Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Monika Gasser-Steiner über die Berufung des G D, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 26.5.2000, GZ.: 15.1 2000/1179, wie folgt entschieden:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung Folge gegeben, der Strafbescheid behoben und das Verwaltungsstrafverfahren in beiden Punkten gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
Mit dem bekämpften Strafbescheid legte die Bezirkshauptmannschaft Voitsberg dem Berufungswerber unter Punkt 1.) zur Last, er habe am 24.10.1999, um 12.32 Uhr, als Lenker des PKWs mit dem Kennzeichen in der Gemeinde Mooskirchen, Ortsgebiet Mooskirchen, auf der A 2, Strkm. 201.8, in Fahrtrichtung Graz, die durch Straßenverkehrszeichen in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 47 km/h überschritten. Unter Punkt 2.) wurde dem Berufungswerber als Zulassungsbesitzer des oben genannten Fahrzeuges vorgehalten, er habe auf die schriftliche Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Voitsberg vom 10.1.2000 hin, den Lenker des Fahrzeuges zur genannten Zeit am angegebenen Ort binnen zwei Wochen der anfragenden Behörde bekannt zu geben, eine falsche Auskunft erteilt.
Wegen Verletzung der Rechtsvorschriften der §§ 20 Abs 1 iVm § 52 a
Z 10a StVO (Punkt 1.)) und § 103 Abs 2 KFG (Punkt 2.)) verhängte die belangte Behörde unter Hinweis auf die einschlägigen Strafbestimmungen zu Punkt 1.) eine Geldstrafe von S 2.500,-- (im Uneinbringlichkeitsfalle 2 Tage und 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) sowie zu Punkt 2.) eine Geldstrafe von S 1.000,-- (im Uneinbringlichkeitsfalle 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe). Als Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens wurde insgesamt der Betrag von S 350,-- vorgeschrieben. Die belangte Behörde stützte den Tatvorwurf der Geschwindigkeitsübertretung auf die Anzeige des Landesgendarmeriekommando für Steiermark anlässlich einer Radarmessung. Nachdem der Berufungswerber eine falsche Lenkerauskunft erteilt habe - an den von ihm als Lenker bezeichneten L K an der vom Berufungswerber angegebenen Adresse in Kl, habe keine Strafverfügung zugestellt werden können - gehe die belangte Behörde davon aus, dass der Berufungswerber das Fahrzeug zum maßgeblichen Zeitpunkt selbst gelenkt habe. Laut Erhebungen der Behörde bei der Bundespolizeidirektion Kl sei der angebliche Lenker K L bereits am 8.4.1998 von Amts wegen nach unbekanntem Orte polizeilich abgemeldet worden. In seiner fristgerecht erhobenen Berufung wiederholte G D im Wesentlichen sein Vorbringen im erstinstanzlichen Verfahren. Er sei seinerzeit nicht der Lenker des Fahrzeuges gewesen. Er habe die von ihm verlangte Lenkerauskunft fristgerecht bei der Behörde mittels Fax eingebracht. Zum Vorwurf, eine falsche Lenkerauskunft erteilt zu haben, führte der Berufungswerber an, Herr L K habe sich ihm gegenüber mit einem Reisepass und einem Meldeschein ausgewiesen. Er habe sein Fahrzeug der Marke Peugeot 605 SRI mit dem behördlichen Kennzeichen am 24.10.1999, um ca. 9.00 Uhr dem K L übergeben. Herr S W, Kl könne sowohl das Ausweisverlangen als auch die Fahrzeugübergabe bezeugen. Der Berufungswerber habe nicht gewusst, dass die Meldeadresse von ihm überprüft werden müsse. Bei der am 27. Juni 2001 im Rahmen einer mündliche Verhandlung durchgeführten Parteieneinvernahme schilderte der Berufungswerber die näheren Umstände der Fahrzeugübergabe: Er habe im Herbst 1999 sein Fahrzeug zum Verkauf angeboten. Herr K L sei ein Kaufinteressent gewesen. Dieser habe sich in der ersten Oktoberhälfte beim ihm telefonisch gemeldet und um eine Besichtigung des Fahrzeuges gebeten. Bei der Erstbesichtigung habe sich Herr L K das Fahrzeug nur angeschaut und gesagt, er werde es sich dies überlegen. Er habe auf den Berufungswerber einen nervösen Eindruck gemacht. Er sei ein dunkler Typ mit teilweise schon weiß meliertem Haar gewesen. Dem Aussehen nach dürfte er Mitte 40 gewesen sein. Er sei ca. eineinhalb Köpfe größer als der Berufungswerber und sei robuster gebaut gewesen. Er habe nicht gut Deutsch gesprochen. Das Interesse an seinem Auto habe er damit erklärt, er fahre immer weitere Strecken und dazu brauche er ein bequemes Auto. Bis Mitte Oktober habe der Berufungswerber von K nichts mehr gehört. Dann habe sich dieser wieder