Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Renate Merl über die Berufung der Frau S B, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Graz, Gewerbeamt, vom 3.1.2001, GZ.: A4-St 484, 520 und 912/1998/103, wie folgt entschieden:
Der Berufung wird hinsichtlich des Punktes 1.) gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.
Hinsichtlich des Punktes 2.)wird der Tatzeitraum auf 23.7.1998 eingeschränkt und die Strafe auf S 1.000,-- (EUR 72,67), Ersatzarrest ein Tag, gemäß § 16 VStG herabgesetzt. Dadurch vermindert sich der Kostenbeitrag für das Verwaltungsstrafverfahren erster Instanz auf den Betrag von S 100,-- (EUR 7,27); dieser ist binnen vier Wochen ab Zustellung des Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerberin in ihrer Funktion als Arbeitgeberin des Lehrlings A D im Punkt 1.) eine Überschreitung der Tagesarbeitszeit am 17.7.1998 und im Punkt
2.) ein Verstoß gegen die Bestimmung des § 17 Abs 2 KJBG an den angeführten Tagen im Juli 1998, zuletzt am 23.7.1998 zur Last gelegt. Wegen dieser beiden Verwaltungsübertretungen wurde über sie eine Geldstrafe von S 5.000,-- je Spruchpunkt verhängt. In ihrer dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung vom 22.2.2001 bestritt die Berufungswerberin die ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen und brachte vor, der Lehrling habe nie länger als bis 22.00 Uhr gearbeitet. Die belastenden Stundenaufzeichnungen entsprechen nicht der Wahrheit, es handle sich um einen Racheakt. Frau D habe sich mit Freunden im Lokal nach Beendigung ihrer Arbeitszeit um 22.00 Uhr aufgehalten. Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine S 10.000,-- übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51 c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben. Zur Verfahrenseinstellung im Punkt
1.) und Einschränkung des Tatzeitraumes im Punkt 2.) auf den 23.7.1998:
Diesbezüglich ist aufgrund des vorliegenden Akteninhaltes von nachstehender Sach- und Rechtslage auszugehen:
Am 29.7.1998 langte bei der belangten Behörde eine Anzeige der Arbeiterkammer ein, derzufolge anlässlich einer Betriebsbesichtigung durch Organe der Arbeiterkammer am 23.7.1998 in der K festgestellt worden sei, dass der Lehrling A D um 22.37 Uhr noch im Gastgewerbebetrieb beschäftigt war. Die belangte Behörde leitete daraufhin zu GZ.: St 484/98 ein Verfahren ein. Mit Strafanzeige vom 6.8.1998, beim Magistrat Graz eingelangt am 11.8.1998, wurde der gleiche Sachverhalt auch von Arbeitsinspektorat Graz zur Anzeige gebracht. Hiebei wurde von der belangten Behörde offensichtlich übersehen, dass bereits ein Vorakt bestand und zu GZ.: 520/1998 ein weiterer Strafakt angelegt. In der Folge erging die Strafverfügung vom 24.8.1998, welche beide Geschäftszahlen trägt. In Folge des Einspruches der Beschuldigten wurde in weiterer Folge das ordentliche Ermittlungsverfahren eingeleitet (Beschuldigteneinvernahme, diverse Zeugeneinvernahmen, Stellungnahmen etc.), wobei die belangte Behörde beide Akten parallel weiterführte. Am 22.12.1998 erstattete das Arbeitsinspektorat Graz eine weitere Strafanzeige, derzufolge anlässlich einer neuerlichen Kontrolle am 23.9.1998 sowie durch Übersendung der Unterlagen des Lehrmädchens weitere Übertretungen im Zeitraum 3.7.1998 bis 20.7.1998 festgestellt worden seien. Aufgrund dieser Anzeige leitete die belangte Behörde ein drittes Strafverfahren zu GZ.: St 912/98 ein. Unter dieser Geschäftszahl folgt eine Korrespondenz