bahnhof aufgefordert habe ?Herr Magister, ich fordere Sie zur Durchführung eines Alkomatentestes auf. Diesen müssen Sie im Wachzimmer Bahnhof absolvieren. Erklären Sie sich damit einverstanden?. Dieser Aufforderung sei der Berufungswerber nicht nachgekommen. Er habe den Meldungleger gebeten, ihn nicht anzuzeigen, da er das Fahrrad schieben würde. Er sei eingehende über die Folgen einer Verweigerung belehrt worden.
Nachdem der oben genannte Bericht dem Berufungswerber zur Kenntnis gelangte, blieb eine Reaktion seinerseits aus.
Die Verwaltungsübertretung zu Spruchpunkt 1) wurde seitens des Berufungswerbers nicht bestritten, er versuchte lediglich zu erklären wie es zu dem Zwischenfall kam. Hinsichtlich der ihm vorgeworfenen Übertretung zu Spruchpunkt 2) bestritt der Berufungswerber, dass er während der gegenständlichen Amtshandlung zu einem Alkomatentest aufgefordert worden sei.
In der gegenständlichen Verwaltungsstrafsache liegt eine schlüssige und widerspruchsfreie Anzeige der Bundespolizeidirektion Innsbruck, Wachzimmer Neu-Arzl vor. Der Meldungsleger bestätigte in seinem schriftlichen Bericht vom 29.11.2000 wiederholt, dass er den Berufungswerber sehr wohl zum Alkomatentest aufgefordert habe. Die Berufungsbehörde sieht keinen Anlass an den Angaben des Meldungslegers zu zweifeln, zumal dieser einem Diensteid unterliegt. Der Berufungswerber selbst beließ es bei der globalen Bestreitung, dass er während der Amtshandlung zu einem Alkomatentest aufgefordert worden sei.
Rechtlich ist dieser Sachverhalt wie folgt zu beurteilen:
Zu Spruchpunkt 1):
Gemäß § 81 Abs1 SPG begeht jemand, der durch besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt stört, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu S 3.000,-- (EUR 218,02) zu bestrafen.
Ungerechtfertigt wird durch besonders rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung dann gestört, wenn durch das Verhalten des Beschuldigten der Ablauf des äußeren Zusammenlebens von Menschen in wahrnehmbarer Weise gestört wird. Dafür, dass durch das Verhalten die Ordnung an einem öffentlichen Ort gestört wird, ist es nicht erforderlich, dass das Verhalten zu Aufsehen, einem Zusammenlaufen von Menschen führt, es muss vielmehr nur unmittelbar oder mittelbar zur Folge haben, dass ein Zustand geschaffen wird, der geordneten Verhältnissen an einem öffentlichen Ort widerspricht; eine solche Störung ist schon dann zu bejahen, wenn eine Person dazu bewogen wurde, sich anders zu verhalten, als hätte der Vorfall nicht stattgefunden (VwGH 86/01/0131; 86/10/0197). Es genügt wenn etwa mehrere Personen an dem Verhalten Ärgernis genommen haben (VwGH 85/10/0027). Es ist nicht von Bedeutung, dass die Personen, die den Vorfall gesehen haben, nicht ausgeforscht wurden (VwGH 2765/77). Es besteht auch keine Verpflichtung eines Sicherheitswachebeamten, die Daten der Passanten, bei denen Ärgernis erregt wurde, aufzunehmen, damit diese später als Zeugen vernommen werden können (VwGH 84/10/0227).
Dadurch, dass der Berufungswerber bereits vor und während der Amtshandlung mit voller Lautstärke schrie ?diese Hure hat meine Brille, die soll mir meine Brille geben? und schimpfte, sowie die Beamten beschimpfte und die Frau immer wieder attackieren wollte, störte er durch dieses rücksichtsloses Verhalten die öffentliche Ordnung, da mehrere Passanten den Beamten gegenüber ihren Unmut äußerten.
Somit hat der Berufungswerber die ihm zu Spruchpunkt 1) vorgeworfene Verwaltungsübertretung sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.
