TE UVS Steiermark 2001/07/13 30.9-137/2000

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Veröffentlicht am 13.07.2001
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Christian Erkinger über die Berufung des Herrn J G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Leibnitz vom 28.11.2000, GZ.: 15.1 2953/2000, zu Punkt 5.) wie folgt entschieden:

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis in diesem Punkt behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Text

Mit Straferkenntnis der belangten Behörde vom 28.11.2000, GZ.:

15.1 2953/2000, wurde dem Berufungswerber unter Punkt 5.) angelastet, er habe am 6.4.2000 um 14.15 Uhr in Spielfeld, auf der B 67, bei Strkm 101,3, als Lenker des Personenkraftwagens mit dem Probefahrtkennzeichen dieses Fahrzeug gelenkt und habe auf Sitzen, welche mit Sicherheitsgurten ausgestattet gewesen seien, ein Kind befördert, das unter 12 Jahre alt und kleiner als 150 cm gewesen sei. Er habe nicht dafür gesorgt, dass das Kind mit geeigneten Rückhalteeinrichtungen gesichert gewesen sei.

Wegen dieser Übertretung wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe im Ausmaß von S 1.000,-- (1 Tag 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe für den Fall der Uneinbringlichkeit) verhängt.

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber hinsichtlich Punkt 5.) Berufung erhoben und darin angeführt, dass sein Sohn einerseits schon über 12 Jahre alt sei und auch zum Tatzeitpunkt über 1,50 m groß gewesen sei. Die ihm angelastete Übertretung zu Punkt 5.) treffe nicht zu.

Unter Ladung der Parteien und des meldungslegenden Zeugen wurde eine öffentliche, mündliche Berufungsverhandlung anberaumt und konnte anlässlich dieser Folgendes festgestellt werden:

Demnach wurde der Berufungswerber im Zuge einer Standortkontrolle durch den Meldungsleger RI O angehalten. Dabei stellte dieser neben weiteren unbestritten gebliebenen Delikten bereits als er das Fahrzeug eingewiesen hat und dieses auf ihn zugefahren ist, durch die Seitenscheibe fest, dass der auf dem Beifahrersitz mitfahrende Sohn des Berufungswerbers nicht angegurtet gewesen ist. Zu Beginn der Amtshandlung stieg der Bub über Aufforderung seines Vaters aus, um die Fahrzeugpapiere bzw den Führerschein vom nahegelegenen Wohnort zu holen. Die getroffenen Feststellungen gründen sich auf die eingehende Einvernahme des meldungslegenden Zeugen RI O, der bei seiner Aussage unter Wahrheitspflicht bei sonstiger strafgerichtlicher Sanktion stand. Bei ihm als im Verkehrsüberwachungsdienst stehenden, geschulten Polizeibeamten kann ohne weiteres angenommen werden, dass er Vorgänge des Straßenverkehrs, insbesondere auch Routinefeststellungen, wie die gegenständliche, richtig beobachten und auch allfällige Übertretungen richtig beurteilen kann. Im Zuge des durchgeführten Ermittlungsverfahrens konnte auch nicht der Eindruck gewonnen werden, er wolle den Berufungswerber, der ihm zum Tatzeitpunkt gänzlich unbekannt war, aus welchen Gründen auch immer wahrheitswidrig belasten. Im Zuge des durchgeführten Ortsaugenscheines hat sich zwar ergeben, dass aufgrund der tieferen Straßenlage des gegenständlichen Sportwagens und die am Verhandlungstag gegebene starke Sonnenspiegelung die Sichtverhältnisse derart waren, dass nicht mit Sicherheit aus einer Entfernung von 3 bis 4 m gesagt werden konnte, ob ein darin sitzender Beifahrer angegurtet ist oder nicht. Derartige Sichtverhältnisse konnten jedoch am Tattag nicht verifiziert werden, vielmehr gab der einvernommene Zeuge an, dass die Sichtverhältnisse gut waren und er auch bereits beim Zufahren auf den Anhalteplatz erkannte, dass das auf dem Beifahrersitz sitzende Kind nicht angegurtet war. Demgegenüber stehen die Angaben des Berufungswerbers, als am Ausgang des Verfahrens interessierten Beteiligten und wird wohl davon auszugehen sein, dass aufgrund der lediglich kurzen Fahrstrecke wohl übersehen haben dürfte, dass sich sowohl er, als auch sein Sohn auf dieser Fahrtstrecke nicht angegurtet haben. Den Rechtfertigungsangaben des Berufungswerbers, wonach sein Sohn zum Tatzeitpunkt schon über 12 Jahre alt war und auch über 1,50 m groß gewesen sei, wurde nicht entgegengetreten. Trotz der getroffenen Feststellungen war der Berufung aus den nachfolgenden Gründen ein Erfolg beschieden: Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat (z.B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Was das erstgenannte Erfordernis anlangt, sind entsprechende, das heißt, in Beziehung zur vorgeworfenen Straftat stehende, wörtliche Ausführungen erforderlich. Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG wird somit dann Rechnung getragen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmal zur Verantwortung gezogen zu werden (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3.10.1985, Slg. NF 11894/A). Entscheidend dafür, welche Tathandlung die Behörde der Verwaltungsvorschrift unterstellt hat, ist daher die Bezeichnung im Spruch des Erkenntnisses. Die objektive Tatseite einer Verwaltungsübertretung ist das vom Tatbestand erfasste, äußere menschliche Verhalten. Dieses Verhalten kann in einem Tun oder in einem Unterlassen bestehen. Entsprechend § 106 Abs 1 b KFG hat der Lenker dafür zu sorgen, dass Kinder unter 12 Jahren, die kleiner als 150 cm sind, unbeschadet des Abs 1 c in Personenkraftwagen, Kombinationskraftwagen, Lastkraftwagen sowie Spezialkraftwagen, jeweils mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3.500 kg, auf Sitzen, die mit Sicherheitsgurten ausgerüstet sind, nur befördert werden, wenn dabei geeignete, der Größe und dem Gewicht der Kinder entsprechende Rückhalteeinrichtungen verwendet werden, welche die Gefahr von Körperverletzungen bei einem Unfall verringern können. Gemäß Artikel III Abs 1 der dritten Kraftfahrgesetz-Novelle sind, soferne ein Sitzplatz eines Kraftfahrzeuges mit einem Sicherheitsgurt ausgerüstet ist, Lenker und beförderte Personen, die einen solchen Sitzplatz benützen, je für sich zum bestimmungsgemäßen Gebrauch des Sicherheitsgurtes verpflichtet. Aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren hat sich nun ergeben, dass die im Fahrzeug des Berufungswerbers mitbeförderte Person sowohl zum Tatzeitpunkt über 12 Jahre alt war, als auch eine Körpergröße von über 1,50 m aufwies, und dass auch im Kraftfahrzeug sowohl auf der Lenker- als auch auf der Beifahrerseite eine Rückhalteeinrichtung in Form eines Sicherheitsgurtes zur Verfügung stand. Daher hätte dem Berufungswerber allenfalls eine Übertretung der zitierten Bestimmung der dritten Kraftfahrgesetz-Novelle, und nicht dem § 106 Abs 1 b KFG, unterstellt werden müssen. Da eine Korrektur von verletzter Verwaltungsvorschrift einem unzulässigen Austausch von Tatbestandselementen gleichgekommen wäre, war mangels rechtzeitiger zutreffender Verfolgungshandlung das gegen den Berufungswerber geführte Verwaltungsstrafverfahren aus den genannten Gründen einzustellen und der angefochtene Bescheid zu beheben.

Schlagworte
Lenker Personenbeförderung Kinder Sicherheitsgurte Rückhalteeinrichtungen Tatbestandsmerkmal
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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