bei ihm gemeldet und ihn gefragt, ob er das Fahrzeug noch habe und ob er den Peugeot für einen Tag zu einer Probefahrt nach Wien haben könne. Den genauen Zeitpunkt, wann er das Fahrzeug brauchen werde, würde er ihm zwei bis drei Tage vorher bekannt geben. Zwei Tage vor dem 24.10.1999 habe sich dann K bei ihm telefonisch gemeldet und ihm gesagt, er wolle nun das Fahrzeug bei ihm abholen. Herr K sei am 24.10.1999 zwischen 8.00 und 9.00 Uhr morgens zur Wohnadresse des Berufungswerbers in die Kl gekommen. Er habe dem Berufungswerber gesagt, er wolle mit dem Auto nach Wien fahren zu einer Peugeot Firma, wo er einen Verwandten habe, der ihm das Fahrzeug genau anschauen würde. Als Sicherstellung habe K dem Berufungswerber den Schlüssel eines BMWs da gelassen, mit dem er zu ihm gekommen sei. Der Berufungswerber habe ihn nach einem Ausweis gefragt. K habe sich mit einem Reisepass ausgewiesen. In diesem Reisepass sei auch ein Meldezettel gewesen. Der Berufungswerber habe sich die Daten (Name und Adresse) aus dem Reisepass bzw. aus dem Meldezettel abgeschrieben. Die Übergabe habe etwa 10 Minuten gedauert. Herr K habe keine besondere Einführung in das Fahrzeug benötigt. Er habe sich nur in das Auto gesetzt, geschaut wo der Blinker sei, habe sich Sitz und Spiegel eingestellt und sei dann gleich weggefahren. Bei der Übergabe sei W S - ein Bekannter, mit dem der Berufungswerber am 24.10.1999 gegen 8.00 Uhr an seiner Wohnadresse verabredet gewesen sei - zufällig dabei gewesen. Mit Herrn S sei der Berufungswerber dann nach Kl auf einen Cafe gegangen. Den Nachmittag habe der Berufungswerber bei sich zu Hause verbracht. Wann K wieder das Fahrzeug zurückstellen solle, sei nicht genau ausgemacht gewesen. Der Berufungswerber habe mit etwa 6 Stunden Abwesenheit gerechnet. K habe aber erst kurz vor 23.00 Uhr das Fahrzeug wieder zurückgestellt. Er habe gesagt, das Fahrzeug sei in Ordnung, es gefalle ihm und er werde schauen, dass er das Geld (Kaufpreis S 40.000,--) zusammenbringe. Seither habe er von Herrn
K nichts mehr gehört. Am nächsten Tag (25.10.1999) habe der Berufungswerber an seinem Fahrzeug einen Schaden an der hinteren Stoßstange links bemerkt; vorne links sei die Alufelge beschädigt gewesen. Am 27.10.1999 habe er dann endlich Zeit gefunden, dieser Sache nachzugehen. Er sei an die von K angegebene Adresse - Kl - gefahren. Dort habe er erfragen müssen, dass diese Person schon seit langem dort nicht mehr wohne, es habe ihm auch niemand sagen können, wohin er verzogen sei. Auf die Frage, warum der Berufungswerber bei diesem Wissensstand gegenüber der belangten Behörde in seiner Lenkerauskunft als Wohnanschrift des L K noch immer in Kl angegeben habe, rechtfertigte sich der Berufungswerber damit, er habe einfach keine andere Adresse gehabt. Er habe später auf Grund des Schadens auch versucht, über einen Rechtsanwalt die Adresse des K ausfindig zu machen, jedoch ohne Erfolg. Seiner Ansicht nach habe er keine falsche Lenkerauskunft erteilt; er habe nur die Daten weitergegeben, die er von K erhalten habe. Dass die Probefahrt des K gerade am 24.10.1999 - und nicht an einem anderen Tag - erfolgt sei, begründete der Berufungswerber damit, W S sei nur ein einziges Mal bei ihm zu Hause gewesen und sei dies der Tag der Fahrzeugübergabe gewesen. Eine Nachschau im Kalender 1999 habe ergeben, dass diese Verabredung mit W S am 24.10.1999, um 8.00 Uhr gewesen sei. Der Berufungswerber legte des Kalender 1999 im Original vor, der eine entsprechende Eintragung enthält. W S bestätigte bei seiner Zeugeneinvernahme am 20.7.2001 sinngemäß die Angaben des Berufungswerbers. Eine ergänzende Anfrage des Senates bei der Bundespolizeidirektion Kl (Meldeamt) ergab, dass Herr L K, ungarischer Staatsbürger am 10.10.1991 von Sch nach Kä zugezogen ist. Am 1.8.1998 wurde er von Amts wegen nach unbekannt abgemeldet. Auf Grund der Ergebnisses des Beweisverfahrens werden folgende Feststellungen getroffen: Der Berufungswerber hat die ihm unter Punkt 1.) des Straferkenntnisses angelastete Geschwindigkeitsüberschreitung nicht begangen. Er war zum angeführten Tatzeitpunkt und am genannten Ort nicht der Lenker des auf ihn zugelassenen PKWs mit dem Kennzeichen. Die vom Berufungswerber als Zulassungsbesitzer erteilte Lenkerauskunft vom 26.1.2000 - Lenker des Fahrzeuges sei L K, wohnhaft in Kl, gewesen