Der Unrechtsgehalt ist erheblich, da der Berufungswerber durch sein Verhalten die öffentliche Ordnung in wahrnehmbarer Weise störte. Hinsichtlich dem Verschulden wird ihm fahrlässige Begehungsweise angelastet.
Als mildernd oder erschwerend war kein Umstand zu werten. Selbst wenn von schlechten Einkommens- und Vermögensverhältnissen ausgegangen wird, war eine weitere Herabsetzung aufgrund des Unrechtsgehaltes nicht möglich. Die nunmehr verhängte Geldstrafe ist als schuld- und tatangemessen anzusehen.
Spruchpunkt 2):
Gemäß § 5 Abs2 StVO sind Organe des amtsärztlichen Dienstes oder besonders geschulte und von der Behörde hiezu ermächtigte Organe der Straßenaufsicht berechtigt, jederzeit die Atemluft von Personen, die ein Fahrzeug lenken, in Betrieb nehmen oder zu lenken oder in Betrieb zu nehmen versuchen, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Sie sind außerdem berechtigt, die Atemluft von Personen, die verdächtig sind, in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben oder als Fußgänger einen Verkehrsunfall verursacht zu haben, auf Alkoholgehalt zu untersuchen. Wer zu einer Untersuchung der Atemluft aufgefordert wird, hat sich dieser zu unterziehen.
Im gegenständlichen Fall lagen bei dem Berufungswerber eindeutige Alkoholisierungsmerkmale vor, der Konsum von Alkohol wurde auch vom Berufungswerber nicht bestritten. Die kontrollierenden Beamten waren daher berechtigt, den Berufungswerber zur Durchführung des Alko-Testes aufzufordern. Der Berufungswerber weigerte sich jedoch in dem er dem Beamten sagte, dass er keinen Test mache und er das Fahrrad von nun an schieben werde. Auf die Frage, ob er krankheitsbedingt keinen Test machen könne, antwortete er mit nein und wiederholte, dass er das Fahrrad schieben werde. Auch nach der Belehrung über die Konsequenzen einer Verweigerung gab der Berufungswerber lediglich an, dass er nichts mehr sagen werde und die Beamten von seinem Anwalt hören würden.
Somit hat der Berufungswerber die ihm zu Spruchpunkt 2) vorgeworfene Verwaltungsübertretung sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht zu vertreten.
In Bezug auf die Strafhöhe ist auszuführen, dass die zur Anwendung gelangende Strafnorm für die gegenständliche Verwaltungsübertretung Geldstrafen von S 16.000,-- bis S 80.000,-- vorsieht. Das der Bestrafung zugrunde liegende Verhalten schädigt in nicht unerheblichem Ausmaß das Interesse einer Verkehrssicherheit, dem die Strafdrohung dient, weshalb der Unrechtsgehalt der angelasteten Tat als erheblich einzustufen ist. Hinsichtlich dem Verschulden wird dem Berufungswerber bedingter Vorsatz angelastet, da der Berufungswerber eingehend über die Konsequenzen einer Verweigerung der Durchführung eines Alkomatentestes belehrt worden ist, ist davon auszugehen, dass im klar sein mußte, dass er durch sein Verhalten eine Verwaltungsübertretung begeht.
Als mildernd oder erschwerend wurde kein Umstand gewertet. Eine Herabsetzung der durch die Erstbehörde verhängte Strafe war auch bei schlechten Einkommens- und Vermögensverhältnissen nicht möglich, da die Erstbehörde ohnedies schon das außerordentliche Milderungsrecht gemäß § 20 VStG angewandt hat und die Mindeststrafe von S 16.000,-- (EUR 1162,77) auf die Hälfte herabsetzte.
Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.
Bei den Delikten, die Verfahrensgegenstand des LG Innsbruck waren, handelt es sich um andere Delikte, als jene die nunmehr im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren Entscheidungsgegenstand waren. Daher unterliegt der Berufungswerber keineswegs einer Doppelbestrafung. Weiters wird der Berufungswerber daraufhin gewiesen, dass ihm die Möglichkeit offen steht, bei der Erstbehörde, der Bundespolizeidirektion Innsbruck, ein Ratenzahlungsgesuch einzureichen.