zwischen der belangten Behörde und dem Arbeitsinspektorat Graz, ob die Verwaltungsübertretungen in Folge ihres zeitlichen Naheverhältnisses als fortgesetztes Delikt anzusehen seien. Schlussendlich erging per 10.2.1999 unter allen drei Geschäftszahlen ein Ladungsbescheid, mit welchem der Berufungswerberin unter Anschluss der Anzeige des Arbeitsinspektorates vom 16.12.1998 erstmals die Verwaltungsübertretungen im Zeitraum 3.7. bis 20.7.1998 zur Last gelegt wurden. Dieser Ladungsbescheid wurde am 8.3.1999 entfertigt. In rechtlicher Hinsicht folgt daraus Nachstehendes:
Gemäß § 31 Abs 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs 2 leg. cit. vorgenommen worden ist. Der Eintritt der Verjährung ist von Amts wegen wahrzunehmen, sogar dann, wenn diese Frage vom Beschuldigten weder im Verwaltungsstrafverfahren, noch in der Beschwerde geltend gemacht worden ist. Im gegenständlichen Fall beträgt die Verjährungsfrist sechs Monate (§ 30 letzter Satz KJBG). Im gegenständlichen Fall ist der belangten Behörde zwar dahingehend Recht zu geben, dass nach ständiger Judikatur des VwGH Verstöße gegen die selbe Bestimmung des KJBG, welche in einem zeitlichen Naheverhältnis stehen und die selbe Person betreffen, ein fortgesetztes Delikt darstellen. In diesem Fall beginnt die Verjährungsfrist spätestens ab dem letzten Tattag, im Anlassfall also ab dem 23.7.1998, zu laufen. Im Anlassfall wurde der Berufungswerberin jedoch die Übertretung im Punkt 1.) des Straferkenntnisses sowie sämtliche Übertretungen im Punkt 2.) des Straferkenntnisses mit Ausnahme jener am 23.7.1998 erstmals mit dem Ladungsbescheid vom 10.2.1999, entfertigt am 8.3.1999 und somit weit außerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist, welche am 23.1.1999 endete, zur Last gelegt. Es war somit das Verfahren im Punkt 1.) wegen bereits eingetretener Verfolgungsverjährung gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG einzustellen und im Punkt 2.) der Tatvorwurf auf den 23.7.1998, hinsichtlich dessen eine rechtzeitige Verfolgungshandlung vorliegt, einzuschränken. Zur Strafbemessung: Im Punkt 2.): Nach Belehrung über die Sach- und Rechtslage, insbesondere hinsichtlich der bereits eingetretenen Verfolgungsverjährung schränkte die Berufungswerberin ihre Berufung in der öffentlichen, mündlichen Verhandlung hinsichtlich des verbleibenden Tattages auf die Anfechtung lediglich der Höhe der verhängten Strafe ein. Da die Berufungswerberin nicht einschlägig vorbestraft ist, kommt im Anlassfall der erste Strafsatz des § 30 KJBG (S 1.000,-- bis S 15.000,--) zur Anwendung, wobei hinsichtlich des Verschuldens zumindest von fahrlässiger Begehung auszugehen ist und als mildernd nichts und als erschwerend ebenfalls nichts anzunehmen ist. Neben den objektiven Kriterien des Unrechtsgehaltes der Tat kommt im ordentlichen Verfahren als Strafbemessungsgrundlage die Prüfung der subjektiven Kriterien des Schuldgehaltes der Tat, somit auch die in der Person des Beschuldigten gelegenen Umstände, hinzu. Gemäß § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) daher die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen. Die nunmehr für den verbleibenden Tattag 23.7.1998 auf S 1.000,-- herabgesetzte Strafe beträgt nur die gesetzliche Mindeststrafe und entspricht hinsichtlich der Höhe genau dem Strafantrag des Arbeitsinspektorates vom 6.8.1998. Bei der Strafbemessung wurde ein geschätztes Durchschnittseinkommen von S 15.000,-- zugrunde gelegt.