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war im Hinblick auf die Wohnadresse unrichtig. Der Berufungswerber hätte jedoch zu diesem Zeitpunkt auch keine andere
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richtige - Auskunft erteilen können, weil ihm die tatsächliche Wohnadresse des K trotz eingehender Recherchen im Zusammenhang mit einem Schadensfall nicht bekannt war. Die Adresse des oben Genannten ist noch heute unbekannt. Die Feststellungen zur mangelnden Lenkereigenschaft und zu den Umständen der Auskunftserteilung gründen sich in erster Linie auf die Aussagen des Berufungswerbers in der mündlichen Verhandlung. Er vermittelte dem Senat einen glaubwürdigen Eindruck, insbesondere auch deshalb, weil er frei heraus zugab, bereits wenige Tage nach der Probefahrt davon Kenntnis erlangt zu haben, dass der angebliche Kaufinteressent L K nicht an der von ihm angegebenen Wohnadresse wohne. Dass sich ein gewisser L K dem Berufungswerber gegenüber als Kaufinteressent ausgegeben und sich mit Reisepass und Meldezettel ausgewiesen hat, ist durchaus möglich, hat sich eine solche Person doch tatsächlich einige Jahre in Kä aufgehalten und war sie einen gewissen Zeitraum in Kl gemeldet. Die Personenbeschreibung stimmt - zumindest was das Alter anbelangt - mit den vorhandenen Meldedaten überein. Der Zeitpunkt der Probefahrt - 24.10.1999 - ist weiters durch die Aussage des Zeugen
S in Verbindung mit den vom Berufungswerber vorgelegten Kalenderauszug als erwiesen anzunehmen. Der Ort der Geschwindigkeitsüberschreitung - Gemeinde Mooskirchen, auf der A 2, in Fahrtrichtung Graz - stimmt mit der Angabe des Berufungswerbers überein, wonach L K mit dem PKW von Kl nach Wien fahren habe wollen. Die rechtliche Beurteilung ergibt Folgendes:
Zu Punkt 1.): Wie schon in der Beweiswürdigung ausgeführt, hat der Berufungswerber im Verfahren glaubhaft machen können, nicht der Lenker des PKWs zum Zeitpunkt der Geschwindigkeitsüberschreitung gewesen zu sein. Die Annahme der belangten Behörde, der Berufungswerber sei schon deshalb als Lenker anzusehen, weil er eine falsche Lenkerauskunft erteilt habe, ist weder zwingend noch hat sie einer näheren Überprüfung standgehalten. Zu Punkt 2.): Die Rechtsvorschrift des § 103 Abs 2 KFG 1967 ermächtigt die Behörde, vom Zulassungsbesitzer eines KFZ u.a. Auskünfte darüber zu verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein dem Kennzeichen nach bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt hat. Diese Auskunft, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann. Diese trifft dann die Auskunftspflicht. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen. Wird vom Zulassungsbesitzer eine Lenkerauskunft verlangt, die er - wie im vorliegenden Fall - nicht vollständig geben kann, so ist bei der Beurteilung der Strafbarkeit einer unrichtigen Lenkerauskunft ist zu prüfen, ob den Zulassungsbesitzer ein Verschulden im Sinne des § 5 Abs 1 VStG daran trifft, dass ihm die (richtige) Adresse der Person nicht bekannt ist. Dem Berufungswerber wird ein solches Verschulden nicht treffen, weil er sich vor Übergabe des Fahrzeuges von unbedenklichen Urkunden (Reisepass, Meldezettel) die persönlichen Daten des Kaufinteressenten abgeschrieben hat. Insbesondere war auch die Beweiskraft des Meldezettels vorerst nicht anzuzweifeln, auf dem laut Angabe des Berufungswerbers nur ein Anmelde- nicht aber auch ein Abmeldevorgang (Abmeldestempel) vermerkt gewesen sei. Dem Berufungswerber, der damit zum Zeitpunkt der KFZ-Übergabe die nötige Sorgfalt bei der Aufnahme der persönlichen Daten aufgebracht hat, wird es daher nicht zu verantworten haben, wenn sich im Nachhinein deren teilweise Unrichtigkeit herausstellt. Statt eine nicht mehr aktuelle Wohnadresse vom Lenker weiterzugeben hätte der Berufungswerber nur angeben können, er wisse - trotz Nachforschungen- die derzeitige Wohnadresse des Lenkers nicht. Zwar hätte sich die belangte Behörde in diesem Fall einen unnötigen Verfahrensschritt erspart; das Ziel der Auskunftspflicht nach § 102 Abs 3 KFG, die Strafbehörde in die Lage zu versetzen, ohne Betreiben eines größeren Aufwandes den Täter einer Verwaltungsübertretung auszuforschen, wäre sie durch eine solche Lenkerauskunft aber auch nicht näher gekommen. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.